[122] Böses Gewissen

Es brennt Dein Kuß, Dein Auge blitzt,
Und fest umschließt Dein Arm,
Allein auf Deiner Stirne sitzt
Ein alter, böser Harm.
Ich liebe Dich, wie der Strom das Tal,
Als wie die Flut den Strand,
Als wie die Elfe den Mondenstrahl,
Als wie die Glut den Brand.
Ich liebe Dich, wie die Welt das Licht,
Und mehr noch, noch viel mehr.
Sag' an, Geliebter, und zürne nicht,
Was macht das Herz Dir schwer? –
Dein Aug' ist hell und stolz Dein Leib,
Dein Herz ist warm und groß,
Du bist ein hohes, prächtiges Weib
Und liebst mich grenzenlos.
Vernimm denn, was gewitterschwer
Die Stirne mir umspinnt: –
Ich liebte, es ist schon lange her,
Ein blaugeäugtes Kind.
Ich liebte sie, wie der Strom das Tal,
Als wie die Flut den Strand,
Als wie die Elfe den Mondenstrahl,
Als wie die Glut den Brand.
Ich liebte sie, wie die Welt das Licht,
Und mehr noch, viel mehr noch! –
Hör' an, Geliebte, und schaudre nicht:
Und – treulos ward ich doch!
Das ist's, was mir die Stirne trübt
Und stört die selige Ruh':
Du liebst mich, wie ich jene geliebt,
Und treulos wirst auch Du!

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