[268] Venedig

Ich bin so krank und sterben möcht' ich gerne
Hier in Venedig, und begraben liegen
In dieser Flut, dem Ruheplatz der Sterne!
In jeder Nacht pfleg' ich mich drauf zu wiegen,
Und ihrer Tiefe schwärzeste Geschichten
Behorch' ich dann mit schaurigem Vergnügen. –
Beschloß der Rat der Drei, geheim zu richten
Ein Opfer, des Geschrei's im Volke wegen,
Und galt's ein schnell und spurenlos Vernichten:
Da glitt um Mitternacht, dem Mond entgegen,
Die Gondel aus der Seufzerbrücke Schatten,
So schwarz und still, wie alle Gondeln pflegen.
Und lautlos durch Galeeren und Fregatten
Kroch sie hindurch, bis wo des Meeres Enge
Sich dehnt zu breiteren, smaragdnen Matten.
Dort hielt sie still. Dann aber war's, als sprenge
Ein dumpfer Fall die kaum bewegte Fläche,
Und leise Kreise zitterten in Menge.
Auch war's den Schiffern, die im Nachtgespräche
An Lido's Ufern stellten ihre Stricke,
Als ob ein Schrei im Wellenschlag zerbräche.
Die stille Gondel aber schwamm zurücke,
Wie sie gekommen, spurlos und verborgen,
Und schwand im Schattenstreif der Seufzerbrücke:
Doch der Verbrecher starb am andern Morgen.

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