[183] Andere Ecloga oder Hirtengesang, darin jetz gemelte beyde Hirten zu morgens früh Gott loben, allvveil die schöne Sonn scheinet

Eingang.

Schon ist in rothem Carmesin
Die Morgenröth erstanden:
Schon glantzend wie der best Rubin
Die Sonn sich zeigt verhanden/
Nur fort jhr meine Geiger beyd/
Der Sayten gar nit fehlet;
Vnd bey beliebtem Reimen-streit
Die Geigen süßlich strelet.
Der Hirt Damon.

O schöne Sonn du klares goldt
Magst wol den Schöpffer preysen/
Der jmmer dir sich zeiget holdt
Auff deinen circkel-reisen/
Er streichet dir die stralen an
Mit bester gelben farben/
Alß wol sich nie gefärbet han
Die gelbest weitzen-garben.
[184]
Der Hirt Halton.

Er schärpffet dir die gülden pfeil/
Mit flä ilein zart befedert:
Er führet dich viel tausent meil/
Auff straßen starck berädert.
Er schäncket dir die silberbaan/
Die gülden Roß/ vnd Wagen/
So dich den runden steeg hinan
Von Ost- in Westen tragen.
Der Hirt Damon.

Er lasset dir die müde Roß
(Als gut Poeten sagen)
Zu nacht mit allem wagen-troß
In grossem kübel zwagen:
Drauff weidet er sie rosen satt/
In edlem blumen-garten/
Biß früh sie wider frisch vnd glatt
Volführen jhre fahrten.
Der Halton.

So bald in frischem purpur-schein
Dich hebest nur zu morgen/
Dir zeiget er die Wunder sein/
Dir nichts helt er verborgen:
Er zeiget dir auff deiner Reyß
Den gantzen himmel-bogen/
Den gantzen grünen Erden-kreyß/
[185]
Daß Meer/ vnd wasser-wogen.
Der Damon.

Er zeiget dir die schöne Welt/
Die vögel all in wolcken;
Auch vnser schaff vnd küh zu feld
Gleich eben frisch gemolcken.
Auch menschen all/ vnd alle thier/
Waß nur von wild- vnd zahmen/
Der schönen welt zum schmück/ v zier/
Man treiben mag zusamen.
Der Halton.

Auch stätt/ vnd mauren/ thürn/ palläst/
Der alten viel/ vnd newen;
Dan schlösser auch/ vnd häuser fest/
Gar wunder von gebäwen:
Auch allen frid- vnd kriegs-gerüst/
Gelt/ pracht/ vnd wehr/ vnd waffen/
Vnd was noch deß ich mehr gewüst
Eh dan ich kam zun schaffen.
Der Damon.

O schöne Sonn du klares goldt/
Magst wol den Schöpffer preisen/
Der jmmer dir sich zeiget holdt/
Auff deinen circkel-reisen.
Er weiset dir den rechten streich/
All örter zu beschleichen:
[186]
Da mag dā sand/ noch land/ noch reich
Vor deinem glantz entweichen.
Der Halton.

Er leitet dich in deinem glantz
Im hin- vnd widerkehren/
Alß wie zur hochzeit/ vnd zum tantz
Den Breutigam von ehren:
Er führet dich bey seiner hand/
Weicht nie von deiner seiten/
Gibt nahrung deinem Fackelbrand/
Ohn zahl der jahr vnd zeiten.
Der Damon.

Er schicket dir die vögelein
Zu morgen gleich entgegen/
So dir den wilkom bringen ein/
Vnd stimm alß Flügel regen.
Er heisset sie dir spielen schön/
Daß weit/ vnd breit erschallet/
Daß auch von felsen ein gethön
Im widerschlag erhallet.
Der Halton.

Er spreitet dir die felder grün/
Dir mahlet er die garten/
Da manch erhebte blumenbün
Dir scheinet auffzuwarten:
Er laßt von dir getreid vnd graß
[187]
Daß leben süß erlangen/
Auch Bäum/ vnd Reben gleicher maß
Von deinem glantz empfangen.
Der Damon.

Durch jhn besaamest alle welt
Mit deinen stral- vnd strämen:
Ohn jhn hingegen alle welt
Von dir gar nichts könt nehmen.
Ohn jhn all deine fla ien-flüß
Längst wären schon verronnen;
Noch flüssen mehr die stralen-güß
Auß deinem stralen-bronnen.
Der Halton.

Ohn jhn kein halbes augenblick/
Dort oben würd verbleiben
Ein füncklein einer Linsen dick
Von deiner gelben scheiben:
Ohn jhn das gantze wesen dein/
Vnd was noch dich mag zieren/
In pur/ vnd lauter nichts hinein
Geschwind sich würd verlieren.
Der Damon.

Drumb schöne Sonn/ du klares goldt/
Magst wol den Schöpffer preisen/
Der jmmer dir sich zeiget holdt
Auff deinen circkel-reysen/
[188]
Ich helffen dir wil jederzeit
Den schönen Gott verehren/
Vnd dich von jhm auff grüner weid
Noch manches liedlein lehren.
Der Halton.

Auch ich dan wil dich eben vil
Derselben Liedlein lehren/
Vnd freylich auch zu selbem zihl
Den Fidel-bogen kehren.
Ja solt ich sein der Geigen müdt/
Von stunden wil ich greiffen/
Mit frisch geschöpfftem hertz-geblüt/
Zu meinen holen pfeiffen.

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