[124] An die Ruhe

Stille Ruhe säuselt nieder
Von des Himmels goldnen Höh'n,
Einsam tönen meine Lieder,
Wie der Abendlüfte Weh'n.
Ju der Dämmrung Nebelschleier
Stirbt des Tages letzter Blick.
Meine Seele athmet freier
Stiller Ruhe süßes Glück.
In der Schöpfung weiten Kreisen
Herrscht sie segnend überall;
Sie verklärt den Blick des Weisen,
Glänzt in Lunens blassem Stral;
Tröstend lispelt sie dem Müden:
»Nur in meinen Schatten wohnt
Jener hohe Seelenfrieden,
Der mit froher Hoffnung lohnt!«
[125]
Heil dem Edlen, der dich immer
Sich zur Lieblingin erkohr,
Ueber seines Glückes Trümmer
Blickt er hoffnungsvoll empor.
An den heiligen Altären
Wo er Opfer dir gebracht,
Nennt er Schatten und Chimären,
Was den Thoren glücklich macht.
Lächle mir in deiner Schöne,
Ruhe, Himmels-Königin!
Nimm zum Dank die süßen Töne
Meiner goldnen Harfe hin;
Lächle mir in deiner Milde,
Wenn ich matt vom Weltgewühl
Schmachtend steh' vor deinem Bilde,
Mit gesunk'nem Selbstgefühl.
O dann winke mir zur Wonne,
Die den Weisen selig macht,
Und mit jeder Morgensonne
Himmlisch ihm entgegen lacht.
[126]
Seine Ruhe wird vom Neide,
Wird von Schmähsucht nicht getrübt,
In ihm selber wohnt die Freude,
Die die ganze Welt nicht giebt.

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