[12] An Selmar
Ich schlief im Mondenschimmer
Jüngst unter'm Lindenbaum,
Da stand vor mir, wie immer,
Dein liebes Bild im Traum.
Du sahst mir bang' und trübe
Ins blasse Angesicht,
Und sprachst voll heißer Liebe:
Geliebte, weine nicht!
Und Freudenthränen sanken
Hin auf mein Busenband,
Die junge Veilchen tranken,
Gepflückt von deiner Hand.
In blauen Wellen wiegte
Der Abendhimmel sich,
Und Mondesschimmer schmiegte
Sich um den Hain und dich.
[13]
Er malte deine Mienen
So liebevoll und süß,
Der Himmel stralt' aus ihnen,
Der dich mich lieben hieß.
Und feierliche Stille
Umzog dies dichte Grün;
Es zirpte nur die Grille
Im duftenden Jesmin.
Erquickt von Abendkühle,
Lag schlummernd Hain und Flur,
Es ruhte, nach der Schwüle
Des Tages, die Natur.
Du drücktest Feuerküsse
Auf Lippe, Wang' und Hand.
Dich lieb' ich, riefst du, Süße! –
Und ach! mein Traum verschwand!