[32] Am Geburtstage meines Gatten
Wie die Freudenthräne zittert
In dem wonnetrunknen Blicke,
Wenn die Ahnung der Verklärung
Hehr vor meiner Seele dämmert;
Freund! so beben heut im Auge
Thränen, die dem Hochgefühle
Nie empfund'ner Lust entströmten,
Heute, an dem frohen Morgen,
Wo das rege Gold der Sonne
Dich zum erstenmal begrüßte, –
Hör', o Freund, an diesem Tage,
Meines Herzens heiße Wünsche:
Nicht ein Guth, so schön wie jemals
Sich die Fantasie es malte,
Dessen Schloß von Marmorsäulen
Ueber Wälder von Zitronen
Seine stolzen Gipfel streckte,
[33]Wo im Pomeranzen-Haine
Schäumende Kaskaden springen,
Und von Hellas großen Meistern
Alle Götter und Göttinnen
In erhabnen Marmorformen
Zwischen Lorbeerbäumen prangen, –
Nie erflehten meine Bitten
Pracht und Schimmer von Fortunen!
Soll ich Dir die leisen Wünsche
Meines Herzens treu verrathen?
O! so höre, was am jungen
Morgen, unter Maienblüthen,
Was am Mond-beglänzten Abend
In der Dämmrung milder Bläue
Meinem tiefgerührten Herzen,
Schwelgend in den süßen Freuden,
Die für weichgeschaffne Seelen
Reichlich die Natur bereitet,
Was für Wünsche ihm entstiegen.
Dort in Pomeraniens Auen
Eine Wohnung still und ländlich,
[34]Wo die nahen bunten Fluren
Jede Aussicht lachend malten,
Wo sich goldne Saaten beugten
Von der Last des reichen Seegens,
Wo Pomonens süße Früchte
Uns zu köstlichem Genusse
Allenthalben golden winkten,
Einem Göttersitze ähnlich,
Wollt' ich sie für uns bereiten;
Unterm Duft der Silberblüthen,
Eingewiegt vom Quellgeriesel,
Und von Filomelens Flöten,
Würden uns die Sommernächte
Unter süßen Träumen schwinden;
Frühe mit Aurorens Purpur
Würden unsre Morgenopfer
Auf zum Thron der Gottheit steigen;
An der Quelle, die sich schäumend
Zwischen Moos und Veilchen stürzte,
Würden wir dem Perlgestrudel
Und des Bachs Geriesel lauschen.
Nach des Tages heiser Schwüle
[35]Würden wir im kühlen Schatten
Unsrer Rosenlauben ruhen,
Oder Arm in Arm geschlungen,
Bei Dianens blassem Lichte,
Unterm Sternenschimmer wallen;
Unsre kleinen weißgelockten
Kinder würden uns umhüpfen
Und so heiter, wie der Sonne
Sinkend Abendgold, uns lächeln;
Ruhe, Unschuld, Einfalt würde
Uns und unsre Kleinen schmücken.
Fern von allem Pomp der Städter,
Würde niemals uns gelüsten,
Ihres Rausches zu genießen;
Mit uns selbst in süßem Frieden
Würden wir die reinen Freuden,
Die Genügsamkeit und Tugend
Immer um sich her verbreiten,
Aus der reinsten Quelle schöpfen.
Froher Scherz und ernste Weisheit
Würden unsre Stunden theilen,
Unsres Daseyns Raum verschönen.
[36]Oft würd' ich, bekränzt mit Rosen,
Mich im Eichenhain verstecken,
Hätt' ich dich genug genecket,
Würd' ich dir in grünen Grotten
Lachend in die Arme hüpfen.
O wie würd ich mit Entzückung
Und mit nassem Freudenblicke
Zum Olympus heiter schauen,
Und die Stunden dankend segnen,
Die ich der Natur im Schoose
Still und unschuldsvoll verlebte!
Freudig würden mich besuchen
Alle Grazien und Musen,
Meiner Harfe goldne Saiten
Würden Wonnelieder tönen;
Bei des holden Frühlings Nähe,
Würden sie bald Jubel rauschen,
Bald in süßer Wehmuth Schmerzen
Durch der Töne sanfte Klage
Leis' verrathen die Gefühle
Meiner tiefgerührten Seele.
Fern von jener Menschen Menge,
[37]Die in alle Formen passen,
Würden reiner, voller tönen
Meiner Harfe Jubellieder!
Dich, o Freund! mit weißen Haaren
Lebensfroh an meiner Seite
Sehn zu wallen, ist der Erste
Unter meines Herzens Wünschen;
Noch an deines Lebens Abend
Sollst du wahr und treu bekennen,
Daß Elisa ihre Freuden
Suchte nur in deinem Glück! –