[268] Wider die Ordonnanz
Bey einer ziemlich gefährlichen Operation.
Nun darf ich nicht lesen, nun darf ich nicht schreiben,
Und muß mir mit Grillen die Tage vertreiben:
Da sitz' ich denn hier, ich erbärmlicher Tropf,
Mit brausendem übel zerrütteten Kopf.
Ich hab' in der neuen Welt und in der alten
Zu Wasser und Lande manch Stürmchen gehalten,
Und manche Kartatsche flog glücklich vorbey;
Nun brach ich fast selbst mir den Schedel entzwey.
Herr Eckold, der Meister, schnitt rüstig und blickte,
Was unter und über dem Schlafe mich drückte,
Und sondete klüglich bis nah an das Ohr,
Und drehte das Knochenfragmentchen hervor.
[269]Das dröhnte, das wühlte, das brannte von innen,
Als wollte das Hirn in dem Kasten zerrinnen,
Als bräche der Knöchler von oben herein:
So trennt sich mit Wuth nur ein Zöllchen Gebein.
Hier lungr' ich indessen, mit Blindheit geschlagen,
Bey schuftigem Schedel und herrlichem Magen,
Den Kopf in der Binde, und träume mit Ruh
Von Hirngicht und Knochenfraß etwas dazu.
Der Schmerz ist ein Übel von Upsal bis Goa,
Trotz aller Behauptung der Herrn aus der Stoa:
Doch darum hat man mit der Weisheit gedingt,
Damit sie den Schmerz und das Übel bezwingt.
Der Mann nimmt die Schickungen, wie sie ihm kamen;
Und wer dann nicht Kraft hat, verdient nicht den Nahmen,
Was wäre denn unsere Philosophie?
Hilft sie nicht, wenns Noth ist, so braucht man sie nie.
Ich hätte ja schändlich die Jahre versplittert,
Wär' ich jetzt ein Knabe, der weinerlich zittert.
[270]Wem Tod und Gefahren noch fürchterlich sind,
Der bleibt für die Wahrheit wohl ewig ein Kind.
Schon wird es, Dank sey es der Zang' und dem Messer,
Schon wird es ums Auge mir leichter und besser.
Der Unfug hat Luft und die Splitterchen drehn
Sich sanft, um ganz sanft ihre Wege zu gehn.
Es kommen die Freunde mit traulichem Wesen,
Den Zustand bey jedem Verbande zu lesen.
Das thut denn doch gütlich; so nimmt man den Schnitt,
Den Schmerz, die Verknorplung, die Narbe noch mit.