§. 12. Waschende Frauengeister.

Häufig meldet die Sage von Geistern in Frauengestalt, theils weiß gekleidet, theils grau oder schwarz, mit weisser Kopfbinde, welche am Wasser mit Waschen beschäftiget sind; besonders zahlreich finden sie sich längs des Böhmerwaldes.

Hart an der Strasse von Cham nach Grafenwöhr, neben einem grossen Felsen, läuft ein Brunnen, wo um die zwölfte Stunde ein Weiblein sitzt, und sich die Haare kämmt.

Auf dem Wege von Tiefenbach nach Rötz kommt man zu einem Stege über einen Bach: da sitzt ein Weiblein, den Oberleib nackt, die Haare fliegend, und wäscht.

In Weiding läuft ein Bach: da wächst ein graues Weiblein, und kommen Leute, steht sie auf und läßt sie vorbey.

[228] Derley Weiblein finden sich in Biberbach, Tiefenbach, im Grünweiher zwischen Bleystein und Vohenstrauß.

Eine halbe Stunde von Massendorf, bey Spalt, ist der Siebenbirkenweiher: sieben schneeweisse Jungfrauen kommen da aus dem Walde, eine nach der anderen, und waschen sich im Weiher die Hände; zusammen gehen sie in den Wald zurück. – Die behauenen Steine in der Nähe weisen auf eine ehemalige Burg.

Etwa eine kleine Stunde von Warmensteinach liegt auf einem hohen Berge eine Fläche, mit Haid und Zwergbüschen bewachsen, unter der Oberfläche eine Menge Ziegelsteine verbergend, welche Zeugniß geben sollen, daß hier einmal eine Stadt gestanden sey. An der nördlichen Seite ist ein Brunnen, der Weissejungfrauen- oder Glockenbrunnen genannt: da sieht man zwey weisse Jungfrauen Wasser schöpfen. Ein Holzhacker wollte dasselbe thun, und erblickte eine silberne Glocke in der Cisterne. Er rief seine Gesellen und die Glocke verschwand; hätte er sie nur mit der Hand berührt, so wären die Jungfrauen erlöst gewesen.

In Räbersreuth, Landgerichts Roding, ging Einer zu seinem Mädchen auf das Kammerfenster; sie wohnte auf einer Einöde und in der Nähe floß ein Bach. An diesem sah er eine Gestalt auf- und abgehen. In der Meynung, es wäre ein Nebenbuhler, schlich er am Staudenwerke hinan und erblickte eine Frauengestalt, nackt, mit fliegenden Haaren. Er glaubte nun, es wolle sich hier Eine baden, und hatte Lust, ihr die Kleider [229] wegzunehmen. Da aber wurde die Gestalt immer länger, und zuletzt so lange, daß sie zu ihm auf das dießseitige Ufer herüberneigte, worauf er entlief und der Verfolgerin erst in einer Kapelle entrann. Bald darnach starb er.

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