1.
In einem Dorfe an einem grossen Wasser gab es einmal lauter schöne Mädchen, daß alle Welt Freude daran hatte, und sie wurden immer schöner, je öfter sie vom Baden im Wasser heimkehrten. Das hörten die Mädchen aus anderen Orten und sie zogen aus allen [177] Gegenden herbey, und nahmen ein Bad im Wasser. Da sie aber sehr garstig waren und auch nicht lange unter dem Wasser bleiben konnten, wie die Mädchen des Dorfes, wurden sie nicht schöner, ja viele ertranken im Wasser. Nun blieben die fremden Mädchen zwar aus, dafür aber meldeten sich Freyer aus allen vier Himmelsgegenden. Alle Mädchen des Dorfes hielten an Einem Tage Hochzeit. Gegen den Morgen hin, der darauf folgte, gab es aber fürchterlichen Lärmen. Alles lief zusammen. Jeder Bräutigam zog seine Braut an den Haaren herum, und stieß und schlug sie, so lange er es vermochte; dann lief er davon. – Es hatte sich befunden, daß die Mädchen nicht recht beschaffen, insbesondere beschuppt waren. Da kam der Richter mit seinen Knechten und besah sich die Bräute und befahl einen Scheiterhaufen zu errichten, um auf diesem die Fischweiber insgesammt zu verbrennen. Als die Flammen schon loderten, schlug das Wasser am Dorfe hohe Wellen und es streckte sich ein ungeheuer grosser Kopf daraus hervor, der spie Wasser wie ein Wallfisch und löschte das Feuer, und auf dem dicken Wasserbogen gingen die Bräute wie auf einer Brücke vom Holzstoß hinüber an's Wasser und in den Rachen des Wassermannes hinein wie in ein grosses Thor.
Seitdem baden keine Mädchen mehr in diesem Wasser. Neuenhammer.