§. 24. Doppelgänger.

Manche Menschen zeigen sich zu gleicher Zeit an verschiedenen Orten; sie vermögen dieses mit Hilfe des Bösen oder müssen es thun, weil sie schon dem Bösen verfallen sind, oder es hüllt sich der Teufel unmittelbar in ihre Gestalt, um statt ihrer ihre Werke zu vollbringen.

Bey Tiefenbach war ein wucherischer Bauer, den man öfter auf seiner Wiese umhergehen sah, während er doch sicher zu Hause saß. Einmal an einem Sonntage war er im Gottesdienste; die Leute auf der Bahre in der Kirche sahen ihn aber auf seiner nahegelegenen Wiese herumgehen, und zwar in derselben Kleidung, die er in der Kirche trug. Sie gingen nun zur Kirche hinaus und sahen ihn auch da noch auf der Wiese,[167] während er zu gleicher Zeit in der Kirche an seinem Platze saß. Er ging, so zu sagen, bey lebendigem Leibe um und deutete damit an, daß er nach seinem Tode dasselbe thun werde: denn wo des Menschen Schatz, da ist auch sein Herz.

Ferner ein Waldjäger drangsalirte die armen Leute, wenn sie im Holze waren, Reisig zu lesen, in einer Weise, daß gar mancher Fluch über ihn erging; er wollte, daß ausser ihm Niemand den Wald betrete. Sein Weib lag ihm oft flehentlich an, gelinder zu verfahren, es würde sonst kein gutes Ende mit ihm nehmen. Eines Tages brachte ein Holzhauer einen Hasen und den Fingerring des Jägers in die Küche und sagte zur Frau: »Diesen Hasen schickt euch euer Mann, und zum Zeichen, daß er ihn geschossen, seinen Ring.« Sie trug Beydes auf die Stube des Mannes. Der aber saß da und wußte nichts davon, daß er einen Hasen geschossen, und als er den Ring sah, der an seinem Finger fehlte, rief er: »Teufel, wer hat mir den gestohlen!« Sieh zu, warnte ihn nun wieder die Frau, schon geht ein Anderer auf deiner Spur im Walde herum, er wir dir noch den Hals umdrehen. Da ging der harte Mann in sich und besserte sich. O. Bernried.

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