6. Kälbern.

Wenn eine Kalbe das erstemal trägt und zwey Stierkälber zur Welt bringt, so springt bey deren Abgang auch ein kleines Thierchen, wie eine Kröte oder ein Frosch gestaltet, mit heraus und sogleich in den Barren; man fängt es nun und setzt es in ein Reindl, wovon es Altreindl heißt.

Legt man ihm nun eine Silbermünze unter, so brütet es jeden Tag eine neue dazu aus; doch darf das Geldstück nicht zu groß seyn, das Thierchen würde sich zu Tode brüten. Die Brut soll nicht über 24 Kreuzer gehen.

So hält man es im Hause und füttert es mit Semmel und Milch; wegen seiner zarten Natur hüllt man es in Baumwolle. Fronau.

Nach Anderen hat es die Gestalt eines gewöhnlichen Reindls; so oft man hinein greift, es wird nie leer. Waldmünchen.

Eine Bäuerin in Tiefenbach hatte eine Kuh, die zwey Kälber brachte; in gespannter Aufmerksamkeit wartete sie auf das Altreindl, es kam ihr aber aus; denn es lief so schnell wie eine Maus davon.

[338] Um Velburg heißt dieses Thierchen wegen seiner Eigenschaft Geldbrüter, Geldbröydar; es kommt zwischen dem ersten und zweyten Kalbe von der Kuh; damit es nicht entwische, denn es läuft sehr schnell, breitet man ein weisses Tuch auf den Boden hin; sein Futter ist neugebackene Semmel und Milch; man legt ihm kleine Stücke, Silber oder Gold unter, und so viel man unterlegt, so viel brütet es in 24 Stunden aus. Viele Leute dort wollen es schon gehabt haben, die einen in Gestalt eines Vogels, die anderen in jener einer Hetsch oder Kröte.

Bey Falkenstein, wo es auch als Vogel gilt, geht das Sprichwort: »Der hat so viel Geld, als wenn er das Altreindl hätte.«

Wenn eine Kuh kälbert, darf man drey Tage lang Niemanden in den Stall lassen.

An einem Donnerstag zieht keine Bäuerin das Kalb nach, d.h. entwöhnt es nicht von der Mutter. Tänesberg.

Wie der Stier, ist das Kalb. Will man Blässen bekommen, so macht man dem Stiere eine Blässe von Papier auf die Stirne, und läßt ihn von der Kuh, ehe sie besprungen wird, genau betrachten. Auch die trächtigen Kühe können sich versehen. Eine solche versah sich zu Neukirchen B. an des Metzgers Hund; als es zum Kälbern kam, war die Frucht so groß, daß sie nicht abging und die Kuh geschlagen werden mußte. Das Kalb war aber ein Unkraut, hatte einen Hundskopf, und hinten die Gestalt einer Kröte.

[339] Am Fastnachtdienstage wird Acht gegeben, ob der erste Besuch ins Haus ein Mann oder ein Weib sey; darnach bekommt die trächtige Kuh ein Ochsen- oder ein Kuhkalb. St. Kemnath.

Hat eine Kuh gekälbert, so ist die erste Milch ganz goldgelb, und wird Tags darauf mit Mehl und Eyern zu einem Auflaufe angemacht, wovon als von einer köstlichen Speise alle Angehörigen des Hauses essen; was übrig bleibt, gehört der Kuh. Fronau.

Milch und Speise heißt Köybaydar im Osten,Köybraystar im Westen der Oberpfalz; sie darf nicht aus dem Hause getragen werden, um nicht die Kuh zu verhexen. Bärnau. Kemnath.

Beyde Benennungen sind schwer zu erklären. Wohl erhalten mehrere Mehl- oder Milchspeisen den Namen von Heiligen, was auf die heidnische Sitte hinweist, wonach Götterbilder gebacken wurden, theils zum Opfer, theils für das Opfermahl, und sonach könnte Kuhpeter recht gut in Köybaydar liegen. Das Wort baydar stimmt aber auch zu bayd'n = goth. biudan, bieten, biuds = Opfertisch, und somit wäre der erste Nutzen der Kuh zum Opfer bestimmt, was dem dankbaren Heiden ziemt. Weiteres vermag ich vorerst nicht zu vermuthen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek