[37] [41]I.
In einer jener ausgedehnten, entlegenen Straßen, die sich, früher zur »Vorstadt« gehörend, im Laufe der Jahre so unbeträchtlich verändert haben, daß sich darin noch heute fast alles so ausnimmt wie in meiner Jugend, befand sich bis ins letzte Dezennium hinein ein Kaffeehaus, das ich im Winter 1854 täglich zu besuchen pflegte. Denn ich versah damals den Dienst eines Aufsichtsoffiziers im Garnisonsspital Nr. 2 und war auf dieses Lokal angewiesen, das sich schon zu jener Zeit höchst unvorteilhaft von den einladenden Interieurs anderer Wiener Kaffeehäuser unterschied. Die niedrig gewölbten Räume waren bis zur Unkenntlichkeit der einst lichtgrün gewesenen Tapeten verräuchert, die altmodischen Tische wackelten, und dem abgenützten Nohrgeflecht der Stühle drohte der Durchbruch. Zwei plumpe Billards, wahre Ungetüme, standen mehr im Wege, als daß sie benützt wurden; zog man aber doch hin und wieder die krummen Kugelstäbe aus der Lade, schepperten sie bedenklich. Zudem waren die dargereichten Getränke keineswegs von besonderem Wohlgeschmack, und da auch Beleuchtung und Beheizung zu wünschen übrig ließen, so erschien, namentlich im Winter, die übliche Bezeichnung »das kalte Kaffeehaus« nur zu gerechtfertigt. Infolgedessen war auch der Besuch ein geringer. Mit Ausnahme einiger alter bürgerlicher Stammgäste waren meistens bloß Offiziere des Trainregiments, das seine Kaserne ganz in der Nähe hatte, hier zu finden; ein unbekannter [41] Zivilist, der sich zufällig von der Straße herein verirrte, wurde immer mit dem größten Erstaunen betrachtet. Der lahmbeinige und einäugige Mensch, der gemeinhin auf den Ruf »Zyklop« hörte und sich in einem schäbigen Frack als Marqueur gebärdete, brauchte sich also um so weniger anzustrengen, als er bei der Bedienung der Gäste von den Eigentümerinnen des Lokals unterstützt wurde, die – wohl hauptsächlich ihrer Dreizahl wegen – die »Parzen« genannt wurden.
Es waren die hinterlassenen Töchter des früheren Besitzers, dessen Geschäft sie in wahrhaft patriarchalischer Weise fortführten. Wer die Eltern nicht gekannt hatte und daher keinen Schluß auf maßgebende Vererbungen ziehen konnte, dem mußte beim Anblick dieser Damen die Vermutung ferne liegen, daß er drei Schwestern vor sich habe, so grundverschieden waren sie in jeder Hinsicht voneinander.
Die Erstgeborene, namens Berta und über die Dreißig schon hinaus, war eine rundliche, vollbusige Person mit einem kugelförmigen, von dichten schwarzen Haarflechten umwundenen Kopfe. Lebhafte Augen, frische Wangen und Lippen verliehen ihrem stumpfnasigen Gesicht einen gewissen Reiz, und da sie sich überdies einer höchst zutunlichen Koketterie befliß, so fehlte es unter den Offizieren nicht an solchen, die ihr in richtiger Erkenntnis ihres liebebedürftigen Wesens flüchtig den Hof machten, wobei sie nicht unterließen, sie um die Taille zu fassen oder ihr kurzfingeriges, fleischiges Händchen zu küssen. Einer jedoch liebte sie wirklich. Es war dies ein Stabsoffizier des Trains, kahlköpfig und einen sehr langen Haynauschnurrbart zur Schau tragend. Sie aber, so versicherte sie, machte sich gar nichts aus dem alten »Schippel«. Nichtsdestoweniger ging sie ihm, wenn er zur gewohnten abendlichen Whistpartie erschien, mit der weißen Patschhand sehr aufmunternd um den Bart.
Die Nächstälteste, die den höchst unpassenden Namen Laura führte, erschien als der gerade Gegensatz ihrer Schwester. Sehr [42] hoch gewachsen, war sie von erschreckender Magerkeit, die sie aber, jeder weiblichen Eitelkeit bar, weit eher ans Licht stellte, als verbarg. Sie trug statt der damals modischen Krinoline ein ganz schlaffes Kleid, das sie sackähnlich umschlotterte und die Eckigkeit ihrer Formen allenthalben erkennen ließ. Um den langen, knöchernen Hals hatte sie stets ein weißes oder eigentlich weiß sein sollendes Tüchlein gebunden. Denn sie litt an einem chronischen Kehlkopfkatarrh, der ihre Stimme teils rauh und schartig, teils schrill und kreischend er klingen machte. Das Tüchlein also, dessen Knoten und Zipfel sich beständig verschoben, so daß sie bald an der Seite, bald hinten zu sitzen kamen, bildete mit dem fahlen, stets mehr oder minder zerzausten Haar die unzertrennliche Folie zu einem hageren, fleckig geröteten Gesichte, das an Bissigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Diesem wenig einnehmenden Äußeren entsprach auch Lauras Wesen, das ihr ad personam den Supernamen »Furie« eingetragen hatte. Die meisten Kaffeehausgäste fürchteten sie, besonders die jüngeren. Denn sie sagte jedem unaufgefordert die unangenehmsten Wahrheiten ins Gesicht, wobei ihre kleinen, wimper- und brauenlosen Augen sehr boshaft in grünlichem Feuer leuchteten. Dennoch war sie im Grunde des Herzens teilnehmend und zu jeder Gefälligkeit bereit, wenn es auf eine solche wirklich ankam. Vor allem aber war sie grundgescheit, und wer sich einmal mit ihrer Häßlichkeit und absprechenden Art ausgesöhnt hatte, verkehrte mit ihr ganz gerne. Sie besaß einige selbsterworbene Bildung und blickte mit klarem Sinn in Welt und Leben hinein. Mit wahrer Leidenschaft las sie Zeitungen, besonders den politischen Teil. Höchst ergötzlich war es, zu vernehmen, wie sie dabei Kaiser, Könige und Minister abkanzelte, während sie gleichzeitig über die Frechheit und Niedertracht der Zeitungsschreiber loszog. Unter den Strich ließ sie sich nur selten hinab, und das nur, um zu sehen, welche Abgeschmacktheit dieser oder jener Feuilletonist wieder zu Markte gebracht habe. Mit der Belletristik stand sie überhaupt auf [43] gespanntem Fuße. Denn diese beschäftigte sich, ihrem Ausspruche nach, eigentlich bloß mit der Liebe, welche die größte Dummheit sei, die es auf Erden gebe. Das Recht zu dieser Dummheit gestand sie zwar notgedrungen der Jugend zu; wer aber schon in gewissen Jahren stand und sich noch mit derlei befaßte, den verachtete sie gründlich; ihre Schwester Berta nannte sie nie anders, als die alte verliebte Gans. Nichtsdestoweniger besaß auch sie einen Anbeter, den sie freilich mit besonders scharfer Hervorhebung des Wortes nur als ihren »Fraint« bezeichnete. Dieser Freund war ein schmächtiges, säbelbeiniges Männchen, das eine goldene Brille trug und an einem benachbarten Knabenpensionate als Lehrer angestellt war. Jeden Nachmittag, Schlag fünf, trat der Herr »Professor«, einige Bücher unter dem Arm, ins Kaffeehaus und ließ sich an einem zunächst der Tür stehenden Tische nieder, wo ihm Laura eigenhändig die »Jausen-Melange« kredenzte. In diesem bedeutungsvollen Moment nahm sein breites, rosenrotes Antlitz, das ein kurzes, fuchsiges Backenbärtchen zierte, einen strahlenden Ausdruck an, und seine wasserblauen Augen verklärten sich unter der Brille. Laura setzte sich dann ihm gegenüber, und es begann eine intime Unterhaltung, der man sich in schweigendem Einverständnis möglichst ferne hielt. Diese Unterhaltung dauerte so lange, bis die sogenannte »Kurze«, die sich der Professor nach andächtig genossenem Kaffee behutsam anbrannte, zu Ende geraucht war. Dann verschwand der Freund, nachdem er Laura ehrerbietig die Hand gedrückt, lautlos wie er gekommen.
Die jüngste Schwester, Selma genannt, war ein zartes, blutleeres Geschöpf, das sich durch prachtvolles aschblondes Haar und große braune Augen auszeichnete. Wenn sie – diese Obliegenheit war ihr bei der Arbeitsteilung zugefallen – in dem altmodischen Kassagehäuse saß, das Spiegelkästchen mit den Likörflaschen im Rücken, konnte man sie aus der Entfernung für eine Schönheit halten. Trat man aber näher, so erkannte man, [44] daß ihre Gesichtszüge sich wie verzeichnet ausnahmen. Dazu ein trocken gelblicher Hautton und ein etwas schiefgestellter Mund mit schadhaften Zähnen, die sie durch krampfhaftes Zusammenpressen der farblosen Lippen zu verbergen trachtete. Sie war daher nicht leicht in ein Gespräch zu verwickeln und gab meistens nur pantomimische oder kurz geflüsterte Antworten. Zu lachen getraute sie sich schon gar nicht. Überhaupt war sie eine schwermütige, sentimentale Natur und überließ sich am liebsten ihren Gedanken und Empfindungen, die sie, wie ihre Rehaugen, nur einem einzigen Gegenstand zukehrte – aller dings einem Gegenstande, der solcher Ausschließlichkeit nicht unwert erscheinen mochte.
Unter den militärischen Gästen sah man auch einen Rittmeister von den Kürassieren. Er hieß De Brois und war Reitlehrer an dem höheren Equitationsinstitute, das sich gleichfalls in dieser Gegend befand. Von ganz besonderer männlicher Schönheit, gehörte er zu den auffallendsten Straßenfiguren jener Zeit. Wenn er über den Graben und Kohlmarkt ging oder sich sonst an öffentlichen Orten zeigte, bewunderte man allgemein seinen ebenmäßig hohen Wuchs und sein vornehmes, dunkel gefärbtes Antlitz, das den Ausdruck strengen Ernstes trug. Er war sich des Eindrucks, den er hervorbrachte, voll bewußt und sichtlich stolz darauf, wenn er auch, hochmütig zurückhaltend, nie darüber sprach. Laura nannte ihn einen Hohlkopf und behauptete, er warte nur auf den Augenblick, wo ihm irgend eine Millionärin das Schnupftuch zuwerfen würde. Aus einer verarmten, seit langem in Österreich naturalisierten lothringischen Familie stammend, war er auf seine Gage angewiesen und daher gezwungen, sich in jeder Hinsicht einzuschränken. Während seine Schüler, die fast durchgehends dem hohen und höchsten Adel angehörten, gleich nach dem Unterrichte mit Fiakern in die Stadt fuhren, dort in den ersten Hotels dinierten und dann ihren vielseitigen Vergnügungen nachgingen, lebte er im allgemeinen sehr zurückgezogen. Er speiste bei dem Traiteur des [45] Instituts und nahm hierauf den »Schwarzen« mit einem Gläschen Kirsch im Kaffeehause, wo er Selma in herablassender Weise den Hof machte. Er richtete bei seinem Erscheinen einige Worte an sie und brachte ihr hin und wieder auch irgend eine Blume, die sie mit seligem Erröten ins Haar oder vor die Brust steckte. Im übrigen gönnte er ihr das Glück seines Anblicks. Und dieses Glück wurde ihr in reichlichem Maße zuteil, wenn er auch abends eintrat, um mit dem Verehrer Bertas und noch zwei anderen Herren einige Robber zu machen. Der Spieltisch befand sich der Kassa ziemlich nahe, und so konnte Selma oft und lange genug den so einzig schönen Mann betrachten, der auch sie zuweilen mit einem Augenaufschlag begnadete.
Wie Selma dem Rittmeister, so verhielt sich ihr gegenüber ein junger Mensch, der das lange fahle Haar hinter die Ohren gestrichen trug und seit einiger Zeit gleichfalls abends erschien, obgleich er sich in der soldatischen Umgebung sehr beengt fühlen mußte. Er war offenbar Student – und wie sich bald herausstellte, der Sohn eines wohlhabenden Hausbesitzers aus der Nachbarschaft. Dieser Jüngling nahm stets an einem der entlegensten Tische Platz, von welchem aus er jedoch die Kassa, oder vielmehr Selma ins Auge fassen konnte, die er über ein vorgenommenes Zeitungsblatt hinweg unverwandt anstarrte. Diese stumme Huldigung wurde anfangs gar nicht bemerkt, dann aber hartnäckig ignoriert. Dessenungeachtet fand der junge Mann den Mut, seinen Gefühlen durch ein Veilchenbukett Ausdruck zu geben, das der mit einem ansehnlichen Trinkgeld bestochene Zyklop verstohlen überreichen sollte. Der hinkende Liebesbote benahm sich aber so ungeschickt, daß man allseits gewahren konnte, wie Selma das Sträußchen befremdet betrachtete und gleich darauf mit einer entschiedenen Handbewegung zurückwies. Trotzdem fand sich schon am zweitnächsten Morgen im Kassabuche das Manuskript eines schwärmerischen Gedichtes vor. Dieses Blatt kam aber durch einen unglücklichen Zufall zuerst in die Hände Lauras, die sich schon [46] längst über den faden Toggenburg lustig gemacht hatte und nun die ätzendste Lauge ihres Spottes über den »gereimten Blödsinn« ausgoß.
So standen die Dinge, als ich eines Tages infolge dienstlicher Verzögerung viel später als sonst zum Frühstück erschien. Ich fand das Kaffeehaus ganz leer; nicht einmal der Zyklop war zu sehen, auch saß Selma nicht an der Kassa. Um meine Anwesenheit kund zu geben, ließ ich den Säbel klirren. Da noch immer niemand kam, pochte ich eindringlich. Nun vernahm ich aus der Kaffeeküche heraus die kreischende Stimme Lauras: »Gleich!« Und schon zeigte sie sich selbst in dem düsteren Hinterzimmer, um nach dem Dränger zu forschen. »Ah, Sie sind es! Was wünschen Sie denn?«
»Mein Frühstück, verehrte Laura.«
»Richtig! Sie haben heute noch nichts genommen. Bitte, nur einen Augenblick Geduld!«
Sie verschwand wieder, und es dauerte noch eine Weile, bis sie den Kaffee vor mich hinstellte. »Er wird nicht mehr am besten sein«, sagte sie, ein Körbchen mit Weißbrot herbeischaffend.
»Daran bin ich selbst schuld, weil ich so spät gekommen. Aber was haben Sie denn? Sie sehen ja ganz aufgeregt aus.« In der Tat war ihre Frisur noch zerzauster, ihr Gesicht noch fleckiger als sonst, und die Zipfel des Tüchleins standen wie zwei Lanzenspitzen nach der Seite ab.
»Ach ja. Manchmal kommt alles zusammen. Ich bin heute der einzige Mensch hier. Jean hat einer Zeugenaussage wegen Vorladung zu Gericht erhalten. Auf neun Uhr – da hat er schon um sieben Toilette gemacht. Berta mußte in einer wichtigen Angelegenheit nach der Stadt, und Selma ist unwohl – liegt zu Bett. Zu allem Überfluß haben wir heute noch Waschtag. – Aber wissen Sie schon das Neueste?« fuhr sie fort, indem sie sich rasch mir gegenüber niederließ.
»Das Neueste –?«
[47] »De Brois heiratet.«
»Heiratet? Wen denn? Doch nicht –« Ihre Schwerster wollte ich sagen, brach aber ab.
Sie hatte mich trotzdem verstanden. »Wie kann Ihnen nur so ein Unsinn einfallen! Übrigens wär' es nicht weniger dumm, als das andere. Die Cortesi heiratet er.«
»Die Cor – –«
»Ja, ja: die Cortesi. Diese Lionne! Diese stadtbekannte Kokette, die mehr Liebhaber hat, als Haare auf dem Kopf!«
»Na hören Sie – bei der Lockenfülle der Dame –«
»Ach was! Das war so eine Redensart. Jedenfalls hat sie so viel Anbeter, wie täglich Herren mit ihr in den Prater reiten.«
»Aber De Brois gehört ja zu denen gar nicht –«
»Das ist's eben. Er hat sie erst kürzlich auf dem Balle des Kavallerieinspektors kennen gelernt. Und da hat sich alles im Handumdrehen gemacht. Schon im Mai soll die Hochzeit sein. Die Sache kommt mir nicht richtig vor.«
»Warum denn nicht? Die Cortesi wird sich in ihn verliebt haben. Das ist ja kein Wunder. Ein so schöner Mann –«
»Lassen Sie mich in Ruhe mit dieser Stallmeisterschönheit!«
»Nun gerade. Das stimmt zusammen. Sie ist eine passionierte Reiterin – und er –«
»Ach was! Pferde longieren können auch andere. Und so verblüht ist sie noch lange nicht, daß sie just einen De Brois nehmen müßte. Ihn aber wird hauptsächlich die Mitgift verblendet haben. Die dürfte jedoch so großartig nicht ausfallen. Der Herr Bankier hat seit jeher den luxuriösesten Aufwand getrieben, und wenn sich nicht die Geschichte mit dem Prinzen zugetragen hätte, wär' er vielleicht heute ein Bettler.«
»Mit dem Prinzen?«
»Das wissen Sie nicht? Vor sechs Jahren diente in der [48] Armee ein junger Prinz W ..., der, sowie andere hohe Aristokraten, auch in den Salon Cortesi kam. Der ausländische Grünling verliebte sich wie ein Narr in die Tochter, die gerade in ihrer Blüte stand und, man muß es sagen, schön war wie ein Engel – wenn auch damals schon geschminkt. Es hätte zu einer morganatischen Ehe kommen sollen. Aber im entscheidenden Augenblick wurde der junge Herr an seinen kleinen Hof abberufen, und man suchte von dort aus die Sache mit Geld zu applanieren. Papa Cortesi, der eben vor dem Bankrott stand, nahm es – und einen Orden dazu. Seitdem ist er wieder flott.«
»Ich staune, wie genau Sie unterrichtet sind!«
»Ja, ich weiß alles, mein Lieber«, erwiderte Laura und sah mich mit ihren grünlichen Augen durchdringend an. »Übrigens aus dem Finger hab' ich es nicht gesogen. Vox populi – –«
»Sie meinen wohl die weibliche Volksstimme«, sagte ich nun auch ein wenig boshaft.
»Weiblich hin, weiblich her. Ich sage Ihnen nur, diese Heirat nimmt kein gutes Ende.«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und der Zyklop trat herein. Statt des gewohnten Fracks trug er einen defekten schwarzen Rock; den fragwürdigen Zylinder nahm er schon auf der Schwelle ab.
»Ah, da ist Jean!« rief Laura. »Nun verlasse ich Sie, Sie liebe Unschuld. Es ist Zeit, daß ich nach den Wäscherinnen sehe.«
Damit ging sie. Ich bezahlte Jean meinen Kaffee und entfernte mich gleichfalls. Auf dem Heimweg überdachte ich alles, was Laura mit ihrer giftigen Lästerzunge vorgebracht. In manchem mochte sie nicht unrecht haben, jedenfalls übertrieb sie. Sollte sie nicht doch ihrer Schwester wegen gar so sehr gegen diese Heirat voreingenommen sein? Gleichviel. Was kümmerte es mich? Und so sah ich zuletzt im Geiste nur[49] das zukünftige, so ausgezeichnet schöne Paar vor mir, wie es Arm in Arm durch die Straßen Wiens schreiten würde. Er, im blendend weißen Waffenrock, das Antlitz gebräunt, dunkeläugig; sie, fast in gleicher Größe, ganz eigentümlich schlank und elastisch, das rötlich blonde Haar – diese Nuance war damals durch die Kaiserin Eugenie zu besonders hohem Ansehen gekommen – in langen Locken weit über den Rücken hinabfallend.