[33] 11.
Nun umwallen die Stadt schon dicht sich senkende Nebel,
Und aus dem düsteren Grau rieselt der Regen herab.
Kothig die Straßen und triefend die Dächer; verdrossen und fröstelnd,
Unter dem schützenden Schirm, hasten die Menschen dahin.
Aber die Blumen, die draußen verwelkt auf unwirthlichen Fluren,
Hier jetzt blühen sie auf, zahllos zu Kränzen gereiht.
Wehmuth duftet und haucht ringsum aus Zierden für Gräber;
Spenden der Liebe empfängt, was schon vermodert zu Staub.
[34]Ich auch pilg're hinaus auf den einsam gelegenen Friedhof,
Der seit langem bereits Särgen sich nicht mehr erschließt.
Theuerstes ruht mir dort! Doch nicht bei vertrautesten Gräbern
Blos, in Trauer versenkt, weil' ich, gefeuchtet das Aug':
Nein, an Cypressen vorbei, durchwandl' ich die Reihen der Hügel,
Welche gedenkende Pflicht immer noch blühend erhält;
Lese die Kunde des Tods auf ragenden Steinen und Kreuzen –
Weiter und weiter zurück leitet verwitternde Schrift;
Leitet zurück in's verfloss'ne Jahrhundert – zu brüchigen Mälern
Solcher, die man hier einst stolz längs der Mauer begrub.
Würdigste Männer und Frau'n. Und doch, wer nennt sie noch heute?
Wer gedenkt noch der Zeit, da sie gelebt und gewirkt?
Bis auf die Namen vergessen fast alle die ält'ren Geschlechter –
[35]Hin und wieder nur liegt schweigend ein Kranz auf der Gruft.
Aber dem Enkel geziemt's, daß er die weihende Thräne
Mit andächtigem Sinn diesen Entschlafenen zollt.