[Von den Brüdern jedem war ein]

Von den Brüdern jedem war ein
Lieblingsschwesterchen geboren,
Der Mutter ein Lieblingstöchterchen,
Und mir selber eines.
Von den Brüdern jeder hatt' ein
Lieblingsschwesterchen erkoren,
Die Mutter ein Lieblingstöchterchen,
Und ich selber eines.
[52]
Von den Brüdern jeder hat sein
Lieblingsschwesterchen verloren,
Die Mutter ihr Lieblingstöchterchen,
Und ich selber meines.
Jedem Bruder ist in einer
Nacht die liebste Blum' erfroren,
Des Mutterherzens Lilienreis,
Und die Rose meines.
Soviel Herzen sind nun Gräber,
Die dich, Himmelsblum', umfloren,
O Schwesterchen, o Töchterchen,
Du einziges und eines!
Diese Weise klang mir
In Ohren immerdar,
Eh' sie sich entschwang mir,
Die meine Freude war.
Diese Weise klang mir
Drei Tage schon zuvor;
Wie ich thäte Zwang mir,
Sie ging nicht aus dem Ohr.
Diese Weise klang dir,
Die ich verklagen muß,
Daß zum letzten Gang dir
Sie schwingt deinen Fuß.
[53]
Diese Weise klang dir,
Warum verklag' ich sie?
Gott wies deinen Gang dir,
Und mir die Melodie.

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