3.
Du klagst, du könnest dich nicht mit der Welt vertragen,
Nicht der Geselligkeit Beschränkungen ertragen.
[66]Zur Wildnis fliehest du, dem Menschen zu entfliehn;
Du trägst ihn mit an dir und kannst ihn aus nicht ziehn.
Wenn aber du dich selbst ertragen mußt und leiden,
Von deinem Ebenbild warum willst du dich scheiden?
Du fühlst mit der Natur dich mehr in Eintracht nur,
Weil du nicht ihrem Gang vorzeichnest deine Spur;
Den Menschen aber willst du deine Wege zeigen,
Bedenklos, daß, wie du, auch jeder ist sein eigen.
Trägst du ohn' Ungeduld Frost, Regen, Sturm und Wind?
Nur Menschenunbestand ist dir zu ungelind?
Der Mann, der vor dem Zwang des Lebens nimmt die Flucht,
Ist wie der Knabe, der entläuft der Eltern Zucht,
Der sich bequemen will eh'r allem Unbequemen,
Um Rache, wie er meint, nur an der Zucht zu nehmen.
Der rechte Mann erkennt und ehrt des Lebens Schranken,
Und der Erkenntnis wird er seine Freiheit danken.
Sein Inn'res ist sein Thun, das strebt er zu vermehren,
Von außen leidet er, das strebt er abzuwehren,
Und selbst sein Leiden weiß in Thun er zu verwandeln,
Wenn, menschlich handelnd, er lehrt Menschen menschlich handeln.
Denn uneins unter sich macht Menschen Leidenschaft,
Und nur in der Vernunft ist ihrer Einheit Kraft.
Des Menschen Aufgab' ist Erziehung und Entwildung,
Des menschlichen Geschlechts und eigne Menschheitsbildung.