[108] Unruhe
Du mein Gestirn, dem in der Frühe
Mein erster Gruß beglückt erwacht!
Du meines Tages Sorg' und Mühe,
Die leuchtend meines Ringens lacht!
Mein Hoffnungspol im Abendreigen,
Wenn Leidenschaft beruhigt quillt!
Mein Traum, mein Sagen und mein Schweigen,
Du heißgeliebtes Menschenbild!
Du magst, in deines Daseins Blüthe
Dich selig sonnend, nicht verstehn
Die Regungen, die durch's Gemüthe
Mir selbst unfaßbar, quälend gehn.
Ein Ahnen sagt dir wohl mit Bangen
Die fremde Gluth, die du entfacht,
Du gehst vorüber halb befangen,
Und übst doch deine ganze Macht!
Du kommst und gehst, so kommt mein Hoffen,
So treibt mein Trotz es in die Flucht,
So fühlt mein Wesen sich getroffen
Von Ungeduld und Eifersucht.
[109]Du nahst mit Lächeln meinen Kreisen:
Wer glaubt's, wie bald ein Herz vergißt?
Ich steh gebannt von Zauberweisen,
Und muß dich lieben, wie du bist!