[153] Ein einfältiges Bürgermädchen nimmt den Vorschlag mit demütigem Danke an.

Hochwohlgeborner Herr,

Gnädiger Herr!


Dem Himmel sei tausendmal Dank, der Sie auf den glücklichen Einfall gebracht hat, mich zu einer gnädigen Frau zu machen. Das ist alles, was ich mir in meinem Leben wünschen kann. Als ich noch jung und unverständig war, da würde ich zufrieden gewesen sein, wenn ein seiner, ehrbarer Bürger gekommen wäre. Da ich aber älter und verständiger ward, so that ich bei mir selbst ein Gelübde, daß ich niemanden als einen Edelmann heiraten wollte. Sie glauben nicht, gnädiger Herr, was für ein närrischer Hochmut unter der Bürgerkanaille ist. Eine Doktorsfrau, deren Mann oft das liebe Brot nicht hat, wird sich nimmermehr überwinden können, der Frau des reichsten Kaufmanns den Rang zu geben. Mir ist es am Sonntage so gegangen, daß die Tochter eines Professors, welche ihrer seligen Mutter Brautkleid anhatte, sich über mich drängte, ungeachtet der Stab von meinem Stoffe 8 Thlr. kostete. Das will ich sie gewiß empfinden lassen, habe ich nur einmal die Gnade, Ihre Gemahlin zu sein. Mit Freuden überlasse ich Ihnen meine Hand und mein ganzes Vermögen. Nun sehe ich erst, wie viel Dank ich meinem weisen Vater schuldig bin, welcher aus liebreicher Fürsorge bei seinen Schätzen verhungerte, um seiner einzigen Tochter ein so ansehnliches Vermögen zu hinterlassen, welches mich würdig macht, Ihre Gemahlin zu werden. Wenn es wahr ist, was man meinem Vater schuld gegeben, daß er den größten Teil seiner Reichtümer von dem Landadel zusammengewuchert hat, so halte ich es für eine Art des billigen Wiederersatzes, Ihnen, gnädiger Herr, solche preiszugeben.

Ich lasse mir alle Bedingungen gefallen, unter denen Sie mir Ihre Hand anbieten. Ich will alle die vornehmen Gesellschaften meiden, in denen Sie sich meiner zu schämen haben. Die Vorwürfe, die mir von adeligen Damen gemacht werden, will ich in Demut ertragen, wenn ich nur dafür die Freiheit behalte, andern Weibern, die geringer sind als ich, es empfinden zu lassen, daß ich gnädige Frau bin. Das Einzige bitte ich Sie noch, erlauben Sie mir, daß ich in der Messe unter der Bedeckung von 4 bis 5 Bedienten mich durch den Landadel drängen darf. Ich hoffe, Ihnen und Ihren Ahnen [154] mit meinem Reifrock Ehre zu machen. Und begegnet mir eine von meinen alten bürgerlichen Bekannten, so will ich von meiner gnädigen Höhe mit einer ebenso stolzen Miene auf diese elende Kreatur herabsehen, als wenn meine Vorfahren das heilige Grab auch hätten erobern helfen. Sie sollen Ihre Freude an mir haben, und Ihre Wahl soll Sie gewiß nicht reuen.

Ich erwarte einen Aufsatz von Ihren Schulden, damit ich die Gläubiger auf die Zahlung vertrösten kann. Ich habe Vermögen genug, sie zu befriedigen. Und Sie können nehmen, soviel Sie zu Ihrem Staate brauchen. Ich sehe es zwar im voraus, daß mein ganzes Vermögen mit der Zeit wird verloren gehen, und daß mich Ihre Schulden und Ihr Aufwand in kümmerliche Umstände bringen werden, aber es sei drum. Es ist immer rühmlicher, wenn man als gnädige Frau hungert, als man mit bürgerlichen Händen Almosen austeilen kann. Ich erwarte die Ehre Ihres Besuchs, um Ihnen mündlich zu sagen, daß ich mit der größten Hochachtung sei,


Gnädiger Herr,

Ihre demütige Dienerin.


N.S. Könnte die Hochzeit nicht vor Fasten werden? Es ist hernach gar zu lange bis auf Ostern.

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