Nr. 138. Sagen vom Bergbau. (I–VII.)

I.

Es ist einmal ein Venediger gewesen, der wurde auf Klausthal zum Steiger gemacht. Wenn die Leute nach Haus zu gehen wünschten, ließ er sie sogleich gehen, weil er alle Arbeit für sie that. Wegen seiner Nachsichtigkeit mit den Bergleuten erhielt er viel Strafe und wollte deshalb nach Venedigen zurück. Er entließ alle seine Leute, behielt nur den Anschläger und fragte, ob er mit ihm wolle. Der sagte ja. Da machten sie miteinander ins Gesenk hinein, wo die Tonnen hineingehen, und der Steiger besetzte die ganzen Löcher so weit, daß sie losgehen mußten, um den Stollen zu nichte zu machen. Sein Zorn war so groß, daß er mit dem Stollen auch noch einen Bergmann, der da arbeitete, in die Luft sprengte, wiewohl der Anschläger um dessen Leben bat. [111] Da frühstückten sie miteinander und dann gings immer im Felsen entlang und überall war der schönste Weg. Als sie lange genug gegangen waren, kamen sie ins Venedigenland, in einen großen schönen Garten bei des Steigers Haus. Dem Anschläger gefiel es da sehr gut, als er aber eine Zeit lang da gewesen war, fragte ihn der Steiger: ob er einmal wieder nach dem Harze wollte. Er sagte: gerne, nahm rasch sein Grubenlicht, und sie gingen immer in dem Felsen entlang. Weil in den Bergen alles eingestürzet war, konnte er von da an nicht mehr finden, wo sie gefrühstückt hatten, und der Steiger brachte ihn ganz aus der Erde heraus und ging dann zurück nach Venedigenland. Als der Anschläger aber nach Klausthal kam, kannte ihn da niemand mehr und seine Frau und Kinder waren auch nicht mehr dort. Da wurden die Altertümer aufgeschlagen und darin stand, daß dieser Bergmann vor einigen hundert Jahren verschwunden war. Er hatte aber geglaubt, nur einige Jahre in Venedigenland gewesen zu sein.

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