Nr. 220. Die Zwerglöcher bei Scharzfeld. (I-III.)

I.

Im Gemeinholze bei Scharzfeld, auf der sogenannten »Sneie«, ist die Zwerghöhle, da haben früher die »Querge« gewohnet. Sie stahlen Kinder, die von den Arbeitsleuten auf dem nahen Felde in die Kiepe gesetzet waren, und setzeten für die gestohlenen Kinder kleine Zwerge hinein. Wenn dann die Mütter nachher zu ihren Kiepen gingen, um zu sehen, was ihre Kinder machten, so erblickten sie statt ihrer Zwergkinder. Wenn dann die Mütter laut schrieen, so brachten die[212] Zwerge die Kinder wieder und nahmen ihre Zwergkinder wieder mit fort. Aber nicht immer nahmen sie die Kinder bloß so zum Scherz. Einmal kam ein alter Zwerg zu der Edelfrau auf dem Gute Scharzfeld, und sagte: Wenn sie das Rätsel nicht erraten könnte, das er ihr aufgeben wolle, so nähme er ihr Kind weg. Das Rätsel aber lautete also:


Heute brau' ich,

Morgen back' ich,

Übermorgen bin ich Edelkind.

Edelfrauen, ich weiß,

Daß ich Fidlefitchen heiß'.


Das hat die Edelfrau nicht raten können, da hat ihr der alte Zwerg ihr Kind weggenommen und einen kleinen Zwerg dafür untergeschoben. Da haben sie lange auf dem Gute einen kleinen Zwerg als Edelkind gehabt und das hat der alte Zwerg mit seinem Rätsel gemeinet. Die Zwerge von Scharzfeld gingen auch des nachts auf die umliegenden Dörfer und holeten Braten und alles fort, was sie dort in den Häusern vorfanden. Am liebsten aber gingen sie auf das Erbsenfeld des Gutsherren und naschten zur Nachtzeit die Erbsen weg. Dabei hatten sie ihre Nebelkappen auf und dadurch wurden sie unsichtbar. Später aber nahmen die Leute einen langen Leigesiemen, das ist eine Leine, womit die Pferde beim Pflügen gelenkt werden, zogen die über alle Grenzen der Felder hin und davon fielen ihre Nebelkappen vom Kopfe und sie wurden sichtbar. Darauf wurden sie tüchtig durchgeprügelt, und dadurch sind sie scheu geworden und haben sich weggezogen bis auf einen, der da jetzt (um 1850) noch gehet.

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