[109] Auff herrn D. Johannis Glasers tödlichen abgang:
Stropha 1:
Wie es vmb ein glas bewandt/
Welchs/ weil es des könstlers hand
Nur aus asche/ laug' vnd sand
Doch auch könstlich zugerichtt/
Daß es durch seinn glantz vnd schein
Heller als crystallen seyn
Hertz' vnd augen nimmet ein/
Eh man sichs versieht/ zubricht:
Antist. 1.
Also steht es vmb die noth/
Vmb den all zu tewren koth/
Vmb den lebendigen tod
Vnsers todten-lebens hier.
Vnser leib ist nur wie laub/
Erd' vnd asche/ sand vnd staub/
Vnd des todes beut' vnd raub/
Der da stehet für der thür.
Epodos. 1.
Ein schönes glas hat seiner brüchigkeit
Beginn in sich/ wie vnser sterblichkeit.
Für die zerbrechligkeit
Hilft nicht der schöne glantz/
Für vnser sterbligkeit
Hilft nicht der ehrenkrantz.
Ein newes glas zubricht/ so stirbet auch die jugend/
Ein reines glas zubricht/ so stirbet auch die tugend/
Die doch vnsterblich ist. Ein vestes glas zufällt/
Vnd mancher stercker mensch verlässet diese welt.
Stropha. 2.
Drumb als dieses lebens schein/
Oder viel mehr todes pein/
Doctor Glasers glas zu seyn
Auch an jhme waar befand'/
Acht' er auch dies lebens maß
Als ein dünn vnd brüchig glas/
Vnd sein leben als ein gras/
Nichtes als nur eitel tandt.
Antist. 2:
Ehren stand vnd herren gonst
Wissenschaft vnd freye konst
Achtet er als wind vnd donst
Gegen der vnsterblichkeit.
Gantz sein dichten/ gantz sein sinn/
Gantz sein wünschen vnd beginn/
Gantz sein reichthum vnd gewinn
Ruht' auf seiner seeligkeit/
Epodos. 2.
Er hielt jhm vor die vngewisse zeit
Der jedermann-gewissen sterbligkeit:
[110]Für diese scheinbarkeit/
Erwehlt' er waren glantz/
Für diese sterblichkeit
Den schönen lebens krantz/
Den er erlanget hat/ erlebet nun in frewden
Das jahr der ewigkeit/ vnd weiss von keinem leiden.
In summ': Herr Glaser ist nu kein zerbrechlich glas/
Die schwacheit ist vorbey/ er ist ein ehrenfass.