Warschaus Fall
(Ende 1831.)
Als durch die Hauptstadt fröhlich einst freiwilliger Scharen langer Zug,
Aus Kalisch angelangt, sich wand und Polens weiße Fahne trug,
Da brachte Warschaus reges Volk dem tapfern Schwarme, der das Joch
Hinwegzuschütteln war entflammt, den Kalischern, ein Lebehoch.
Nein! rief ein Jüngling aus dem Zug, und drückte fest ans Schwert die Hand:
Ein Sterbehoch den Kalischern! es lebe nur das Vaterland!
Doch, ach! geblutet hat umsonst der Männer felsenfest Vertraun,
Umsonst den Brautschmuck dargebracht das Hochgefühl der besten Fraun.
Sie liegen auf den Knien, indes von fern Kanonendonner kracht,
Und flehn in Tempeln rings um Sieg für Polens allerletzte Schlacht.
Umsonst! Und zweifelnd fragt die Welt, seit euer Blut so reichlich troff,
Ob je der Geist besiegen wird den knechtisch plumpen Erdenstoff?
Ukasenton der Zärtlichkeit, wie fromm du mit den Deinen sprichst,
[155]Und mußt aus Liebe noch zuletzt sie metzeln lassen väterlichst!
Vergebens ruft ein ganzes Volk: Wir wollen dich ja nicht, Tyrann!
Das ganze Volk, zerknittert wird's, auf daß er's unterjochen kann.
Ihr edlen Schläfer unterm Sand, o laßt den Kampf euch nicht gereun!
Es wird der spätste Pilger einst auf euren Hügel Rosen streun,
Und auch der Dichter eilt herbei, von keiner irdischen Furcht besiegt,
Wo rings um Warschau hingestreckt die große Hekatombe liegt.
Einst kommen wird ein freies Volk und pflanzen eine Siegstrophä
Für euch und ein Simonides besingen dies Thermopylä.