[83] Gedenken
Nach dem Englischen.
Und glaubst du, weil im Weltgewühl
Mein Mund dich nie genannt,
Daß drum der Liebe Glutgefühl
Aus meinem Busen schwand?
Ich sah dein Herz in früh'rer Zeit
Vom Dolch des Grams verletzt,
Und klaglos, wie du trugst dein Leid,
Will ich es tragen jetzt.
Zu heilig rein war unser Bund
Mit seinem stillen Glück,
Um frevelnd ihn zu geben kund
Der Menge Späherblick.
[84]Verborgen trug ich in der Brust
Die Wonnen sonder Zahl;
Da Niemand schaute meine Lust,
Seh' Niemand meine Qual!
Vergessen?! Nacht! sei Zeugin mir!
Wie lang ich meine Pein
Getreulich wahre für und für,
Das weißt nur du allein!
So fließt der Strom bei Tag wohl sacht,
Klar spiegelnd Sonn' und Wald,
Dem in der schweigend stillen Nacht
Ein Klagelaut enthallt.
Bei Nacht, wo lauer, süßer Duft
Aus Blumenkelchen schwebt,
Wo die Erinnerung die Luft
Bevölkert und belebt,
Bei Nacht, bei Nacht – – wie ferne du
Mir auch entrückt magst sein:
Noch lächelt hold dein Bild mir zu
Mit sternenklarem Schein.
[85]
Vergessen ist was Hoffnung je
Mir schmeichelnd vorgemalt,
Vergessen ist so Lust als Weh;
Von feindlicher Gewalt
Ist ihre Farbenglut erblaßt,
Nur dein Gedächtniß blieb,
Wie eine Blüth' an morschem Ast
Noch schwanket, sanft und trüb!
Der Thränen Trost versag' ich mir
An meines Grams Altar,
Und spräche, Heil'ge! dann von dir
Zur lauten Thorenschaar? –
Mir sagt ein jeder Sonnentag:
»Sie lebt nicht mehr im Licht!«
Ob es auch Keiner ahnen mag,
Vergessen bist du nicht!