[155] 2.

Baumkircher! welcher Verblendung Nacht
Hielt dir die Sinne umwoben,
Als du, der Sieger in mancher Schlacht,
Des Aufruhrs Fahne erhoben?
Als du, für kurzer Rache Gewinn,
Den Feind gewählt zum Genossen,
Und mit dem Ungarkönig Corvin
Ein frevles Bündnis geschlossen?!
Unseliger du! trotz Acht und Bann
Des Rachewerkes beflissen! –
Hans Stubenberg, seinen Tochtermann,
Hat er mit sich fortgerissen,
Die mächt'gen Herren von Liechtenstein
Sie stehn zu Baumkirchers Fahne, –
Zum Heer verdichten sich seine Reih'n,
Der Sturm schwillt an zum Orkane! –
In Rom, wo er dem Papste sich neigt,
Erreicht den Kaiser die Kunde,
Und als er sie vernommen, besteigt
Sein Pferd er zur selben Stunde.
Er spricht kein Wort, er hat keinen Blick
Für Welschlands Schönheit im Lenze;
Im Fluge geht's nach Deutschland zurück,
Bis überschritten die Grenze.
Nicht länger soll der Empörung Graus
Im Herzen des Reiches walten!
Er schreibt in Eil' einen Landtag aus,
Zu Völkermarkt abzuhalten.
Dem Landtag halten sich klüglich fern,
Die gegen Friedrich in Waffen,
Doch auch die ihm treu geblieb'nen Herr'n,
Sie können nicht Hilfe schaffen.
[156]
»Die Länder verwüstet, weit und breit,
Die Grenzen von Feinden starrend,
Die Söldnertruppen seit langer Zeit
Vergeblich auf Löhnung harrend,
Vom Brand ergriffen das eig'ne Haus, –
Da ist kein Rat zu ersinnen,
Als: gleicht Euch mit den Rebellen aus,
Und trachtet sie zu gewinnen.« –
Daß nicht ohnmächtigen Zornes Qual
Das Eis seines Stolzes schmelze,
Verläßt der Kaiser schweigend den Saal
Und wandelt nach dem Gehölze.
Verstohlen folgt ihm auf seinem Pfad
Ein Männlein mit weißen Haaren,
Herr Puchau, sein vielvertrauter Rat,
In allen Ränken erfahren.
Rings Stille, so tief, so frühlingsklar!
Im Holze pickt nur der Häher.
Der Kaiser wird den Alten gewahr
Und winkt ihm gebietend: Näher!
Er spricht, – o wie vom verhaltenen Groll
Die Lippen ihm fahl erbleichen!
»Vernahmst du den guten Rat? Ich soll
Mich mit Rebellen vergleichen!«
Ein schwer unterdrückter Haß erglimmt
Im Aug' des alten Gesellen:
»Mein gnädigster Herr! 's ist, wie man's nimmt!
Ich weiß nur von einem Rebellen.
Baumkircher ist's! der gefährliche Mann,
Der all' die andern umsponnen!
Wär' er beseitigt, wie bald wär' dann
Der Aufstand in Sand verronnen!«
[157]
Das Röslein, das ihm zu Füßen sprießt,
Stampft wild der Kaiser zu Boden:
»Wohl redest du wahr! Baumkircher ist
Des Aufstands Seele und Odem!
Doch weil er es ist, und weil er allein
Sich kühn gegen uns mag stemmen,
Verschwindet der letzte Hoffnungsschein,
Den Lauf des Unheils zu hemmen.«
»Ich meine,« lächelt Herr Puchau kalt,
»Ein Mittel wird es doch geben!
Weit festere Schlingen als die Gewalt
Versteht die Klugheit zu weben.
Ihn trieb erlitt'ne Kränkung allein
Die Majestät zu beleid'gen; –
So ruft ihn an Euern Hof, um sein
Angeblich Recht zu verteid'gen!
Das ist mein Rat, Herr! kurz und schlicht.
Seht selber zu, ob er tauge.«
Als traue er seinen Sinnen nicht,
Hebt rasch der Kaiser das Auge.
Er steht, von dem Gedanken erschreckt,
Der jetzt in ihm aufgegangen,
Und eine dunkle Röte bedeckt
Die erst noch so bleichen Wangen.
»Nein!« murmelt er, »nichts, o nichts davon!
Willst Gift in's Herz du mir streuen?
Baumkircher hat mir und meinem Thron
Durch Jahre gedient in Treuen!« –
»Längst hat sein Verrat das wett gemacht,«
Spricht jener, gebückt zur Erde.
»Jetzt, gnädigster Herr, seid nur bedacht,
Daß wirklich sein Recht ihm werde.«
[158]
Zu schlichten den arg verworr'nen Streit,
Soll selbst er zu Graz erscheinen.
Entbietet ihn! gebt ihm frei Geleit!
So geht es wohl, sollt' ich meinen.«
Scheu wendet der Kaiser das Gesicht,
Er flüstert bang und beklommen:
»Und wenn er nicht käme?« Puchau spricht:
»Seid ruhig, Herr! er wird kommen!«

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