[313] Des Lebens Lied

Als ich in zarter Kindheit Tagen
Versteckt mein erstes Lied gesungen,
Mit tiefem Augenniederschlagen
Das Wort vernahm: es sei gelungen!
Da weint ich, daß man es erlauscht,
Und war doch stolz und glückberauscht.
Nicht Lob noch Ruhm mocht' ich begehren,
Vor niemand wollt ich eitel glänzen,
Ich dachte nie an äußre Ehren,
Ich träumte nie von Lorberkränzen;
Noch höher Ziel mein Herz mir riet:
Mein ganzes Leben sei ein Lied.
Ein Lied, vor Gottes Thron gesungen
Im höh'ren Chor, in Himmelsnähe,
So von Begeisterung durchdrungen,
Daß nur Begeistertes geschähe,
Daß alles Sein in Poesie
Vor mir ersteh' und anders nie!
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Und anders nie! – ein kühnes Sinnen;
Doch was ich wollt', hab ich gehalten –
Die Prosa jagt ich stolz von hinnen,
Vergönnt ihr nie ein stetig Walten;
Hoch ging mein Flug, und Himmelsschein
Verbannte alles, was gemein.
Wird einst mein letztes Lied ertönen,
Nach allen Kämpfen schwerer Zeiten:
Mein Leben war ein Dienst des Schönen,
Der Trost soll an mein Grab mich leiten;
Ich danke Gott, der mir beschied:
Mein ganzes Leben war ein Lied.

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