[138] An den Frühling
Du schwebest vom Hügel
Mit tauigem Flügel,
Mit blumigem Kleid!
O Frühling, hernieder,
Und weckest uns Lieder,
Und weckest uns Freud'
Und führest gelinde
Umschmeichelnde Winde
Zum schilfigen Bord,
Und fesselst geschwinde
Den schnaubenden Nord.
Du kleidest die Haiden
Und nackenden Weiden,
Du schwängerst die Luft
Mit Balsamgerüchen
Und lieblichem Duft,
Und gibest den Quellen
Belebende Wellen
Mit lächelndem Blick,
Dem schmeichelnden Bache
Die freundliche Sprache
Und Stimme zurück.
Dich grüßet der Himmel,
Dich grüßet die Welt,
Im frohen Getümmel
Tal, Wiesen und Feld.
Dich grüßet durch Lieder
Das bunte Gefieder,
Das Büsche durchzieht;
Dich grüßen die Hirten
Bei schattigen Myrthen,
Dich grüßet mein Lied!
Mit blendenden Füßen
Entschlüpfen den Flüssen
Nun Paar an Paar;
Die frohen Najaden
Sie ruhn an Gestaden
Und trocknen ihr Haar:
Sie eilen, Violen
Und Rosen zu holen
Vom schattigen Hain,
Und grüßen dich singend
Und küssen dich schlingend
In lächelnden Reihn.
Mit fröhlichem Spotte
Steigt aus der Grotte
Der Satyr herfür:
Treibt Lämmer und Geißen,
Und locket den weißen,
Wildbrüllenden Stier.
Nun trinkt er und singet,
Und grüßt dich und springet
Mit fröhlichem Mut;
Und wirfet sich nieder,
Und wälzet die Glieder
In sonniger Glut.
Auch Amor, der kleine,
Durchtanzet die Haine,
Den Satyr sieht er;
Er winkt den Najaden
Und blauen Dryaden
Vom Frühlingsfest her.
Da eilen von Tänzen
Die Nymphen hervor,
Und schmücken mit Kränzen
Des schlummernden Ohr.