[394] 585. Der Itzehoer Briefträger.

Zu einer Zeit war in Itzehoe ein Briefträger plötzlich verschwunden und keiner wußte, wo er geblieben sei. Erst nach dreien Tagen fand er sich zur Verwunderung der Leute eben so unversehens wieder ein und wußte folgende seltsame Geschichte zu erzählen:

Ich ging, erzählte er, hinter dem Klosterkirchhof; und ich ging und ging und konnte gar nicht ans Ziel meines Ganges kommen. Endlich sah ich eine große Stadt vor mir liegen und kam auf dieselbe zu. Da stand über dem Tore mit großen goldenen Buchstaben geschrieben:

GERMANICA.

Ich ging hinein und sah wohl Leute; aber alle hatten ein seltsames Ansehen. Ich fing an mit ihnen zu sprechen, aber sie sahen mich erstaunt an und ich verstand sie so wenig wie sie mich. Endlich kam ich zu einem Schlosse. Daher kam ein Mann mit einem großen Buche, der sah aus wie ein Kandidat. Ich redete ihn an, und er sah mich erstaunt an, wie wenn ich aus dem Monde käme. Doch verstand er die Sprache und ich klagte ihm meine Not. Er sagte mir, er begreife nicht, wie ich dahinkäme, zeigte mir aber den Weg zurück. Diesem folgte ich und fand mich am Ende im Hundegange wieder.

So hat der Mann oft erzählt. Sagte man ihm: »Du lügst«, so war seine Antwort: »Seid ihr denn Lügen von mir gewohnt?« Und sagte einer: »Du bist betrunken gewesen«, so antwortete er: »Hat mich je einer von euch betrunken gesehen?« Und er genoß nach wie vor den Ruf eines redlichen und wahrhaften Mannes.

Durch Dr. Klander in Plön.

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