[252] Soldaten-Leben.
Sechstes Gesichte.
Deß Sambstags gar frühe, ward mir durch Expertus Robertus vertraulichen gesagt, daß Mutius Jungfisch vnnd Don Thraso Barbaviso vnnd Don Vnfalo die gestern wider mich eingelegte Schrifft nun ins Teutsch vber gebracht hätten vnd noch selbigen Morgen wider mich eingeben würden.
Dieweil sie aber selbst in sorgen stehen, daß sie mit ihro wider mich nicht viel erhalten möchten, indem sie einigen kräfftigen Gewalt von jemand anderst nicht vorlegen könten, ob sie sich schon noch so Krautwälsch gestellet; so hätte er doch von versicherten Leuten vernommen, daß sie ein falsch gemachtes Schreiben, als[Rand: Falsche / Schreiben] vnder meiner Hand vnnd Namen nachgemahlet, wider mich bey zubringen vorhabens wären. Ja, wann ihnen auch solcher List fehl schlagen solte; sie doch durch allerhand heimliche Anstalt darauff bedacht sein wolten, wie sie mich gar auß dem Weg möchten raumen lassen.
Dann einmal der Neid vnd die vnsterbliche Feindschafft hätte sie dermassen besessen, daß sie weder Gewissen noch Gott mehr förchteten, wann sie nur ihren Lust an mir sehen möchten.
Derowegen auff seinen Rath ich mich durch einen heimlichen Gang, den er mir weisen wolte, eine weyle davon machen vnd ihnen auß dem Gesicht gehen, bei welches außgang ich mich alsdann widerumb erkennen vnnd vnschwer erachten würde, wo ich fürter hingehen solte: vnderdessen er, als mein alter beständiger Freund, die Sach bestermassen also zu treiben ihm wolte angelegen [253] sein lassen, daß dermahlen ich ohne einige Noth auß diesen hertzquellenden Trübsalen kommen vnd mein Leben in besserer Ruhe mit Gott verbringen möchte. Es würde vielleicht nach Gottes willen diß das letzte Wetter sein, vnd nach diesem verhoffentlich die liebliche Sonne der Frewden widerumb herfür blicken.
Solchem trewen Rath folgte ich ohne langes Nachsinnen, dann mir ohne das auß Erfahrung schon genungsam bekant war, daß, wo diese drey durch Trieb deß Läster-Teuffels mich in Gefahr hätten bringen können, sie warhafftig ihres eignen Verderbens, ja[Rand: Der Lästerer / Sitte] ihrer Seelen Seligkeit nicht würden geachtet haben. Vnd ob schon weder deß Richters Auffrichtigkeit, noch meiner Sach ich mißtrawet, jedoch hielte ich, auff Rath deß Alten, es dißmalen ein Weißheit sein, den Bößwichten auß den Augen zu gehen, biß zu anderer Zeit, da das Recht vnd die Gerechtigkeit weniger Anstöß vnd Gewalt zu leiden hätten.
Mittler weile vmb acht Vhren war Mutius Jungfisch, Don Thraso Barbaviso vnd Don Vnfalo nicht faul vnnd legten ihre Klag-Schrifft vor dem Helden-Rath ein, von Worten, als mich der Alte nachmalen sehen lassen, wie folget:
Allerdurchläuchtigster, Großmächtigster, Vnvberwindlichster, Allergnädigster Herr Ertz-König etc.
VOr Ew. Ertz-Kön. M. erscheinet Mutius Jungfisch, mit Beystand der Adelrühmigen Herren Don Thraso Barbaviso vnd Don Vnfalo als bemächtigter Anwald der wol-Erfahrnen:
Meister Märty Nasenhalters vnnd seins Nachbarn Schindelspalters,
Meister Fritz Hippenbachers vnd seins Bruders Puppenmachers,
Meister Chüntzle Guffenspitzers vnnd seins Eydams Löffelschnitzers.
Meister Vix, Fensterstopffers,
Meister Lung, Zundelklopffers,
Meister Lentz, Rinckelgiessers,
Meister Lauhel, Schneckenschiessers,
Bästel, Wirths zum lähren Darm,
Meister Klösels, Vinenschwarm,
Meister Curtle, Zäpffelschleckers,
Meister Jobstle, Schaalenleckers,
Meister Vle Grossen dursts vnd seins Nachbawrn Axt Bratwursts,
[254] Meister Jäckel, Durch-den-Wald,
Meister Engers, Hinden-halt,
Meister Wolff, Nussenflickers,
Meister Fuchsen, Eichelstickers etc.
vnd bringt deroselben Krafft Gewalts in Vnderthänigkeit klagend vor vnd an: Ob wol in den Käys. Beschriebenen Teutschen Rechten, auch in des H. Reichs Satzungen, fürnemblich aber in dem hochgebottenen Landfrieden vnnd dem Reichs-Abschied zu Regenspurg vom Jahr 1541. §. Ferner haben wir etc. Wie nicht weniger in der newen Polycey-Ordnung zu Augspurg 1548. Tit. von Schmäh-Schrifften, etc. heylsamlich vnd wol versehen; daß keiner den andern an seinem guten Namen, Glimpff vnd Ehr, auff waserley weise es were, antasten, außschreyen vnd berüchtigen, auch niemand zu seines Neben-Mänschen Schaden vnd Nachtheil Schmäh-Schrifften schmiden vnd dergleichen dichten, anstellen, vnd in das Reich außbringen solle etc., daß jedoch dessen vngeachtet der genante Philander von Sittewald sich nicht geschewet, neben vielen ehrlichen Leuthen insonderheit die erstbenante, Anwalts Hochgeehrte Herrn Obere, ohn all gegebne Vrsach, auß purlauterer Schmächsichtigkeit, in seinen titulirten Gesichten auff allerhand weiß vnnd weg Ehren-verletzlichen anzugreiffen vnd dieselbe vor der erbarn Welt, so viel an ihm sein mögen, zu verkleinern vnd beschmitzen.
Wann aber sie, die Herrn beleidigte, sich jederzeit eines vntadelhafftigen Lebens beflissen vnd die jenige keines wegs sein wollen, für welche sie dieser Philander schmählichen außgeschrien vnd gleichsam offentlich außgeblasen hat; Wie dann solches vnlaugbar ist. Als haben sie solche Schmach billich sehr tieff zu Hertzen gezogen vnnd seind dahero vervrsacht, vor Ew. Ertz.-Königl. Majest. wider diesen Lästerer gebührende Mittel vorzunemmen. Gestalt dann an Dieselbe Anwalds vnterthänigs bitten gelanget, ihme, Philandern, auffzulegen, daß er Klagenden seinen Herrn Oberen, einen offentlichen Widerruff zu thun schuldig sein solle, vnd ihne benebens dieses seines Verbrechens halben mit Exemplarischer vnnd angezogenen Satzungen gemässer Abstraffung, an zusehen, vnd solches alles mit bekehrung Kostens vnd Schadens, etc.
Vorbehalten mehre Nothdurfft Rechtens.
[255] Wie es aber ergangen, nach dem diese Schrifft abgelesen worden vnnd man nach mir geforschet, aber mich nicht finden können; was die Bößwichter für lose stücke auffgedichtet, was auch hingegen der Trewliebende Expertus Robertus, Freymund, vnd andere zu meinem Glimpff werden beygebracht haben, wollen wir seines Orts beruhen lassen. Man wird einen Theil dessen am Ende vernehmen. Ich aber hab sein allen, als einer, der es nicht gehöret, wenig geachtet; war froh, daß ich allein mit der Haut also gantz davon kommen.
So bald ich nun zu dem heimlichen Gang hinauß vnd den nechstgelegenen Wald erreichet, enthielte ich mich das best, so ich mochte, biß gegen nacht, da ich mich in einem Dorff vnfern in einem alten Hauß versteckte; Alwo ich auß Forcht des andern tags verbleiben mußte, biß wider gegen nacht, da ich den Weg fürter[Rand: Spe et Patientia / potes / omnia] suchte, Mit gutem Vorsatz, all das Vnglück gedultig zu leiden, biß mich GOtt erlösen thäte; dann ich wol sahe, daß mein sinnen vnd dencken nichts helffen mochte, wie sehr ich mich auch bekümmern, bearbeiten vnd bemühen wolte, Gott müste es thun, ohne welches Beystand kein Mensch was guts vermag in allem seinem Vorhaben.
Was ists, daß man sich viel kräncket,
Dieses jetzt, bald das gedencket,
Vnser Thun hat doch sein Ziel.
Lieber Mensch, drumb laß es gehen,
Soll es sein, so muß es gschehen.
Nach dem grossen Himmels-Schluß.
Alle Welt sich richten muß.
Nachdem ich also auff die lincke Hand das Land hinüberschluge, vnd auff vier Stunden wegs kam, ersahe ich nicht weit von mir ein wenigs glasts von Fewer, dem ich mich näherte; vnd als ich hinzu gienge, einer Kirche gewahr wurde vnd bey mir die Rechnung machete, es würden etliche arme Leuthlein oder Saltzträger (als vmb diese Gegend gewohn war), sich irgend die Nacht vber da auffhalten vnd rasten wollen, durch deren Mittel ich sonder zweiffel auff einen andern Weg könte gewiesen werden.
[Rand: Bawren aufffangen] Zwar war ich in meiner Meynung nicht betrogen, es waren arme Leute vnd Saltzträger, auch zween Kauffleut von Düsseldorff, ein Bott vnd viel andere biß vber zwantzig Personen.
[256] Dann als ich zur Thür nahete, vmb hienein zu sehen, wer es wäre, schnapps, zween Kerls hinden an mir vnd hielten mich bey den Armen mit betrowen, still zu sein, oder es würde mich das Leben kosten, dann sie mir auch die Pistolen mit auffgezogenen Haanen auff die Brust satzten. Ich sprach: ja ihr Herrn, ich will schweigen. Derowegen sie die Thür öffnen liessen. Behüte Gott! als ich hinein kam, was ein Elend vnnd Jammer war in der Kirchen; neun gesattelte Pferde, meist weisser Haare, stunden dort an einem langen Stuel vngebunden still vnd frassen ihr Futter auß Maul-Säcken. Vmb das Feuer lagen eylff Kerls, theils gekleidet als Wenden, bey einem andern kleinen Fewer lagen etliche Fewer-Röhrer vnd auff zwantzig Bawren, ohne andere Leut, welche mit Stricken an einander gebunden waren.
O was Angst vnd Schrecken, mein Gott! mich wundert, daß ich nicht in Ohnmacht gesuncken, dieweil ich mir anfangs auß trieb deß Gewissens die Rechnung anderst nicht machen können, dann es würden die Knechte auß der Burg mich alda erdapt haben.
Als aber deren etliche auffwischeten, mich gar leise frageten, wer ich wäre? vnd wo ich herkäme? dorffte es nicht viel Leugnens, dann ich war von einem, genanndt Bttrwtz, den ich zuvor vmb[Rand: Bttrwtz] 16. Dublonen auß der Gefangenschafft lösen helffen, gleich erkandt; welches mir auch vmb so viel zu gut kame, daß ich nicht gebunden wurde als die andern; sondern auff geschehenes Versprechen, nicht außzureissen, hab ich bey sie zum Fewer ligen vnd in der Kirche herumb gehen dörffen.
Weil ich aber gern gewust, welcher Orten ich eigentlich wäre, vnd in der Kirchen irgend eine Schrifft zu finden verhoffte, konte ich doch nichts als vber der andern Kirch-Thüre in einem Stein diese zwar verschlagene Buchstaben, die doch noch zu erkennen waren, finden.
DOMVS VASALLI.
Bttrwtz ruffte mich zum Fewr vnd gab mir ein Stück Brod mit diesen Worten: Freß Bruter du mußt jetzt reitt.
Ich war trefflich froh, dann der Bauch hatte mir meine Reyse schon lang vorgeworffen; vnd nach einer halben Stund waren sie alle auff, ohngefähr zwo Stunden vor tag, vnd ritten bey blickendem Monde also dem Gebürg zu: Bttrwtz sätzte mich hinder sich; [257] aber ein Jammer war es zu sehen, wie grawsamlich die andere arme Leuthe zu fuß nach gestossen wurden, mit Peutschen vnnd Seblen, hinder welchen zween ritten, so sie forttrieben, vnnd auff der Seiten zwischen vier gebundene, je zween wolbewehrte Soldaten zu Fuß.
Als wir nun ein Stund viere in das Gebürg gestampfft, kamen wir in ein Wildnuß hinein in ein Thal, vnd es war bey zwo Stunden auff dem Tag; da suchten wir zwischen den Hecken widerumb Lager, vnd wurden so bald zwo Schiltwachten auff die höchste Bäume, vnd da man auff die Strassen sehen kunte, gesetzet vnd je zu zwo Stunden abgelöset, an welchem Orth wir biß drey Stund in die nacht geblieben.
Die gefangene Leute litten grosse Noth wegen Hungers, Also daß deren etliche Graß abropfften, sich damit zu erlaben. Ich aber bekame deß tags zwey stück Brod, drey Knoblauch vnd ein wenig Saltz, so mir Bttrwitz ließ geben.
[Rand: Tägliche Gedancken / eines / frommen / Bürgers] Da dachte ich: wie mancher Mann sitzet in grossen sichern Stätten, isset vnd trincket alle Imbiß nach genügen vnd nach wollüste, schlaffet, wann er will, stehet auff, wann er will, vnd Er dencket doch nicht wol einmal, wie grosse Gnade er von Gott habe, vnd daß er ihme darfür dancken solte, weil er ihn vor vielen Leuten hochgesegnet, die in Elend vnd Mangel müssen zu schanden gehen.
Ich dachte auch, wie weißlich ein Mensch thue, der sich, so viel sein Gewissen leiden kann, alle welt zu Freund mache; dann offt der Vnachtsambste dem Allergrösten kan schaden bringen; hingegen[Rand: Gutthaten / nützen allen / Menschen] wer Gutthat erweiset, derselbe wird deren jederzeit, auch wann er es am wenigsten hoffet, offt vnder Feinden geniessen können.
Dann wo mir dieser Kerls nicht auffgestossen, oder gerühmet, wie ich mich seiner in der Gefangenschafft hertzlich angenommen hätte, ich würde, sonder zweiffel, dißmal mit dem Leben nicht sein entkommen.
Nach dem wir nun ein gute Zeit gerastet, war ich durch zween der Vornembsten, deren Namen ich hernach erlernet, Grschwbtt, vnnd Bbwtz, beyseits gefordert vnd mit verständlichen teutschen Worten gefraget, was ich für meine Außlösung (ranzon) gutwillig geben wolte?
Vnderdessen die eine Schildwacht ein Zeichen gab; deßwegen zween zu Pferd sassen vnd nach Anleitung gedachter Schildwacht durch die Hecken ritten gegen einem Alt-Weg. Kamen auch bald [258] wider zu ruck, vnd brachten mit sich einen Bawrs-Mann, der truge ein klein Briefflein zwischen zweyen Fingern, daß gab er dem[Rand: Brieff tragen] Grschwbtt; als er solches auffthate, doch weder er, noch die andern es im geringsten lesen konten, so auch den vbrigen gefangnen nicht trawen wolten: gaben sie mir dasselbige ihnen vorzulesen, vnnd nahmen mich einen Steinwurff beyseyts.
Es war aber, wie ich befande, Frantzösisch, doch mit Griechischen Buchstaben geschrieben, also:
Μέσσιερς, σή βοῦς ἔστες ἐνκόρες ά Δομβάσσελ, ρετήρες, βοῦς δελὰ ῶ πλοῦτος. γὰρ ὔν παΐσαν κὴ σἀ σῶβέ δὲ βοῦς ἂ δῶννὲ ἄδρεσσε ά νοστρε γουβερνεοῦρ δὲ βοῦς ἢ ἔνλεβερ σέστε νῦικτ. Ἀδίεου
Sie wurden zornig, daß er ihnen nicht auff ihre Sprach zugeschrieben, derowegen Grschwbtt den Botten nur Mündlich zuruck färtige, mit Befehl, künfftig anders zu schreiben.
Nachdem sie nun durch mich dise Freundschafft empfangen, versprachen sie mir, wo ich nicht gern bey ihnen bleiben möchte, die Freyheit; doch daß ich bey leib ohne ihr Vorwissen hinderrucks nicht davongehen noch außreissen solte; dann so ich Lust hätte, wohin es auch wäre, sie mich ohne einige Gefahr selbst dahin liffern wolten; welches zu halten ich gern versprechen müste.
Die vbrige betreffend, so war auch einer nach dem andern vor genommen vnd gefragt, was er geben wolte?
Der eine Kauffman von Düsseldorff versprach Hundert Reichsthaler. Der ander antwortete, er wäre Bürger auß einer Statt, die mit keinem Mänschen Feindschafft hätte, also er auch einige Außlösung nicht schuldig; aber ich meyne, er ist bald einer andern meynung worden; dann nach dem man ihme hundert Streich auff[Rand: Karbatschen] den vndern Leib gegeben mit einem starcken Faust-Hammer-Stiel, in dem ihn zween bey Füssen, vnd zween bey den Armen hielten, hat er endlich gesehen, daß die vermeinte Neuträlität der Stadt Düsseldorff nichts helffen würde, vnd sich auch auff 150 Reichsthal. vergleichen müssen.
Ich wolte dir, sprach der erste, wol vorgesagt haben, wann man in dergleichen vnversehenen Vngelegenheiten ist, daß man mit der Herrschafft Ansehen vnd all ihrem schreiben vnd schicken nicht[259] [Rand: Neutralitäten / Paß-Zedel / Frey-Zedel] viel außrichten mag, vnd wer sich selbst nicht weißlich zu rathen weiß, wol muß zu schanden gehen.
Muste also der gute Narr wegen empfangener Streich 50 Reichsthal. mehr geben vnd den vnglaublichen Schmertzen noch darzu haben.
Der Bott vermeynte durch Hülff seiner Füesse loß zu kommen, dann nachdem er auf 30 Reichsthal. gehandelt wegen seiner Loßlassung, vnd dahero den Pferden zu warten frey gung, ersahe er seinen Vortheil, sich in die Hecken zu verkriechen; weil er aber zeitlich vermerckt worden vnd drey zu Pferd ihme vorgebogen, ist er auß Noth in einen Weyer gesprungen biß an den Halß vnnd vermeint, da durch zu kommen; so bald ihm aber mit einem langen Rohr ein Schuß worden, also daß er vmbs Leben bate wegen sieben unschuldiger kleiner Kinder, die er zu Hauß hatte, war ihm zwar, biß er wider heraußkommen, daß Leben versprochen, aber alsobald von einem andern mit einem Sebel der Kopff in zwey[Rand: Schröckliche / Vnbarmhertzigkeiten] Stuck gehauen, mit den Worten: Es ist besser, du sterbest, du Hund, als daß wir alle verrathen würden.
Vnd zu den übrigen allen sprach er, ihr Herren möcht euch daß zum Exempel nemmen, dann es keinem von euch soll besser gehen als diesem, wann er außsetzen wolte.
Von den andern muste ein Schultheiß 100 Reichsthal. versprechen vnd ein Pferd. Die vbrige alle entschuldigten sich der Armuth vnd Vnmügligkeit; von welchen drey starcke Bawrs-Knechte sich selbs gutwillig vnderhalten liessen.
Weil nun von den andern keiner was versprechen wolte, da solte man Jammer gesehen haben, wie grausame Marter einem vnd dem andern angethan worden.
[Rand: Schnaltz-Marter] Dem eenen wurden beede Händ auff den Rücken gebunden vnnd mit einer durchlöcherten Ahle ein Roßhaar durch die Zunge gezogen, welches, so man es nur ein wenig an oder auff vnd ab gezogen, dem elenden Menschen solche Marter verursachet, daß er offt den todt geschryen, aber vmb jeden Schrey vier Streich mit der Karbatsche auff die Waden halten muste; ich glaube, der Kerls hätte sich selber entleibet, wo er seiner Hände gebrauchen können, nur deß Schmertzens zu entkommen.
Eim andern wurde ein Seyl mit vielen Knöpffen vmb die Stirn gebunden, vnd mit einem Knebel hinden zu, ober dem Nacken, [260] zusammen geträhet, daß ihm das helle Blut zu der Stirne, zu Mund vnd Nase, auch zu den Augen außflosse vnd der arme Mänsch als ein Besessener außsahe.
Ich erschracke dieser schröcklichen Plagen vnnd vnbarmhertzigen Tyranney, bate den Bttrwtz, daß er doch an Gott vnd an sein Gewissen dencken wolte vnnd der armen vnschuldigen Leuthe etwas mit der Marter schonen. Aber er sprach zu mir in Zorn, wann du viel Mitleiden haben wilt, so bleibstu min Freund nicht lang; der ist deß Teuffels, der Mitleyden hat.[Rand: Mitleiden]
Zween von den Bawren-Knechten, so sich allererst vndergestellet, vnd angeloben musten (als zwar bey ihnen Brauch war) daß sie sich drey Ding versprechen wolten, nemblich Gehorsam, Keuschheit vnd Genügen in Armuth; ja sprach deren einer, wie die München, Gehorsam im Vitiat; Er wollte sagen Novitiat. Keuschheit im Mandat; vnd Armuth im Bad, welcher frechen Rede er gelobet ward; damit diese ein Prob thäten ihrer Dapfferkeit, gedeyeten hinder ihre Meyster, so mit ihnen gefangen worden.
Der eine verweißte seinem Meister, daß er ihn vor etlich Jahren, als er noch Vnder-Knecht gewest, mit der Geysel offt nackend biß auffs Blut gehawen hätte, deßwegen solte er ihm jetzt zur Ergötzligkeit ein Pferd versprechen vnnd 50 Reichsthal. oder er müste von seinen Händen sterben. Als ihm aber der Bawr die bekandte Land-Vnmögligkeit vorhielte, bande der Knecht dem Meister die Finger mit Treib-Schnüren zusamen, so vest er vermöchte, vnd darnach mit einem Lad-Stecken auß einem langen Rohr, fuselte zwischen den Fingern so lang auff vnnd ab, biß die Haut abgieng vnd das rohe Fleisch erhitzet als ein Fewr hinweg verzehrete biß auff das Bein, der Bawr aber sprang offt in alle Höhe, offt ließ er sich ohnmächtig auff den Boden fallen; vnnd wann er einen Schrey thate, schlug ihn der Knecht in das Antlitz, daß ihm das Gesicht gantz duster worden, biß er letzlich ein Pferd vnd 10 Reichsthal. versprach; da gab er ihm ein stuck Brodt vnnd bande ihn wider zu den anderen.
Diese That hielte die Gesellschafft trefflich hoch; aber es ist derselbe Kerls endlich wider erdappt vnd vmb anderer Vnthaten willen geviertheilt worden.
[261] [Rand: Ein Meister / lerne diß] Worauß beydes Bawren vnd Knecht zu lernen haben; Erstlich die Bawren, daß sie zusehen, wie sie mit ihrem Gesinde vnnd Knechten vmbgehen, dieselbige als Mänschen vnnd nicht als Vieh achten noch ihnen ihren verdienten Lohn abzwacken oder gar vor enthalten; dann ein solcher, wann er zu seiner eussersten Nothwehr gezwungen wird, offt mehr schaden kan als einer, der groß vnnd mächtig ist; vnnd lehren die Exempel, wie durch mancher Diener abgezwungene vnnd veranlaßte Rachgierigkeit die Herren in vnwiderbringlichen Schaden, in das Verderben, ja vmb Leib vnd Leben sind gebracht worden; Es[Rand: Des Esopus / Fablen] hat wohl ehe ein armer Schröder den Adler auß seinem Nest getrieben vnd die Ratt einen Ochsen in den Fuß gebissen, wann sie dazu seynd genöthiget vnd gezwungen worden.
[Rand: Ein Knecht / lerne das] Darnach die Knechte, daß sie gleichwohl dencken in allen ihren Handlungen, wann sie ihrer Nothwehr mißbrauchen vnnd einen rachgierigen Frevel darauß machen, daß der Meister ihnen biß zu anderer Zeit eine Irten borgen vnd sie hernach dieselbige doppelt könte bezahlen machen; Bevorab, wann noch vorsetzliche Boßheiten vnd andere Sünden dazu kommen, welche dann nimmer vngestrafft bleiben.
Der andere Bawr, welcher etwas ärmer war als der vorige vnd seinem Knecht nichts versprechen kondte, ward jämmerlich mit schlagen zugerichtet, daß er wahrhafftig ein wildes Thier hätte zur Bärmbde bewegen sollen, ja mit solchem vnerhörten fluchen, vnnd verfluchen, ob Himmel vnd Erden hätten zusamen fallen wollen.
[Rand: Bawren kan / man nicht verderben / als mit / Bawren] Da dachte ich bey mir wahr sein das Sprich-wort, welches sagt: Wann man einen Bauren zu grund verderben wolle, so soll man niemand anders als einen Bawren dazu gebrauchen.
Dieses geschahe, so viel ich mich auß der Sonnenschein verstehen kunte, biß gegen drey Vhren, da ruffte abermal die eine Schildwacht, er sehe von fernen einen Mann kommen, sonder zweiffel den Klenckstein, (den er also mit erdichtetem Namen sagte) so gute Post bringen würde.
Es war aber ein Schnaltzer von dieser Gesellschafft, ein Alchbruder, ein Storger, ein Schurck, (aber der Teuffel sags ihm) ein Kundschaffter, der im Land daheimen vnd in Bawrs Kleidern von [262] vnd zu gienge vnd alles außforschen köndte, wo irgend Beuten zu machen waren.
So bald solcher herbey kame vnnd erkandt wurde, zog er ein kleines Briefflein, als ein Küglein zusammen gerollet, auß dem[Rand: Brieff tragen] einen Ohr. Ich ward beyseyts genommen vnd muste es lesen, das lautete von Worten also:
Zur Nachricht: Es sind vor zwo Schwärtzen drey vornehmbde bekante Kümmerer hie durch auff Schönen Klebs naher M. kafalt. Die werden über drey Schwärtzen wider zuruck schwäntzen vnd etliche Gleicher mit vielen bahren Messen mitbringen. Sie haben bestellt, daß man ihnen Lehen keriß, gefünckelten Joham, Boßhardt vnd ein Strohbohrer zu R soll brissen. Dann sie wollen daselbst schöchern. Der Schöcherfetzer wird dapffer Brissen vnnd sie so lang mit Menckelen auffhalten, biß ihr sie im Schocherbeth oder doch im Gfar auff dem Mackum habt. Alcht vnd Boßt Euch. Gute Schwärtze.
Ich lase es, aber die Wort oder Sprach verstunde ich nicht; es waren mir eitel Bömische Dörffer.
So bald ward den Pferden ein Fütter geben, vnnd in einer Stund saß man auff; ich war wider zu Pferd genommen, aber die andere Gefangene musten zu Fuß hernach, biß gegen die Nacht, da wurden sie neben den Schnaphänen gelassen.
Wir ritten fort bey sechs Stunden, ehe wir einkehreten, das war in einem alten verbrandten Schloß, welches auff einer Höhe lag, da schon vor mehr als sechs Jahren kein Mensch mehr gewohnet; vnnd warn über ein Stunde nicht da, so kam ein Bawr, welcher dem Haar nach auch ein Soldat gewesen sein mag; der bracht etliche Brodt vnd bey zehen oder eilff Maß Wein in einem Fäßlein; dann sie hatten ihre Leute vnnd Kundschaffter an allen orten vnd dorfften sich auch, so wol wegen der natürlichen Zuneigung als der guten Verehrung, die sie außgaben, auff sie sicherlich verlassen.
Wir assen vnd trancken bey einem kleinen Fewerlein, so wir vnder einen alten Schopff gemacht hatten; vnnd nachdem der Bawr gegen tag mit einem Dranckgelt von zwo Ducaten wider fort gelassen, zogen wir durchs Gewälde, so lang, biß es wider nacht worden.
[263] Einer, da wir noch irgend einen Büchsen-Schuß zu reiten hatten, stieg von seinem Pferd, zog die Spohren ab, vnnd ging zu Fueß von uns, kam nach einer Weyle vnnd erzehlete, daß der Schöchersetzer am Ende des Gfars hinder dem grossen Beth mit ihm gebarlet vnnd gesagt, daß es eben richtig Zeit, dann die Gleicher hockten vnnd schlunten ohne Sorg in den Schrentzen. Welche Wort alle ich doch nicht zu fassen wuste.
So bald ritten wir alle fort, fort, fort vnd kamen, wie mich dauchte, zur hinder Thür eines Hauses. Dann es war finster.
Sie stiegen ab, biß auff zween, so neben mir die Pferde halten müsten, vnd zur Thür, (welche ein Kauffmann auß geargwonter Anstellung des Wirths offen gelassen) mit auffgezogenen Pistolen hinein.
Ein einiger Schuß geschahe zur Stubthüre hienein, so bald waren die gute Leut alle vor Schrecken schon halb erstorben, vnd ohn viel Wort machen wurden sie (ihrer waren fünffe, vnd der sechste zu allem Vnglück nicht im Hause, welcher uns auch endlichen außkundschaffet hatte) gebunden vnnd geknebelt vnnd neben ihren Fell-Eysen fortgeführet zuruck in das alte Schloß, dahin wir gegen tag wider einkamen, vnnd daselbsten vnsern gestrigen Bawren mit noch einem anderen, welcher Wein, Brod vnd Fleisch zur gnüge gebracht, antroffen.
Aber der Arbeit dieser Pferde vnnd Leute kunte ich mich nicht gnugsam verwundern, dann ich ward so müde, daß ich tausentmal lieber geschlaffen hätte, wie wol sie alle noch frische Augen hatten wie die Falcken.
Wir machten uns lustig; doch war mir bey der Sach nicht wohl, dann weil ich in Sorgen stunde, daß ich erkant werden vnnd irgend wider mein Verdienst in Lebensgefahr kommen möchte, so wäre ich gern abgewesen; aber nachdem dieser Streich so wol gerathen, sagten sie mir, daß ich fürter einmal ihres Lieds singen vnd bey ihnen bleiben müste; deßwegen sie das Geld vnder sich theileten vnd befanden, daß sie an Baarschafft vnnd Kleynodien auf 3000 Thlr. werth bekommen hatten, alles an Gold, dessen sie drey Theil macheten. Den Mußquetierern, so die Gefangene im andern Wald hüteten, einen Theil, Einen Theil legten sie beyseyts [264] für gemeine Noth, wo irgend einem ein Pferd zu schanden gienge, oder einer sonst schaden erlitten hätte; dieses Theil gaben sie mir auffzuheben. Den Dritten Theil theileten sie vnder sich selbsten, also daß jedem bey 60. Reichsthal. werth kamen. Noch musten die Kauffleute erst wegen ihrer Außlösung auffs newe nach vieler Marter, so man ihnen anthate, jeder 80. Reichsthal. versprechen.
Vnder denselben war ein Doctor der Artzney, welcher zum Teutschen Kriegs-Volck ziehen wollen, der versprach nichts, dann daß er bey ihnen bleiben vnd ihnen dienen wolte, als er dann an etlichen Orthen wol verrichtet, biß er endlich auch davon kommen.
Eines aber muß ich hier der Arglistigkeit vnserer Gesellschafft[Rand: Schnaltzgriff] lachen; so bald sie die Kauffleuthe je mit einem Arm vberrücks zusamen gebunden hatten, nahmen sie ihnen den Nestel auß den Hosen, also daß sie mit der andern Hand die Hosen halten musten vnd dergestalt zum lauffen oder verkriechen gantz nicht geschickt waren, welches wir dann hernach bey allen Gefangenen zu thun pflegten.
Den tag blieben wir da vnnd bestelten vnsere Schildwachten sehr wol, in wehrender welcher Zeit einer bey 4. oder 5. Stunden etwas außrasten oder schlummern können.
Mit Jammer sahe ich da von der Höhe hinab in einen nahgelegenen[Rand: Ellend der / Bauren zu / diesen Zeiten] Weyer, in welchem, weil das Wasser abgelassen vnnd der Weyer trucken lag, vier Bawren als Pferde an einem Pflug gespannen, zu Acker fuhren, daß mir dann Hertz vnd Augen übergiengen auß Erbärmde, weil ich sahe, wie übel die elende Leute ihr Leben erhalten musten vnd doch noch so grawsamlich vmb Geld gemartert wurden, aber ich durffte mich einigen Mitleidens nicht anmassen offentlich.
Gegen nacht, zogen wir weiters, der Doctor, weil er sich willig vndergestellt, war hinder einem auffgesetzt, die andern musten gebunden gehen, fast die gantze Nacht vnnd begunten so wol die Pferd als wir wegen der Arbeit jetzo müde zu werden.
Vor tag kamen wir gleichwol zu vnserer Gesellschafft im Wald, die nahmen wir vnd ritten auff zwo Stunden das Land hinunter, bey einem kleinen Alt-Stättlein, darin ein Schloß lag, mit demselben Meyer vnnd Bürgern hatten vnsere Leute gute Kundschafft, drumb wir auch eingelassen wurden vnd die Thore nach vns verschlossen, [265] als hernach vielmal geschehen, da war vns allen erlaubt zu schlaffen, die Gefangenen aber oben in einer Stuben zusamengesperret, doch das Hauß vor den Fenstern vnnd der Thür mit Wachten besetzet.
Wir schlieffen biß gegen drey Vhren, da wir vns wider ermunderten; vnderdessen der Würth in dem Saal trefflich zugerüstet hatte, da war alles in grossem Vorrath an Wildprät, Geflügels, Fischen, Gesottens vnd Gebratens, sampt dem besten Wein.
In diesem Würtshauß kam zu vns der Würth von R. so vns eben die Kauff-Leute verrathen hatte, welcher sich, damit alles ordenlich hergienge, stellete, als ob ihm sein Hauß wäre geplündert worden, vnd begehrete, daß man diese Reuter in hafft nemmen[Rand: Säu-Veitle] wolte. Da dachte ich an den Säu-Veitle, vnnd sprach bey mir heimlich, O wie kan der Schelm die Wort verträhen! Vnsere Reuter hinwiderumb stelleten sich, als ob sie ihn zu todt schlagen vnnd seblen wolten; doch waren die Streich von Pflaum-Federn; letzlich sich mit ihm zu vergleichen, daß er zwantzig Ducaten für einen Abstand nemmen vnd weiters nichts an sie suchen wolte, waren beyde Theile zufriden, vnd ich muste ihm solch Geld auß dem gemeinen Seckel zahlen. Aber es war eigentlichen das Tranckgeld, so er wegen gethaner Verrätherey verdienet hatte; wie wol ihne der eine Kauffmann bezüchtigen wollen, er hätte noch 20. Reichsthaler, die er ihme in einem Seckel zu verwahren geben, hinderhalten. Aber das Trübe hatte jetzt ein Ende, es war nun außgefischt, vnnd musten wir ihn zum Freunde halten.
Wir waren die nacht über daselbst fast lustig, gegen Tag aber lagen wir wider schlaffen.
Da gedachte ich offt, wie ein feiner Gesell ich nun worden wäre, weil ich wuste, das Lob und Tranckgeld, so die jenige zu[Rand: Auß Tag / Nacht machen] hoffen hätten, welche auß Tag nacht vnd auß Nacht tag zu machen pflegen.
Vmb Mittag kam ein anderer Bottschaffter das Land herauff[Rand: Verborgene / Brieff tragen] mit einem Briefflein, welches er, mit Papyr vmbzogen, in einem Schollen grund eingeballet, in der Hand truge, damit auff den fall, er es vnvermerckt hätte bey seits werffen können. Das Briefflein war mir zu lesen vertrawet, doch kunte ichs so bald nicht verstehen; die andere viel weniger als ich.
[266] Es kam aber von einem Vogt, welcher eine Zeit lang in grosser Gefahr gestanden war wegen vnserer Reuter, als die ihm den Todt geschworen hatten, weil er sie an einem Orth verkundschafften wollen; diser nun, sich wider beliebt bey vnserer Parthey, vnnd seine Sachen gut zu machen (O frommer Gott, was thut der teuffelische Eygen-Nutz nicht! vmb seines eygnen Nutzens willen,[Rand: Gottvergessener / Eygennutz] hat er Gottes so fern vergessen, daß er allein ein so schröckliche That verursachet hatte, die sonst nimmer geschehen wäre) schickte vns dieses Briefflein:
Riobo hollom, oß wild abol nelgom flaoha oim Schiff mit ajorom wuhlom, glessol buhlschufft and raottom aemhimmon much T. gohom, duß keommont sio urros hubom. zar sicholhoit hub ich ihmom noimom sehm zan pfumdt goschickt. W.
Derowegen ich den Doctor bate, daß er mir wolte suchen helffen, weil er doch nun auch vnsers Volcks war, (dann vns beiden allda auß dem gemeinen Seckel, jedem ein treffliches Pferd, sampt aller Zugehörde gekaufft, vnd wir also auffgesetzt vnd hätte schier gesagt, besessen gemacht, worden) welches wir dann in einer Viertel-Stunden zusamen brachten, vnnd war der Verstand dieses Brieffleins also: Liebe Herren, es wird vbermorgen frühe ein Schiff mit vielen Waaren, grosser Bahrschafft vnd Leuten, von hinnen nach T. gehen, das können sie alles haben; zur Sicherheit[Rand: Purè tantummodo / mutatis / vocalibus et / liquidis] hab ich ihnen meinen Sohn zum Pfand geschickt. W.
So bald ward der Bott auff Begehren wider für das Stättlein gelassen, welcher in einem Garten allernechst deß Vogts Sohn abgeholet vnnd mit sich bracht, der von vns trefflich gastirt, doch aber in Verwarnuß gelassen worden, biß wir wider zu ruck gekommen.
Vnser musten zu Pferd Neune auff sein, der Doctor vnd ich auch, vnnd ein jeder einen Schnaphanen hinder sich setzen, theils mit langen Fewer-Rohren, theils mit Bürst- vnd gezogenen Rohren.
Nun hatten wir acht starcker Meylen, deßwegen vmb zwo Vhren sassen wir auff vnnd liessen die Gefangene alle neben einer Wacht zu ruck, für welche der Mayer des Orths vns 500. Thaler gabe,[Rand: Teufflische / Schnaltzerey] er aber fürter seines Gefallens mit der Außlösung handlen möchte, wie er wol wolte, die er dann biß auff acht hundert Thaler gebracht hatte. Ich lasse es ihn gegen Gott verantworten; dann ich hab eben mit mir selbst gnug zu thun.
[267] Wir ritten die Nacht durch, biß gegen Tag vnnd kamen in ein ander Stättlein, da wir gar sicher waren, weil die Besatzung vns jederzeit zugethan gewesen; da blieben wir wieder biß gegen nacht vnd waren trefflich lustig.
Darnach sassen wir auff vnnd kamen bey drey Meylen hinunter am Wasser, alda wir vns in einem Leutlosen Dorff, in einer alten Schewer stelleten, vnnd vnser Fewer-Röhrer an das Wasser in buschkade legten; alles aber desto besser zu ordnen, so setzten drey zu Pferd durch eine furt über das Wasser auff die andere Seiten.
Als nun gegen acht Vhren das obgedachte Schiff herab kame vnnd vnsere drey Reutter sich jenseits sehen liessen, waren die gute Leut geschäfftig, herüber zu kommen, auff die Seite da vnser Buschkade lag, zu allem Vnglück aber ist einem sein Rohr, dessen Zünglein bloß an ein Weyden-Gärtlein gerühret, loß gegangen, also, da sie fast anlenden wolten, der vnsrigen erst gewahr wurden vnd sich wieder hienein zu Wasser begaben. Doch in dem die drey Reuter drüben mit Pistoln vnd einem langen Rohr auff sie loß brannten, bearbeiteten sich die arme Leute mit rudern, auffs beste sie mochten, vns in der mitte deß Flusses also zu entkommen, welches auch (weil vnsere Schnaphanen etlich Wasser vnder wegs hinderlich gewesen wäre) gewiß geschehen können, wo[Rand: Schiffbruch] nicht von beiden Vfern Fewer in das Schiff gegeben, auch etliche erschossen worden. Die vnschuldige Leute (bey denen auch etliche Weiber sassen) wurden aber in dieser Noth letzlich so bestürtzt, daß sie auch deß Schiessens nicht mehr achteten, biß endlich das Schiff, welches an etlich Orten durchlöchert gewest, angefangen mit allem zu sincken, mit grausamen Geschrey vnd Jamer, mit vnglaublich schröcklichem Anblick.
O Gott deß Elends dieser armen vnschuldigen Leute! Das Wasser war nicht fast streng, aber an diesem orth sehr tieff vnd zimblich breit, auch das Gestad, ausser zwo furten, welche mit Gefahr noch zu breiten waren, fast hoch; also in gar wenig Zeit, vor vnsern Augen sie alle plötzlich ohne Rettung vndergehen vnd ersauffen müssen.
Vnd wie ich seithero erfahren, waren es viel vornehme ehrliche Leute, biß auff fünff vnd zwantzig Persohnen, darunder die [268] meiste viel Kinder zu Hauß hatten, vnnd theils ihrer Handthierung nach, ein stuck Brod zu gewinnen, solche trübseelige Reyse thun wollen.
Dieser trawrige Anblick hat etliche von vns fast beweget; doch war es den meisten nicht vmb das arme Volck zu thun, sondern wegen deß Verlusts der Gütter, die sie da gehofft hatten, welche sich vber 12000. Reichsthal. solten beloffen haben.
Es waren aber die Vornembste vnserer Gesellschafft so vngehalten vnnd vnsinnig, weil ihnen eine solche Beute so liederlich auß Händen gangen, daß sie sich verschwuren, nicht nacher Hauß zu kehren, sie hätten dann was erdappet, daß sie sich des Schadens ergetzen möchten; vnnd ob auch einer Paß von vnserm HErrn Gott selbsten haben solte, er doch vngestrippt nicht solte durch[Rand: Gewohnheit / der Alcher] kommen. Dann das hatten sie in Gewohnheit, wo sie hin kamen, vnnd nichts mit namen, so meineten sie allemal, sie hätten was verlohren.
Es war aber vnfern ein Closter, sie hiessen es zum Luthrischen[Rand: Kloster] Apt; in dieses kamen wir mit Liste. Als aber die Herren drinn nach vnserm Belieben sich nicht in Güte mit vns abfinden wolten, wurden sie alsobald für öffentliche Feinde erklärt, wie dann Brauch war, vnnd in manchem Orth noch ist. Derohalben[Rand: Der was hat / ist Feind] wir sie zusamen kuppelten vnnd alles mit gewalt eröffneten vnd wohl das halbe wider bekamen, als wir im Wasser verlohren hatten; dann was wir suchten, das alles hielten wir, als ob es vnser gewest wäre von Rechts wegen.[Rand: Schnaltzer / Kriegsrecht]
Es hatte aber einer von vns einen Diener deß Apts mit Marter dahin gebracht, daß er bekante, die vornembste Baarschafft des Closters wäre vnder einem Grabstein verborgen, derowegen dann biß in sechs Stein erhoben worden, ehe man darzu kame, vnnd war gleichwol der Schatz vber 1500. Dukaten nicht.
In Besuchung aber waren die Beine der Todten nicht geschonet, sondern heraußgeworffen vnd zerstrewet.
Als wir nun, vnsers erachtens, den besten Rogen gezogen hatten, liessen wir etliche Herren wider loß, vnder welchen auch der Luthrische Apt selber war, damit sie vns essen vnd trincken[Rand: Freunds Lande / wie sie gehalten / werden] beytrugen, (dann wir waren in Freunds Land vnnd dorfften vns [269] einigen Vberfals da nicht besorgen) welches dann geschahe, oder doch geschehen muste.
Der Apt aber, als er besorget, was in der Kirchen vorgangen, vnnd hineinluffe, nicht allein in einem vblen Stand alles funde, sondern auch allen Zierrath vnnd den Schatz weg sahe, kam zu vns mit zornigem Gemüth vnd grossem eyffer vnd[Rand: Todtengräber /berauben] sprach: Nam hactenus quidem viventium res salus facultatesque vexabantur, nunc ad mortuos impietas etiam atque avaritia vestra convertitur? In cujus fide sanctorum nunc ossa requiescent? quum Templum intactum huiusque moribus scelerosis, injuriam vestram vitare non possit. Aperta enim penetralia vidi, et perquisitum quicquid illuc cura et egestate metus congessit. Arcas preciosioribus rebus refertas deplevistis. Perrexit impudicissimum scelus, et devolutis ingentibus [Rand: B. Venator /Ep. ad. Comis. / de Lesno] saxis Principum capulos eruistis et hominum Sanctorum corpora impuris manibus intra illos ipsos capulos turpiter invasistis, et confudistis. Existimare haud difficile est, quibus modis vivos foedare consuevistis, qui à mortuis tributum exigitis: qui defunctorum membra in sandapilis honestissime composita distrahere, ita lacerare atque alio trajicere non erubuistis: vix pes suo loco, vix brachium, vix caput mansit. Jam non amplius quaerendum est an DEI hominumque odio digni sint, qui calcata divinarum humanarumque rerum [270] sanctitate, intra domesticos parietes DEI, in ipso puritatis contubernio, in ipso sacrarum precum et hymnorum Odeo, in coelestis doctrinae Gymnasio, in praesentiae divinae tabernaculo, divini humanique odii et contemtus feralem scenam peregerunt. DEI et Legum causa agitur, cum Sanctorum et Principum agitur, quos omnia jura inviolabiles esse voluerunt, quos mortuos etiam jus illud commune gentium ab improbitate defendit. O Imperatores, o Reges, Caeteraeque potestates, si non haec maleficia vindicatis, vestris ipsis injuriis favetis et in vos mortuos videbimini permittere, quod aliis in alios permisistis.
Vnsere Gesellschafft lachten des Herrn Apts, daß sie hotzelten, vnd trancken auff deß Todten Gesundheit, der ihnen die 1500 Dukaten geben hätte. Deßwegen ein anderer Münch anhube: Hi sunt nostri temporis et nostrae partis stratiotae, qui in effringendis claustris fortissimi, in exurendis templis alacres, in campanis auferendis expeditissimi, in sacro spoliando ornatu heroes. videmus in agro nostro templa eversa aut exusta, aut in stabulum versa, altaria facta praesepia, suggestus dejectos, sacra undique rapta et veluti Guntherus ait, sine [Rand: Lib. 6.] respectu ullius Religionis.
Divinas spoliare domus, sacra tollere vasa,
Excoriare cruces, abrumpere textibus aurum,
Omnia quae possunt avide corradere saevis
Unguibus et secum collecta referre etc.
Weil aber keiner von ihnen das Latein verstunde, vnnd wir beyde vns dessen jetzt auch beschämet hatten, derowegen die Gesundheit des Todten mit lachen fortgetruncken war, fuhr der Herr Apt entrüstet mit Teutschen worten herauß vnnd sprach: So seind dann nun an solchen heiligen Orten die Beine der Heiligen vnnd die Leiber der Fürsten in den Gräbern nicht mehr sicher! vnnd wird wegen des teuffelischen Geld-Geitzes alles in den Gräbern durchsuchet,[271] [Rand:Aventinus / lib. 2. pag. 247.] vnd alle Gegend vberal also mit Todten-Beinen erfüllet, dermassen daß niemand alles beweynen kan. Es rinnen meine Zähren (wie er dann vnder der Rede weinete als ein Kind) aber ihrer seynd gar zu wenig, wann ich schon die Augen gar außweinen konte.
[Rand: Senec. Tro. / Act. 3. Sc. 1.]
– ante hac fuerat hoc prorsus nefas
Germanis inausum, templa violastis, Deos
Etiam faventes: bustos non transierat furor.
Ward also befohlen, man solte sie, damit man deß Klagens vnnd Pfaffen-Geschreys abkäme, wider zusamen in ein Stube einsperren, als dann geschehen.
Da wir nun beiderseits, Mann vnd Pferde, wol gefüttert hatten, zogen wir also vngemachter Irten davon, wie es auch den guten Herren seithero ergangen, hab ich nimmermehr erfahren können.
Wir kamen aber deß andern Morgens wiederumb frühe zu vnsern Leuten, alwo die meiste von den Gefangenen sich mit dem Meyer schon verglichen oder gar außgelöset hatten.
Alda liessen wir des Vogts Sohn, weil es an seinem Vatter nicht gehindert hatte, mit einem Trinck-Geld von 12. Ducaten sambt seinem Botten wider von vns, vnd bliben wir da rasten noch drey Tag vnd hielten vns gar still, vmb die Leute, als ob wir auß dem Lande wären, sicher zu machen; welches wir durch etliche mit Geld bestochene Bawren gar füglich zu thun wusten.
[Rand: Kundschafften / Nutz] Dann wir hatten nun auß Erfahrung gelernet, daß gute Kundschafften einem Soldaten mehr nutzen als viel Volcks; vnd wie wol es viel kostete, doch hatten wir für jeden Thaler, so wir für Kundschafft auß legten, widerumb 50 vnnd mehr zu gewarten.
Der Doctor vnnd ich hatten in dessen gute Zeit vnnd Gelegenheit, der Sachen weiter nachzusinnen. Insonderheit dem grossen Vnglück, darin die arme Leut im Schiff vndergehen musten; vnd verglichen wir vns beyde, durchzugehen, so bald wir mit Fug können wirden.
[Rand: Frag?] Es kamen mir auch die Gedancken ein, wie es müglich wäre, daß so viel ehrlicher Leute eben mit einander alle hätten müssen sterben auff eine Stunde an einem Orth vnnd auff eine Weise; da [272] sie doch sonder zweiffel nicht alle eine Geburts-Stunde oder Himmels-Zeichen wirden gehabt haben.
Der Doctor bestritte, Ja, daß sie alle nothwendig einerley Geburts-Zeichen müsten gehabt haben; sonsten wäre es vnmüglich gewest, daß sie alle solcher Weise an einem Ort vnd auff einmal gestorben wären.
Aber das war mir gar frembd; wohl wahr ist es, daß jedem Mänschen seine Zeit, Orth vnnd Weise, zu leben vnd zu sterben von GOTT vor bestimbt ist, welche Zeit er nicht überschreiten kan; daß aber etliche Ihnen ihre Zeit auß eigenem erwehltem Vnfall verkürtzen, das seye anderst niemands als dem Mänschen selbsten zu zuschreiben.
Der Doctor wolte zwar gestehen, daß der Mänsch zu seinem Vnglück vnd Glück selbsten Vrsach geben könte, doch solches alles vnnd allein bloß auß trieb seines Geburts-Zeichen. Welches ich ihm gar nicht zugeben konte, mit Bedingung, daß ein Vnterscheid zu machen sey zwischen einer Allgemeinen Vrsach vnnd zwischen einer Eigenständigen Vrsache; vnd daß Jene Diese vbertreffe in allem; wie wir dann dessen die tägliche Erfahrung zum Exempel haben, da offt durch grosse Feld-Schlachten zu Land, auch auff der See durch Vngewitter, biß in 40000 vnd mehr Mann auff einmahl vmbkommen seind; da es ja thöricht wäre, wo man sagen wolte, daß solcher allgemeine Vndergang eines jedwedern Geburts-Stunde zuzuschreiben gewest seye; dann so man deren etlicher Geburts-Stunde hette ersehen wollen, wirde sich sonder zweiffel befunden haben, daß viel derselbigen noch ein langes Leben hätten zu hoffen gehabt; daß sie aber in diesem vnglücklichen Orth, vnder diesem vnglücklichen Kriegs-Obristen eben zu der Zeit gestritten haben, das hat das allgemeine Vnglück vervrsachet, vor dem sie doch sonsten von Natur dißmal hätten befreyet sein können. Noch ein Exempel: Es ist einer von glücklicher Geburt vnd vnder einem Zeichen Langlebens geboren, ziehet aber vnd wohnet in einer Statt, über die ein grosses Vnglück verhänget ist, als bey vnsern Zeiten nach Magdeburg, etc. der wird mit Gemeiner Statt zu grunde gehen, ob er schon noch so gute Zeichen in seiner Geburts-Stunde wegen Lang-Lebens gehabt hätte. Wie offt sehen wir, daß durch ein allgemeine eingerissene Pest Leute dahin sterben, die doch nach ihrer [273] Geburts-Stunde noch viel Jahr hätten leben können vnd sollen; wie dann solches auß H. Schrifft auch kundtbar, daß offt der Vnschuldige vmb der Boßheit willen vieler Schuldigen hat müssen das Leben lassen vnd zeitlich vndergehen, dene es doch Gott an der Seele nicht wird haben entgelten lassen. Wol aber kan auch geschehen, daß dergleichen glückliche Geburts-Stunde, wenn andere glückliche mitlauffende vnnd würckende Vrsachen dabey kommen, das[Rand: Galeottus / Martius de / Doct. promisc. / cap. 1. circ. fin.] Feld erhalten; dahero dann geschicht, daß auß einer Feld-Schlacht offt irgend einer, auß einem Schiffbruch irgend einer wird erhalten. Ja ich selbst könte dessen Exempel vielfaltig erzehlen, der ich, da andere durch das Schwert, Fewr vnd die Pest vmb vnnd neben mir vmbkommen, ich gleichwol, offt ohne mein Wissen vnnd Willen, in vnverständigem Widerstreben, doch bin durchkommen, dem Vnglück entgangen vnnd entführet worden, welches ich ehe nicht als nach geschehenen Dingen allererst habe mercken vnnd verstehen lernen. Dieses aber alles durch meine Einfalt zu ergründen oder zu beschreiben, ist mir vnmüglich, ist auch meines Wesens, Willens vnd Vorhabens nicht; Gelehrterer Leute Außschlag möchte ich darüber gleichwol gerne hören.
Der Doctor kunte mir wol nicht vnrecht geben, doch blieb er darauff, daß etliche Aspecten lange Jahre wirkten, vnnd dem Sohn vom Vatter das ist dem Menschen vom Himmel ein Erb-Vnglück darauß wird; welche Gefahr dann nicht vorzukommen, alle weil daß ihr Sterne in der Brunst ist; etliche aber der Noth[Rand: Cunrad / Khunradi: / Medull. distillator. / part. 2. / tr. 2. p. 51.] leichtlich entkommen, die weil ihre Sterne schon versauset. Also ob ein Vnglück vber ein Hauß oder Geschlecht ware (es wäre dann vmb der Sünde willen) es in das Geblüt gesäet seye; der Säemann aber ist der Himmel vnd das Gestirn. Doch seye wol wahr, wie ein gerüsteter Soldat seinen Feind vberwindet, also ein Gottfürchtiger kan auch die böse Aspecten deß Himmels vberwinden, vnd darum recht gesagt sey:
Biß du nur fromm vnd bette gern,
So schaden dir gar nichts die Stern.
[274] Am vierdten tag kam ein Bott mit einem Briefflein, der trug ein Aestlein Eichen-Laub in der Hand, vnnd war das Briefflein zwischen zwey Blättern mit grüner Seiden eingenehet, welches man gantz nicht mercken konte, auch der Bott auff den Fall das[Rand: Brieffe tragen] Aestlein ohne Gefahr hat tragen oder von sich werffen mögen; dieses nun muste ich eröffnen; es lautete von Worten, welche mir noch meist vnbekant waren, also: Der Schwartze Bschiderich in dem kleinen Gallen mit dem Langschnabel-Thurn vnnd der grossen Difftel, zackert im grossen Schling-glentz, oben an dem Grünhart, jenseit deß Floßharts, hart am Stroebart, mit vier Klebis vnnd fünff Stück Hornböck. Er hat zwar sieben Funckart dipper, aber sie zonen, vnnd die Schild-wacht ist Schmalkachel, vnnd Er, ehe die Klebis zum Kielam kommen, gar leicht zu erklemsen. Musten wir also auff sein vmb Mitnacht, vnser eilffe, vnd zwo Meylen das Land hinauff vber das Wasser, welches den Namen hatte von dem alten Ertz-König im langen grossen Bart, biß gegen neun Vhr vff den Tag, da vnsere Schiltwacht, der auff einem Buch-Baum[Rand: Außspäher] sasse (auch einer, damit er nicht irgend ersehen wurde, ein gute Zeit auff Händ vnnd Füssen hinder einem Zaun hinauß gekrochen, vmb den rechten Augenschein einzunemmen, wo vnd wie man den Angriff thun könte) ruffte, es wäre zeit!
So bald waren wir zu Pferd vnnd hinauß; da ersahe vnd erkante ich allererst, daß ich auff meinem Mist war vnd sonder zweiffel bey dieser angestelten Vngelegenheit meiner Bekanten einem auch wider meinen Willen Leyd würde zufügen müssen, als auch geschehen; dann es war mein bester Freund, den ich auff Erden hatte vnd haben werde, so lang dieser Leib lebet; vnd doch kunte ich dißmal nicht mitteln, daß seiner wäre verschonet worden. Wiewol weder der Doctor noch ich die gantze Zeit über einigem Mänschen ein Leyd mit vnserer Hand hatten zugefüget.
Der gute Schwartze Bschiderich fuhr zu Acker mit zweyen Knechten, hatte 3 Schildwachten außgestellet vnd auff Bäumen sitzen vnd sieben Mußquetierer zur Sicherung bey sich. Er selbst stunde mit dreyen Rohren vnd einem Fäustling in hie-beygesetzter Postur. In welcher Postur er etlich Jahr mit Gefahr seines Lebens ihm vnnd seinen Kindern, das Brod auff dem Acker sorglich vnnd säuerlich erringen müssen.
[275] So bald aber jetzt die Reutter merckten, daß die Schildwachten vnachtsam vmb sich sahen, wischeten sie als ein Blitz auß dem Wald herfür vnd auff die Pferde, ehe man es recht gewahr worden; welche auch, weil die Knechte wider ihre Abred dem Stättlein [276] zu eilen wolten vnd vnderwegs zu fall kommen, in mitte der matten, ausser dem Schuß, neben dem Rindvieh verlohren worden.
Der Bschiderich selbsten war von vns wegen veränderter Kleidung zu seinem besten nicht erkannt, sonsten man ihne ohne zweiffel mit verlassung des Viehs allein hinweg genommen vnnd, als vor abgeredet war, in stucken gehawen hätte, weil er bey vnserer Gesellschafft durch lose Leute mit allerhand auffgedichteten[Rand: Don Vnfalo] Sachen angegeben gewesen. So aber, nach dem solcher Verlust ihn in grossen Mangel gebracht, den Orth endlich doch zu rettung seines Lebens vnd vorkommung seiner Kinder zeitlichen vnnd ewigen Vndergangs sampt allem verlassen müssen, biß ihm Gott hernacher anderwerts durch Hoch-gutthätige Helden-Gemüther seine Vnderhaltung wunderlicher weise wider aller Leute Hoffen, Meinung vnd vermuthen beschehret. Welchen Gott durch seine vätterliche Gnaden-Hand vnder beständiger Helden-Gemüther Hülffe allmächtiglichen vnd seinen Kindern zu Christlicher Aufferbawung biß zu einem seeligen Ende erhalten wolle.
Also zogen wir mit dem Vieh davon, dem Botten, der vns geführet, war ein alt scheutzig Pferd, so vns vnder wegs auff zwo Meylen in einem Garten auffgestossen, zur Verehrung geben, mit dem machte er sich beyseits.
Doch war vns dieser Handlung schier gerewen. Dann nachdem wir biß gegen nacht abwerts geritten vnd nun achteten, daß wir ausser aller Gefahr sein wirden, bevorab weil zuvor mehr mahlen wir vnverfolgt allezeit glücklich durch gekommen, darumb so begaben wir vns in ein Dorff etwas abweg gelegen, alda ein stuck Brod, Saltz vnnd Knoblauch zu essen vnnd ein Trunck guten Wassers, so in diesem Dorff zu finden ist, zu thun; insonderheit aber den Pferden, denen wir offtmahl das Leben schuldig waren, ein Futter zugeben, vnd vmb mehrer Gewißheit willen, so stelleten wir vnserm löblichen Brauch nach vnsre Schild-wacht vor ein Hauß vnnd machten ein gut Fewr mitten in die Stube, daß es zu den Läden außschimmerte, dann es waren da keine Fenster zu finden von vielen Jahren her. Wir aber legten vns besser hinauff, in das vierdte Haus von gedachter Schild-wacht, in welchem wir vns still hielten.
Etliche Bürger vnnd Knechte auß obgedachtem Stättlein sampt einem Kauffman, dessen oben gedacht, der vns noch nachstellete, [277] nachdem sie dergleichen Verlust offtmahlen von vns empfangen hatten, wurden eins, vns dißmahl zu verfolgen, wie sie dann mit in zwantzig Fewer-Rohren auff vnsere Spur vnnd vmb zeit neun Vhr biß in gedachtes Dorff komen.
So bald vnser Schild-wacht deren gewahr worden vnnd nach geschehenem Anruffen einen Schuß zur Losung vnder sie thate, gaben sie mit hellem Hauffen alle Fewer, zu den Läden desselben Hauses hinein, nicht anderst dafür haltend, als daß wir sämptlichen darin sitzen wirden.
Vnsere Schild-wacht war zwar erschossen, wir aber in dessen gewarnet, zu vnserer Hinder-Thür hinauß auff die Pferde, vnd hinder dem Dorff herumb, vnnd ehe sie wider zur Ladung kommen kunten, waren wir schon von hinden an ihnen vnd schossen in dem ersten Jast biß in sieben nieder, vnder welchen auch der Kauffman war. Fünffe bekamen wir gefangen; die andern sind durch das Gesträuch, wie dann das Dorff gantz öd vnd verwachsen ist, davon kommen. Doch waren es fünffe der vermöglichsten, denen wir sobald die Nestel auß den Hosen, wie auch die Hosenbendel abnamen, daß sie nicht lauffen kunten, vnd banden sie, jeden sonder, daß ihnen das Blut zu den Nägeln außtrange.
Als nun die andere also abgefärtigt worden, daß ihrer keiner mehr vnser begehrte, blieben wir in gedachtem Dorff biß gegen Tag. Einer von den fünffen, der reicheste, ward so bald angesucht, daß er zu seiner Erledigung den erschossenen Soldaten mit 300 Ducaten bezahlen solte.
Man hätte es zwar noch bei hunderten bleiben lassen. Aber wie? sprach er in Halsstarrigkeit, soll ich so viel für einen nichtswerthigen Kerls geben? Welche Wort den Grschwbtt so sehr verdrossen, daß er zusehends der andern diesem den Kopff mit dem Sebel in einem Streich entzwey schlug vnd er da gestreckt lag vnd kaum den lincken Fuß noch einmal zwey reckte, welcher außgezogen ward vnd da ligen blieben.
Deßwegen zween andere vmb gedachte 300 Ducaten angesucht worden, die sich aber der Vnmüglichkeit entschuldigten, vnnd ob man ihnen schon zu verstehen gab, daß man auch noch weniger nemmen würde, wolten sie doch sich mit vns nicht einlassen, sondern, als verstockte Leute, sprachen, daß sie ehe sterben müsten, als daß sie [278] solches Geld geben köndten. Deßwegen Grschwbtt, noch mehr entrüstet, sprach, daß sie ohn weiters Schwätzen spielen solten, welcher erschossen würde. Einer auß der Gesellschafft gab Würffel her, vnd gleich muste der, so es verspielt hatte, zur Thür hinauß, gebunden. Er bate aber den andern, daß er sein Weib vnd Kinder, deren er vier hatte, seinetwegen gesegnen wolte, welche Wort mir die Augen vbertrieben, wann ich sie höre vnd dencke, wie mir in gleichem Fall offt zu Muth gewesen.
Vnd als er hinauß kam vnnd ihm einer ein langes Rohr mit auffgezogenem Haanen entgegenhielte, nam er selbsten, (deß Schmertzens desto ehe abzukommen) das Rohr vornen vnnd hielte es gerade gegen seinem Hertzen.
O wehe nein, sprach der Gesell, so ist es nicht gemeynt; dich in einem einzigen Schuß zu tödten, das wäre keine Straff; du must also geschossen werden, daß du lange Marter leidest, vnnd also nicht nur einmal, sondern vielmal den Todt außstehen müßtest.Mortem, si recusares, darem: Rudis est tyrannus, morte qui poenam exigit. Mortem aliquid vltra est. vita, si cupias [Rand: Senec. / Agamem. fin.] mori. Derowegen schoß er ihm mit drey Roll-Kugeln das rechte Knye entzwey, daß er gleich zu Boden fallen muste vnnd vmb Gottes willen bate, daß man ihn doch vollends erschiessen wolte, aber daß kunte ihm nicht gedeyen, sondern er war bey demselben Fueß genommen vnd der Schenckel als ein Garnwinde herumbgeträhet vnd also auff vnd ab gezogen, biß er von Ohnmachten vnnd Schmertzen vmb die Welt nichts mehr wuste.
Der ander aber, welcher sich ledig gespielt hatte, damit er gleichwol ohne Denck-Zeichen nicht entgienge, war erstlich halb lahm geprügelt, darnach in einen Back-Offen gestossen mit vielem Stroh, so sie hernach anzündeten, daß wir erstlich anderst nicht meyneten, er wäre wegen der Schläge vnnd des Rauchs schon todt vnd ersticket, biß das Stroh in volle Flamme kam, da solte man gesehen haben, wie er gleichwol zu schutz seines Lebens durch die Flammen durch kroche vnd also mit dem Gesicht herab auff die Erden fiele, ob er todt wäre gewest.
Als es aber gegen tag gienge vnnd sie beyde wider zu sich selbs kamen, huben sie ein solch Zetter-Geschrey an, daß es ein [279] Grewel war zuhören, sie meyneten aber die Gesellschafft dadurch anzubringen, daß sie vollends erschossen wurden, dann der Brand hatte den andern im Gesichte so vbel zugerichtet, daß ihn gedeucht, es wäre höllisches Fewer umb ihn. Aber man wolte sie mehr Marter erleyden lassen.
Zogen also wir davon mit den zweyen andern vnd kamen in drey Stunden an vnsern Ort. Alwo wir vmb mehrer Sicherheit willen die zween auß Erlaubnuß deß Statthalters in einen sehr hohen Thurn legten vnd mit wenigem Wasser vnnd Brodt täglich zu speysen verordneten. Doch mit wenig Worten zu sagen, wir vermeyneten, sie würden gar wohl verwahret sein; aber sie (in Betrachtung, daß sie nicht nur einen, sondern viel Tödte von vns zu gewarten haben würden) erkühneten sich, das Leben ehe einmal zu wagen, oder gar zu entkommen, als ihnen doch wol gerathen ist.
Dann nach etlichen Tagen wir bey vnserer Ruck-Kunfft, erfuhren, daß sie mit Zusammenbindung ihrer Kleider, Hembder, einer alten Bett-Zieche, vnd allem dem, so sie vnvermerckt zu sich bekommen können, zu einem engen Loch hinauß sich den Thurn hinab gelassen, bey zehen Klaffter hoch; deren der eine seiner Handthierung ein Beck vnnd Gerichtsschöffe, der ander ein Hosenstricker war, mit denen ich ein grosses Mittleiden hatte, vnd weil ich ihnen selbst, wie gerne ich gewolt, nicht helffen können, so war ich heimlich desto mehr erfrewt, weil sie also wider alles vermuthen entkommen waren.
Musten also vnser Gesellschafft es bleiben lassen, da sie doch nicht mehr vmbzuholen waren; Gott aber, der keinen Vnschuldigen verläst, wird ihnen sonder zweiffel durch seine H. Engel Hertz vnnd Seel also gestärcket haben, daß sie nicht allein den gefährlichen Sprung, sondern auch den bösen fernen mißlichen Weg glücklich verrichtet; wie sie dann beyde noch im Leben vnnd seithero mit mir deßwegen in Vertrawen offt Rede gepflogen. Deren einer offt gesagt, er habe es erfahren: Milites esse rusticorum Diabolos.
In zweyen tagen waren diese Pferde vnnd Kühe durch die[Rand: Kriegs-Segen] Gurgel, dann es war weder Schutz noch Gedeyen dabey, vnnd musten vns offtmal selbst kranck vnnd den Todt daran fressen, das macht der Segen, so vns darüber ward gesprochen. In solcher [280] Zeit kam zu allem Glück ein anderer Bott, so balden sie den sahen, sprachen sie, der Hund kompt, ich verstunde das Wort nicht, aber bald merckte ich es, indem der Bott einen zottichten Hund mit sich hatte lauffen vnnd von demselben in beysein vnser aller ein Briefflein vnder den Haaren verborgen herfür zoge.[Rand: Verborgene / Brieffe tragen]
Dieser Bott, wie auch der Hund, wurden trefflich gastiret vnd auff deß Hunds Gesundheit getruncken, als ob er ein Mensch gewesen wäre, auch hatte er vns eben so viel vnd mehr genutzet als vor wenig tagen der todte mit den 1500. Ducaten. Das Zedelein aber lautete also:
Es liegen etliche Kümmerer alhie, die warten auff dreyhundert Rieling vnnd auff hundert stuck Hornböck; vnd neben dem haben sie viel tausend gelbe Stättinger in den Streifflingen verborgen bey sich, vmb deren willen einer weder Dolman noch
Dalinger förchten solte. S.
Derowegen, nach dem vns der Bott mündlich ein mehrern Bericht gethan, wir andern Morgens frühe auff vnnd durchs Gewälde ritten, daß wir zu nacht eben dahin kamen.
Dieses aber kan ich hie nicht vngemeldet lassen. Ehe wir zu Pferd sassen, so frühe als es war, wolte ich mein halb Maß Wein, Brod vnd kalt Fleisch in Bauch haben, weil ich dabey war; dann fasten ohne das gar leicht ist, wann man nichts haben kan. Bbwtz, mit dem ich biß ans Ende fast immer Händel vnnd zu streiten hatte, der sprach ich wäre ein Höffling, ein Suppirer, ein Scheißling, könte nicht reitten, ich hätte dann Sporen im Leib. Ich antwortete ihm aber, daß es nicht so wol meiner Persohn wegen wäre, mich zu versorgen, als das Pferd selbsten, als auff welchem ich viel leichter wäre, so ich gessen vnnd truncken hätte, als nüchtern; dessen mir die gantze Gesellschafft in Abred war, vnd pocheten, daß ich mit meiner Morgen-Suppe noch alle Schantz verliehren würde, dieweil ich mich dadurch aller Zeit vnnd Gelegenheit begeben thäte. Der Doctor sprach, Ja ich hätte recht gesagt, es wäre ja also, daß, wer nüchtern zu Pferd sitze, viel schwerer vnd vnbeholffener seye, als der nach genügen gessen vnd truncken hätte.
Weil nun dieser Spruch der Gesellschafft vnglaublich vor kam, aldieweil man durch essen vnd trincken beladen vnd nicht beleichtert werde, so ward der Doctor geheissen, die Vrsachen her erzehlen.
[281] Auß gewissen vnnd in der Artzney bekanten Vrsachen ist gewiß vnnd die Erfahrung bezeuget es, daß ein todter Leib viel[Rand: Galeott. Martius / cap. 22. /pag. 230.] schwerer seye als ein Lebendiger. Dann ein todtes Schwein wigt mehr als eines, das nicht todt ist, dieweil in dem todten alle Geister auß sind, vnnd nichts mehr helffen kan, welches bey einem Lebendigen gantz anderst ist; dann die lebendige lüfftige Geister (welche, wie offenbahr ist, durch essen, trincken vnd schlaffen widerumb erfrischet werden vnd newe Kräfften gebähren) weil sie von Natur vber sich begehren, also machen sie das jenige leicht, darin sie sind; vnd wo sie nicht sind, da wird alles schwerer. Auß welchem Bodement erscheinet, daß ein Mann, der gessen vnd truncken hat, viel leichter vnnd fertiger sey zum reiten, als einer, der nüchtern ist. Doch ist solches von einem vollen tollen, der als ein todt Bloch zu achten ist, nicht zu sagen; dann der Augenschein gibts offt, daß sie sich nicht auff den Boden festhalten können, will geschweigen zu Pferd. Wir musten gleichwol vngeachtet deß Doctors Meynung also fort reiten, vieleicht darumb, daß wir Geld spahren, oder welches glaublicher ist, die Gelegenheit nicht versaumen möchten.
Als wir nun an den Orth gelanget, drey Stunden vor Tag (vmb welche Zeit die zween jetzt erzehlte Gefangene nach Hauß entkommen waren) kam ein Herde Schwein getrieben, sampt einer Herde Rind-Vieh, welche wir vnvermerckt gehen liessen, mit dem Trost, daß sie vns doch nicht entlauffen würden.
Nach diesem Vieh allem kamen die Kauff-Leute, welche vermeinten, so das Vieh sicher durchgienge, würde es ferner mit ihnen keine Noth haben. Aber wir waren eben so schlau als sie, (dann wir pasten auff beides) wie wol es vns doch vmb etwas gefehlet; dieweil, als wir auff sie zusetzten, vnnd es noch zimblich dunckel war, vns der beste Vogel entsprungen; der andere, den wir erdapt vnnd das Gelt (In dem er von Bbwtz aller Orten vnnd, welches ich meine Tag sonst nicht gesehen noch gehöret, im Mund, in den Ohren, im Haar, an heimlichen Orten, ja, das ich ohne Scham nicht melden kan, in dem Hindern selbsten, gar genau durchsucht, aber nichts bey ihm gefunden worden) von sich must geworffen haben, wurde im Zorn von dem einen Bawrs-Knecht erschossen; als ich ihm aber deßwegen zugesprochen, er solte [282] den guten Mann, der vielleicht zu Hauß arme Kinder sitzen hätte, nicht eben so gleich hien, ohne Gewissens-Forcht tödten! Der ist[Rand: Tödten] des Teuffels, sprach er, der ihn nit tödtet.
Vnderdessen etliche vorgehawen, vnd das Vieh angehalten, welches wir sampt den Treibern vnnd noch dreyen Mittgesellen gedachter Vieh-Händler vnsern nechsten Weg forttrieben, aber viel in der Finstere vor Tag verlohren hatten; doch waren wir zu frieden, daß wir biß auff 250. Schwein vnd 70. stuck Rind-Vieh in vnser Vnderschleiff-Orth davon brachten, alda wir gleich etliche, die beste, stechen vnd schlagen ließen, etliche verschancken vnd die andere durch vnd durch je ein Stück in das ander vmb acht Reichsthal. wider zu lösen gaben; welches Geld uns in dreyen tagen erlegt wurde. Vnder diesen Viehtreibern, der das Geld brachte, bey drithalb tausend Thaler, an schönem Gold, war einer, der die Sprach auch kunte, welches Geld er auff den Tisch schüttete vnd vns trefflich willkommen war.
Ich, als ich das schöne Geld sahe beysammen ligen, sagte auß Schertz diesen Reymen:
Ach du lieber Gott von Himmelreich,
Wie theilstu das gut so gar vngleich.
Du gibst offt einem Mann,
Ihr vierzehen Dieb hätten genug dran.
Der Vieh-Treiber, auß Vnbedacht, es seynd doch, sprach er, der Herren nit 14, sondern nur neune, welches den Bbwtz dermassen verdroß, daß er im Zorn den Faust-Hammer zuckte, vnnd den Viehtreiber wolte in Kopff gehauen haben. Wie? sagte er, so höre ich wol, du haltest vns vor Diebe? vnnd ware an dem, daß er ihm das Geld gar wegnemmen wolte, zur Straff, weil er so gar vnbedachtsam geschmälert hätte.
Ich sprach aber, der gute Mann wäre vnschuldig, dann er auff mein reden also vnbedachtsam geantwortet ohn einige böse meynung, deßwegen er ihm das Geld lassen wolte. Der ist deß Teuffels, sprach er, der ihm das Geld nicht alles nimpt; aber er war von Grschwbtt, der von mir geruffen worden, daran verhindert.
Der Viehtreiber entschuldigte sich, er hätte niemand gescholten, [283] Bbwtz war noch zorniger, weil er solte Lügen gestrafft werden, vnd wolt sich nicht halten lassen.
[Rand: Owenus]
Mentiris, cave militibus ne dixeris vnquam
Majus eo nullum dedecus esse putant.
Mentiris tantum qui dedecus esse putatis,
Mentiri quare creditis esse decus?
Darumb dann der Viehtreiber, vmb einen bessern Marck zu erhalten, vnd wider in Gnaden zu kommen, verriethe vns bey 60. feister Ochsen, die auff zehen Meylen das Land hinauff auff der Waid giengen; welches er darumb thate, damit er theils wider zu Gnaden kommen, theils sein Vieh was leidlicher zu lösen kriegen (dem auch bei 200. Reichsthal. nachgelassen worden) theils, damit er sich an seinem Nachbawren rechen möchte, dessen glück, wie ich vernam, ihm ein Dorn war in den Augen.
Dieses Vieh, sprach er, wäre ohne Sorg noch in vier Wochen anzutreffen, welches mir Bttrwtz verdolmetschete, da dachte ich,[Rand: Mißgunst / der Nachbarn] wie auch der Doctor, was ein grausames Thier der Neid vnnd Mißgunst in einem Menschen sein möge, daß er so schreckliche Verrätherey anzustifften weder GOTT noch die Welt schewen solte.
Ich schwure aber ihnen im Trunck, wann sie mich die Sprach, so sie redeten, nicht lehren wolten, daß ich mit ihnen nicht weiters ziehen, sondern mich ehe in selbiger Besatzung, welche vns nur den Vnderschleiff vmb vnser Geld gab, neben dem, daß wir den Befelchshabern jederweilen part an Beuten geben müssen, wolten vnderhalten lassen, welches sie mir nach langem Zancken vnder sich selbsten entlich verwilligten, vnnd der Grschwbt so zwar der Oberste sein solte, aber, wie in dergleichen Gesellschafften zu geschehen pflegt, keiner viel auff den andern gibt, in einem geschriebenen Büchlein zugestellet hatte.
Wie wol sie aber alle willens waren, ein tag acht alda außzurasten, jedoch auß Forcht, daß eben der Viehtreiber, der vns das Rindvieh verrathen hatte, nicht vns widerrumb verrathen möchte;[Rand: Verräther] alweil keinen Verräther viel zu vertrawen ist. Wer an seinem Nachbawrn vnd eigenen Bluts-Freunden trewloß wird, der wird es einem Frembden vnnd insonderheit einem Feind nicht besser machen. So liessen wir ihn noch drey Tag bey vns auffhalten,[284] vnnd des andern Tags, weil er noch im Bett lag, waren wir selb 15. zu Pferd vnd ritten den gantzen Tag vnd Nacht, allein daß wir gegen Abend im Gewäld ein stuck Brodt, Saltz vnnd Knoblauch frassen, auch Tabac soffen vnd den Pferden Futter gaben, darnach fort, biß wir vor tag an den Orth kamen vnd die Gelegenheit zu fuß außsahen, wo wir vns stellen wolten.
Es war der Wald etwas weit von der Matten, darauff die Ochsen giengen, derowegen der halbe Theil sich neben ihren Pferden zu fuß hinder einer Hecken behelffen musten, biß es zeit war, damit wir den außreyssenden auff beyden Seiten begegnen kunten. Es wolte vns lang vnnd fast bang werden bey der Sach, dieweil vor neun Vhren das Vieh nicht ankam vnd die Sonne zimblich hoch stunde.
Endlich ersahen wir mit Frewden vnser glück daher kommen, vnd nach dem sie an gelegenem Orth waren, auch die Hirten, deren nur zween, sich ins Graß gelegt hatten, wischten wir auff gebne Losung dran.
Der eine Hirt aber, so dem Dorff zulauffen wolte, war von Bbwtz erschossen, der andre muste also ohn viel dummuls mit vns fort dem Gebirg zu; so bald wir das hatten, so wars gewunnen; dann wir brauchten vns keines wegs, wo aber sonst kein Mensch je hinkommen war, da wusten wir die Straß zu finden als in der Stuben. Derowegen Lll. sprach, man solte das Vieh mit dem halben Theil fort treiben, er wüste einen reichen Bawrn in der Nähe, dem wolt er heint noch die Pferde holen. Ich war von denen, welche nach Hause musten, der Doctor aber muste die Pferde helffen stehlen, welche sie die andere Nacht nach vns mit sampt dem gefangenen Bawrn glücklich einbrachten; dieses Vieh haben wir, ob es schon gesucht war, nicht mehr außzulösen geben wollen.
Da gieng es wieder an ein Zehren mit Spiel-Leuten vnd andern Frölichkeiten, daß vns beide deuchte, wann das Hencken nicht zu befahren vnnd die Seeligkeit nicht in Noth gewest wäre, wir vns in diesem Krieg wol wolten befunden haben.
Wir sassen vierzehen gantzer Tag still, da wir manche schöne kurtzweil hatten, die ich hernach erzehlen will.
In werender welcher Zeit ich so viel Raum bekam, mein [285] Sprach-Büchlein abzuschreiben vnnd nach nothturfft zu lesen; welches ich den Reysenden, so in dergleichen Gesellschafften der Schnaltzer vnnd Alchbrüder irgend gerathen möchten, zu dienst hieher setzen wollen.
Feld-Sprach.
A.
ACheln – Essen.
Adone – Gott.
Alchen – Gehen.
Alch dich – Troll dich, gehe fort.
B.
BArlen – Reden.
Beschöchert – Truncken.
Beschöchern – Trincken.
Beseffler – Bescheisser, Betrieger.
Beth – Hauß.
Betzam – Ein Ey.
Billentragerin – Schwangere Bettlerin.
Blech – Ein halb Batzen.
Blechling – Ein Creutzer.
Blickschlager – Nackend Bettler.
Blochhart – Ein Blindgeborner.
Boelen – Buhlerey treiben.
Boß dich – schweig.
Boßhardt – Fleisch.
Boßhardtfetzer – Metzger.
Bregen – Betlen.
Breger – Haußarmer Bettler.
Breithart – Weite Heyde.
Breitfuß – Ganß oder Ente.
Bresem – Ein Bruch.
Brieff – Ein Kart.
Brieffen – Mit Karten spielen.
Brieffelfetzer – Schreiber.
Brissen – Zu tragen.
Bruß – Außsätziger.
Bsaffot – Brief.
Bschiderich – Amptmann.
Bschuderlin – Vom Adel.
Butzeilman – Virile.
C.
CAval – Ein Roß.
Caveller – Ein Schinder.
Christian – Pilgram.
Claffot – Kleid, Rock.
Claffotfetzer – Schneider.
D.
Dart – Dreck.
Dalinger – Hencker.
Derling – Würffel.
Dierling – Aug.
Diern – Seen, Egen.
Difftel – Kirch.
Dippen – Geben.
Dolman – Galgen.
Dotsch – Matrix.
Doul – Gelt, Pfennig.
Drittling – Schuhe.
Du ein Har – Fleuch.
Dutzbetterin – Kindbetterin.
Dutzer – Heyligenfechter.
[286] E.
EMß – Gut.
Erlat – Meyster.
Erlatin – Meysterin.
Erfercken – Rätschen, verschwätzen.
Erseckern – Rätschen, verschwätzen.
F.
FEling – Krämerey.
Ferben – Betriegen.
Voppen vnd ferben – liegen vnd betriegen.
Fetzen – Arbeiten, flicken.
Flader – Badstub.
Fladerfetzer – Bader.
Fladerfetzerin – Baderin.
Flick – Knab.
Flösselt – Ertrenckt.
Flößlen – Harnen.
Flößling – Fisch.
Floß – Suppe.
Flossart – Wasser.
Fluckhart – Vogel.
Format – Brieffe.
Loeformat – Falsche Brieff.
Fünckeln – Sieden oder braten.
Funckhardt – Fewer.
Funckhardthol – Kacheloffen.
G.
GAckenscherr – Huen.
Galch – Pfaff.
Galchen-Beth – Pfaffenhauß.
Galle – Pfaw.
Gallen – Statt.
Ganhart – Teuffel.
Gatzman – Kind.
Gebicken – Fahren.
Gefüncklet – Gebrand.
Genffen – Stehlen.
Gens-Scheerer – Verzehrte, Krancke, bettlende Handwercks Knecht.
Gereppelt – Gerädert.
Gfar – Dorff.
Giel – Mund.
Gitzlin – Stückle Brod.
Einem was abgitzlen – Stücklins weiß abbettlen.
Glathart – Tisch.
Gleicher – Mitgesell, Gespahn.
Glentz – Feld.
Glestrich – Glaß.
Glid – Hur.
Glidenfetzer – Hurenwirt. Leno.
Glidenfetzerin – Kupplerin.
Glidenbeth – Hurenhauß.
Glyß – Milch.
Goffen – Schlagen.
Gottfart – Walfart.
Granten – Vix tantzen.
Grantner – Vix Täntzer.
Griffling – Finger.
Grimm – Gut.
Grünhart – Matte, Wiese, besamet Feld.
Gugelfrantz – Münch.
Gugelfräntzin – Nonn.
Gurgeln – Soldaten-Bettlein.
H.
HAnffstaud – Hembd.
Hans von Geller – Grob Brod.
[287] Hans Waltar – Lauß.
Har – Fleuch.
Hautz – Bawr.
Hautzin – Bäwrin.
Hegis – Spital.
Heller-Richter – Gülden.
Herterich – Messer oder Degen.
Himmelsteig – Pater Noster.
Hocken – Ligen.
Holder-Kautz – Hun.
Horck – Bawr.
Hornböck – Kühe.
I.
ILtis – Statt-Knecht, Scherge, Thurnhüter, Büttel.
Joham – Wein.
Gefünckelter Joham – Gebrandter Wein.
Jonen – Spielen.
Joner – Spieler.
Juffart – Frey-Bettler.
Jungfraw – Falsch-Aussetziger.
Juverbossen – Fluchen.
K.
KAbaß – Haupt.
Kafpim – Jacobs-Bruder.
Kamesierer – Verlauffener Schüler.
Kandirer – Verdorben Kauffmann.
Kavaller – Schinder.
Keriß – Wein.
Kielam – Gestad.
Klebis – Pferd.
Klenckner – Kirbe-Bettler.
Klems – Gefengnus.
Klemsen – Fahen.
Klenckstein – Verräther.
Klingen – Leyren.
Klingenfetzer – Leyrer.
Klingenfetzerin – Leyrerin.
Krachling – Ein Nuß.
Krax – Ein Kloster.
Kröner – Ehemann.
Krönerin – Eheweib.
Kümmern – Kauffen.
Kümmerer – Kauffmann.
L.
LEfrantz – Priester.
Lefräntzin – Pfaffen Köchin.
Lehem – Brodt.
Leißling – Ohr.
Leußmark – Kopff.
Lindrunschel – Der Korn samlet.
Loe – Falsch, Böß.
Loe ötlin – Der böse Feind.
Loßner – Erlöste Gefangene.
M.
MAckum – Ein Stette oder Ort.
Megen – Ertrincken.
Mencklen – Langweilig essen.
Meng – Kessler.
Meß – Geld, oder Müntz.
Molsamer – Verräther.
Mumser – Willig Armen.
N.
NAhrung thun – Speiß suchen.
[288] O.
P.
PFlüger – Bettler die in der Kirchen mit Schüsseln umbgehen.
Platschirer – Der auff dem Marck auff den Bäncken Wunder-Lugen erzehlet.
Platschiren – Das Volck also mit Märlein bethören.
Plickschlager – Der nacket vmblaufft vnd bettelt.
Polender – Schloß oder Burg.
Q.
QVien – Hund.
Quiengoffer – Hundschlager.
R.
RAntz – Ein Brodsack.
Rauling – Ein gantz jung Kind.
Rauschart – Strohsack.
Reel – Schweer Siechtag.
Regel – Würffel.
Regenwurm – Wurst.
Ribling – Würffel.
Richtig – Gerecht.
Rieling – Saw.
Rippart – Seckel.
Roll – Mühl.
Rollfetzer – Müller.
Roter – Freier Bettler.
Rothbeth – Bettlerhauß.
Rübolt – Freyheit.
Rüren – Spielen.
Rumpffling – Senff.
Runtzen – Vermischen auff den Beschiß oder Bescheissen.
S.
SChieß – Virile.
Schlepper – Verlauffne Pfaffen.
Schling – Flachs.
Schlunen – Schlaffen.
Schmalen – Vbel reden oder sehen.
Schmalkachel – Der vbel redet oder sihet.
Schmunck – Schmaltz.
Schmieren – Hencken.
Schocherbeth – Würtshauß.
Schöchern – Trincken.
Schöcherfetzer – Ein Wirth.
Schosa – Matrix.
Schreff – Hur.
Schreffenbeth – Hurenhauß.
Schrentz – Stube.
Schreyling – Jung Kind.
Schürnbrand – Bier.
Schwanfelder – Nackender Bettler.
Schweiger – Angestrichener Bettler.
Schwartz – Nacht.
Schwentzen – Gehen.
Seffel – Dreck.
Seffeln – Scheissen.
Seffelbeth – Scheißhauß.
Seffer – Gemahlte Bettler.
Seffelgräber – Schatzgräber.
Senfftrich – Beth.
Sonebeth – Hurenhauß.
[289] Sontz – Edelmann.
Sontzin – Edelfraw.
Vbern Sontzengeher – Verdorben Edelmann.
Spältling – Heller.
Spitzling – Habern.
Spranckhart – Saltz.
Stabuler – Brodsamler, Bettler.
Steffung – Ziel.
Stettinger – Gülden.
Stolffen – Stehen.
Streiffling – Hosen.
Stroborer – Gans.
Strom – Hurenhauß.
Stronbart – Wald.
Sündfeger – Todtschläger.
T.
TErich – Land.
Tholman – Galgen.
Thruffe – List, Betrug.
V.
VAgirer – Fahrend Schüler.
Veranerin – Wahrsagerin.
Verkneisten – Verstehen.
Verjonen – Verspielen.
Verkümmern – Verkauffen.
Verlunschen – Verstehen.
Vermencklen – Verhalten hinderhalten.
Vermonen – Betriegen.
Versencken – Versetzen.
Verschochern – Versauffen.
Vnversprochner – Vntadelhaffter.
Voppar – Narr, der sich närrisch stellt, der voppet. was vopstu dich? was narrestu?
Vopperin – Die sich närrisch stellt.
Voppen – Liegen.
Ein Vopt – Ein Lügen.
W.
WEndrich – Käß.
Weißhulm – Einfältig Volck.
Wetterhan – Hut.
Wiltner – Falsch-Silber-Krämer.
Windfang – Mantel.
Wunnenberg – Hübsche Jungfrawen.
Z.
ZIckus – Blinder.
Zwengering – Wammes.
Zwicker oder Zwickman – Hencker.
Zwirling – Aug.
A.
VOm Adel – Bschuderlin.
Amptmann – Bschiderich.
Arbeiten – Fetzen.
Aug – Dierling oder Zwierling.
Aussetziger – Bruß.
Falscher Aussetziger – Jungfraw.
B.
BAder – Fladerfetzer.
Baderin – Fladerfetzerin.
Badstube – Flader.
Ein halb Batzen – Blech.
Bawr – Hautz, Horck.
Bäwrin – Häutzin, Horckin.
Bescheissen – Runtzen.
[290] Bescheisser – Beseffler.
Beth – Senfftrich.
Brod-Bettler – Stabuler.
Bettler, Haußarm – Breger.
Gemahlte Bettler – Seffer.
Angestrichne Bettler – Schweiger.
Nacket Bettler – Blickschlager, Schwanfelder.
Schwangere Bettlerin – Billenträgerin.
Bettlerhauß – Rotbeth.
Frey-Bettler – Juffart, Roter.
Bettler die mit Schüsseln in der Kirche vmbgehen – Pflüger.
Verzehrte, krancke Bettler – Gänsscheerer.
Betriegen – Vermohnen, Ferben.
Liegen vnd Betriegen – Voppen vnd Ferben.
Betrieger – Beseffler.
Betrug – Truffe.
Bier – Schiernbrand.
Blinder – Zickus.
Blindgeborner – Blochart.
Böes – Löe.
Böse Feind – Löe ötlin.
Brandwein – Gefünckelter Joham.
Braten – Fünckeln.
Brieffe – Bsaffot, Format.
Falsche Brieff – Loe Format.
Brod – Lechem.
Grob Brodt – Hans von Geller.
Brodsack – Rantz.
Bruch – Bresem.
Büttel – Iltis.
Buhlerey treiben – Böhlen.
Burg – Polender.
C.
D.
Dägen – Härtrich.
Disch – Glathart.
Dorff – Gfar.
Dreck – Dart, Seffel.
Drincken – Schöchern.
E.
Edelfraw – Sontzin.
Edelman – Sontz.
Verderbter Edelman – Vbern Sontzengeher.
Eheman – Kröner.
Eheweib – Krönerin.
Einfaltig Volck – Weißhulm.
Ent – Klein Breitfueß.
Erlößte Gefangne – Loßner.
Erträncken – Megen.
Ertrenckt – Flösselt.
Essen – Acheln.
Essen langsam – Mencklen.
Ey – Betzman.
F.
FAhen – Gebicken, Klemsen.
Fahrend Schuler – Vagierer.
Der Feind – Oetlin.
Der böse Feind – Loe Oetlin.
Feld – Glentz.
Besamet Feld – Grünhart.
Fewer – Funckart.
Finger – Griffling.
Fisch – Flößling.
Flachs – Schling.
Fleisch – Boßhart.
Fleuch – Har. Du ein Har
[291] Flicken – Fetzen.
Fluchen – Juverbassen.
Freyheit – Rübolt.
G.
GAlgen – Dolman.
Gans – Breit-Fuß, Strobohrer.
Gehen – Dippen.
Gebrandtwein – Gefunckelter Joham.
Gefängnus – Klems.
Gehen – Alchen, Schwentzen.
Gehe fort – Alch dich.
Geld – Doul, Meß.
Gerädert – Gereppelt.
Gerecht – Richtig.
Gesell – Gleicher.
Gespan – Gleicher.
Gestadt – Kielam.
Glaß – Glesterich.
Gott – Adone.
Gülden – Heller-Richter, Stettinger.
Gut – Grimm.
H.
HAbern – Spitzling.
Harnen – Flößlen.
Haupt – Kabas.
Haus – Beth.
Heller – Speltling.
Hembd – Hanffstaud.
Hencken – Schnieren.
Hencker – Dolinger, Zwickman, Zwicker.
Heyde, weite – Breithart.
Heyligenfährter – Dutzer.
Hinderhalten – Vermenckeln.
Hosen – Streiffling.
Hund – Quien.
Hundschlager – Quiengoffer.
Hun – Gackenscherr, Holderkautz.
Hur – Glid, Schreff.
Huren-Hauß – Glidenbeth, Schreffenbeth, Sonebeth, Strom.
Hurenwirt – Gliderfetzer.
Hut – Wetterhan.
I.
JAcobs-Bruder – Kafpim.
Hüpsche Jungfrawen – Wunnenberg.
K.
Käß – Wenderich.
Kart – Brieff.
Mit Karten spielen – Brieffen.
Kachel-Offen – Funckarthol.
Kauffen – Kümmern.
Kauffman – Kümmerer.
Verdorbener Kauffman – Kandirer.
Keßler – Meng.
Kind – Gatzman.
Jung Kind – Schreyling.
Ein gar jung Kind – Rauling.
Kindbetterin – Dutzbetterin.
Kirbebettler – Klenckner.
Kirch – Difftel.
Kleid – Claffot.
Kloster – Krax.
Knab – Flick.
Kopff – Lauß-Marck.
[292] Kornsamler – Lindrunscheler.
Krämer – Feling.
Kuhe – Hornbock.
Kupplerin – Gliderfetzerin.
L.
LAnd – Terich.
Laus – Hans Walthar.
Leyren – Klingen.
Leyrer – Klingenfetzer.
Leyrerin – Klingenfetzerin.
Liegen – Voppen.
Ein Lügen – Ein Vopt.
Ligen – Hocken.
List – Thruffe.
M.
MAntel – Windfang.
Matte – Grünhart.
Matrix – Dotsch, Schosa.
Meister – Erlatt.
Meisterin – Erlattin.
Messer – Hertrich.
Metzger – Boßhartfetzer.
Milch – Glyß.
Mit-Gesell – Gleicher.
Mühl – Roll.
Müller – Rollfetzer.
Münch – Gugelfrantz.
Mund – Giel.
N.
NAcht – Schwärtz.
Narr – Der sich närrisch stellet, Vopper.
Vopperin, die sich närrisch stellet.
Nonne – Gugelfräntzerin.
Nuß – Krachling.
O.
OHr – Leißling.
Ort – Mackum.
P.
PFerd – Klebis.
Pilgram – Christian.
Pfenning – Doul Meß.
Erloffne Pfaffen – Schlepper.
Pfaffenköchin – Lefräntzin.
Pfaff – Galch.
Pfaffen-Haus – Galchenbeth.
Pfaw – Galle.
Pater noster – Himmelsteig.
Priester – Lefrantz.
R.
Rätschen – Erfercken, Erseckern.
Reden – Barlen.
Vbel Reden – Schmalen.
Der übel redt – Schmalkachel.
Roß – Caval.
S.
SAltz – Spranckhardt.
Saw – Rieling.
Schatzgräber – Seffelgräber.
Scheissen – Seffeln.
Scheiß-Hauß – Seffelbeth.
Schinder – Cafäller, Kofaller.
Schlaffen – Schlunen.
Schlagen – Goffen.
Schloß, Burg – Polender.
Schmaltz – Schmunck.
Schneider – Claffotfetzer.
Schreiber – Brieffelfetzer.
Schuhe – Drittling.
Verlaufener Schuler – Kamesirer.
[293] Schwär Siechtag – Reel.
Schweig – Boß dich.
Seckel – Rippart.
Seen – Dieren.
Vbel Sehen – Schmalen.
Der vbel Sihet – Schmahl-Kachel.
Senff – Rumpffling.
Sieden – Fünckeln.
Falsch Silber-Krämer – Wiltner.
Soldaten-Betlein – Gurgeln.
Speiß suchen – Nahrung thun.
Spielen – Jonen, Rüren.
Spieler – Joner, Rürer.
Spittal – Hegis.
Statt – Gallen.
Statt-Knecht – Iltis.
Scherg – Iltis.
Stehen – Stolffen.
Stehlen – Genffen.
Stette oder Orth – Mackum.
Storgen – Platschiren.
Storger – Platschirer.
Strosack – Rauschart.
Stube – Schrentz.
Stücklein Brodt – Gitzlin.
Stücklins weiß abbettlen – Abgitzlen.
Suppe – Floß.
T.
TEuffel – Ganhart.
Thurnhüter – Iltis.
Tisch – Glathart.
Todtschleger – Sündenfeger.
Trincken – Beschöchern.
Troll dich – Alch dich.
Truncken – Beschöchert.
V.
Verkauffen – Verkümmern.
Verlauffne Pfaffen – Schlepper.
Vermischen auff den Beschiß – Runtzen.
Verräther – Klenckstein, Molsamer.
Versauffen – Verschöchern.
Verschwetzen – Erfercken, Erseckeren.
Versetzen – Versencken.
Verspielen – Verjonen.
Verstehen – Verkneisten, Verlunschen.
Virile – Butzeilman, Schieß.
Vixtäntzer – Granter.
Vix tantzen – Granten.
Vntadelhaffter – Vnversprochener.
W.
WAhrsagerin – Veranerin.
Wald – Stronbart.
Walfart – Gottsfart.
Wammes – Zwengering.
Wasser – Flossart.
Wein – Joham, Keriß.
Brandtwein – Gefünckelter Joham.
Willig arme – Mumsen.
Würfel – Derling, Regel Rübling.
Würth – Schöcherfetzer.
Würthshaus – Schocherbeth.
Wurst – Regenwurm.
Z.
ZAnschreyen – Platschiren.
Zanschreyer – Platschirer.
Ziel – Steffung.
Zutragen – Brissen.
[294] NAchdem ich nun dieses Sprach-Büchlein abgeschrieben, vnd mich nach vnd nach darinn so fern geübet hatte, daß ich deren fertig war, komme ich wider umb auff vnser gut leben, da ich es vorhin gelassen, vnd was wir die viertzehen Tag vber für Kurtzweil mehr angestellet. Neben den Spiel-Leuten, so wir stets bey vns hatten, war das Gesang des Truncks bester Gesell; dann wir wolten alle vnd jeder das beste mit singen erweisen.
Der Doctor, als der gelehrteste, war allzeit lustiger beim Trunck, dann die andern alle. Dann das Hirn ist den Gelehrten ohne das immer voll lustiger Sachen. Wann nun der lustige Wein dazu kompt, so werden sie doppeldaffet lustig; darumb hub er an[Rand: Gelehrter / Wein] zum Trunck dieses Lied herzusingen:
1.Wer ist doch immer so geschossen,
Daß ab dem lieben Reben-safft
(Der vnsers Hertzens Trost vnd Krafft)
Er vnwürsch sein solt vnd verdrossen:
2.Dann was kan doch ohn trincken wehren?
Vnd ist nicht vnder dem Gedranck
Der Wein das best, mit Lob vnd Danck
Vor allem, was naß, hoch zu ehren?
3.Besehet doch (Freund) wann es regnet,
Wie durch den starcken Regen-guß,
Bißweilen auch durch einen Fluß
Das Erdrich sich vollsauffend segnet?
4.Die Kräuter vnd Gewächs der Erden,
Ja alle Bäume klein vnd groß,
Verschmachten trostloß vnd fruchtloß,
Wann sie nicht offt bezechet werden.
5.Den Durst die Thier vnd Vögel stillen
Nach Lust, mit Wollust; vnd die Fisch
Die suchen stets, was naß vnd Frisch,
Damit (begierig) sie sich füllen.
[295] 6.Das Meer will auch den Rausch nicht fliehen,
Sondern es pfleget ohn ablaß
Brait-tieffe Flüß vnd Bäch ohn Maß
Gar aussend in den Wangst zuziehen,
7.Ist es dann durch den Trunck getroffen,
So fahet es ein Wesen an,
Als ob es auch wolt jederman
Ersäuffen, weil es selbs besoffen.
8.Vnd warumb fallen offt zuhauffen
Die tobend-brausend-laute Wind:
Weil sie, zu bausen sehr geschwind,
Das Meer gern wolten gar auß sauffen.
9.In dem Meer vnd in allen Bronnen
Die Sonn selbst löschet ihren Durst;
Vnd der Mond wär längst ein Bratwurst,
Wann er nicht voll würd von der Sonnen.
10.Drumb soll vns fürhin niemand wehren,
(Wann nichts will vnbesoffen sein)
Auch mit ein ander bey dem Wein
Frolockend tag vnd nacht zu zehren.
11.Dann wer vnwürsch ist vnd verdrossen
Ab diesem guten Reben-Safft,
Der vnsers Hertzens Trost vnd Krafft,
Der ist, zwar nüchtern, doch geschossen.
So artig konte aber der Doctor das Gesang nicht anstimmen, ich merckete an ihm, vnnd wuste auch, das nicht Er, sondern der[Rand: Rodolff / Weckerlein] redlicher vnd umb vnser Teutsche Sprach hochverdienter Rodolff[Rand: Isaac Habrecht] Weckerlein (welcher wie auch Herr Isaac Habrecht, lange Zeit vor [296] dem sonst ewig lobwürdigen Herrn Opizen die teutsche Sprach mit zierlicher eygenfindiger Reymen-Kunst herrlich gemacht haben) es gemacht hatte.
Derohalben, als ich ihm solches glimpfflich zuverstehen gab, solchen Fehler zuverbessern, er ein anders hersange, also:
1.Ich empfinde fast ein Grawen,
Daß ich, Plato, für vnd für
Bin gesessen vber dir;
Es ist zeit hinauß zu schawen,
Vnd sich bey den frischen quellen
In dem grünen zu ergehn,
Wo die schöne Blumen stehn,
Vnd die Fischer netze stellen.
2.Wozu dienet das Studieren,
Als zu lauter Vngemach?
Unterdessen laufft die Bach
Vnsers Lebens, das wir führen,
Ehe wir es innen werden,
Auff ihr letztes Ende hin;
Dann kompt (ohne Geist vnd Sinn)
Dises alles in die Erden.
3.Hollah, Junger, geh vnd frage,
Wo der beste Trunck mag sein!
Nimb den Krug vnd fülle Wein.
Alles Trawren, Leyd vnd Klage,
So wir Menschen täglich haben,
Ehe vns Clotho fort gerafft,
Will ich in den süessen Safft,
Den die Traube gibt, vergraben.
4.Kauffe gleichfals auch Melonen,
Vnd vergiß deß Zuckers nicht;
Schawe nur, daß nichts gebricht.
Jener mag der Heller schonen,
[297]Der bey seinem Gold vnd Schätzen
Tolle sich zu kräncken pflegt,
Vnd nicht satt zu Bethe legt;
Ich will, weil ich kan, mich letzen.
5.Bitte meine gute Brüder
Auff die Music vnd ein Glaß,
Nichtes, dunckt mich, schickt sich baß
Als gut Tranck vnd gute Lieder.
Laß ich gleich nicht viel zu erben,
Ey so hab ich edlen Wein;
Will mit andern lustig sein,
Müst ich gleich alleine sterben.
Aber ich war dem Doctor auch hier vber sein Schul-Sack kommen vnnd in die Karten gesehen vnd wuste, daß auch nicht er, sondern Herr Opitz selbsten diesen Gesang gemacht hatte.
Doch ihn nicht ferner zu beschämen, schwiege ich still, dachte aber bey mir selbsten: Ich weiß nicht, wozu mancher Doctor nutzet. Es seynd deren so viel hin vnd wieder, daß mich wundert, wie es noch so wol in der Welt stehen könne; vnd daß man ihren theils fast wenig achtet, ist eben nicht ohn Vrsach, dieweil ich sehe, daß auch sie sich bißweilen nicht schämen, anderer Leute rühmliche Werck vnd Schrifften für die ihrige auß zugeben, in dem sie selbst offt weniger können vnnd wissen, wann es zum treffen kommet als ein teutscher Schreiber. Doch rede ich nur von den Vngelehrten, welche, nach dem sie solche Titul erlanget, hernach allererst sich in schmahlen Schaffneyen vnd Rentmeistereyen, zu höchster Beschimpffung der edelen Künste vnd Verkleinerung vieler Gelehrten gebrauchen lassen. Doch ließ ich dem Doktor seine Ehre, wiewol er wuste, daß ichs mercken thate.
Damit aber ich verantwortlicher gienge, hub ich an volgends zu singen, welches der Schultheyß, so bey vns sasse vnd sich lustig mit machen wolte, oder wol muste, in zeit einer halben Stunde artig mit singen vnd sich eben so toll zu stellen wuste, als vnsere Gesellschafft selbsten; also daß ich ihm nicht gern wolt vnder Hände kommen sein, wann er es mit vns in seinem Hauß alleine hätte [298] wagen sollen. Der Gesang aber, so ich der Lobwerthen Gesellschafft zu Ehren gemacht hatte, war dieser:
Vff die löbliche Gesellschafft Moselsar.
1.Die löbliche Gesellschafft zwischen Rhein
Vnd der Mosel alzeit rüstig sein,
Nach vnfall sie nicht fragen,
Das Terich hin vnd her,
Langes durch vnd die quer
Zu Fuß vnd Pferd durchjagen,
Frisch sie es wagen,
Kein schewen tragen.
2.Vber hohe Berg, durch tieffe Thal
Fallen sie offtmal ein wie der Strahl.
Allweg ohn Weg sie finden.
Zu duster Nachtes Zeit,
Wann schlunen ander Leut,
Sie alles fein auffbinden,
Ohn Liecht anzünden,
Bleibt nichts dahinden.
3.Lffl der weist gar fein außzusehn,
Wo irgend in eim Gfar Klebis stehn,
Wans wer auff zwantzig Meylen,
Beym hellen Monde-Schein
Die Gleicher ins gemein
In einer kurtzen Weylen
Sie übereylen
Vnd redlich theilen.
4.Bttrwtz der alcht zur Hinder-Thür hinein,
Bbwtz setzt sich hinder ein Hauffen Stein,
Mit den andern Gsellen
Den Quien rufft er klug,
Vnd brockt ihn Lehem gnug,
Daß sie nicht sollen bellen,
Biß auß den Ställen
Die Pferde schnellen.
[299] 5.Wann sie nun haben die Hautzen Roß,
So reitten sie nach dem newen Schloß,
Ist Jemand der will kauffen?
Der Putziacala
Ist müd vnd liget da,
Weil er sich lahm gelauffen,
Schier nicht kan schnauffen,
Drumb will ersauffen.
6.Herr Würth: Nun so laß vns lustig sein,
Lang mir den Glestrich vom besten Wein,
Vmb Doul meß darffst nicht sorgen.
Ein halbe gute Nacht
Vns all zu Sontzen macht,
Du kanst uns ja bis morgen
Die Irtin borgen,
Der Hautz muß sorgen.
7.Ist das nicht ein Wunderbarlich Gsind,
Daß der Bawr sein Schuch mit Weiden bind
Und doch die zech muß zahlen,
So lang er hat ein Kuh.
Die Klebis auch dazu,
Die Rappen mit den Fahlen
Wir alzumahlen
Durch Giel vermahlen.
Dieses Lied, ob es wohl schlechter Arbeit, jedoch weil es der Gesellschafft newlichste Handlungen mit den gebührenden Farben vorgestellt, war von ihnen gelobet, mehr als es werth ist.
Vnd wie das Lob die Fromme zum guten, die Böse zum bösen desto behertzter machet.
[Rand: Lob]
Ad sua facta velut calcar Laus quemque fatigat
Fitque malus pejor laude, bonus melior.
Also gienge es mir dißmahlen auch. Ich war desto frecher, mit zu machen, was man anhube. Die Vnordnung war nun mein Leben worden, vnd das elende Leben deuchte mich mein Wolfahrt [300] zu seyn, wie wol mir das Gewissen offt das Widerspiel in ein Ohr sagte. In Summa ich funge nun an, es so gut zu machen als ihrer einer: die Erde war mein Beth, der Himmel mein Decke, der Mantel mein Hauß, der Wein mein ewigs Leben. Vnd wo ich irgend einen Anschlag machte, so gung er glücklich von statten, also daß ohne mich biß ans Ende wenig mehr verrichtet worden; der Doctor machte es auch nicht besser.
Damit wir nun in diesem Vnderschleiff-Orth desto mehr Gunst auff allen Fall zugewarten hätten, gab ich den Rath, weil diser Kühe-Schmauß noch währete, daß man sowol die Statt Beampte, als die Befelchshabere der Besatzung auff den andern Tag zu gast ruffen wolte, welches dann geschahe, der Gestalt, daß jeder freyes willens sein solte vnd keiner wegen redens noch trinckens ichtwas zu befahren haben, dann sonsten hätten wir die Herrn Beampte, (welche den Soldaten Teuffels wenig trawen) bey vns nicht bringen mögen.
Nachdem wir aber einen zimblichen Trunck hatten, huben die Herren Beampte vnd Schultheis an, frey herauß zu reden, was ihnen vmbs Hertz war, doch mit vorgehender Bitte, daß keinem was für übel solte gehalten werden, welches ihnen mit Teuffel holen versprochen worden; das war vnser gemeinester Schwur.
Einer, ein Hauptmann von der Besatzung, hub an zu erzehlen,[Rand: Teutschlands / Vnfall] wie vbel es in Teutsch-Land hergienge; wie die alte teutsche Freyheit von Männiglichen fast angefochten vnnd vndertrücket wäre; vnnd wie so gar die jenige, welche es mit den Teutschen gut gemeinen, von selbigen nicht geliebet würden. Es wäre kein Danck bey den Teutschen zu erjagen, man koche es ihnen wie man wolle; sie halten den Freund, wie den Feind, den Außländischen wie den Einheimischen; vnnd welches das ärgste ist, so hat vnsere Armee, vnser Volck vnd vnser Herr kein Glück noch Segen mehr, es gehet alles vber vnd wider ein ander, vnnd da wir vor diesem allemal das Feld erhalten, so müssen wir jetzund das Feld raumen vnd Reißaus machen; also daß einer nicht bald weis, wem er dienen oder mit welcher Party er es halten solle.
Vnd, fuhl der Lffl in die Rede, vnd darumb, sprach er, ist es noch alzeit mein Sagen, wer Glück vnd Segen will haben, der halte es mit uns, dann es schneyet das Glück bey vns mit [301] grossen Flocken, vnnd kan vns nicht fehlen, daß wir vnsere Feinde (in dem sahe er den Schultheissen, vnnd einen Bawren, so bey ihm sasse, an) nicht alle erlegen vnd gewinnen solten. Juh, sprach Er, ein grosses Glaß in der Hand haltend:
Dien ich dem einen, so krieg ich kein Geld,
Dien ich dem andern, so haßt mich die Welt.
Dien ich zu Wasser, so wird mirs zu lang,
Dien ich zu Feld, so hab ichs kein Danck,
Dien ich dem da, so werd ich beschissen,
Dien ich dem dort, so förcht ichs Gewissen,
Ich weiß mir einen Helden zu Feld,
Der sich hier bey vns helt,
Dem laßt vns dienen ohne Geld,
Dann er laßt vns stehlen, wo es vns gefelt.
Frisch, vnverzagt, behertzt vnd Wacker,
Der scharffe Sebel ist mein Acker,
Vnd Beuten machen ist mein Pflug,
Damit gewin ich Gelds genug.
Ja freylich, sprach der Schultheiß, das erfahren wir arme Bawren wol:
Vnd Bawren schinden ist dein Pflug
Vnd doch hast du nicht Häut genug,
vnnd habt ihr Herren gut zu gewinnen, ihr wüst wohl, daß wir euch nichts thun dörffen, sonsten wolten wir etc. Herauß mit[Rand: Lästerungen] der Red, sprach Bbwtz, der ist deß Teuffels der nicht alles sagt, was er weis.
Ho ho nein, sprach der Schultheiß, ich hab mit dem Herrn Hauptman hie zu thun. Er möcht gern wissen, warumb die Teutsche ihre Freund vnd Feinde fast in gleichen Ehren halten, vnnd einen lieben wie den andern, Y wills imm wohlsogen waren, wann y wärd dörffen reden waren.
Herauß Bawr, sprach der Hauptmann, Es stoßt dir sonst das Hertz ab.
Aß ist eben asso, antwortete der Bawr, irr harran sien salbscht [302] schaulick dron, irr machas eban au dyrnoh, eynr wy der aunger, Jinner wy dar vn dar wy Jinner, vn weyss key Deyirr war Feing or Früng ischt. Irr halten yngs ebban all wy Feing; vn wan dy Buran a wol Meister wara waren, so würts gohn gehm wungerbehrly hargohn wara.
Du hast recht, Baur, sprach der Hauptman, weistu aber auch, fragte er ferner, woher es komm, daß wir sogar kein Glück mehr auff vnserer Seyten haben können:
Y willßy währly wohl saga wara, wannyrr mir nischt thuon wara.
Nein, nein, sprachen sie alle, rede nur her, dein Rachtumb ist schon gemacht, es wird dich nichts desto mehr kosten, als sonst auch.
Y willßy dan eba soga etc.
Welche Wort er auff gut Kochenspergisch vorbrachte, ich aber, dem Leser zu lieb, in verständlicher Sprach hiebey hab setzen wollen, weil deß Bawren Rede solcher Mühe wol werth ist. O wie manch einfaltig Mann redet hochweißlich von der Sache!
Vorzeiten, wann man hat zur Feldschlacht, oder zu einem[Rand: Warumb bey / heutigen Kriegen / wenig / Glück seye?] Scharmützel, oder auff Party gehen wollen, so hats geheissen:
Wir wollen fort, in GOttes Namen.
Nun ihr Brüder, fort in Gottes Namen! Ein jeder sprech ein Vatter vnser, vnd befehle sich Gott, dann der Feind ist da, es wird jetzt an ein Treffen gehen.
Nun Gott helff! haltet euch redlich ihr Brüder vnd denckt an Gott vnd an vnsern gnädigen Hayren vnd thut alle das beste.
Da hats dann golten, vnd ist Glück dabei gewesen.
Aber heutigs tags, es gehe für Scharmützel vor, was immer wolle, wo ist einer, der in GOttes Namen dran gieng, oder sein Gebett zu Gott thäte?
Da heist es jetzt, botz hundert tausend Sack voll Endten! auff ihr Bursch, daß dich der Donner vnd der Hagel mit einander erschlag, in die Wehr, der Feind ist da. Drauff ins Teuffels Namen.
Fort ihr hundert Safferments Bluthunde, daß euchs Wetter erschlag, druckt droff.
Gebt Fewr, daß dich der Hagel erschlag, ihr Bursch alle mit einander.
Halt Trupp, daß dich botz hundert tausend Safferment schände; vnd was dergleichen schreckliche Morgen vnnd Abendsegen mehr seynd.
[303] Stehet auff, daß euch der Hagel erschlag.
Marschirt, daß euch der Donner erschmeiß.
Freßt, daß euchs der Teuffel gesegne.
Sauff, daß dirs hellisch Fewer in den Hals fahr.
Legt euch nider, daß euch der Teuffel mög holen etc.
Wie wolt es dann, ihr meine liebe Herren, müglich sein, daß ihr soltet Glück vnd Segen zu hoffen haben, da ihr euch doch alle vnder einander selbsten also verfluchet, das Haupt den Soldaten, der Soldat das Haupt; daß es Gott im Himmel selbs erbarmen möcht.
[Rand: Senec. / Agamemn. / act. 2. sc. 1.]
Sic auspicatus bella non melius gerit.
Ists nicht also, Ihr Herren, geltet, wo nicht der König in Schweden, der Pappenheimer, der Hertzog Bernhart, der Spinola der Printz Moritz besser Glück gehabt haben, als ihr heutiges Tags alle, vnnd wann ewer noch so viel Generals wären. Dann sie haben ihre Sachen mit gutem vorbedacht, mit guter Ordnung vnd Regiment vnd fein mit Gebett angegriffen, drumb haben sie auch Glück gehabt.
Der Bawr redt, der Teuffel hol mich, recht, sprach der Hauptmann.
Aber wie soll einer betten? Sprach Lffll, was sind für Wort, der ist deß Teuffels, der so viel Wort könt behalten.
Ich will es euch wohl lehren, wann ihr mich hören wollet, sprach der Bawr, ob ich schon ein armer schlechter Bawr bin.
Sag her, laß sehen, antwortete der Hauptman.
Ihr Herren, sagte der Bawr, wann ihr etwas vor habt, ein Treffen, ein Scharmützel, ein Party; so bedenckt von ersten, wem ihr dient; nicht thut wie manche, die da sagen, ich nehme Geld vnd diene dem Teuffel, dann wer wider seinen Glauben dient, der ist ärger als ein Heyde. Darnach so denckt, ob ihr Fug vnd Recht habt. 3. Ob es zur Ehre Gottes, zu Dienst ewers Gn. Herren vnd zu des Vatterlands Heyl angesehen? Wann das ist, so sprechet also:
[Rand: Ex Lutheri / Tom. 3. Jen. / Fol. 330.] HImmlischer Vatter, hie bin ich, nach Deinem Göttlichen Willen, in diesem eusserlichen Werck vnd dienst meines Oberherren, wie ich schuldig bin, dir zuvor, vnnd demselbigen Oberherrn vmb deinen Willen. Vnd dancke deiner Gnaden vnd Barmhertzigkeit, [304] daß du mich in solch Werck gestellet hast, da ich gewiß bin, daß es nicht Sünde ist, sondern recht vnd deinem Willen ein gefelliger Gehorsam ist. Weil ich aber weiß vnd durch dein Gnadenreiches Wort gelernet habe, daß keins vnser guten Werck vns helffen mag, vnd niemand als ein Krieger, sondern allein als ein Christen muß selig werden, so will ich mich gar nicht auff solch meinen Gehorsam vnnd Werck verlassen, sondern dasselbige deinem Willen frey zu dienst thun, vnd glaube von Hertzen, daß mich allein das vnschuldige Blut deines lieben Sohns meines HErrn JEsu Christi, erlöse vnd selig mache, welches er für mich (deinem gnädigen Willen nach) gehorsamlich vergossen hat. Da bleib ich auff, da lebe vnd sterbe ich auff, da streite vnd thue ich alles auff, erhalte, lieber HErr Gott Vatter, vnd stärcke mir solchen Glauben durch deinen Geist, Amen. Will einer darauff den Glauben vnd ein Vatter Vnser sprechen, mag ers thun vnd lassen damit gnug sein, vnd Befehl damit Leib vnd Seel in seine Hände, vnd zeuch denn von Ledder vnd schlahe drein in Gottes Namen.
Wann ihr also ewer Sachen anfangen werdet, so ist nicht zu zweifflen, sie werden glücklich zu Ende gehen. Ja wann neune oder zehen solcher Kriegs-Leuthe in einem Hauffen wären, oder noch drey oder vier, die solch Gebett mit rechtem Hertzen könten sagen, sie solten mir lieber sein, dann alle Büchsen, Spieß, Roß vnnd Harnisch, vnd wolte den Türcken mit all seiner Macht lassen kommen; sie fressen wol die Welt ohn allen Schwerdt-Schlag.[Rand: D.L.d. 1.]
Der ist des Teuffels, sprach Bobtz, der so lang betten möchte.[Rand: Soldaten / Betten] Wann ich Morgens auffstehe, sprach Grschwbtt, so spreche ich ein gantz A.B.C., darinen sind alle Gebett auff der Welt begriffen, vnser Herr Gott mag sich darnach die Buchstaben selbst zusamen lesen vnd Gebette drauß machen, wie er will, ich könts so wol nicht, er kan es noch besser. Vnd wann ich mein a b c gesagt hab, so bin ich gewischt vnd getrenckt, vnd denselben Tag so fest wie ein Maur.
Vnd ich, sprach Bbwtz, morgens ehe ich auffstehe, so laß ich einen Streichen für mein Morgen-Segen, das thut mir den gantzen Tag wol im Leib. Vnd du Philander, was thustu, ehe du auffstehest?
Ich leg mich nider, sprach ich.
[305] Philander wird gut werden, sprach Grschwbtt, wann er noch ein Zeit bey vns bleibet.
Vnd ich, sagte Btterwtz, mache es, wie mein Vatter Parra gethan hat. Dann als ich an die Welt geboren worden, war ein grosses gefests. (Mein Vatter wuste nicht was für einen Helden er zu einem solchen grossen Wust zu Gevattern bitten solte) letzlich gedachte er, wann er den Todt zu Freund haben möchte, so würde er auff Erden ewig leben (denn des Himmels hat mein Freundschafft nie viel geachtet) darumb so bat er den Todt zu Gevattern. Der Todt, welcher den Boß bald mercket, bedanckte sich erstlich vnd sprach, mein Freund Parra, ich halt mirs zwar für ein Ehr, daß du mich meines alten Rechtens würdigst, welches will, daß so bald ein Mensch geborn ist, er meinem Gewalt vndergeben seye, solcher Freundschafft erkenne ich mich hoch verbunden vnd thu dir hinwiderumb zu gefallen vnnd Diensten, was du von mir immer bitten magst. Nur allein die Vnsterbligkeit begehre nicht von mir, dann dieselbige kan keinem Menschen auff Erden gegeben werden. Welcher letzten Wort mein Vatter zwar erschracke, aber als ein schlauer alter Schelm, eben so abgeführt als ich, sprach er: Ja lieber Gevatter, Herr Todt, ich verstehe es gar wol, daß ihr keines Menschen verschonen möget. Aber gleichwol eine Bitte könt ihr mir wol vergünstigen, das ich thun möge, ehe ich sterbe?
Der Todt, der sonst Teuffels vbel zu betriegen ist, sprach gleich hin ohn ferners Nachdencken, Ja, das sey dir vergünstiget, es wäre auch, was es wolle. Was ist es dann? Ach gnädiger Herr Gevatter Todt, daß ir mich nicht ehe tödten wolt, biß ich zuvor ein Vatter Vnser gesprochen habe! Ja wohl, sprach der Todt, das sey dir in die Hand versprochen, daß ich es dir fest halten wolle.
Dann ist der deß Teuffels, sprach mein Vatter, der sein Lebtag mehr ein Vatter Vnser bettet. Dessen der Todt erschracke, vnd ich glaube mein Vatter lebt noch, es seye denn, daß ihm seithero irgend ein Vatter unser im Trunck möchte entwischt sein.
Ihr Herren, ihr Herren, sprach ein Beampter, ihr redet frisch, aber ich förchte, wann es einmal an das Abscheiden gehn werde, die Reden solten manchem sauer ankommen zu verschlucken. GOtt [306] läßt sich nicht spotten; Gottloß leben hat noch keinem genutzet, vnd fleissig gebettet hat noch keim geschadet. Aber ihr Herren, sehe ich wol, seit fast alle über einen Leyst geschlagen, vnnd wüßte ich nicht, welcher der Frömbste vnder euch sein köndte.
Ihr Herren, sprach der Schultheiß, wisset ihr auch, welcher der frömbste Soldat seye? Sie sprachen, nein vnd sahen einander[Rand: Der frömste / Soldat] an, dann jeder förchtete, er möchte der sein.
Einer von den Beampten sprach: Ich weiß es, der Schultheiß sprach, ich weiß es auch. Der Beampte wurde geheissen, daß er es hersagen solte, der sprach: Ihr Herren, wann es nicht Vngelegenheiten vervrsachet, so sage ichs, sonsten nicht. Sie sprachen alle, Nein, es solte kein Vngelegenheit geben:
Es hat, sprach er, einer newlich drey junge Wölffe allhie verkauffen wollen, der Käuffer aber, der sein Geld wohl anzulegen vermeynete, fragte den Jäger, welcher doch wol der beste vnder diesen sein solte? Ach mein Herr, sprach der Jäger, ich kan es euch für war nicht sagen: Ist einer gut, so seind sie gewiß alle gut.
Et bonus alter erit, si bonus unus erit.
Dessen die Gesellschafft lachen muste; der ist deß Teuffels, sprach Lffl, der der Frömbste ist.
Ich hab gehört, sprach der Schultheiß, der Frömbste hab ein Kuh gestohlen. Diese Rede gab ein viel grösser Gelächter, dieweil ein jeder da der frömbste sein wolte. Dann der eine sprach, er hätte 300, der ander 500, der dritte 600, der fünffte 800, vnnd, so fort an, mehr Kühe gestohlen; Bbwtz aber hatte den Preyß vor allen erhalten.
Indem wir auff diesem Gespräch waren, kamen zween zerlumpte Plattschirer zur Thür hinein getretten, deren der eine schon auff ein Viertel-Jahr in einer Statt in eysen gelegen vnd den Stock-Knecht mit Geld bestochen, daß er des tags zuvor, als er sollen gehenckt werden, mit ihm außgerissen; dieser, so bald er den Schultheissen sahe, erkante er ihn! dann er hatte ihn vor diesem auch einmal gefangen gehalten; der Schultheiß aber, der sich sein nicht ersinnen können, insonderheit weil er so zerlumpt daher zoge, wolte sich sein nichts annemmen, Zwerch, so war deß Soldaten Feld-Name, bothe dem Schultheiß die Hand, der Schultheiß aber sprach, wie solte ich diesen Händen meine Hand bieten, diesen [307] Händen da, die so viel vnschuldiges Blut vergossen, so viel Kühe vnd Pferd gestohlen, so viel Leute geplündert, so viel Häuser angezündet haben.
[Rand: Senec. Agamemn. / scen. penult.]
Manus recenti sanguine etiamnunc madent
Vultusque prae se scelera truculenti ferunt,
Et signa Caedis Veste maculata gerunt.
Zwerch: So muß man es euch Bawren kochen, anderst kan man euch nicht herbey bringen.
Bawr: Ho ho, du bist so wild nicht, wie du dich stellest.
Zwerch: Ich meynte, du hättest es gnug erfahren, Bawr, daß, so viel gute Wort ich dir jetzt geben hab, so viel Teuffel seynd in mir, wann ich mich erzürne.
Bawr: Der Teuffel muß dir mächtig viel schuldig sein, weil du ihm so trewlich dienst.
Zwerch: Wann ich konte, ich wolte die gantze Welt in einem Streich niderschlagen.
Bawr: Hastu dann gar kein Erbarmung vber die arme vnschuldige Leute, wann sie dir nichts gethan haben vnd dazu so kläglich bitten?
Zwerch: Erbarmen? Ja wol erbarmen, der ist deß Teuffels, der sich vber einen Bawren erbarmet. Wann einer einmal einen nidergemacht hat, so wird er voller Teuffel, daß ihn nichts mehr erbarmet vnd ihm eben ist, als ob er einen Hund erschösse, wann er ein Menschen niderlegt, oder einen Bawren Büchset; vnd gibt mir ein rechten Lust wann ich sehe das Blut also herauß springen.
Bawr: Ich glaub, die gantze Welt weiß von deinen schönen Thaten zu sagen?
Zwerch: Das ist gewiß, wann jedermann so viel arme Bawren, so viel Witwen vnnd Weysen gemacht hätte, als ich, die gantze Welt würde deren voll werden.
Bawr: Das ist ein verdamliches Lob, das du dir da selber gibest.
Zwerch: Der ist des Teuffels, der nicht alles niderschlägt, vnd insonderheit dich Bawren. Ich sehe wol du kennest mich nicht mehr, biß ich dir deine Schwein vnd Kühe noch einmal abnehme.
[308] Bey welchen Worten ihn der Bawr allererst wider erkante, vnd vermeynend, weil er bey vns wol am Brett war, er möchte sich an dem Zwerchen rechen, schlug nach ihm, aber der Zwerch, so dises Schimpffs nicht gewohnt war, wolte den Bawren gleich niderstossen.
Da solte man den Jammer gesehen haben, dann nachdem er von vnserer Gesellschafft gehalten vnd der Bawr in ein andere Cammer versteckt wurde, sprang der Zwerch auff vnd rauffte sich selbst die Haar auß, bisse sich in die Leffzen vnd Finger, daß das Blut hernach lieffe, vnd mit so Gottslästerlichen Fluchen erfüllete er die Stube, daß die Beampte alle wolten davon gehen vnd dem aller Gottlosesten das Hertz wehe thate.
Es war kein Fluch so Frantzösisch, den Er nicht mit viel[Rand: Fluchen] Galleen vnd Millionen hundert-taussent-grösser machte. Man bate ihn vor Gott vnnd nach Gott, er wolte doch das Gottslästerliche Fluchen einstellen, anderst müsten wir alle auß der Stube gehen wegen Sorge, daß der Teuffel ihne wegführen oder der Donder ihn vor vnsern Augen erschlagen vnd vns alle vmbs Leben bringen solte. Aber vergebens, je mehr man ihn bate, je häfftiger wurd er tobend; Der ist deß Teuffels, der nicht Fluchet, sprach er vnd schrye seinem Gesellen zu, er solte ihm helffen fluchen, was er nur erdencken könte zwischen Himmel vnd Erden; also daß wir stillschwiegen, biß er selbs auffhörete zu toben.
Einer der Beampten, welcher sahe, daß ich insonderheit grosses Mißfallen truge ob diesem newen Gesellen, nahete sich zu mir vnd sprach: Mein Herr, ich sihe, daß euch dieses Wesen nicht in allem gefället. Ich wolte mich dieser Gesellschafft mit Fug abthun, ehe ich gar in das Verderben geriethe. Ist das nicht ein grosses Elend mit dem Gottslästerlichen Fluchen! Ich glaube daß ein grosser Theil deß Kriegs Volcks deß Teuffels eygen seye vnd etliche sogar voller Teuffel, daß sie auch ihre Frewdigkeit nicht wissen baß zu beweisen, dann daß sie verächtlich von Gott vnd seinem Gerichte reden[Rand: Luth. Tom. / 3. Jen. de An. / 1527.Fol. 329. / a.] können, als seyen sie damit die rechten Eysenfresser, daß sie schändlich Schweren, Martern, Fluchen, vnd Gott im Himmel trotzen dörffen. Es ist ein verlohrener Hauffe, dabey ihr seyd, vnnd die Sprew, gleichwie in allen andern Ständen auch viel Sprew vnd wenig Korns ist.
[309] Nach langem Wesen bracht man ihn wider zum Tisch, da hatte zwar das Fluchen etwas nachgelassen, aber das Mort bieu, Teste bieu, Cor bieu, tausend Sack voll Enten, daß dich der Donnerstag, daß dich der Hafen erschlag, botz Zinckes, botz Zäpffel, botz Zähholtz, botz Zucker, vnnd dergleichen Schwüre, gaben mir doch genug anzeigung, was er im Sinn vnd Hertzen verborgen hatte.
O, sprach der Beampte, neben den ich mich gesetzt, der grausamen Gottslästerungen. Dann nach dem ihm der erste Wuth in[Rand: Pro forma / Fluchen] etwas vergangen vnd das Gottlästern nachgelassen, damit er jedoch dem Fluchen noch gleich schwören möge, so muß es dergestalt mit Botz, mit Bieu, mit Hafen vnd Deckel beschönet vnnd verdeckt werden; welches nicht minder noch besser ist als das andere auch. Es ist ein Gottloses Hertz, so dem fluchen gäntzlich vnd einen weg als den andern ergeben, nur daß er jetzt glimpfflichere Worte braucht. Vnd damit er in seiner höchsten Besserung den Teufflischen Wuth deß Fluchens vergesse, so ist es ihm doch noch ein rechte Lust, dem Fluchen gleich zufluchen.
Damit nur dem tollen Narren, dem Zwerchen, die Grillen vergiengen, ließ Putiacala noch mehr Spiel-Leute auff seinen Kosten kommen, vnnd gunge alles zu vnderst, zu oberst, in sonderheit mit Tantzen; da ers der eine auff Welsch, der ander auff Teutsch, der dritte auff Crabatisch, der vierdte auff Polnisch machte, vnd an wem der Reye war, dem musten die andern nachfolgen, mit diesen Worten: Der ist des Teuffels, der nicht mit macht.
Es gab allerhand Gesellschafften von Frawen-Zimmer, als man immer vmbs Geld hat haben mögen. Vnder andern war eine Vornehme Dochter eines Beampten, welche auß Vnglück auch zu der Gesellschafft gerathen, deren wolte Bbwtz mit Gewalt Leyd than haben; wurde aber so wol von vns, als den Beampten vnnd Befelchshabern der Besatzung mit harten Worten abgehalten, oder er solte sie Freyen.
Der ist des Teuffels, sprach er, der eine freyet, wer wolt sich die Lust so enge spannen lassen; Freyen ist gut, wans frey vnd täglich new. Ich wolte mich ehe verheissen, biß in Ost-Indien zu ziehen, da ein rechtschaffen Soldat noch besser angesehen wird als vnder euch Herren; wie will einer redlich fechten können,[310] wan er ein solch Geschläpp vmb sich hat hencken. Der ist deß Teuffels, der eine länger als ein Stund lieb hat.
Sibentzig Meilen von Goa in Ost-Indien, sprach er, ligt ein[Rand: Joh. Verckens / 9. Theil Ostindisch / Schiffart. / 26. Blatt] Land vnd Statt, Cananor, zehn Meylen disseits Calicuth. Desselben Königs in Cananor Soldaten dörffen sich nicht befreyen, sondern sie haben das Recht vnnd den Gebrauch, daß, in welcher Statt oder Dorff sie sein, sie für eines Bürgers oder Bawren Hauß, wohin es ihnen geliebet oder gelustet, gehen vnd daselbst etwas von ihrem Gewehr hieneingeben mögen, biß sie etwa hiengehen vnd ihr Geschäfft verrichten. Sie ruffen aber entweder der Frawen oder Tochter oder der Magd im selben Hauß, zu welcher sie einen Gefallen haben, derselben geben sie das Gewehr auffzuheben; vnnd weiß dann dieselbe gar wol was ihr zu thun gebühret; dann sie darff nicht außgehen, sondern muß sich in dem Hauß halten vnd fertig machen, daß sie, wann der Soldat wider kommet, bey ihm schlaffe; vnnd solches durchauß, sonder einiges Widersprechen deß Manns oder der Eltern, oder sonst irgend einiger Person, bey höchster Leibs-Straff.
Es wuste aber Bbwtz mit aller dieser Geschichts-Erzehlung nichts außzurichten, vnd wurde das Frawen-Zimmer zu Vorkommung ihrer grösseren Ungelegenheit mit Fug abgeschafft vnnd die Gesundheiten so lang fortgetrieben, biß wir nun ermüdet einer nach dem andern den Abschied nahmen vnnd sich ein jeder in seine Höle verkroche. Cliton, den wir den edeln Schäffer nennen wegen seiner vortrefflichen Sinnreichesten Spiele, deren anderwerts absonderlich solle gedacht werden, war der erste, so den Abschied nam mit folgendem Gesang, dem wir alle wegen Liebe vnd Freundschafft zu ihm, bescheid zu thun nicht außschlagen kunten.
1.Mein Freund, dir will ich eins singen
Von dem lieben süessen Wein,
Doch noch dieses dir vor bringen:
Holla Jung, schenck eines ein.
2.Dann mein Thun besteht im Trincken;
Wo der Mangel in dem Wein,
[311]Will mir Hertz vnd Seel versincken.
Komb Jung, schenck noch eines ein.
3.Noch kan ich den Durst nicht stillen.
Weils dann muß gesoffen sein,
Will ich mich erst recht anfüllen.
Hör Jung, schenck drey Gläser ein.
4.Die Gesundheit soll vmbgehen
Deren, die stets durstig sein,
Keiner laß die vor sich stehen;
Du vnd ich seynds nicht allein.
5.Bruder, diesen soltu haben,
Seh, wie süß schleicht er mir ein!
Mich kan nichts dann Wein erlaben.
Jung, schenck roth vnd weyssen ein.
6.Wie lang lastu diesen stehen?
Seh den truncknen Bruder an!
Muß er so von Durst vergehen,
Rath, wie mann ihm helffen kan.
7.Bey den Bawren ist gut singen,
Jene schencken eim noch ein;
Hier will keiner mir eins bringen.
Jung, wilt mir barmhertzig sein?
8.Bruder, gib mir von dem Schüncken,
Nehm du dir die Pfeiff Taback.
Jung, gib mir noch mehr zu trincken!
Wer spielt mit mir Dicke Dack?
9.Nun, ihr Herren, in die Waffen!
Jung, schenck jedem noch eins ein.
Wollen wir beim Tisch entschlaffen?
Straffwerth soll der letzte sein.
[312] 10.Ehe der Abscheid wird genommen,
Muß es noch beschlossen sein,
Wo wir Morgen zsamen kommen,
Bruder, bey dir kehr ich ein.
11.Jeder trincke noch den Segen,
Als dann schadet ihm kein Wein.
Muß ich einig alls erwegen?
Muß ich dann der witzigst sein?
12.Jung, laß hier die Leuchter bringen!
Liebster Bruder, gute Nacht!
Mein Gesang will nicht mehr klingen,
Hapus, Hapus gute Nacht.
Damit war auch diese Gastung fast spath in die Nacht zu Ende gebracht.
Deß folgenden Tags in wehrenden diesen Frewden, ehe wir vnsere Ochsen gar verzehret hatten (dann es muste das meiste, so wir gewonnen, durch die Gurgel gehen, vnnd der beste Genieß so wir davon hatten, der war aller der Gurgel zu theil, weil wir[Rand: Warumb Soldaten / so viel / zechen?] auß vnsern Handlungen vns die Rechnung leichtlich selbst machen kunten, es würde doch der Halß vnd die Gurgel die Zeche bezahlen müssen, darumb liessen wir sie dessen auch redlich geniessen) kam vns durch Mündlich-vertrawte Bottschafft gewisse Nachrichtung zu, daß auff ein Meilwegs oder fünffe, wir mit geringer Liste vnnd Mühe ein bekantes Edelmans Schloß einnemmen, außblündern vnd treffliche Beute machen köndten. Weil nun mir der Wein diese Tag über vnnd deß morgens (dann wir schon bey drey Maß Branten-Wein, Bier vnnd Tabac gesoffen hatten) zimblich Muth oder Vermessenheit gemacht hatte (dann bey zuviel Wein[Rand: Trunckenheit / macht vergessene / Leut] ziecht Rath auß vnd Frevel ein) gab ich mich für ein Gesellen dieses Spiels mit an (will nicht sagen daß ich die Partey selbst geführet, sonsten müßte ich es gethan haben) zogen also gegen Abend fort selbst eylffe (den Glauben hatten wir auff gut Strassenfegerisch, daß man kein Parthey mit Gerad, sonder mit vngrad[Rand: Partheyen / thun] machen solte, so würden wir Glück haben, vnnd könte der Teuffel [313] keinen von vns holen, wie wol wir in solchem Glauben auch offt betrogen worden).
Vnderwegs stiesse vns auff ein gut Gesell, den ich wol kante, der beklagte sich, daß er Abgebrant war (das ist nach der Feld-Sprach so viel, als daß er vmb alles kommen vnnd erarmet war, daß er alles zugesetzt vnnd verlohren hatte) vnd er wolte stracks Fuß mitgehen, wo es auch hingelten möchte, die Abenthewr zu verrichten. Aber eben darumb, daß wir schon eylffe waren vnd in Forchten stunden, wo wir den zwölfften zu vns nemmen würden, der Teuffel einen von vns weg geführet hätte, als befahlen wir ihm, fürter vnd biß zu vnserer Gesellschafft zu gehen.
Vnsern Anschlag aber in das Werck zurichten, so mußten wir vns theils verkleiden, welches also geschahe; zween von vns, die noch wenig Bart hatten vnnd denselben glatt abnemmen lassen, verkleideten sich in Weibs-Kleider, die Pistolen vnter dem Fürtuch, ich aber vnnd noch ein anderer in Bawrs-Kleidern, nahmen Rück-Körbe auff vns, die Gewehr vnder den Kothschäntzen verborgen haltende, vnnd kamen mit einem Ohmen rothen Wein in zwey Fäßlein (welche vns durch gefangene vnd gebundene Bawren biß in den nechst gelegenen Busch nachgetragen worden, für das Hauß Morgen gegen halb acht Vhren, vnnd als vns von ferne zugeruffen war von einem der auff der Fall-Brück stunde, was wir wolten? Vnnd wir ihn beschieden, daß wir Rapsamen vmb Wein zu vertauschen oder bahr zu kauffen willens wären, wurden wir beygelassen. Im Hinderhalt aber in einem alten Stall stracks gegen der Brücke vber hatten wir vor tag die sieben Kerls mit Fewer-Rohren mit den zween gebundenen Bawren versteckt, allwo sie biß zum Zeichen stille lagen.
In dem wir nun von dem Verwalter, der in Hoffnung stunde, Geld zu lösen, in das Schloß geführet worden, warffen wir die Rück-Körbe so bald von vns, den Verwalter beim Ermel vnnd mit der Gewehr hervor, ich gab ein Loßung-Schuß, vnd der andere vnder dem Fürtuch auch herfür mit seiner Gewehr, so bald sprangen vnsere versteckte Kerls herbey, in das Schloß, vnd die Fallbrücke nach vns auffgezogen.
Nicht viel Gewalt war dißmal an den armen Leuten verübt, weil ich es nicht zulassen wolte; aber die beste Sachen (nach dem [314] alle Inwohnende in eine Kammer Wehrloß gesperret worden) wurden von vns alle in Säck vnnd Bettpinten, die wir auffgeschnitten, vnnd die Federn in den Hoff geschüttet, gepackt; vnnd was wir nicht tragen mochten, auff fünff Pferde geladen, vnd also dem nechsten Wald zu, dann einige Strassen zu brauchen, war vnsers Thuns nicht; also daß wir noch vor Tag bey vnserem Vnderschleiff wider wol angelangeten; der Kerl aber, so vns den Anschlag an Hand gegeben, war Knecht in selbigem Schloß gewesen, welchem der Verwalter seinen abverdienten Lied-Lohn neben seinen Kleidern vnverschuldet vnd vnbillich vorenthalten vnnd vmb geringer vnnd darzu erdichteter Sachen willen ihn übel tractirt hatte.
Der zog nun mit vns fort; die Magd aber schrye nach, vnd so kläglich, daß wir sie auß dem Gemach nemmen musten, dann weil sie in Sorgen stunde, es möchte auch sie wegen dieses Anschlags verargwohnt werden, wolte sie nicht mehr da bleiben, sondern mit vns fort, vnd versprach dem Knecht, so er sie Kirchen wolte (das ist, auff vnsere Art zureden, so er sie zu Kirchen führen wolte) trewlich bey zu wohnen, solches versprach er ihr mit Eyd bethewren, Leib vnd Seel verpfänden; aber die Eheliche Beywohnung ist also fürter ohne Kirchen geschehen, dahero ich dann, wie auch auß andern dergleichen Händelen gesehen, daß viel Soldaten zu Feld ihre Weiber dergestalt, vnd anderst nicht zur Kirchen führen, nemblich biß an die Thür vnnd darnach fort, als dieser auch gethan hatte.
Morgens legten wir vns zu Bette, dann wir hatten zwo Nächte nichts geschlaffen, aber der Schlaff wehrete da auch nicht lang, weil vns die andern mit hellem Hauffen auffweckten vnnd den Brant-Wein fürs Bett brachten, also daß wir auch nicht Zeit hatten, ein Vatter vnser zu betten, wie wol vns ohne das, als oben gedacht, das Betten nicht viel gehindert.
Etliche Tag sassen wir wider so steiff, als ob wir das ewig Leben mit Sauffen hätten verdienen wollen.
Nach welchem wurden wir wider durch einen Bawren vertrawlich gegen einem guten Tranckgeld, so er allemahl von vns bequame, berichtet, daß wir auff 5. Meylen andern Wegs ein fast reiches Stättlein an Vieh vnd Früchten ohne Gefahr besteigen konten; als er vns dann die Gelegenheit mit der Kreide vormahlete[315] vnnd versprach, vns den Ort deß Besteigens in Persohn zu weisen. Wir behielten den Bawren in vnserer Fröligkeit zween Tage, vnderdessen wir vns Berathschlugen, biß endlich der Schluß, dahin zu gehen, gemacht worden; also vnser waren 13 zu Pferd vnd 19 Fuß-Knechte von der Besatzung, da wir vns auffhielten; vmb 7 Vhr deß Tags gungen wir auß durch Gemälde gar langsam, also daß wir gegen Nacht nechst an den Ort kamen, dahin wir getrachtet; alda im Wald hielten wir vns still, biß es Neune schluge, da gungen ich vnnd noch einer gemächlich hinder den Bäumen, wiewol es schon finster war, biß an die Maur, zu vernemmen, ob die Schild-Wacht wachen oder schlaffen thäte. Aber es war noch zu frühe zu schlaffen, dann er wachete; vnnd nach dem die Glock zehen schlug, vnder dessen die Ronde zwey mal gangen, ward die Schild-Wacht nach langem Ruffen entlichen, als sie begehret, abgelößt, also daß ich darauß merckte, es müßte die Wacht-Stube weit von der Schild-Wacht entlegen, oder aber die gute Leut in der Haupt-Wacht schlaffen, oder doch auffs wenigste im Spielen so geschäfftig sein, daß sie nicht hören können.
Der aber ablösete, trat frisch auff, vnnd nach einer Viertel-Stunde fung er an zu singen ein Lied, wie mich deuchte, das zwar auff Soldatisch, doch nicht vneben gemacht war, welches ich auch, weil er es zum zweiten mal außgesungen von Worten also finster in meine Schreib-Taffel (wie mein Brauch jederzeit vnd nach Gelegenheit noch ist) verzeichnet, als es hie stehet; vnd muß ich bekennen, daß ich es mit Schrecken gehöret, vnnd mir im Hertzen vorkame, wie wohl ich nichts mercken liesse, daß wir an diesem Ort wenig außrichten würden.
[Rand: Ein veste / Burg]
1.Gott ist der Christen Hülff vnd Macht,
Ein veste Citadelle.
Er wacht vnd schillert Tag vnd Nacht,
Thut Rond vnd Sentinelle.
JESVS, ist das Wort,
Brust-Wehr, weg vnd Port,
Der rechte Corpoural,
Haupt-Mann vnd General,
Quartier vnd Corps de garde.
[316] 2.Mit vnser Wacht ist nichts gethan,
Es ist bald vbersehen,
Dann wers mit Mänschen fanget an,
Vmb den ists leicht geschehen.
Offtmals Glauben bricht
Ein Freund; Drumb wer nicht
Auff Gott trawt gantz allein,
Muß stets in Sorgen seyn
Vmb Leib, Gut, Ehr vnd Leben.
3.Offt der, der vns verfechten soll,
Weiß weder Wehr noch Waffen,
Ligt auff der Haut, ist blind vnd voll,
Thut seine Rond verschlaffen,
Doch, Gott ist nicht weit
Von uns selber Zeit;
Vnd so wir bleiben frumm,
Ihn Kindlich bitten drumb
Die Engel vns verwachen.
4.Vnd seh der Feind noch eins so sawr,
Als wolt er vns verschlingen,
Vnd käme schon biß auff die Mawr,
Soll ihm doch nicht gelingen,
Gott der mit vns ist,
Entdeckt seine List,
Und in eim Augenblick
Stoßt ihn hinab zurück,
Daß er mit Schand muß weichen.
5.Gott Ehr vnd Preiß, der vns zu Gut
Die Feind mit Forcht thut schlagen
Vnd vber vns hat trewe Hut
Auff seinem Fewer-Wagen!
Sein gantz himmlisch Heer
Rondet vmb vns her;
Lobsingt, Lobsinget ihm,
Lobsingt mit heller Stimm:
Ehr sey Gott in der Höhe!
[317] 6.Lob Ehr vnd Preiß sei seiner Macht,
Er ist die Citadelle,
Er wacht vnd schillert Tag vnd Nacht,
Thut Rond vnd Sentinelle.
JESVS ist das Wort,
Brust-Wehr, Weg vnd Port
Der rechte Corpourall,
Hauptman vnd General,
Quartier vnd Cordegarde.
In der Zeit war kein Runde gangen biß gegen eilff Vhren, da ruffte er an. Wer da? Gut Freund. Was für Freund? Ronde. Was für Rond? Hauptman. Geh fort, bleib mir von Leib. Da merckte ich allererst, daß die Wacht-Stube gar weit entlegen sein muste, weil er die Ronde nicht stehen hieß, noch den, der die Wacht hatte, herauß ruffte, vnd darumb auch vnsers Vorhabens endlich desto bessern Fortgang hoffete. Weil nun die Runde so wachtsam war, gungen wir allgemach zu rücke.
Nach anderhalb Stunden gungen wir wider hin vnnd fanden die Schild-Wacht schlaffen, dann sie schnarchte, daß wir es genug hieunden hörten. Es war gegen halb zwey Vhren; so bald gungen wir zu ruck vnd mahneten vnser Gesellschafft zum Anzug, als dann geschahe.
Nun ward eine Leiter von 24. Sprossen vorgetragen. Aber als wir dieselbe anschlugen vnd hienauff stiegen, befande sich, daß sie noch vmb 6 oder 7 Sprossen zu kurtz ward; derowegen wir vns also vnverrichter Sachen wider vor Tag musten zu ruck machen vnnd die Leiter in eim Garten nechst im stich ligen lassen; den Kerl aber, der vns den Anschlag gegeben, namen wir, weil er vns die Höche nicht besser erkundigt hatte, gebunden mit vns, vnnd durch den Wald abwerts, biß wir vnvermerckt vber das Wasser kommen konten, da thaten wir vns jenseits in den Wald vnnd paßten auff, ob wir jemand von Volck, so dem Stättle zu wolte, antreffen konten, als auch geschehen.
Dann nach dem vnderschiedliche Bawrsleute mit Hew vnnd Stroh dem Stättle zugiengen, hielten wir sie alle auff biß gegen 8 Vhren; von denselben aber erforscheten wir neben andern Sachen, daß die Bürger des Stättleins eben an dem Ort, da wir vbersteigen[318] wolten, da auch die Maur am niderigsten war, vmb daselbsten herumb desto sicherer zu seyn, vff zehen Schuh breit die Maur mit Immen-Körben besetzen lassen, als ich dann im Auffsteigen befunden, damit, so jemand da vber einbrechen vnd die Körbe, dann anderst hätte es nicht sein können, abwerffen würde, er vnd alle Anwesende von den erzürneten Imen wären zuruckgetrieben worden; welcher List wir vns fast verwunderten vnnd bey vns befanden, daß wir mit den Imen viel ein härtern Streit als mit den Menschen selbsten würden gehabt haben.
Auff daß wir nun diese Reise nicht vergebens gethan hätten, nahmen vnser viere der Bawren Kleider vnnd luden Rück-Körbe mit Hew auff vns, vnd weil wir durch vnser Schild-Wacht auff einem Eichbaum vernahmen, daß gleich am Stättle etliche stuck Rind-Vieh einzelicht geweidet wurden, giengen wir, die Wehr verborgen, auff dieselbe zu: die Schild-Wacht im Stättle vff dem Thurn, so vns für Bawren ansahe, deren Gewonheit war, morgens vmb diese Zeit anzukommen, ihr halb erhungertes Vieh zufüttern, ohne Anziehung deß dazu verordneten Lärmen-Glöckleins ließ vns gehen, biß daß wir das Vieh erreichten vnnd gegen dem Wald zu trieben: dann ob wol als dann die Bürger auff vns zu gesonnen, waren sie doch von vnsern ankommenden Soldaten zu ruck gehalten, also daß wir das Vieh davon brachten vnd der Arbeit vmb etwas ergötzt wurden.
Vnder den jenigen Bawren, so wir im Wald dißmal gefangen, war auch ein Kauffmans Sohn vnd Student, von Eerps; den wir so lang in Banden behalten, biß über 14 Tag hernach Post angekommen, daß sein Vatter vnserer Gevollmächtigten, einer Wittiben zu Cöln, solch Geld der Außlösung, nemblich ein hundert Gülden zu 24 Pattars, laut Quittung bezahlt hätte, die lautete also:
Ick Weduvve van den Secretaris Cols kenne ontfanghen [Rand: Quittantz] te hebben uut handen van Antonis Meyer van Eerps, die Summe van hondert Guldens, vvaerinne begrepen is een billet van tvvee ensestich Guldens, vvar van mijnen clerck een billet heeft ghegheuen, en dat in een tecken der vvaerheyt heb ick mynen Naem hier onder gheset.
Caterina van Granvelle.
[319] Vier von den Bawren, so sich mit Worten etwas trutzig gegen vns vernehmen lassen, musten mit vns fort; vnnd weilen sie vnsers Willens nicht leben wolten, wurden sie mit Faust-Hämern zu tod gehawen.
Lffl, der grausamlich gegen sie wütete vnd den einen oben zum Kopf hienein hiewe, daß ihm der Spitz zu dem rechten Aug wieder außgieng, war von mir gebetten, eines fast alten Mannes zu verschonen. Aber er verschwure sich, der wäre deß Teuffels, der sie nicht alle schlaffen legte. Wie er dann solches an einem nach dem andern vollbracht hatte.
Als wir aber zu ruck kamen, schickte der Hauptman von gedachtem Stättle zu vns mit Schreiben: Ob wir ihme das Vieh wider zu lösen geben wolten? deme ward es rund abgeschlagen; vnd weil das Schreiben in sich hatte, daß wir wohl auff ihr Vieh vnd sie hergegen auff das vnserige streiffen wolten, wann allein die Menschen beiderseits frey sein möchten, mit diesen Worten:
Hoch Edle Gestrenge Herrn.
[Rand: Schreiben] DAß die Herrn gestrigs Tags meinen Bürgern ein theil ihres Viehs nechst hier abgenommen haben, das hätte ich mich jetzt eben wenig versehen, als der ich ihrer Bawren lange Zeit verschonet hab. Nun muß ich es zwar geschehen lassen vnd dencken, daß ihnen sonst irgend ein Anschlag zu Wasser worden sein müsse, deßwegen sie noch im Harnisch vnnd dieses Vieh auß Noth mitgenommen; dem aber seye, wie wolle, so hoffe ich gleichwol, die Herren werden dieses Vieh wider vmb ein stück Gelds außvolgen lassen; vnd, so es vns beider seits einträglich, wie ich erachte, sein mag, wollen sie künfftig die angefangene Vehde fortsetzen, dergestalt, daß ich ihrer Bawren Vieh dort vnden, sie aber meiner Bawren Vieh hie oben vngehindert wegtreiben lassen, weil doch die Bernheuter keinerseits dem redlichen Soldaten mit Lieb was zu gut kommen lassen. Allein der Bawren selbsten bitte ich bey allen Zufälligkeiten zu verschonen, damit wir desto lenger Nutzen von ihnen gehaben mögen. Worüber ich der Herrn Erklärung erwarte vnd verbleibe, ausser Herren-Dienst,
Meiner Herren
Dienstwilliger Knecht
D.V.
Vnd aber der Bawr, so vns das Schreiben gebracht, dasselbige ablesen hörete, antwortete er freventlich: Ich sehe wohl ihr Herren, [320] ob ihr schon Feind gegen einander seyt, so verstehet ihr einander doch gar wol, indem vnser Hauptman euch ladet, vnser Vieh zu beuten vnd daß er hingegen ewerer Bawren Kühe holen wolle, daß muß ja zu erbarmen sein, daß wir arme Leuth allerseits den Schaden haben vnd aller Krieg allein vber die armen Bawren[Rand: Quicquid delirant / Reges / plectuntur / Achivi] muß außgehen!
Vnd in Warheit zu reden, so muß ich selbs bekennen, daß der Bawr recht gesagt; denn seithero diesem Schreiben, wann vns einige Feinds-Parthey auffgestossen, so seynd wir abweg gangen, sie hingegen auch auff die andere Seiten vnnd haben einander nimmer angegriffen, biß vns der Teuffel auffs letzte gar beschissen, aber beederseits musten die Bawren herhalten, wo sie was hatten, oder wo wir ihr Vieh erlangen konten.
Damit wir aber vnser Sach desto besser möchten beschöhnen vnd wider sie durchtreiben, anstatt daß sie vermeynten, ihr Vieh widerumb zu haben, so forderten wir ihnen hingegen eine wochentliche Schatzung (Contribution) oder daß, in Mangel derselben, wir sie auff das eusserste verfolgen wolten. Vnd war vnser Schreiben, so Grdn. Mllt. Chstln. an die Bürger deß Stättles thäten, dieses:
Vielgeliebte Herrn vnd Bürger. Daß wir wegen Außlösung[Rand: 2 Brieffe] ihres Viehes dißmahl nicht einwilligen können, wollen sie den Kriegsgeheimen Vrsachen zuschreiben, als wir dann ihren Commendanten deßwegen auch berichtet haben. Vnnd ob wir schon vor diesem wegen Außlösung vnsers Mitt-Gesellen Bttrwtz die Parolle gegeben, ihnen im geringsten einige molestie nicht mehr zuzufügen, so ist doch solches, mit vns vnentnommenen distinctionen, der Gestalt geschehen, daß wir vmb ein mehrers, als vns wol gefället vnd vorträglich ist, nicht obligiret sein mögen.
Wo fern aber ihr euch von dato an nach andern ewern vns bewusten wol-müglichen Bequemligkeiten mit einem stuck Gelds, wochentlicher Erkandnuß gegen vns einstellen werdet, so sollet ihr nachmahlen von vns vnd von allen vnsern Angehörigen bei Cavalliers [321] parolle versichert sein, Friedsamer massen des Ewrigen zugeniessen.
Dann ob wol vns auß Ewerer zum offtern gethaner Erklärung bekant ist, daß beydes ewere genädige Herrschafft, so dann ihr selbsten, vnserer allergnädigsten Obrigkeit allzeit getrew zu seyn begehren thunt, so haben wir doch disen Brauch, daß wir keinen Menschen anderst Glauben zustellen, als wann sie solche Trewe mit greifflicher Erkantnuß gegen vns im Werck sehen lassen vnnd erweisen. So aber wider alles verhoffen solches nicht beschihet, vnd ihr an schüldigerContestirung säumig sein würdet, wollen wir bey höchster Warheit ohn all ewere Entschuldigung bedacht sein, vmbligende zu ihrer Herrschafft gehörige Oerter vnd Dörffer, als vnserer Feinde vnd Rebellen, wegen ihrer Halßstarrigkeit mit Fewer vnd Schwert, mit Verhergung vnd Brand vnnd allen andern Kriegs-Molestationen gantz in Grund ruiniren zulassen. Warnach sie sich zu richten, vnd seynd wir ihres Gelds mit ehistem gewärtig.
G.M.C.
Auff welches Schreiben wir zwar andern Tags ein Wider-Antwort von den Bürgern, aber doch viel anderst, dann wir begehrt hatten, bekamen, die lautet also:
Hoch-edle gestrenge Herren, ihr vnverdientes, vnnd dannenhero vnvermuthetes Schreiben sampt der vertrawlichen Correspondenz mit vnserm Commendanten vber vnser wenig Viehs vnd Consequenter vber vnser Armuth vnd Leben haben wir beydes von vnserm Mit-Bürger erhalten. Solches zu beantworten, achten wir zwar für keine Schuldigkeit, aber doch für eine hohe Nothturfft, damit die Herren gleichwol sehen mögen, wie mit so gar wenigem Fug sie vns dergestalt anzusuchen vnd Vn-Christlich zu betrohen, Vrsach haben.
Vnd ist erstlich zu erbarmen, daß all dieser Landen nun viel Jahr hero verübtes Plündern, Rauben vnnd Morden etlicher wenigen (dann von rechtschaffenen redlichen Soldaten, da Feind auff Feind gehet, wir hie gantz nichts wollen geandet haben) nur auff den armen Bawers-Mann vnd seine vbrige gar wenige Mittel ist angesehen; vnd daß wir gezwungener weyse Feinde sein müssen, die wir doch weniger als nichts Feindschafft vnnd Krieg suchen oder Gedencken. Ja zu erbarmen! was vnser eigener Commendant vns[322] vber die gewohnliche Außsaugungen (als da sind die tägliche Wachten, die Schildwachten, das Handfröhnen, das Holtzmachen, daß Bottenlauffen, das Essen geben, das 2. 3. 4 fache Geld geben, das Comis geben, das Service geben, das Sold geben, das Straffen geben etc.) abzunemmen, muß Furcht haben; daß er gleich wol die Herren solches zu thun darff veranlassen vnnd einladen, damit er hingegen durch sie einen ebenmässigen Vortheil auff die arme gleich-vnschuldige Leute drunden zu Lande von hie auß vngehindert suchen möge. Welches von ihnen beyderseits nimmer geschehen würde, wo sie einige Ader im Leibe hätten, die begierig wäre, ihrer allerhöchsten Obrigkeit, wie sie sagen, Recht vnd Sache, sampt der Alt-Teutschen Freyheit, mit angenemmen ehrlichen Ritter-Diensten vnnd nicht mit so schlimmen actionen zu verfechten vnd allein weit vom Geschütz nur auff dem armen Landman mit grausamen Vnthaten zu ligen. So wir doch seines Orts beruhen lassen müssen vnd allein den Allerhöchsten von Hertzen bitten, daß er alle, Redlichkeit- Gott- Ehr- vnnd das Vatterland liebende Teutsche Soldaten mit gnädiger Obsicht erhalten vnd an Leib vnd Seel segnen; hingegen aber allen Landverderblichen Strassen-Raubern, Frey-Beutern, Mord-Thätern, Schnapp-Hahnen, Hecken-Kriegern ihre verdiente Straff wolle dermahlen widerfahren lassen. Belangend das Schreiben in specie, welches die Herren an vns, vornemblich wegen begehrterContribution, thun lassen, so scheinet es vns frembd gnug sein. Dann ob wir schon, wie wol ausser aller Schuldigkeit, zu Vorkommung ewerer feindseeligen Mordstreiffungen, auß dem vnsrigen gern etwas thun wolten, so seynd wir doch von ihnen selbsten so weit gewarnet, daß wir allen ihren hohen Cavalliers parollen vmb ein mehres vnnd länger nicht, als mit Besorgung vnentnommener distinctionen, nemlich so fern es ihnen zu halten wolgefallen vnd vorträglich sein möchte, trawen vnd also vmb weniger als nichts glauben zustellen können. Plures enim sub illa fide vestra misere deceptos et expilatos fuisse suo id malo didicerunt.
Schmertzlich aber, ja Vnchristlich kompt vns vor, daß sie vns vnd vnseren armen vnschuldigen Leuthen, die doch das Leben mit ihrem sawren Hand-Ackerbaw kaum erhalten mögen, im Fall nicht [323] volgender Einwilligung annoch mit Fewer vnd Schwert, mit Verhergung vnd Brand vnd allen andern Kriegs Molestationen als Feinde vnd Rebellen, wie sie vns auß Gewaltmässigkeit nennen thun, zu verfolgen betröwen. Welche blutdurstige Wort, wann sie von einem Türcken gesprochen würden, genugsam wären sein vnchristliches Hertz an tag zu geben.
Es ist bekant aller Welt, daß weder vnsere gnädige Herrschafft noch wir wider vnsere allerhöchste Oberkeit jemahlen ichtwas gethan oder gedacht haben, ja den Herren selbsten ist es so bewust, daß sie ihr eigen Hertz vnd Gewissen darüber dessen zu gezeugen haben; vnnd doch, weil sie mercken, daß vns Gott noch etwas wenig Mittel zu vnser vnd vnser armer Kinder genaulicher Vnderhaltung vor ihrem vnbarmhertzigen Blündern vbrig erhalten hat, vnnd aber sie solches (ihre vnersättliche Begierde zu erfüllen) von vns anderst nichts gehaben mögen, so vnderstehn sie sich, mit vnverantwortlicher vnd Halßsträfflicher Mißbrauchung der allerhöchsten Oberkeit Autorität vnnd Namens vns dieselbige außzuschröcken, außzutröwen vnd außzuzwingen.
Ist aber das nicht höchst zu beklagen vnd zu erbarmen, daß es in vnserm geliebten Vatterland nunmehr zu solcher Vnordnung, dissolution vnd Extremität gekommen ist, daß auch so offenbahre vornemme Landstreiffer zu Colorirung vnd Beschönung ihrer vnverantwortlichen Handlungen der allerhöchsten Obrigkeit Authorität vnd Namen mit einmischen vnd zum Vorwand so Gewissenloser Sachen gebrauchen dörffen! welche einige That, euch Summi Criminis Reos zu machen, viel zu groß ist. Dann dergestalt ein jeglicher, der noch etwas wenigs vbrig hat, eweren Gelüsten nach für einen Rebellen [Rand: Venator] vnd Feind muß außgeruffen vnd gehalten werden. Omnia enim sibi vindicant et rapiunt, qui Summi Magistratus Authoritate omnia excusant. Vnd wer sich ewerm schnöden freveln Willen nicht vndergibet, die allerhöchste Oberkeit, (ob er deren schon biß in Todt getrew wäre) muß offendiret haben. O meine Herren, es ist warhafftig:
[Rand: bis Aquil. / Coll. 10.]
Singula non novit Caesar, sub nomine quamvis
Caesareo passim multa patrata vides.
[324] Solte das nicht Vrsach gnug sein (wann solcher Muthwillen in vnserm Vatterland von bösen Buben auff ehrliche Leuth also vngestrafft verübet wird, vnd doch ohne Rettung muß gelitten, ja auch nicht geklaget werden) einem so vbel gehaltenem Mann sein Hertz vnd Sinn allererst von den jenigen Diensten vnnd Liebe abzuziehen, deren er doch jederzeit in seiner Seelen ergeben gewesen; oder doch, auffs wenigste Anlaß geben, zu Gott zu seufftzen, daß er der Allerhöchsten vnnd allen Christlichen Oberkeiten die so weit eingerissene Kriegsdissolutiones, Vnwesen vnd Vnordnung ernstlicher vnd Christlicher zu straffen, eingeben wollen, damit sie in Fortsetzung der gerechten Waffen desto glücklichere Successus von Gott zu gewarten hätten.
Dann wie wolte Gott derjenigen Waffen mit glücklichen Successen segnen können, Welche vnder ihres Namens Authorität vnd durch wissentlicheConniventz, so vnerhörte, vnchristliche Exactiones, Rauben, Plündern, Schinden vnd Morden auß Gewissenlosen Staats-Vrsachen vngestrafft fürüber gehen lassen!
Euch schwör ich, Ihr Potentaten!
Gott, der einen Bürgersmann
Vmb ein Sündlein finden kan,
Wird von euch all diese Thaten,
Dieses Morden, Raub vnd Brand,
So ihr vnder ewerm Namen
Lasset vngestraffet ahmen,
Forderen von ewrer Hand.
Ich sag nicht von denen Helden,
Welche wagen Leib vnd Blut
Gott, dem Vatterland zu gut;
Von euch nur will ich es melden,
Die ihr vmb die Eitelkeit,
Nur vmb zeitlich Gut vnd Ehre;
Nicht vmb Glaubens Sach noch Lehre,
Nicht vmb Gott bekümmert seyt.
Haben also auff der Herren begehren vns nach ihrem Schreiben dergestalt gerichtet, das wir hoffen, Gott, der vns von ihrem Obersten, dem Teuffel, erlöset hat, werde vns auch vor ihrem vnchristlichen begienen, als er schon bey der vor wenig Tagen vermeynter nächtlicher Vbersteigung augenscheinlich gethan hat, auß Gnaden behüten. Geben, etc.
D.M.
[325] Ich kann nicht läugnen, daß, ob ich schon in meinem Hertzen diesen armen Leuten recht geben muste, vnd mich selbst verwundert hat, daß so grewliche Thaten nicht eher an vns getadelt oder gestrafft worden, doch theils wegen der Gesellschafft, theils auch, daß es mir in den Seckel truge, ich die Sach fast eben so starck wider sie triebe als irgend einer.
Keiner von vns wolte viel reden wegen dieses Schreibens, dann so vnverhofft, als es vns zukame, so trefflich roche es vns allen in die Nase daß wir also etliche noch Gefangene Bawren jämmerlich deßwegen tractirten.
Den Vnmuth aber vnd den Teuffel (von dem vns zu träumen anfangen wolte) zu vergessen, so stelleten wir widerumb eine köstliche Gasterey an auff den andern Mittag, dazu wir auch etliche Geistliche laden thaten, welche zu besprechen Bbwtz vnd Ich verordnet worden. Der Pfarrherr deß Orts, ein Mann hoher Gaben vnd großer Gedult, die er bey zehen Jahren mit vnglaublicher Gefahr vnd erlittener Armuth durch Gott befästigt hatte, dem es gar frembd war, daß solche Leuthe, als wir waren, zu ihm kommen solten, nach dem er vnsre Werbung angehört, willigte stracks ein mit diesen Worten: vielleicht will GOtt, daß ich einem von den Herren noch dienen solle; dessen ich mich bedanckte. Bbwtz aber darauff herauß fuhr, der ist deß Teuffels, der eines Pfaffen begehret, ich nicht. Wann ich einen Pfaffen neben mir sehe, so stehe ich in Sorgen, ich muß hencken.
Den ich etwas mit den Fingern betrowend freundlich straffete. Also der Pfarrherr einen Trunck ließ beybringen, vnd auff vnser beyder Leib vnd Seelen Wolfahrt mir eines zubrachte, auch sonst so annehmlich Gespräch hatte, daß ich fragte, ob er nicht morgen Predig hielte, so wolte ich einest in die Kirchen gehen, deren ich lange zeit (anderst als auß Vorsatz, was zu finden) keine besucht hätte. Er sprach, ja morgen, ehe wir zum Imbiß kommen, wils Gott.
Bbwtz, der in Forchten stunde, er müste auch irgend in die[Rand: Kirchen gehen] Kirche gehen: Bruder, sprach er, du bist ein Narr, der ist deß Teuffels, der in die Kirchen gehet. Der ist deß Teuffels, der Predig höret.
Weil ich nun sahe, daß so böse Wort dem guten Pfarrherrn [326] mißfielen vnd er sich bey vns förchtete, gung ich fort; im Außgehen aber gab ich dem Pfarrherrn zwo Dublonen, die solte er meinetwegen benötigten haußarmen Witwen oder Waysen vmb Gottes willen geben.
Bbwtz, den solches hefftig verdroß, vnnd fast vnsinnig machte: Du Bruder, sprach er, du bist ein rechte Hunds-Fut, du hättest wol diß Geld den Spiel-Leuten zum Besten geben, sie hätten vns auffgespielet, biß der Teuffel gestorben wäre; du bist ein rechter Narr, der ist deß Teuffels, der etwas vmb Gottes willen gibt.[Rand: Allmosen]
Worauff der Pfarrherr sitsam antwortete, ey ey, nicht so, mein lieber Herr, was gilts, er wird noch spüren, das Philander dieses Geld in wenig Tagen hundertfeltig wider krigen solle; Gott wird ihn behüten da andere in Vnglück kommen werden.
Ihr Herren, sprach er ferner, glaubet mir, wann einer nur mit solchem Hertzen vnd Meynung im Krieg dienet, daß er nichts anderst sucht noch denckt, dann Gut zu erwerben, vnnd ist zeitlich gut sein einige Vrsache, also daß er nicht gern sihet, daß Friede ist, vnnd ihm Leyd ist, daß nicht Krieg ist, der tritt freylich auß[Rand: D. Luth. / tom. 3. Jen. / Fol. 327. b.] der Bahn vnd ist deß Teuffels, wann er gleich auß Gehorsam vnd durch auffboth seines Herrn krieget.
Bbwtz, den diese Wort in das Hertz schneideten, kehrete sich zu mir vnd sprach mir in ein Ohr, der Pfaff muß mir die Wort thewr gnug bezahlen, der Teuffel hole ihn dann. Vnd zum Pfarrherrn sprach er, Herr Pfaff weil das Allmosen so viel Krafft haben soll, mein, kan er mir dann nicht etwas Geistliches zukommen lassen, daß ich fest werde für Hawen, Stechen vnd Schiessen, so will ich ihm auch ein Allmosen geben?
Der Pfarrherr antwortete: Simon Magus hätte auch von dem H. Apostel Petro heylige Sachen vmbs Geld begehret, aber den Danck so er bekommen habe, werde GOtt allen Simonischen widerfahren lassen; doch wir solten wider ein Gang mit ihm in die Stube thun, er wolte ihn lehren, wie er fest werden könne.
Als wir nun wider hinein kamen vnd der Pfarrher ein grosses Buch auffsuchete, warffe Bbwtz, als ob er gar ernstlich dem Herrn Pfarrherrn zuhören wolte, seine Handschuch auff das Thresor vnnd that den Säbel vom Leib. Der Pfarrherr aber, nachdem er etliche Blätter durchsuchet, lase auß dem Buche also:
[327] [Rand: Recipe sich fest / zu machen] Es haben die Kriegs- Leute viel Aberglaubens im Streit, da sich einer S. Georgen, der ander S. Christoffel befiehlet, einer[Rand: Luth. Tom. 3. / Jen. fol. 329 b.] diesem, der ander dem Heyligen. Etliche können Eysen vnnd Büchsen beschwören. Etliche können Roß vnd Reuter segnen. Etliche tragen S. Johannes Evangelium oder sonsten etwas bey sich, darauff sie sich verlassen, diese alle sampt seind in fährlichem Stand, dann sie glauben nicht an Gott, sondern versündigen sich vielmehr mit Vnglauben an Gott, vnd wo sie sterben, müssen sie auch verlohren sein.
Es heisset wohl:
[Rand: Prov. 24. v. 106.]
Der ist nicht starck, der in der Noth nicht fest ist.
Aber der Verstand dieser Worte sagt: der nicht Mannfest ist, der nicht resolut ist: vnd auff Gott fest trawet.
Der Soldat ist nicht gut,
Der nicht fest trawt auff Gott,
Der nicht Mannfest in Noth
Vnd singt das Re sol ut.
GOTT kan behertzt machen, kan fest vnnd Schutzfrey machen. Er kan vnsichtbar machen, vnd das hat Bestand. Was aber durch losen Aberglauben vnnd Mißglauben vom Teuffel geschicht, das kommet Leib vnd Seel zum Verderben.
Kan nicht Gott den Feinden das Gesicht nemmen? Durch die Sonnen-Strahlen, durch vnversehenen Wind, Rauch, Staub, Regen, Nebel, daß sie uns nicht sehen, sich selbst vnter einander nicht kennen? Kan er nicht ihre Sinne stürtzen? ihre Gedancken vnd Hertzen verwirren, daß sie nicht wissen, wo sie sind, einander selbst mißtrawen, vnd Fehlschüsse in die Lufft thun? Vnnd dieses alles vnd vielmehr kann Gott in einem Augenblick thun, wann wir nur das Vnsrige auch thun vnd ihm vertrawen:
Si tibi Christus adest, fiet tibi aranea murus.
Als nun diese Lehr dem Bbwtz viel zu schwer war zu glauben, vnd er was anderst gehoffet hatte; Wer Teuffel, sprach er, wolt [328] auß dem Ding allem kommen? laß uns nach der Herberg gehen; gute Zeit, Herr Pfaff! vnd nam seine Hand-Schuhe vom Thresor, vnd gingen wider mit einander fort.
Hab ich nicht gesagt, sprach Bbwtz zu mir vnder Wegs, der Pfaff muß mir diese Wort bezahlen, der Teuffel hole ihn dann, siehe da.
Vnd in dem weisete er mir einen silbern Löffel, der auff dem Thresor gelegen war, auff welchen er, vmb denselben zu erhaschen, die Hand-Schuhe mit allem fleiß geworffen vnd also vnvermerckt davon gebracht.
Deß andern Tags nun waren wir lustig vnd guter dinge, vnd gieng alles daher in floribus, mit dischen, fressen, sauffen vnd prassen auff den alten Kayser hinein; vnd sobald an Speysen vnd allerley der besten alten Weinen was mangelte, so mußte der Würth Stösse von uns befahren.
Wir hatten aber auch bey vns noch etliche Bawren, so wir gefangen hielten, die vermeyneten wir, mit Sauffen dahin zu bringen, daß sie ihre Rachtung machen solten, welche zwar der Zech beygewohnet, aber gantz nichts einwilligen wollen, deßwegen sie hernach grawsamlich gemartert worden. Meines wissens kam solche ihr Halßstarrigkeit daher, weil sie durch ein Lied, so ihnen Lffll zu Leid oder Lieb gesungen hatte, erschreckt worden. also:
Dies zahlen müssen, sind schon hie,
Drumb freßt vnd saufft ohn Sorg vnd Mühe,
Als wie die Kühe,
Sie seynd schon hie.
Die Bawren da trifft es jetzt an,
Die müssen den Balk strecken dran,
Sich schinden lahn,
Es trifft sie an etc.
[Rand: Guarinon I. 2. / c. 34. p. 229 B.]
Der Pfarrherr aber, nachdem er auff ein halbe Stund bey vns gewest vnd vnsere Tugenden erkennen lernen, auß Forcht, daß er mit vns von der Erden verschlucket würde, gienge vnder dem Fürwort, einen Krancken zu besuchen, davon; die Gesellschafft war dessen nicht minder erfrewet, als die sich eben so sehr vor einem Geistlichen besorget, vnd mehr, als vor dem Teuffel.
[329] Ward also alle Lust vnnd Fröligkeit angefangen, vnd war einmütig verschworen, nicht von einander zu weichen, biß daß dieses Vieh alles mit einander versoffen wäre.
Ich muß bekennen, nach dem ich frühe morgens einmahl in der Kirchen gewest, war mir gar wol vnnd darumb auch desto frölicher als andere, mit singen, springen vnnd beschaid thun, dessen sie alle trefflich zu frieden.
Kurtz, Es hatte bey mir das Ansehen, als ob ich Sporenstreichs der Höllen hätte zulauffen wollen.
Aber siehe, die grosse Gnade deß barmhertzigen Gottes, in dem ich tobend vnd wütend schnaubete, alle Tugend, wo nicht gar außzurotten, doch auffs wenigste zu beschmitzen, gieng es mir wie dem Saulus, daß mich deuchte, ich hörete warhafftig eine Stimme, die zu mir sprach: Philander, Philander, es wird dir schwer werden, also wider Gott vnd Gewissen zu streitten. Also daß ich mitten im Dantz still stunde vnd, gleichsam ich geschlagen wäre, nicht fort konte.
Sasse derowegen ein wenig zur Ruhe beyseits vnnd bedachte bey mir, was für eine Stimme das wäre, die ich gehöret?
Je mehr ich aber den Worten nachsonne, je mehr ward ich durch den Geist Gottes gerühret, daß ich einen Abschew vnnd Eckel gewan ab allen diesen grossen Vntugenden, so ich verüben sahe, vnd mir eyffrig vorname, so bald ich mit Fug konte davon kommen, keine Gelegenheit zu versaumen; bate auch Gott von Hertzen, daß ich nur möchte auff einer Party von den Feinden gefangen werden. So auch dieses nicht geschehen solte, nam ich doch betewrlichen vor, mich von dieser Gesellschaft abzuthun vnnd bey der ordentlichen Besatzung deß Orts vnderhalten zu lassen.
[Rand: Beschreibung / einer christlichen / Kriegsbesatzung] Diese Besatzung zu beschreiben, so ist gewiß, daß dieselbige, gegen vns zu rechnen, ein viel Gottsförchtigers, ja Himlisches Leben führen thate. Es gunge bey ihnen alles her in guter Ordnung; alle Lehnung wurde den Soldaten richtig bezahlt; wer sich im geringsten vergriffe, der ward gestrafft. Kein Fluchen, kein Spielen, kein Huren, kein Mord-Thaten wurden gehäget; sondern nach Gelegenheit mit Strang vnd Schwert, mit der Wippe, mit den Spitzruten, mit dem Stock, mit der Geige belohnet. Wer was löbliches thate, der ward gelobet, herfür gezogen vnnd befürtert. [330] Alle Tage hielten sie ihre gewisse Bettstunden; alle Wochen höreten sie zweymal Predig; ein jeder gung nach geschehener Wacht seiner Arbeit nach; der Bawrsmann ward reich bey den Soldaten, vnnd der Soldat mit dem Bawren wol zufrieden. Also daß mich deuchte, was immer von ehrlichen redlichen Soldaten geschrieben[Rand: Redlicher Soldaten / Leben] vnd zu lesen, zu reden vnd zu hören wäre, das wäre einig vnd allein von denen in solcher Besatzung zu verstehen; nimmermehr aber von denen, die zu Felde lägen, insonderheit wie wir, die wir ohne Gesatz vnnd ohne Ordnung vnnd auff freyer Strasse lebten, als ob weder Gott noch Himmel, weder Teuffel noch Hölle gewesen.
Damit ich nun in meinem guten Vorsatz befestiget würde, gab mir GOTT zween starcke Hertzstösse auff einander, die mir endlich dieses Wesen, wo ich nicht mit ehister Partey wäre gefangen worden, doch gewiß hätten Quittiern machen, das geschahe also:
Gegen fünff Vhren Abends, da alles mit Sauffen drunder vnnd drüber gunge, vnnd wir den Wein in vns geschüttet hatten mit Massen, nicht anderst, als ob wir allererst auß der Hölle kämen vnd von Höllischem Fewr innerlichen also erhitzet wären, auch viel Wein vnnützlich verschüttet vnnd verderbet worden; der Doctor aber, merckend, daß ich trawrig war, vnnd gerne die Vrsach erfahren hätte, setzte er sich zu mir, dem ich mein hertzliche Noth zu erkennen gab, ihn auch bewegte, daß er gar leicht, als wir vns ohne das zuvor schon offt verglichen hatten, in mein Vorhaben einwilligte.
Bbwtz vnd Lffll, die solches, vnd noch mehr vff vns verdriessen thate, liessen ein spitziges Glaß bey fast zwo Elen hoch einschencken vnnd brachten vns beyden dasselbige zu vff Gesundheit deß frömsten Soldaten, der am meisten Küh gestohlen.
Als wir vns aber deß grossen Geschirrs entschuldigten, sprach Bbwtz: der ist des Teuffels, der nicht mit saufft, hurt vnd bubt[Rand: Soldaten / sauffen] wie wir alle.
Ich sprach, daß ich ja einmal schon mein bestes gethan hätte vnnd so viel mehr nicht trincken könte, vnnd verschwur mich; Bbwtz verschwur sich hingegen, wo ich es nicht trincken würde, so müßte ich deß Todts seyn.
Bttrwtz, der solches hörete, kam entzwischen vnd sprach, weil ich einmal nicht alles trincken wolte, vnd auch solches verredet [331] hätte, daß ich einen einigen Tropffen solt wegschütten, so wäre mein Schwur erfüllet vnd wirde sich Bbwtz auch nicht zu beschweren haben. Bbwtz aber wolte hierein nicht willigen, sondern sprach, ich müßte deß todtes sein, wo ich was außschüttete; ich solte aber ein Tröpfflein am Boden lassen, das wolte er zu geben, so wäre beyden ein Genügen geschehen.
Der Doctor, ein kleines Männlein, aber hertzhafft genug, mein, sprach er, Hic ne scurra tibi mortem? Soll dir dieser den Todt tröwen? vnd zu Bbwtz, wie meynt ihr Herren? haltet ihr vns nicht Manns genug, wider Gewalt vns zu schützen, daß ihr vns den Todt also tröwet als einer feisten Gans? Was wolstu Schrifftling, du Blackvogel, sagen? antwortete ihm Bbwtz, mach du nur die Gurgel fertig, daß Glaß außzusauffen oder du must sterben. Ich bin ein klein Männichen, sprach er wider, aber versichere dich Bbwtz, du wirst einen Mann an mir finden, vnd der ist deß Teuffels, der sich vor einem Grossen förchtet: Ich will einem noch weisen, was hinder eim kleinen Männichen vnd hinder der Feder stecket.
[Rand: Ovidius]
Tu vires sine mente geris, tu corpore praestas,
Nos animo.
– – In corpore nobis
Pectora sunt potiora manu, vigor omnis in illis.
In dem kleinen Leibgen ist Hertz für zwey Mann.
[Rand: Palingenius]
Ingenium superat vires.
Ingenio vires cedunt, Prudentia victrix
Cuncta domat.
[Rand: Lauter Warheit / p. 137.]
Vermeynstu, daß ein kleiner Mann
Sein Faust nicht auch gebrauchen kan
Vnd wol so bald ein That im Feld
Verbringen als ein Doppel-Held?
In Warheit, wann es treffen gilt,
So sieht man nicht auff Helm vnnd Schilt,
[332]Sondern auff den, der mit dem Schwerd
Sich in dem Treffen mannlich wehrt;
Welchs wol so bald mit besserm Muth
Kan vben ein geringes Blut,
Als einer, der im Sattel fest
Sich mächtig viel bedüncken läst.
Drumb ob ich schon so klein dasteh
Vnd dir kaum an den Gürtel geh,
Solstu mir doch bald sehen an,
Ich sey sowol als du ein Mann.
Ihr Herrn wißt noch nicht, daß Julius Caesar einer von[Rand: Buchholtzer / Indic. Chronol. / fol. 111.] der Feder geweßt ist. Der Kayser Augustus Anno V.C. 709 ist im 19. Jahre seines alters auß der Schule zur Regierung,[Rand: Iconis Aquil. / Rom. Collat. / 111.] von der Feder zum Degen, von den Büchern zum Keyserthumb gelanget; vnd viel andere Römische Keyser, Könige vnd Fürsten mehr.
Ich selbsten hab noch mehr gesehen, daß ein Gelehrter vnd ein[Rand: Gelehrte Soldaten] Soldat in einem Sattel gesessen.
König Heinrich der IV. in Franckreich hat besser gewußt, was hinder der Feder steckt, er hat auß Erfahrenheit einen viel andern Außschlag von den Gelehrten geben. Je prends, pflegt er zu sagen, mes meilleurs soldats de l'escritoire, meine beste Soldaten neme ich von der Feder.
Ich sage noch einmal, Lffll, du weissest nicht, was hinder kleinen Männichern vnd der Feder stecket!
Welche Rede den Lffll fast auff den Doctor verdroß, also daß er sprach, was wolstu Schrifftling wissen, hast nicht wohl ein todten Mann gesehen, als in der Zeit, daß du bey vns gewest vnnd allererst ein wenig Federn bekommen. Deß Lfflls Hochmuth vnnd Einbildung stieß mich nicht wenig wider den Kopff, vnnd wiewol viel groß-sprechens vnnd Plauderns von meinen eigenen Thaten mir (insonderheit bey Gesellschafften, da ein jeder seine Streich gerne lobet) trefflich zuwider ist, so konte ich doch auff solche grobe Einbildungen nicht schweigen, daß ich ihnen nicht sagte.
Mein, ihr Herren, thut euch so sehr nicht herfür, da ihr kaum drey Jahr habt lernen die Strassen fegen. Ich halte, wann es zum beweisen käme, ich wolte darthun, daß ich Capitain gewesen, ehe einer von euch beyden hat können ein Pistol führen; [333] vnd trotz, der dessen ehrlichern vnd Glaubwürdigern Brieff vnd Schein hat auffzulegen, vnnd ob ich schon in so vielen Feldschlachten nicht gewesen, als ewer etliche auffschneiden, so hab ich doch nicht minder in Defendirung der Orten, da ich zu Commandiren gelegt worden, mich rechtschaffen vnnd als ein ehrlich Soldat verhalten, daß ich euch allen Trotz biete.
Sauff du fort, sprach hierauff Bbwtz, sauff rein auß, oder es wird vbel gehen.
In dem schüttete ich, mein Schwur zu erfüllen, mehr nicht als ein Tröpfflein auß dem Glaß.
Es konte aber so bald nicht außgeschüttet sein, ich hatte eine vngeheure Maulschell von dem Bbwtzn; gegen den ich aber wol versehen, ihm Wein vnnd Glaß in daß Gesicht stieß, daß ihm das Blut darnach lieff vnd mir der Fueß vom Glas in der Hand bliebe, allwo ich das Zeichen noch trage. Warff auch den Fueß nach ihm, aber Lffll, der, vns abzuhalten, entzwischen trang, ward mit dem Fuß an das Knie getroffen biß auffs Bein, daß er auch sehr blütete.
Der Doctor vnnd ich stunden vor einen Mann; vnnd wäre der Scharmützel gewiß redlich angangen, wann wir nicht von den andern, welche alle herbey geloffen kamen, von einander wären gerissen worden.
Die Streiche waren so bald kaum geschehen, als sie vns beiderseits schon geriewen. Bbwtz ward gleichwol, als der ein so närrische vnnötige Gesundheit angebracht, vnd weil er den Anfang gemacht hatte, von allen gescholten; wo auch die beyde nicht Blutrüstig geweßt wären, der Streit solte sich mit einem Trunck, ohne Verletzung einiges Ehre wol beygelegt haben.
Derowegen Bbwtz sprach, wann ich ein redlich Kerls wäre, so solt ich morgen erscheinen, dann er wolte meines Bluts auch sehen, vnd wer den andern könte schlaffen legen, der solte den Preiß haben.
Darauff gab ich ihm die Hand vnnd brachte ihm eines zu, welches er mir Bescheid thate.
Lffll war auch hefftig an den Doctor gerathen vnnd wolt ihm Schuld geben, daß, so er nit geweßt, der Trunck längest herumb gangen wäre vnd ohne streitten; vnnd schwure, daß er [334] ihn ebener massen vor der Faust sehen wolte, welches der Doctor, wie wol vngern versprechen mußte; dann obschon wir lieber Friede halten wollen, so musten wir doch mit Gewalt daran, es ware vns lieb oder Leyd. Dieweil, je mehr wir zu ruck hielten, je mehr sie auff vns trangen, als bey solchen Brahl-Hansen der Brauch ist, vnd vns zu schrecken vermeynten.
Lffll trowete, er wolte den klein Scheiß-Märty in der mitten von einander brechen, er wolte ihn auff die Achsel nemmen vnnd mit ihm in Vngarn lauffen ohne ruhen. Er wolt ihn morgen frühe zur Brant-Supp fressen, ehe wir beyde für das Thor gingen.
Mir ward selbst angst für den Doctor, aber er hatte ein gut Hertz vnd sprach zu mir, ich solte seinetwegen ohne sorgen sein, er kennete diese Brahler schon genug. Hoc enim nostris militibus, vt video placet, Deum in ore profano, manus in loculis alienis, pedes in cursu, gladium in lingua, linguam in poculis frequentissime habere. Provocationes crebras, congressus modicos, audacia proposita, cauta subterfugia, multa [Rand: Turbo / interscen. 3.] latrocinia, plurima mendacia, denique magnifica trophaea undique in aëre aedificare. Weil sie aber wissen wolten, was das gesagt wäre, sprach ich, ihr Herren, weil Lffll sich so groß gegen den Doctor achtet, so hat er zu mir auf Lateinisch gesagt: Die rechten Krieger, die bey dem Schimpff mehr gewest sind, die zucken[Rand: Hirnschällige / sind nicht die / Stärckeste] nicht bald, trotzen nicht, haben nicht lust zu schlagen; aber wann man sie zwinget, daß sie müssen, so hüte dich für ihnen, so schimpffen sie nicht; ihr Messer steckt fest, aber müssen sie es zucken, so kompts nicht ohn Blut in die Scheide. Widerumb, die tollen Narren,[Rand: D. Luth. / tom. 3. Jen. / fol. 324. a.] die mit Gedancken zu erst kriegen, vnnd fahens trefflich an, die Welt fressen mit Worten vnd seynd die erste mit Messer zucken, aber die sind auch die ersten die da fliehen vnnd das Messer einstecken.
Sie stunden hierauff alle plötzlich auff, vnnd wir begaben vns zu schlaffen. Lffl gab dem Doctor nochmahlen die Hand vnd sprach, gut Nacht, Doctor, schlaff vnnd befehl dich nur Gott wol, oder ich trag dich heunt zum Teuffel; Ich aber befiehle mich jetzt vnd morgen in meiner Liebsten Genad vnnd Hulden (auff welche [335] Wort er ein Rotdaffeten Band, so er am Hut geknüpfft hatte, küssete) vnd hoffe durch dero Gunst, vnnd Freundlichkeit den Doctor morgen schlaffen zu legen.
Vnd du, sprach Bbwtz zu mir, gute Nacht Philander, wir wollen morgen sehen, was dein gestriges Allmosen kan, ob du wider meine Feuste magst können sicher seyn, oder nicht.
Der ist ein Narr, sprach ich hergegen, der auff Allmosen also bochet, daß er Verdienst darauß machen wolte; Ich hoff aber gleichwol, die Hand Gottes, vnd der Armen Gebett werden so kräftig sein vnd mich gegend einen Närrischen Einbildungen wol bewahren.
Grosse Wort, viel Auffschnitte vnnd mächtiges Betröwen musten wir von diesen beyden hören, wie sie diß vnnd das mit vns vornemmen, so vnnd so mit vns vmbgehen wolten; als die im Krieg aufferzogen wären, manchen hingericht, manchen nidergelegt, manchem das Liecht außgeblasen, manchen Pfaffen gefressen vnd Landsknechte geschissen hätten, sie thaten, als ob sie des morgenden Tags nicht erwarten könten. Aber warhafftig wuste ich in meinem Hertzen, vnnd sahe es auß allem ihrem Wesen, Thun vnd Geberden, daß sie so toll nicht waren, als sie sich es gegen vns annahmen. Sie waren eben geartet, wie alle solche Großsprecher vnnd Eisenbeisser pflegen, die Schwerter vnd Degen, Dolchen vnnd Rappier, Pferde vnd Pistolen, Fewer vnd Dampff im Munde haben, vnd ist ihnen doch im Hertzen recht scheißbang.
Warhafftig ist es, hundert vnd aber hundert werden also vor der Faust erstochen, vnder denen nicht wol viere mit einem rechten Muth vnd vnverzagten Hertzen auff die Wise gehen.
Ich selbst wolte deren etliche mit Namen nennen vnd mit Fingern zeigen können, welche zu bemäntelung ihrer Zaghafftigkeit in dergleichen Fällen gedantzt, gesungen, gesprungen vnd sonsten allerley Fröhligkeit sich angenommen haben, die doch im Hertzen gezittert als ein Laub, geschwitzet, als ob sie in einem Frantzösischen Bad gesessen. Welches sie dann nur darumb thun, damit sie die bevorstehende Gefahr also vergessen vnd durch andere Bossen auß den gedancken bringen möchten; dann brachte mir Bbwtz eines zu, dann sang er eins, also daß er mich an die Kinder gemahnet, so [336] in dem finstern sind, welche, damit sie der Forcht vergessen, irgend anfangen zu singen oder zu ruffen. Vielmahl sprach er, er könte nicht warten, biß es tag würde, sondern er wolte sich also bald schmeissen; aber wann er nicht gewust hätte, daß man es ihm verwehren thäte, er würde nimmer davon geredet haben. Dann wann er am hochmütigsten redete, so war er in seinem Hertzen am verzagtesten vnd vermeynte allein, durch so hohe Wort wolte er mich schröcken vnd schlagen, weil er sich dessen mit den Fäusten nicht versichern kunte.
Der Doctor vnd ich lagen diese Nacht in ein besondere Kammer, da wir vns wegen der morgigen Anstalt vnderreden mochten. Behüte Gott, sprach ich, was sind das für Gesellen, die sich für der Schlacht vermahnen vnd ermahnen lassen durch die liebliche Andacht ihrer Buhlschafft, vnnd lassen ihnen sagen: Huy, nun dencke ein jeglicher an seinen allerliebsten Buhlen etc.
Erschröcklich ists einem Christen-Hertzen zu dencken vnd zu hören, daß in der Stunde, da man Gottes Gericht vnd Todtes Gefahr für Augen hat, allererst mit Fleischlicher Liebe sich kützelt[Rand: Luth. tom. 3. / Ien. fol. 329. a.] vnd tröstet; dann welche also erstochen werden oder sterben, die schicken freylich ihre Seelen auch gar frisch in die Höllen ohn alles säumen.
Der Doctor sagte, er wuste einen Stoß, den ihm Lffl schwerlich außschlagen würde, er wolte ihn von hindenzu durch vnd durch stossen, ehe er es könte gewahr werden, vnd solte doch redlich zu gehen.
Ich muste deß Doctors lachen, so vnlustig als ich war, vnd sprach, ey bey Leib nicht Herr, das wäre ein heßliches stossen, von hinden zu durch vnd durch, er ist es gewiß nicht von Julius Caesar gelehrt worden, der hat seine Soldaten anderst vnderrichtet, vnd gesagt: Miles Faciem feri.
Halt ihm den Degen richt gegen die Augen, stoß ihm nach dem Gesicht. Dann als Julius Caesar, der erste Röm. Keyser, mit dem Pompejus Magnus die Pharsalische Schlacht hielte, der Pompejus aber eitel junge, schöne vnd fast vnerfahrne Soldaten[Rand:Buchholz / Indic. Chronolog. / p. 103.] hatte, denen mehr angelegen war, wie sie zierlich auffgebutzet sein, als wie sie manlich fechten wolten; vnd der Caesar wol wuste, sie würden sich vorsehen vnd hüten, damit sie nicht irgend in das [337] Gesicht verwundet, vnd abgestalt gemacht würden, dann sonsten war es Brauch, daß man dreyn schmisse bei den Römern, wie man zukame, bald in ein Seite, auff den Kopff, auff das Schienbein etc. So sprach Caesar seinen Soldaten zu: Miles faciem feri! hawet vnd stoßt ihnen nach dem Gesicht, so werden sie fliehen, als auch geschehen.
Pfuy das ist ein heßliches Stossen, von hindenzu stossen.
Nun, nun sprach der Doctor, ich habs mehr probiert, wir wollen morgen sehen.
Deß andern morgens vmb 7 Vhrn, nachdem wir jeder ein halb Maß Wein getruncken vnd vns Gott befohlen, gungen wir vor das Thor, in den Brüel oder Weyermatte, als man sie nennete; vnser Gegentheil kam auch bald hernach, waren aber plump voll vnd stelleten sich fast vnsinnig.
Ich nicht faul, vnd so bald von Leder, aber auß Vnbedacht (der in solchen Fällen gar gemein ist, vnd einer offt ohne Wissen[Rand: Vnbedachtsamkeit] wider sich selbsten thut) stellete ich mich in eine flache Tieffe, vnd Bbwtz gegen mir stunde vmb einen gantzen Schuch höher, deßwegen er guten Vortheil gegen mich hatte; wir fochten eine Weyle, vnd letzlich luffen einander ein, also daß beede Degen neben dem Leib hingiengen.
Bbwtz warff so bald sein Degen beyseyts vnd ergreiff mich in der mitten, warff mich zu boden, vnd mit den Knyen stiesse er mir gegen dem Hertzen, als ob er mich Radbrechen wolte. Ich aber behielte vnder dessen meinen Degen in der Faust, vnd mit dem Creutz stiesse ich ihm so lange auff den Kopff, biß das Blut hernach rane.
Das ist nicht redlich gehandelt, schrye ich, Bbwtz du bist ein Mörder.
Auff welche Wort die andern herbey luffen vnd ihn von mir rissen.
Er hatte mich mit Stössen vbel zugerichtet, also daß ich lange Zeit die Schmertzen mit grossem Stechen gefühlet vnd allererst hernach in der Burg durchExpertus Robertus mit der grünen Salb, deren ich deß tags etlich mahl in warmem Gersten-Wasser trincken muste, bin geheylet worden.
[338] Mir aber thate es doch wol, daß ich sahe dem Bbwtzn das Blut den Rücken ablauffen, dessen er wolt vnsinnig werden; wurden aber wir beyde gleich bald einander die Hände zu geben gezwungen vnd also verglichen.
Darauff kam der Doctor vnd Lffl an einander. Der Doctor muß mehr dabey geweßt seyn; dann er sprang herumb als wie ein Atzel, bald auff diese, bald auff die andere Seiten; vnd kunte sich der Lffl, welcher dückes Leibs war, so schwind nicht wenden, daß er den Doctor recht hätte zu Gesicht bringen mögen, biß der Doctor endlich seinen Vortheil ersahe vnnd dem Lffl einluffe, auch sobald das Rappier hinderrucks mit beeden Händen vmbkehrete, vnd ihm von hindenzu in das dicke stieß, daß er zu boden sancke, ehe er es innen worden.
Es waren wunderliche Gespräche, einer gab dem Doctor Vnrecht, der ander Gewonnen; Lffl aber entrüstete sich dergestalt, daß er dem Doctor den Todt, vnd ihn mit einem Dolchen aller Orten nider zustossen schwure, welches ihm aber gefehlet, als wir hernach hören werden. Ist also Lffl in die Stadt getragen worden vnd wir hinein gangen vnnd beim Essen vns wider in der Güte gäntzlichen versöhnet.
Von dieser Zeit an hat sich keiner, wiewol wir nicht lange mehr beysamen geweßt, an mich reiben wollen, vnd haben mich für einen Mann vnd Soldaten passiren lassen.
Bbwtz sprach mit lachen, Philander ich siehe jetzt, daß dein Allmosen vnnd deß Pfaffen Gebett was kan, dann ich wolte dich zu todt gestossen haben, aber ich glaub festiglich, daß mich jemand zu rück gehalten habe, wie wol ich niemand gesehen; vnnd es gebe mir schier einen Lust, ich wolte auch was vmb Gottes Willen geben. Ich aber glaube ohn zweiffelich, daß Gott durch sein Gnad mich erhalten; sonsten vnder so vielen Bößwichten hätte ich schwärlichen anderst als zu Schanden gehen können.
Wir brachten den Tag zu mit Spatzieren gehen. Deß Nachts aber, nachdem ich Gott trewlich gebetten, daß er mir mit Gnaden von dieser Gesellschafft verhelffen wolte, faßten der Doctor vnd ich den Ernsten Fürsatz, mit nechster Partey zu gehen, vnd so wir nicht heimlich abkommen oder gefangen werden könten, daß wir vns alsdann vmb vnsers Gewissens Sicherheit vnnd Besserung [339] vnsers elenden Lebens bey der Besatzung in der Statt wolten vnderhalten lassen, allwo vns, wie oben gesagt, deuchte, es gienge noch redlich her, vnd könte ein Soldat auß seiner Lehnung vnd[Rand: Luc. 3. v. 14.] Sold vnd auß dem, was er auff seinem Feind ritterlich holte, mit gutem Gewissen leben.
Behüte GOtt, sprach ich, ich will nicht von den vnchristlichen Türckischen Thaten dieser Gesellschafft sagen, wann nichts wäre als die grewlichste Reden, so solten sie einen doch abschrecken, länger bey ihnen zu bleiben.
Ich hab, sprach ich, in meiner Jugend auch den Catechisms vnnd die Gebott Gottes gelernet, nemblich: wer nicht Predig höret, wer den Oberen nicht Gehorsam ist: wer nicht Busse thut: wer tödtet: wer sauffet: wer huret: wer stihlet: wer diß vnd das thut, der seye verdampt.
[Rand: Der Soldaten / Bibel] Aber mein Gott, was wunderliche Theologiam, vnnd H. Schrifft, was für einen Herr Gott müssen diese Leuthe haben? wie können sie Glück, Heyl vnnd Segen haben? wie solte müglich sein, daß sie nicht mit Leib vnd Seel verdampt werden solten? indem sie die Gebott Gottes gerad vmbkehren vnd freventlich sagen:
Der ist des Teuffels, der barmhertzig ist.
Der ist des Teuffels, der nicht tödtet.
Der ist des Teuffels, der nicht alles nimpt.
Der ist des Teuffels, der nicht alles redet.
Der ist des Teuffels, der nicht fluchet, sauffet, huret.
Der ist des Teuffels, der bettet.
Der ist des Teuffels, der der frömbste ist.
Der ist des Teuffels, der in die Kirche gehet.
Der ist des Teuffels, der Allmosen gibt. etc.
[Rand: Soldaten / Grausamkeit] Vnd wann sie einen mit grausamlicher Marter ermorden, noch Schertz vnd Vexier darauß machen, als ob es nur gespielet wäre, vnd sagen, sie haben einen schlaffen gelegt, nidergelegt, schlaffen gezündet, das Liecht außgelöscht, etc. Wem solte nicht ob diesen grewlichen Dingen grawen?
Das Blut, das du, Jesu Christ,
So thewr mit deim Blut erlöset,
Wird verfolget vnd durchöset.
Wird mit Schwerd, Strang, Fewer, List
[340]Hingerichtet vnd vergossen,
Vnd geachtet für ein Bossen.
Ist also vnser verdambliche Fresserey vnd Saufferey dergestalt zu einem Ende kommen.
In dem sich nun vnsere vbrige Bawren nach außgestandener grausamer Marter endlichen jeder vmb 25 Reichsthaler außgelöset hatte vnd wir etliche Tag wider müssig gesessen, kam vns ein Feld-Taube zu, also nenneten wir vnsere Kundschafft-Zedel, dieses[Rand: Feld-Tauben] Inhalts:
Es gehen zwo Herden Klebis vnd Hornböcke vnden am Wassigin bey Ellern polender auff dem Glentzen am Flossart, weit vom Stroebart: weil die Wacht schlecht bestellet ist, sind sie noch in acht tagen gar wol zu haben.
Deßwegen wir mit in 15. Mannen bey tag fort, vnd kamen in der Nacht vmb vngefehr 2 Vhren, an gedachtes Ort, da wir vnsere Vortheil zum Hinderhalt aussahen, vnd, ehe es zehen am tag ware hatten wir das Vieh schon in vnserer Gewalt, vnnd mit vber das Gebürg durch vnbekante Weg vnd Felsen davon biß in die Nacht, da wir vnsere Pferd in einem bekanten Dorff in einer alten Schewr absattelten vnd Futter gaben, auch vermeynten, nun des Feindes Nachsetzen entgangen zu sein, aber zu vnserm grossen Vnglück; dann in dem wir alle in grosser Sicherheit vnd Müde eingeschlaffen, kam plötzlich eine Losung von 20 Musqueten zu der forderen Thüre vnd Fenstern hinein, daß wir alle ohne Gewehr (etliche wenig, so ihre Pistol, die wir neben vns liegen hatten, erwischten, außgenommen) der hindern Thüren zuluffen, welche, nachdem sie eröffnet vnd wir sie frey funden, vns geholffen, daß wir durchkommen, doch mit Hinderlassung aller vnserer Pferde, als allein zween, so in der Schewr gelegen, welche auff ihren Pferden, doch der eine tödtlich verwund, durchgewischet; wir andern, einer da, der andere dort hinauß, wurden von einander also verjagt, daß fünffe gleichwol von vns gefangen, vnd wie ich seithero erfahren, seynd sie zu D. gehenckt worden. Die übrige ellendig wider nach Hauß kommen biß auf den Doctor, den Bttrwtz vnd mich.
Wir drey luffen in Todtes-ängsten fort vngeachtet, was Weg wir vor uns hatten, vnd kamen vor Tag noch in das Gebürg hinein, in welchem wir vns theils erkanten, nemblich daß wir [341] nicht fern von alten Salm einem Schloss waren, auff welches wir mit grosser Mattigkeit, so wol auß schrecken als mangel Kraffts vnd Saffts endlich kamen vnd den Tag mit Elend da zu brachten.
Da war lauffen vnser höchster Reichthumb, lauffen war vnser Seeligkeit. Es ist, sprach der Doctor, kein Schand, wol lauffen können, es ist aber ein Schand, gefangen werden, oder gar hencken müssen. Laßt vns lauffen; so lang wir Füsse haben.
Bien Courrir n'est pas un vice.
On court pour gaigner le pris;
C'est un honeste exercice,
Bon Coureur n'est jamais pris.
Wer wol laufft, thut recht daran,
Wer wol laufft, wird nicht gefangen,
Mancher, der wol lauffen kan,
Ist dem Hencker noch entgangen;
Mancher von dem Strick entran,
An den er sonst wär gehangen.
Vnder wegs merckte ich allererst, daß ich meine Sporen vergessen, aber S. Välten hätte sie vmbgeholet. Es ist ja ein elende Stutzerey, nach dem Sporen fragen, wann man kein Pferd hat. Sprach deßwegen zum Doctor: Stultus les sua Mi' calcaria viscitur obli.
Ist das nicht ein Sporen! daß einer sein Elend so vergessen soll!
Patientia! sprach der Doctor.
Vobile nincendi genus est vacientia, pincit
Pi quatitur, vi sis pinscere visce dati.
Degult, Degult es wird einmahl wesser berden.
Also, was wir sprachen, das war auß Forcht vnnd Angst hinderst zum vordersten vorgebracht.
In dieser Einöde aber hub uns an das Gewissen noch mehr auffgehen, vnd betrachteten allererst, was wir gethan, vnd wie [342] Gottsvergeßlich wir gehauset hätten. 1. In üppigem Leben, da keine gemeine Fressereyen vnd Sauffereyen mehr bey vns gelten wollen, sondern alles mit newen Viehischen Anstallten muste fortgesetzt werden. 2. Mit Vnchristlichem fluchen vnd Gottslöstern. 3. Mit vnerhörter Marter, Peinigung vnd Morden; welches, ob ich es schon nicht selbsten gethan, doch vielleicht offt wohl, oder vmb ein grosses, hätte vorkommen vnd verwähren können.
O der ellenden Gedancken, so wir in diesem öden Ort hatten! welche Gedancken alle ich mir noch einbilden kan, wann ich diesen Spruch, so in einer Wand im Hoff eingehawen stunde, doch durch das Wetter fast verzehret ist, nur sehe oder höre; welche Wort ich hieher setze, wie sie dort stehen:
EMBSIG BEETTEN FRVH VF STON
ALLMOS GEBEN KIRCHEN GON
HILFT VS NOT VND STOT OVCH SCHON.
Embsig betten, früh vff ston,
Allmoß geben, Kirchen gohn,
Hilfft auß Noth, vnd stot ouch schon.
Weil wir vns nun mehrer Verfolgung befahren mußten, also satzten wir vns auff dieser Höhe vnder die Porte deß alten Schlosses, da wir vmb vns in die ferne sehen, aber vnsern Jammer nicht vmbsehen kunten.
Neben dem Gewissen plagte vns der Hunger biß zur Vnsinnigkeit; in meinem Quartier hatte ich bey 1000. Ducaten, die ich in kurtzer Zeit auß den armen Leuten erzwungen hatte; bey mir trug ich allezeit für ein gut Pferd zukauffen, wo mich die Noth angriffen hätte.
Aber da war weder Beck noch Weinschenck, noch Fleischhacker, der mir dißmahl vmb das Geld geben wollen; so dorffte ich viel weniger ruffen, auß Forcht, daß mich irgend ein Wildschütz oder Bawr ersehen hätte, der mir ohne das den Rest würde verdienter weise geben haben; da kont ich mir meine Rechnung selbsten gar leicht machen; ich war ein braver Koch, dann da kunte ich mir selbst anrichten als wie ein Hund, der Graß gefressen.
[343] Ja freylich, dachte ich
[Rand: D. Gram. / Embl. 72.]
[Rand: Moral. et / Embl. 52.]
Ein löchericht Beutel ist zur Hand
Samlen vngerechter Güter.
Dann all Vorrath wird bald zu schand,
Da hülfft kein Wacht noch Hüter.
Des Herrn Rach kompt überall,
Das ist leicht zu ermessen,
Wie man thut, geschicht ihm Gleichfall,
Dann Gott kann nichts vergessen.
Das sage ich darumb, dann, in damals folgender Nacht, meine beyde Geferten, auch der Doctor, weil wir wegen eines Geräusches sich einer hier der ander dort verkrochen, von mir kommen; da ich noch dazu mein Geld, so ich ein paar Stunden zuvor dem Bttrwtz in Verwahrung geben, also verlohren.
Nun ist es Zeit, sprach ich zu mir selbsten, daß ich mich dieses Lebens, ehe es noch gar Leib und Seele kostet, abthue, vnd war mir in diesen Gedancken so leicht, daß mich dauchte, es hätte mich Hunger vnd Durst schon verlassen; derowegen ich mich endlich davon zu machen entschlossen.
In der Nacht aber, als ich durch das Gebürg fort wandelte vnnd das Land hinunder wolte, geschah es, daß ich im Thal in einer Wiesen durch ein Gesicht auffgehalten wurde, das war also:
[Rand: Gesicht] Ich sahe einen stodlichen Kerls in Gestalt eines Faurzigen Manns, wie die Westricher sagen, mit einem grossen buschen Federn daher, vnd zween Strick fewriger Hunde ihm nachlauffen, die rissen ihm das Fleisch auß dem Leib, daß die Flammen hernach schlugen; vnd er ruffte: Quartier! Quartier!
Aber ich hörete eine Stimme, die sprach, hetzet ihn! hetzet ihn! Der Orschörrig Tropff ist das Muster aller heut genandten gewissenlosen Soldaten, die seithero dem Böhmischen Vnwesen je gewesen, der sich an den ersten Contributions griffen so voll gefressen, daß man ihn nothwendig, zu verdäwung solches Füllwangsts täglich also muß hetzen und jagen: Vnd so, so, so, wird allen denen abgelohnet werden, die ihr eigen Vatterland verderben [344] helffen: die sich deß Gewalts im Krieg mißbrauchen vnd nicht sowol nach dem, was Redlich als was Nützlich ist, sehen.
In dem kam ein langer schwartzer Mann in mitten der Matten auffgetretten mit einem schwartzen Stäblein in der Rechten vnd einem fewrigen Buch in der lincken Hand, vnd als er das Buch auffgethan, vnd selbst zweymahl stille geruffen, lase er auß dem Buch volgende Lateinische Wort:
Ex Senatus Consulto Ariovistano.
Hostibus Patriae honores detrahantur. Parricidis honores detrahantur. Parricidae trahantur. Hostes Patriae. Parricidae. Latrones in Inferno lanientur. Hostes Dei. Carnifices Rusticorum. Hostes Dei. Parricidae Rusticorum: Latrones in Inferno. Qui innocentes occidunt in Inferno ponantur. Qui Rusticos innocentes occidunt Unco trahantur. Qui innocentes [Rand: Vide Ael. / Spart. in / Pescen. Nig. / fol. 910.] occidunt unco trahantur. Hostes, Parricidae, vere severe. Timuerunt pacifici. periclitati sunt pacifici. salvi servabuntur [Rand: Stegman Icon. / stud. piet. / Doxol. p. 365. / et Promach / p. 1066.] pacifici. Fidei Hostium infeliciter. Hostium cohortibus infeliciter. Exercitibus Hostium infeliciter. Pacificis feliciter. Parricidae trahantur. Parricidae trahantur. Parricidae trahantur. Carnifices ad Leonem. Hostes ad Leonem. Carnifices ad Leonem. Victoriae populorum Germanorum feliciter. Fidei Libertatique feliciter. Perfidiae Servitutique infeliciter. Hostium memoria undique. Parricidarum memoria undique. Latronum memoria undique. Aequivocatorum: Synceratorum memoria aboleatur. Nomen Hostium deleatur. Necatores civium trahantur. Parricidae civium trahantur. Duellistarum memoria aboleatur. Pacifici salvi et securi sint, verè, verè, Modo verè, modo dignè, modo verè, modo liberè. Pacati securi sint. Bellatoribus metum ut secuti sitis, Latronibus metum Latrones de vita. Latronibus fustem. Pacifici salvis. Bellatores ad leonem. Latronibus fustem. Parricidarum Hostium memoria aboleatur. Parricidarum gladiatorum nomen deleatur. Impurorum hostium memoria aboleatur. Hostes in inferno, Carnifices unco trahantur. Carnifices [345] innocentum more majorum unco trahantur. Saeviores Domitiano, Impuriores Nerone. Sic fecerunt, sic patiantur. Memoriae innocentium serventur. Honores innocentium restituantur. Parricidarum animae unco trahantur. Latronum animae in Inferno ponantur. senatus Ariovistanus censet unco trahendos. Qui indifferenter occiderunt unco trahantur. Qui utrumque sexum violaverunt unco trahantur. Qui sanguine suo ipsi non pepercerunt unco trahantur. Qui oppida diripuerunt unco trahantur. Qui urbes saepius ob praedam quam ob delictum diruerunt unco trahantur. Qui templa spoliaverunt unco trahantur. Qui rapinis et sacrilegiis Terram impleverunt unco trahantur. Qui Testamenta deleverunt unco trahantur. Qui mortuos spoliaverunt unco trahantur. Servis serviverunt Pacati. Qui pretia vitae exigerunt unco trahantur. Qui pretia vitae exigerunt et fidem non servaverunt unco trahantur. Qui Patriam suam vendiderunt hostibus unco trahantur. Qui Amicorum fidem defraudaverunt unco trahantur. Qui stipendia vi fecerunt, unco trahantur. Hostes de vita. Parricidas de vita. Subornatores de vita. O infelices pacifici regentibus Carnificis. Innocentes Sepulti non sunt. Parricidae trahantur. Parricidarum cadavera sepulta eruantur. Senatus Ariovistanus censet, quod eorum qui non nisi ad perniciem Patriae et ad dedecus vixerunt, ob honores suos decerni coëgerunt, abolenda sit memoria, quae undique est abolenda, nomenque ex omnibus privatis publicisque monumentis eradendum. Bellatoresque Carnificesque; his nominibus nuncupandi quibus nuncupabantur quam primum inceperunt DEUM abnegare, Patriam fraudare, vicinos innocentes rapinis et caedibus emedullare. Ariovistus Germanus Rhenanus Mosellanus Saranus dixit. Bellatores trahantur. Carnifices trahantur. Decretum V. Calendas Exuperatorias. 1641.
Vnd als er solches verlesen hatte, brach er den Stecken in zwey.
Nach dem nun dieser Karly noch lange Zeit hernach mit grossem Zeter-Geschrey also gehetzet worden, luff er endlich auß der Wiesen mir hart vorbey vnd ließ was fewriges fallen mit diesen Worten: da nimb hin deinen Lehr-Brieff!
[346] Ich aber hielte mich hinder einen Baum voller Schrecken, wie ich ihn sahe auff mich zukommen.
Vnd als das Gesichte verschwunden, legte ich mich nider vnd entschlieffe, vor Mattigkeit vnd Angst halb todt, vnd nachdem ich erwachte, vmb mich sahe vnd an das Gesicht dachte, kam mich ein Schaudern an, dann mir ohne daß seyd drey nächte meist von anderst nichts als schröcklichen Sachen geträumet hatte.
Ich suchete aber, was mir der Elende möchte dargeworffen haben, vnd fande einen auff Pergament geschriebenen langen Brieff, welchen ich von Wort zu Wort, nach Anweisung der Lautern Warheit, hiebey setzen wollen, also lautend:
Der Soldaten Lehr-Brieff.
[Rand: Soldaten Lehr / Brieff B.R. / Werbung p. 8.]
WEr sich zum Kriegs-Mann werben lest,
Soll sein from, redlich vnd Faustfest;
Er soll nichts fürchten als nur Gott
Vnd nach ihm seines Herrn Gebott,
Er soll sich vben tag vnd nacht,
Biß daß er werd zum Mann gemacht,
Vnd lerne auß Erfahrung wol,
Wie man dem Feind begegnen soll.
2.[Rand: Geld auff die / Faust. 10]
Sobald er nun zu einem pfand
Hat Geld empfangen auff die Hand,
So soll er lassen alle Sachen
Vnd sich in eyl zum Hauffen machen.
Er soll nicht ziehen auff der Gart
Nach der diebischen Lauser Art,
Noch von eim Dorff zum andern lauffen,
Hüner stehlen vnd Brod verkauffen.
3.[Rand: Muster-Platz / 12]
Wann du nun reysest deine Straß
Zum Muster-Platz, das Mausen laß,
Darzu dein Futer vnd dein Mahl,
Wann du Sold kriegest, wol bezahl.
Vnd bey den Freunden nicht zu weit
Auff Fütrung oder Beuten reit,
Daß man dich nicht mit einem Spieß,
Da man die Küeh anbind, erschieß.
[347] 4.[Rand: Musterung]
Zum vierdten auch gut Fleiß ankehr,
Daß deine Rüstung, Büchs vnd Wehr
Fein hurtig, reinlich, geng vnd frey
Vnd ja nicht schlimm staffiret sey;
Auff daß du auff dem Muster-Plan
Nicht schimpfflich werdest außgethan,
Sondern fürm Hauptman wol bestehst
Vnd redlich durch die Musterung gehst.
5.[Rand: den Herren / dienen 16]
Du solst nicht darum ziehn zu Feld,
Daß du allein viel Gut vnd Geld
Mit spielen, schätzen, fressen, sauffen,
Mit rauffen, morden, beiten lauffen
Gewinnen wollst, als viel auff Erden
Allein nur darumb Krieger werden,
Vnd achten es für vngefehr,
Ob gleich ihr Herr der Teuffel wär.
6.[Rand: de parta / de dilantur. / de / quaesitis / gaudet / tertius haeres / 18]
Dann ob schon offt eim so gelingt,
Daß er etwas zusammen bringt,
So hat er doch bey keinem Bissen
Ein recht beständig gut Gewissen.
Vnd findet sich dermal mit zeit,
Daß solcher Reichthumb nicht gedeyt,
Sondern gewinnt ein schnelles End
Vnd kompt zu letzt in frembde Händ.
7.[Rand: Deo et / patria 19]
Du must Gott vnd dem Vatterland
Zu Schutz vnd Ehren thun Beystand
Vnd dich offt ducken, hucken, schmiegen,
Offt wenig schlaffen, vbel liegen,
Offt hungern, dursten, schwitzen, frieren,
Bald was gewinnen, bald verliehren
Vnd allenthalb deß Vnfals dein
Vnd deines Glücks gewertig sein.
[348] 8.Vnd wann du nun in deinem Stand
Dich dummelst in der Feinde Land,
Derselben etlich niderlegst
Oder sie auß dem Läger schlägst,
Vnd dir darüber durch dein Schwert
Wird eine gute Beut bescheert,
[Rand: Beuten 19]
So magstu sie wol nemmen an,
Wie das Getreid ein Ackermann.
9.Wer also streitt vnd bleibt im Feld,
Der stirbet wie ein redlich Held;
[Rand: Ist Ehren / werth 19]
Behelt er dann das Leben sein
Vnd bringt doch nichts als Wunden heim,
So ist er dannoch auff der Erd,
Dieweil er lebet, Ehren werth
Vnd soll ihm billich, wann er alt
Ist worden, geben Vnderhalt.
10.Du Kriegsmann merck auch den Bericht,
Verlaß ja deinen Bruder nicht,
[Rand: Spießgesellen / 21]
Wann etwan ihn ein Noth befellt
An Gsundheit, Rüstung oder Geld,
Sondern streck ihm nach all Gebühr
Auß deinem Seckel etwas für,
Auff daß er ja an seinem Leib
Nicht schaden nehm noch liegen bleib.
11.Vnd du, dem man also mit Rath
Vnd auch mit that gedienet hat,
In deiner Noth, folg dem Bericht,
[Rand: Borgen 21]
Vnd denck daran, vergiß es nicht,
Vnd deinen Bruder wider zahl,
Auff daß er auff ein ander mahl
Dir widrumb Dienst vnd Trew beweiß,
Wann dir was mangelt auff der Reiß.
12.Dann welcher, wie er vorbedingt,
Was er entlehnet, wider bringt,
[Rand: Zahlen 24]
Der darff zu seinen Nutz vnd Frommen
Ein ander mal wol wider kommen:
[349]Wer aber auß Vorsatz vnd Muth
Sich mit der Zahlung lausen thut,
Mit dem als eim vndanckbarn Raben
Wird niemand gern zu schaffen haben.
13.Hingegen auch, wer Leut beschwert
[Rand: Wucher 27]
Vnd mit den Zinsen vberfehrt,
Vom hundert, wie es jetzt auffkümbt,
Zwölff oder zwantzig Gülden nimpt,
Oder wol etlich Malter Korn,
Der fält gewiß in Gottes Zorn
Vnd in das ewig Halß-Gericht,
Wo nicht rechtschaffne Buß geschicht.
14.Nimb wol in Acht die Mittel dein
[Rand: Bürgschafft 36]
Vnd laß dich in kein Bürgschafft ein,
Dieweil der Glaub zu vnser Frist
Bey vielen gantz gefallen ist.
Drumb manche Leut, die sich verschrieben,
Sind in der Suppen stecken blieben
Vnd worden so gröblich beschembt,
Daß sie sich drob zu Tod gegrembt.
15.Du aber, für den in der Noth
[Rand: Schadloß- / Haltung 40]
Ein guter Mann zu Bürgen stoth,
Thu redlich vnd bey zeit dazu
Vnd nicht die Zahlung sparen thu,
Biß du merckst an den Sachen dein,
Daß mehr Schuld als der Güter sein.
Wer nicht für seinen Bürgen steht,
Ein rechten Diebstahl der begeht.
16.Du junger Kriegsmann nimb in acht,
[Rand: Alten ehren 41]
Die sich versuchet in der Schlacht
Vnd die offtmahl vor ihrem Feind
In Sturm vnd Feld gewesen seynd.
Von diesen lerne Krieges-Brauch,
Frag sie, wie thun, vnd folg ihn auch,
Vnd sey nicht bald in deinem Muth
Ein eigenwitzig Klügling gut.
[350] 17.Auch für der wilden Brüder List
[Rand: Alch-Brüder 42]
Hüt dich, als viel dir müglich ist;
Dann sie mit Spiel vnd andern Dingn
Ein jungen leicht in Vnglück bringn,
Oder ja sonst widr all Gebühr
So lose Händel nehmen für,
Daß man sie last fürm hellen Hauffn
Am grünen Baum im Hanff ersauffen.
18.Vnd damit du vor solcher Pein
Mögst all dein Lebtag sicher sein,
[Rand: Artickels-Brieff / 42]
So schreib ja in dein Hertze tieff
Den löblichen Artickels-Brieff,
Vnd merck wohl, was er immerzu
Gebieten vnd verbieten thu,
Auff daß du wie ein redlich Knecht
Mögst nach demselben leben recht.
19.Die Losung faß deßgleichen wol,
Auff daß, wann man sie sagen soll,
[Rand: Losung 42]
Du sie fein deutlich ohn Beschwer
Könst, dems gebühret, sagen her,
Vnd nicht besorgen, daß man dich
Verehren möcht mit einem Stich,
Als manchem Krieger wol geschicht,
Der seines Herren Ordnung bricht.
20.Deines Herren Zeichen alle Tag
An deinem Leib im Felde trag
[Rand: Feld-Zeichen 43]
Vnd wechsels nicht mit falschem Muth,
Wanns Glück im Feld sich wenden thut,
Sondern stehe fest vnd bleib dabey
Vnd hab deß Zeichens keinen Schew,
Auff daß du nicht darffst hören an,
Du habst einen falschen Eyd gethan.
21.Hör mehr, du Kriegsmann, was ich sag,
[Rand: Gewehr 48]
Dein Gwehr all Stunden bey dir trag,
[351]Laß solches nicht auß deinem Sinn,
Iß, trinck, geh, sitz, lieg, schlaff darinn;
Auff daß, wann dich der Feind bestündt,
Er dich nicht bald erwürgen kündt,
Als wenn, der gleich wie in eim Bett
Kein Wehr in seinen Fäusten hätt.
22.[Rand: Trunckenheit 53]
Du Kriegsmann merck auch eben das,
Daß du nicht seyst ein Bruder Naß,
Der stets wie ein versoffne Flieg
Im Wein-Hauß für dem Zapffen lieg
Vnd nicht ehe kan recht lustig sein,
Er stecke dann voll Bier vnd Wein;
Da doch kein so beschanckter Mann
Vernünfftig was gepären kan.
23.[Rand: Bringt Armuth / 63]
Das Sauffen bringet groß Beschwer,
Es mach Täsch, Speicher, Keller lehr
Vnd jagt gewaltig auß dem Hauß
Beth, Kessel, Kand vnd Schüssel auß,
Gibt Hänffin Kleider, böse Schuh,
Verachtung vnd viel Spott dazu.
Vnd endlich diesen harten Klapp,
Ein Kühestrick oder Bettel-Stab.
24.[Rand: Eröffnet Heimlichkeit / 64]
Ja die verschwätzte Trunckenheit
Eröffnet Hertzens Heimlichkeit
Vnd alles, was darinnen steckt
An gut vnd bösem, auffentdeckt.
Manch guter Mann, sonst Ehren fest,
Beym Trunck ein Wörtlein fahren läst,
Welchs ihn hernach zur nüchtern Zeit
In seinem Hertzen sehr gerewt.
25.[Rand: Macht vngebendig / 65]
Gar mancher weiß zu nüchtern Zeit
Von sich zu geben gut Bescheid,
Ist trew, verständig, fromm vnd gut,
Dem Jedermann Liebkosen thut,
[352]Wann aber ihn der Wein erschleicht,
All sein Verständnuß von ihm weicht,
Thut Närrisch, schreyt, springt hien vnd her,
Als wann er gantz von Sinnen wär.
26.Mancher, wann er beym Trincken sitzt,
[Rand: Verursacht / Lästerung 66]
Von Klugheit wird also erhitzt,
Daß er alßdann all irrig Sachen
Beym Wein vnd Bier will richtig machen,
Sitzt stichlen als ein neydisch Hund,
Vnd was sein Hertz weiß, sagt der Mund,
Vnd mit so vollem Vnbedacht
Gantz vnverschämpt die Leut außmacht.
27.In Vollheit gibt sich mancher bloß
[Rand: Rühmt' / Schande 66]
Vnd beichtet vngemartert loß
Von vielen Bubenstücken fort,
Die er verübt an manchem Ort.
Mit welcher Beicht sich solcher Held
Dann selber für den Leuten felt
Vnd offentlich bezeuget frey,
Was wohl von ihm zu halten sey.
28.Ein ander, wann er hat gesoffen,
[Rand: Sagt Lüge / 67]
Helt immer seine Klapper offen,
Sitzt sich zu rühmen fort vnd fort
Vnd felt eim jeden in das Wort
Vnd will sein ein versuchter Mann,
Der nur allein viel liegen kan.
Drumb man ihn auch auß Wälschen Meissen
Solt Marquis von Mentiris heissen.
29.Mancher kriegt ein so garstig Maul,
[Rand: Reisset Zotten / 68]
Daß er nur redt von Zotten faul
Vnd schonet weder groß noch klein
Vnd achtets ihm ein Ehr zu seyn,
Biß er diß letzt zu wege bringt,
Daß Hader vber Disch entspringt,
Ein solch Wüst, garstig gruntzend Schwein
Laß drauß, wann man gut Ding will seyn.
[353] 30.[Rand: Will Buhlen / 69]
Etlicher will dann Hochzeit machen,
Schafft guten Leuten was zu lachen,
Satzt sich zur Jungfraw frischer maß
Vnd mit derselben löffelt was
Vnd meynt, er sey der schönste Han,
Will niemand mit ihr Dantzen lan;
Der doch deß andern Tages ehr
Nicht wol ein Wort darff sagen mehr.
31.[Rand: Treibt / Gauckeley 70]
Ein ander weiß mit Gauckelreygn
Gleich wie ein Aff sich zu erzeigen
Vnd wie ein rechter Hase frisch
Springt vber Stühle, Bänck vnd Disch,
Mit welchen Bossen er die Leut
Als wie ein junger Bock erfrewt,
Daß wol ein Pfeiffer mit dem Sack
Mit seiner Kunst es nicht vermag.
32.[Rand: Schafft Andacht / 71]
Ein ander dann in voller Weiß
Andächtig zu erseufftzen weis,
Als wer er voller Heiligkeit,
Vnd ist Bier vnd Barmhertzigkeit
Vnd alle Ding so hertzlich meynt,
Daß er darüber Thränen weynt
Vnd so zu letzt gleichwie ein Schaf
Geduldig sinckt in einen Schlaff.
33.[Rand: Geht Mausen / 71]
Ein ander zieht auß auff die Straß
Vnd hätte gern, ich weiß nicht was,
Vnd wie ein naschicht mausend Katz
Nach jedem Speck schlegt mit der Tatz
Vnd meynt, all Dinge, so er seh,
Nur ihm allein zu diensten steh,
Biß daß mit Stössen abgezogen
Nach Hauß zu gehen er werd bewogen.
34.[Rand: Stellt sich vnsinnig / 72.]
Ein ander will ein jeden fressen
Vnd thut, als wenn er wer Besessen,
[354]Biß er dadurch zu wegen bringt,
Daß einer zu ihm naussen springt
Vnd sucht an ihm mit solcher Krafft,
Daß runder fleist der rothe Safft.
Mancher also wird an der Stätt
Erwürgt hin ohn all Gebett.
35.Ach wann die Kriegs-Knecht mit den Herrn
[Rand: Teutsche Klag / 55]
Heut nicht so gar versoffen wärn,
So könten sie ja ihre Krafft
Nach angebohrner Eigenschafft
Besser beweisen mit dem Degen
Vnd, als vor Zeiten, Ehr einlegen,
Vnd würden sich nicht selbs so schwächen,
Verlöchern noch zu boden stechen.
36.Du Kriegsmann, merck auch den Bericht,
[Rand: Spielen 73]
Befleiß dich ja des Spielens nicht,
Dann mancher hat sein junges Lebn
Sein Gut vnd Ehr beym Spiel vffgebn,
Kompt in Armuth vnd grosse Noth,
Zu einem schnellen bösen Todt
Vnd endlich also zugericht
Schlim durch ein Hänffen Fenster sicht.
37.Du Kriegsmann, merck hieneben auch,
[Rand: Fluchen 81]
Daß du nicht nach gemeinem Brauch
Getrieben von dem bösen Geist
Ein dummer Gotteslöstrer seyst.
Als wol bey uns in kurtzer Frist
Der schlim Gebrauch entstanden ist,
Daß jeder will von Groß vnd klein
Mit Fluchen hoch gesehen sein.
38.Du Kriegsmann, merck auch den Bescheid
[Rand: Pracht in / Kleidern 85]
Vnd dich nach Art der Teutschen kleid,
Die nicht so köstlich Kleider trugn
Vnd doch den Feind zu Boden schlugn.
[355]Ich halt etwas von einem Knecht,
Der sich staffieret schlecht vnd recht,
Vnd wann da ist das Kriegen auß,
Ein Sack voll Thaler bring zu Hauß.
39.[Rand: In Pancketieren / 95]
Du Kriegsmann, halt auch kein Banket,
Das vber dein Vermögen steht,
Laß es den thun, ders besser hat
Als du vnd halt das dein zu rath.
Dann wann es in die länge wehrt
Vnd du dein Gütlein hast verzehrt,
So werden sie mit vielem lachen
Sich algemachsam von dir machen.
40.[Rand: Schmarutzen 99]
Doch solt du nicht bey Bier vnd Wein
Ein lausiger Schmarutzer sein,
Wie mancher thut, der sich verkreucht,
Wann er ein wenig Gäste reucht,
Läst sagen, er sey nicht zu Hauß
Vnd guckt darnach zum Fenster nauß.
Ein solcher wird verspott, verlacht
Vnd als ein lausig Hund geacht.
41.[Rand: Balgen 111]
Vnd weil der leidig Vbermuth
Bey viel Soldaten wohnen thut,
Indem daß sie sich all befleissen,
Einander auff die Köpff zu schmeißen,
So kriegen doch die Meiste Narren
All solche Stich, Stöß, vnd Schmarren
An Backen, Augen, Händ vnd Kopff
Nur bey der Kart vnd vollem Kropff.
42.[Rand: Außfordern 113]
Wann du mit Ehr wilt werden alt,
Deß Außforderns dich nur enthalt.
Sey mit der Fochtel nicht zu gschwind,
Daß dir nicht einer kratz den Krind,
Als manchem Schnarcher widerfährt,
Der seines Bruders Blut begehrt
Vnd ihn außfordert mit verdruß,
Daß er sich mit ihm schlagen muß.
[356] 43.Merck' auch, wann du in einem Strauß
[Rand: Außgefordert / werden 114]
Von einem wirst Gefordert auß,
So gehe nicht gleich mit blindem Sinn
Nauß zu dem dollen Narren hien,
Schweig still, duld dich, vernünfftig weich
Vnd geh dem Esel auß dem Streich,
Thu wie ein Christ vnd Gottes Kind,
Dein eigen Boßheit vberwind.
44.Doch wo dich einer also schmächt
[Rand: Nothwehr 115]
Vnd mit dem Degen auff dich schlägt
Vnd thut vor Zorn, als wer er toll,
Dich fressen vnd verreissen woll;
So wehr dich, wie das Sprich-Wort laut,
Als wie ein Mann vmb deine Haut
Vnd schaw, daß du mit deiner Faust
Deim Feind die erste Schlappen haust.
45.Mein Kriegsmann, folg auch dieser Lahr:
[Rand: Verschwigenheit / 124]
Vertrawte Ding nicht offenbar,
Sondern im Hertzen vest verschweig
Vnd keines Manns Verräther sey,
Auff daß man dein Gemüth erkenn
Vnd dich nicht einen Schwätzer nenn
Vnd man zu ander Zeit mit Maß
Dir widerumb vergelte das.
46.Mein Soldat merck auff diese Lehr,
[Rand: Lästerungen 126]
Red niemand an sein Glimpf vnd Ehr,
Dann wer sich zu dem Liegen wend,
Verleumbdet, löstert, eyffert, schend,
Der ist vom bösen Feind geborn
Vnd hat all Menschen Gunst verlohren
Vnd kompt zuletzt mit grosser Schand
Selbst in der Feinde Macht vnd Hand.
47.Du Ehren-Mann, bey Mann vnnd Frawn
[Rand: Verleumdungen / 126]
Solst niemand zu der Fleischbanck hawn,
[357]Viel weniger die Leut verhetzen,
Ihm desto härter zuzusetzen
Irret einer etwas an den dingen,
Hilff ihn nicht gleich zum Galgen bringen,
Ich hab gesehn, manch böß Geschrey
Auß Neid auff ein erdichtet sey.
48.[Rand: Lügner 134]
Ein Lügner, Rätscher, Ehren-Dieb
Die haben sich als Brüder lieb,
Sind recht Geschwistern nach dem Blut
Vnd thun all drey, was einr thut.
Sie treffen auch mit wahrem Schein
In allen Stücken überein
Vnd kommen auff die letzt zusamm
An einem dürren Eichen-Stamm.
49.[Rand: Sanfftmüthigkeit / 137]
Mein Kriegsmann, hör noch mehr Bericht,
Veracht dein Rott-Gesellen nicht,
Vnangesehn daß du was mehr
Mögst haben Ansehn, Gut vnd Ehr.
Es ligt nicht allzeit an dem Stand,
Schwert, Rüstung oder röscher Hand,
Sondern am Glück, wems Gott beschert,
Derselbe mit der Braut heimfährt.
50.[Rand: Demuth 143]
Wann du, Soldat, in kurtzer Frist
Zu grossen Ehren kommen bist,
So solst du deiner Ankunfft klein
In aller Demuth eindenck sein,
Sih zu, daß du ja nicht vergest,
Wer dein Eltern vnd Freund gewest;
Wie mancher nicht fein hat gethan,
Der sich zu viel bedüncken lan.
51.[Rand: Gehorsam 144]
Vnd du, den Gottes Will vnd Rath
Zum gmeinen Knecht verordnet hat,
Der will, daß auff der Erden weit
In Ständen sey ein Vnderscheid,
[358]Dann wann ein Knecht nicht bey der Fahn
Dem andern solt sein vnderthan,
So würden sie sich selber schlagen
Vnd auß dem Feld zum Teuffel jagen.
52.Derhalben du geringer Held,
[Rand: Genugen 146]
Der du bist hinden angestelt
Vnd kaum vier Gülden Sold einnimbst
Vnd selten für den Keyser kömpst,
Glaub mir, wer nur ist Ehrenvest,
Gott fürcht vnd sich genügen läst
An seinem Stand, der hat genug,
Lebt wohl vnd ist rechtschaffen klug.
53.Mein Kriegsmann, merck auch diese Lehr,
[Rand: Keuschheit 149]
Gib grosse Acht auff Zucht vnd Ehr,
Denn Gott der HErr schenckts keinem Knecht,
Der Jungfrawn oder Weiber schmecht,
Oder sich sonst mit Huren nehrt
Vnd wider Gottes Ordnung fehrt,
Als wol ihr etlich in der Fahn
Vnehlich Weiber vmb sich han.
54.Lach nicht deß Spieß-Gesellen dein,
[Rand: Mitleidig 163]
Wan wer halb hinckend geht herein
Vnd im Gesicht blaß vnd verbleicht
Für grossen Schlägen sich nicht gleicht,
Sondern bedenck, daß auff dem Plan
Dir gleiches widerfahren kan,
Wann dich des HErren Angesicht
Genädig wolt bewahren nicht.
55.Wer ohn Befehl laufft hien zum Streit,
[Rand: Vermessenheit / 170]
Das ist gar keine Mannlichkeit,
Dann solcher Fürwitz in dem Feld
Hat manchen feinen Mann gefelt,
Daß er mit Spott zuruck getriebn,
Oder gar auff dem Platz ist blieben,
Wer nicht will vnd sich hüten kan,
Der muß den Spott zum Schaden han.
[359] 56.[Rand: Gute Exempel / 189]
Ihr edlen Haupt-Leut allesampt
Feldwebel, Fendrichs, Lietenand,
Schawt daß ihr als die Häupter gut
Euch jederzeit befleissen thut
Eins erbarn Wandels, auffgericht,
Zu sein deß gantzen Hauffens Liecht,
Darnach sich jeder, jung vnd alt,
Im Lager vnd im Feld verhalt.
57.[Rand: Böse Exempel / 189]
Dann wer sich selber vben wolt
In dem, was er sonst straffen solt,
Als huren, Sauffen, fluchen, schweren,
Stehlen, spielen, vnd leicht gebehren;
Wie wolt ihr dann die andre Knecht
Vnd Reuter darumb straffen recht,
Der ist nicht Mann- vnd Ehrenfest,
Wer thut, was er verbiethen lest.
58.[Rand: Befehlshaber / 208]
Ihr Befehlshaber, wolgenandt,
Im nidrigen vnd hohen Stand,
Die ihr mit Ernst vnd doch mit Lust
Den gantzen Zeug regieren must
Vnd allenthalben schawen zu,
Daß jedermann sein bestes thu;
Seht, daß ihr ja das Regiment
Bedächtig führt an allem End.
59.[Rand: Ampt 209]
Geht in dem Lager auff vnd nider,
Seht in all Winckel hin vnd wider,
Ob Reuter vnd die Krieges-Knecht
Sich im Quartier verhalten recht,
Ob sie fein munter sein vnd wach,
In Achtung nemmen ihre Sach
Vnd mit der Rüstung widern Feind
Nach aller Noth staffiret seind.
60.[Rand: Sorge 209]
Oder ob sie beim Spiel vnd Sauffen
Gott lästern vnd sich selber rauffen,
[360]Oder dergleichen Sachen führen,
Die den Kriegs-Knechten nicht gebührn,
Als huren, mausen, Beuten gehn
Vnd ihre Wacht kaum halb versehn,
Als vnderweil wol kommen kan,
Wann sie nicht hart zu kämpffen han.
61.Fürwahr, wann ihr mit ewrem Liecht
[Rand: Auffsicht 209]
Bißweilen was herumber schlicht,
So wirdet ihr mit solchen Dingen
Bey manchem Knecht zu wegen bringen,
Daß er sich besser als zuvor
Mit Degen, Spieß vnd langem Rohr
Im Läger vnd an aller Stätt
Staffieren vnd erzeigen thät.
62.Fürnemblich auch, ihr Haupt-Leut wol,
[Rand: Der Hauptleute]
Wann man mit Feinden schlagen soll,
So seit die ersten bey dem Brey
Vnd schmackt, wie er gesaltzen sey,
Auff daß die andern Brüder gut
Durch ewern Fleiß, Hertz, Ernst vnd Muth
Auch neben euch ohn alles Grauen
Frisch schießen vnd darauff zuhawen.
63.In Warheit, wan ein Obrister
[Rand: Vnd Obristen / 210]
Geht redlich an der Spitzen her
Vnd seinen Kopff auch strecket dran,
So wird behertzet jedermann,
Vnd setzen dann mit Lust darein,
Dann keiner will der schlimste sein,
Vnd auff den Feind also zuschmeissen,
Als wollten sie ihn gar zerreissen.
64.Wann aber sie zu rucke kriechen
[Rand: Ampt 211]
Vnd können nicht das Pulver riechen,
So wendet sich von Stunden an
Ein jeder, der sich wenden kan;
[361]Darauß dann kompt der gantzen Schar
Ein vnvermeidlich groß Gefahr.
Wann sich der Obrist schewt zu wagn,
So ist das Regiment geschlagn.
65.[Rand: Wider die / Ohrenbläser 224]
Es soll ein weiser Obrister
Die Schmeichler von sich treiben ferr
Vnd falsche Leut nicht vmb sich leiden,
Die andern ihren Klimpff abschneiden
Vnd sie mit ihren Lügen Sachen
Angeben vnd verdächtig machen.
Dann offt auß vnbedachter hascht
Den Frommen gschicht groß vberlast.
66.[Rand: Vnd Fuchsschwäntzer 228]
Wer gern am Disch von Leuten sagt
Vnd einen hinderucks verklagt,
Dem soll man ja nicht glauben bald,
Es ist mit ihm gar schlecht gestalt.
Hör vnd beschick ein solchen Mann,
Der bey dir ist gegeben an,
Auff daß er nicht ohn alle Ruh
Vmb Rach wider dich schreyen thu.
67.[Rand: Den Obristen / Gehorsam sein / 273]
Ihr Knechte, die ihr wohl gerüst
Den Obristen gehorsam müst
Vnd euch von ihnen in der Fahn
Nach ihrem Kopff regieren lahn,
Schawt, daß ihr sie auß reinem Muth
Als ewre Vätter ehren thut
Vnd ihnen nach gethanem Eid
In allem fein Gehorsam seit.
68.[Rand: Vngehorsam / 275]
Gehorsam ist im Krieges-Heer
Fürwahr die allersterckste wehr,
Der Vngehorsam aber trent
Ein wohlbesteltes Regiment,
Vnd muß ein vngehorsam Tropff,
Der alles thut nach seinem Kopff,
[362]Endlich erfahren groß Gefahr
Vnd Gingel Gangel nemmen wahr.
69.Ihr Obristen vnd ihr Hauptleut,
[Rand: Der Obristen / Einigkeit]
Seht, daß ihr ja stets einig seyt
Vnd euch nicht trängt, wer Hoffart voll
Im Feld den Vorzug haben soll,
Auff daß ihr nicht mit ewrem Zanck
Die Knechte liffert auff die Banck.
Wann ihr laßt Haß vnd Eyffer sehn,
So ist die Schantz bald vbersehn.
70.Wann ihr nun an den Feinde solt
[Rand: Feld-Schlacht / 352]
Vnd eine Feldschlacht halten wolt,
Bey welcher, wie ihr selber wist,
Das Lachen zu verbeissen ist,
So schawt, daß ihr bey Tag vnd Nacht
Mit allem Ernst euch fertig macht
Vnd also richtet Pferd vnd Wagn,
Als solt ihr alle Stunde schlagn.
71.Laßt euch bey leib kein Geld verblendn,
[Rand: Standhafftigkeit / 353]
Ihr Hauptleut, daß ihr euch wolt wendn
Vnd ewre Knecht mit Leib vnd Leben
Den Feinden in die Rappus geben.
Behüte Gott, daß wer nicht gut,
Dann ihr hett Schuld an allem Blut,
Vnd würdet ihr dazu auff Erden
Von aller Welt gescholten werden.
72.Wann ihr nun fort mit ewern Stücken
[Rand: Lärmen 354]
Den Feinden wolt entgegen rücken,
Vnd alles vndernander kracht,
Auch dromm vnd drompet Lärmen macht,
Daß jeder Knecht vnd Reuter fromm
Ein vnverzagtes Hertz bekomm,
So gebt dem lieben Vatterland
Zu dienst das Leben mit Bestand.
[363] 73.[Rand: Schlacht- / Ordnung 365]
Darnach behend, auffs best ihr wist,
Das gantze Heer zusammen schließt,
Dazu die Ordnung in dem Feld
Auff allen Seiten wol bestellt,
Deßgleichen richtet an der Spitz
Gar meisterlich das Feld-Geschütz.
Vnd macht die Glider auch mit Fug
Sampt allen Flüglen Starck genug.
74.[Rand: Andacht 355]
Vnd wann ihr nun recht wol geschickt
Dem Feind im Feld entgegen rückt,
Vnd gegen euch der grossen Schar
Mit ewren Augen werdet wahr,
So fallt zu vor mit wahrer Buß
Dem Herren Jesu Christ zu Fuß
Vnd sprecht mit inniglicher Stimm
Von Hertzen grund also zu ihm:
75.[Rand: Soldaten / Gebett 355]
Du Sieges-Fürst HErr JEsu Christ,
Der du der rechte Helffer bist
Vnd dich nur deren nehmest an,
Die ein gerechte Sache han
Sieh doch, mit was gerüster Hand
Vns vnd das arme Vatterland
Durch dieses Volck der böse Feind
Gantz vnd gar zu vertilgen meynt.
Weil aber, HErr, in allem Krieg
Die Vberwindung vnd der Sieg
Nur ist an dir vnd deinem Segn
Vnd nicht an Roß vnd Mann gelegn;
Dann du beyd Rosse, Mann vnd Wagen
Im Augenblick kanst niderschlagen,
So gib vns einen Helden Muth
Wider das hochvermeßne Blut,
Auff daß durch ihre Niderlag
Dir heilig werde dieser Tag.
Erhalte Herr durch deine Hand
Den Glauben vnd das Vatterland,
Bewahr vns vor der Feinde Joch,
Auf daß sie sehn, du lebest noch,
[364]Vnd hilffst gewaltig deiner Schar,
Die sich auff dich verlassen gar.
Hierauff so greiffn wir frisch zur wehr
Für Gott vnd vnsers Fürsten Ehr
Vnd wolln sie durch deinen Arm
Hienrichten als die Hüner warm,
Das hilff du uns Herr Jesu Christ,
Der du der rechte Helffer bist
Zu Trost der armen Christenheit,
Daß sie dich lob in Ewigkeit.
76.Wann nun also geschehen das,
[Rand: Bestätigung 357]
So laßt euch nur nicht grawen was,
Vnd wißt, daß vnder euch kein Mann
Ohn Gottes Willen fallen kan.
Vnd ob gleich einer würd erschossn,
So kömpt er zu den Bundsgenossn
Des Herren Christi, die gar fein
Im Himmelreich gekrönet sein.
77.Darumb ihr Kriegs-Leut jung vnd alt,
[Rand: Die Anmahnung / 358]
Hienan, daß Gott von oben walt,
Her her, in Gottes Namen her
Mit ewren Rohren vnd Gewehr!
Vnd kehrt euch nichts an ihr Geschrey,
Ob es schon noch so stürmisch sey.
Auß frevel sind sie so vermessn,
Dieweil sie Gottes han vergessen.
78.Nur frewdig dran ihr Reutr vnd Knecht,
[Rand: Der Angriff 359]
Recht mannlich in die Ordnung brecht,
Her, her, all her in Gottes Nam,
Macht dise wilde Leute zam
Vnd gegen ihnen so gebehrt,
Als ob ihr eitel Teuffel wehrt.
Wir wollen sie durch Gottes Segn
Biß auff das Haupt darnider legen.
79.Wann es nun müst gestorben seyn,
[Rand: Das Treffen 390]
Wolan so geb dich willig drein
Vnd denck in dieser letzten Noth
An deinen lieben Herren Gott,
[365]Vnd im Gebett ja immer zu
Den Namen Jesus ruffen thu,
Vnd schrey mit Hertzen vnd Begier:
HErr Jesu nimb mein Geist zu dir.
Amen.
80.[Rand: Paßport 378]
Bedenck dein End, das Fleisch betaub,
Bett immerdar. An Christum glaub.
Wart deins Beruffs. Geduld, Verzeih,
Vnd steh der lieben Warheit bey.
Ein Stoltzen, Geitzhals, Lügner frech
Flieh ärger als das Fewr vnd Pech.
Vnd nimb des Todtes immerdar
Mit richtigem Gewissen war.
Nach Verlesung dieses Brieffs war mir noch besser als zuvor. Vnnd als ich mich bei der nechsten Quelle erquicket hatte, gienge ich getrost fort, mich in meinem Hertzen versicherend, GOtt würde mich nicht lassen verderben, wann ich nur mit reinem Hertzen auff ihn hoffen vnd trawen würde. Ja mein Barmhertziger Gott vnd Vatter, sprach ich, lasse du mich nur nicht, auff daß ich dich nicht lasse.
Im fortgehen bescherte mir Gott ein grosses Brod, durch einen Hürten-Knaben, der etlich Vieh im Gebürg verlohren hatte, den packte ich an, doch weil er schreyen wolte, liß ich ihn mit dem halben Brod wider gehen, vnd zu Vorkommung Außkundschafftens fragte ich ihn nach Dagspurg zu; ich aber gienge ein andern weg, hinter Geroltzeck am Wassigin vorüber, biß auff drey Meylen mehr abwerts, bey den Vogelstein, als man ihn zu nennen pflegt, vielleicht auß der Vrsachen, weil folgende Schrifft darein gehawen ist
Auff der Ost-Seite
Hie ligt vnder diesem Stein
Rab, Fuchs, Katz, Hund, Bär, Wolff, Schwein;
Ist, will doch kein Vogel sein.
Auff der West-Seite
Wes, Wes, Wes, Convitii DV DV vitiata rigore
Terra mihi posthac caute habitanda. Vale.
Es wolle hie der hochgeneygte Leser zur Nachricht wissen, daß das groß Elsasische Vorgebürg genannt wird auff Latein Vogesus, [366] auff Frantzösisch Voge, auff Teutsch Wassigin; dannenhero das Land hinder dem Gebürg heysset La Terre de Voge, la Voge (vielleicht auch das Land vber Lausanne seinen Namen le pays de vo, q. le pays de voge daher hat, weil das Waß-Gebürg sich biß an das Burgundische Schweitzer Gebürg strecket) bey Elsaßzabern ligt ein zerstört alt Schloß zwischen zweyen andern, das wird genannt Geroltz-Eck am Wassigin, vnd daß Land so hinder selbigem Gebürg vnd im Gebürg ligt, biß auff Weissenburg, wird geheyssen das Waßgaw, in welchem auch die Alte Burg Geroltz-Eck gelegen, von deren ich diese Gesichte geschrieben; vnd besser dem Gebürg zu das zerstörte Haus Wasseburg, Bitsch, Hunenburg, die Hunnaw, vnd andere, etc.
Deß andern Morgens frühe, als ich noch bey einem Wässerlein in der Ruhe lag, vnd eingeschlaffen, ward ich also vnversehens von einer Party auffgeweckt vnd davon geführt, daß ich nicht erkante, von wem es geschehen wäre.
Nachdem mir aber der Schlaff auß den Augen vnd der Schrecken auß dem Hertzen etwas vergangen war vnd ich die Kerls beschawete, deuchte mich, sie müßten auß der Burgs Gerolds-Eck seyn, vnd wuste nicht, ob ich mich dessen zu frewen oder zu betrüben haben würde, doch tröstete ich mich deß alten, den ich daselbst noch anzutreffen verhoffte. Mußte ich also fort biß gegen Mittag, da wir durch die Klüffte, deren im ersten Gesichte gedacht worden, in die Burg geritten kamen.
Ich ward aber nicht gehalten wie vor diesem, sondern ohn viel Fragens den vnder Thürner vbergeben, der mich so bald zu allervnderst in den Burg-Thurn setzen mußte. Vff diesem Thurn als bey erstem Gesicht vermeldet, kunte man wegen seiner Höhe das gantze Land übersehen; er war aber von Mauren so starck vnd dück, daß ein geladen Wage wohl hätte darob vmbkehren mögen. In denselben Thurn wurde ich zu allervnderst gelegt.
Ich will nicht sagen, daß ich vier vnnd zwantzig Stiegen hinab vnder die Erden gehen müssen, welche jede mit zwo starcken Eyssern Thüren verwahret, verrigelt vnd verschlossen waren, dann es würde etwasComplimentisch, etwas lügerlich scheinen: Wiewol, wann ich dem Freymund glauben soll, welcher auch einest in dieser Dieffe [367] gelegen vnnd mir bethewren wollen, daß es nicht nur vier vnd zwantzig, sondern neun vnd neuntzig Stiegen, vnd jede so lang, daß man bey einer Fackel das ander End kaum sehen mögen, gewesen,[Rand: 99 Stiegen] so muste ich fünff vnd sibentzig Stiegen vberhüpffen vnnd also im hienabfallen derselben vergessen haben;
Aber gleichwol ward mir die Zeit vnd der Weg hinabzukommen so lang, daß ich anderst nicht gemeinet, wir beide wolten dahin vnd durch die Erde auff jenne Seite der Welt durchschlupffen, vnnd wie ich seithero vom Thürner vernommen, so ist er andern tags gegen Abend erst wieder hinauff gekommen, da er doch nicht die Stiegen hinauff gangen, sondern durch einen darzu gemachten Haspel hienauff ist gezogen worden.
Wie lang ich in diesem Thurn gelegen seye, kan ich nicht wissen, dieweil darinn weder Sonn noch Mond, weder Vhr noch Glock, weder Vnderscheid der Zeiten oder des tages zu erfahren; sondern ein gleichfinstre Ewigkeit vnd eine ewige Finsternuß zu verspühren geweßt; also daß ich mir etlich mal vorgebildet, ob solte ich in dem eussersten Lapp-Land vnd hinder Newe Zembla sein, da die Leute das Jahr durch nur eine Nacht haben, welche ein halb Jahr wehret.
Hierauff aber machte ich mein vngefährliche Rechnung, als ob ich bey acht Tagen da möchte gesessen seyn, indem ich je zuweilen als durch einen Traum, oder durch ein mit vielen Krümbden außgehöltes langes Rohr so viel Liechts oder Tags sahe, als ob es der Gegenschein geweßt wäre eines andern Gegenscheins von einem Liecht, welches dannenhero so dunckel war, so ich die Augen ein wenig davon abkehret oder zuthate, daß bey einer halben Stunde ich genawsichtig vmb mich suchen mußte, biß ich den Ort dieses Liecht-dunckeln Scheins wider finden können. Ich glaub auch, daß so man schon ein Liecht in dieses Gefängnuß gebracht hätte, es jedoch von der dücken greifflichen Finstere so bald wäre erstickt worden, dann es war der Ort von feisten dicken Dünsten, welche die Wüsterey, auch die im Bauch der Erden verschlossene Feuchtigkeiten vervrsachet, gantz erfüllet.
Wie schwer, wie vnmüglich die Außkunfft, wie tödlich mir der Ort vorkame, so hatte ich doch in meiner grösten Angst vnd Noth, da ich nicht verstehn, noch wissen kunte, wie mir zu helffen war, vnd den Todt vor Augen sahe, solchen Trost auß Gottes [368] Wort; auch mit hertzlichem Seufftzen vnnd Ruffen zu Gott, vnnd mit beständiger Geduld so vest angehalten, daß ich offt fast muthig war, vnd mich erinnert deß de Profundis. Auß der Tieffe ruff ich HErr zu dir.
Vnd ob es wert biß in die Nacht
Vnd wider an den Morgen,
Doch soll mein Hertz an Gottes Macht
Verzweifflen nicht, noch Sorgen.
Weil mir aber die Zeit vnnd die Gelegenheit in die Harr etwas schwer ward, als dann in solchen Creutzfällen zu geschehen pflegt, vnd in sonderheit mit Seufftzen betrachtete, wie es anjetzo vmb die meinige stehen möchte, die von mir nichts wissen vnd ohne Hülff vielleicht gar zu Grund gehen müßten, (dann ich vor Gott vnd aller Welt offentlich hiemit bezeuge, daß je vnd allzeit dieses mein einig gröstes vnd höchstes Anliegen geweßt, wie den Meinigen bey so betrübten Zeiten allein an nothwendiger Aufferziehung zu allen Tugenden von mir möchte beygerathen vnnd geholffen werden) gienge es mir eben tieff zu Hertzen, also, daß ich mich nider satzte Seufftzen vnd Klagen, daß es die rauhe glattgefrorne Quader-Stein hätte erweichen sollen, in welcher Bekümmernuß ich auch eingeschlaffen.
Aber nicht lang hienach kam mir vor, als ob ein alt erbar Mann, nicht Expertus Robertus, sondern ein anderer, heiliges Ansehens, vor mir stunde, singen:
Er will vns allzeit ernehren
Leib vnd Seel auch wohl bewahren,
Allem Vnfall will er wehren
Kein Leid soll vns widerfahren
Er sorget für vns, hüt vnd wacht,
Es steht alles in seiner Macht.
An welcher Stimm ich blötzlich erwachte, vmb mich sahe, vnd es war hell in dem Thurn vnd glintzete die Mawre als von schwartzem Spiegel; in derselben schwartzen Mawre lase ich folgende Wort mit vergülten Buchstaben geschrieben:
Ich hoff, daß vns GOTT soll versehen mit allem dem, das[Rand: Melus 1. cap. / Der Graff / Bertram] wir bedörffen.
[369] Aber keinen Menschen sahe ich, deßwegen halb forchtsam thate die Augen wider zu, wiewol kein Schlaff mehr in mir war.
Je mehr ich aber dieser Stimme, diesem Gesang, diesen Worten, nachdachte, jemehr befande ich, daß warhafftig alles auß schickung Gottes sein müste, der auch Krafft seiner Allmacht mein geängstigtes Hertz vnd die innerste Gedancken gesehen vnd mir zu Trost diesen Botschaffter zugesand hatte.
Also daß ich in mir selbsten wider anhube, Muth zu kriegen, vnd in vnzweiffeliger Hoffnung stunde, ein mal, wann es Zeit ist, so wird GOTT helffen, darumb sprach ich vber laut:
Dieweil ich leb,
An dir ich kleb,
O HErr mein Gott,
In dieser Noth
Allein an dich
Ergeb ich mich,
Machs wunderlich,
Nur seeliglich.
Acht Tag, meines Wissens, mußte ich also mit ein wenig stinckendem Wasser vnd Brod, so mir an einem Seyl hienunder gelassen worden, zubringen, biß ich endlich, weil ich sowol wegen der Stöß die mir der Bbwtz gegeben, als wegen Müede, Schrecknus, Hungers, Bekümmernus vnd Gestancks tödtlich kranck, herauß gethan, vnd in ein dusteres Stüblein gelegt worden, da man mir etwas besser warten lassen. Wie ich hinauff gekommen, ob ich gefahren oder gegangen oder geritten seye, weiß ich gar nicht: warumb wolte es dann ein ander zu wissen begehren?
Nach wenig Tagen aber, aller Anstalt nach, weil ich etwas zeitlicher genesen, als ich selbst verhofft, hätte ich wider in den Thurn gehen sollen. Deßwegen der Alte meinetwegen in nicht geringen Sorgen stunde vnd bey den Hochedlen Helden eine Bitte vor mich einlegte, also, da meine Gedult vnd erlitten Vnglück, dergestalt kund war, vnnd daß ich Rewens vnnd nun zimblich gebüßt, auch mich theils gebessert hätte, wurd demselben nach dreyen Wochen zu mir zu gehen vergönstiget; welcher mir sagte, wie hart es meiner Erledigung wegen gehalten, vnd daß, ehe ich widerumb auff freyen Fuß gestellt werden könte, er sich meiner Gesellschafft in etwas eussern müßte.
[370] Vnder dessen ich deß Luffts wider etwas gewohnet vnnd durch Wartung ich mich auffrichten kunte, wurde ich nachts in das Portstüblein getragen, damit ich durch die im Burg-Hoff vorgehende alle tag newe Händel etwas Ergötzligkeit haben, mich desto eher erholen vnd fortkommen möchte.
Deren sahe ich viel vnd wunderliche, welche dißmahlen zu erzehlen[Rand: Jud vnd / Commissarius] meines Vorhabens nicht ist, auch will es die Zeit vnnd der Ort nicht mehr leiden noch zugeben; aber wunderliche Händel, vnnd viel wunderlicher als diese alle, so ich noch beschrieben.
Diese zwey folgende melde ich jetz nur. Eins Tags, nach dem Mittag Essen liessen sich anmelden zwo Personen, vngleiches Ansehens vnd Gestalt, dann der eine von Gesicht grüngelblich mit einem breiten schwartzen Bart vnd langen Habichs-Nasen, der ander mit einem roten Bart, vier Augen im Kopff vnd zehen Finger an jeder Hand, mit hundert Diebs (wolte sagen Schieb) Säcken. Als man aber wissen wolte, wer sie wären? sagte ihr Mitmann, daß jener dort ein Jud, dieser aber ein Commissarius wäre.
Behüte Gott, sprach Gutrund, wie hat das Glück diese zween so vertrawlich zusamen geführet, dann sie waren von Geberden als Brüder zu achten, so guten Willen vnnd Gesicht gab einer dem andern.
Das muß was sonders bedeuten, sprach Thurn-Meyer, daß zwo sonst so vngleiche Persohnen, vnd deren jeder gern hätte, was einem andern zustehet, deßwegen sie sich sonst auch stets im Hertzen gehasset hatten, anjetzo so freund-brüderlich mit einander verfahren solten.
Gewiß wird diese Freundschafft nichts guts vnnd den Antichrist mit sich bringen, oder es wird vber einen vnschuldigen dritten außgehen müssen.
Antwortet Freymund. Dann so vngleiche Sinne können sich sonst nimmermehr zusamen reymen; grosse Hitze vnd grosse Kälte in einem Hafen kochen wollen, gibt gewiß ein Wetter. Die jenige Gelehrte müssen nicht wohl im Hirn beschlagen geweßt seyn, als sie gesagt, quod pares cum paribus facillime congregentur: quod pica picâ gaudeat, Graculus graculo: Gleich vnnd gleich sich gern gesellet. Dann ja weiß vnd schwartz so vngleich ein ander nicht sein kan als diese zween, vnd doch seynd sie so gute Gesellen.
[371] Oyseaux d'un plumage vont tous d'un triage. Sprechen die Frantzosen, das ist aber so wenig war, so wenig als ich König bin in Brasilia, sprach Gutrund. Auß Sorgen aber, so sie trugen, daß sie den Tag nicht möchten zur audientz gelangen, hatten sie einen Dritmann, einen Vorsprech mit sich gebracht, einen guten Schlucker noch von den alten, die die Nase vnnd das Mässer auff den Ermel gewischt; der kame herbey, vnd sprach: ich sehe vnd mercke wol auß meinem A.B. C, daß ihr auch lesen könnet, ihr Herren, was gilts, ihr verwundert euch, daß diese beide meine Partheyen so einig seynd, da sie doch vor eweren Augen so vngleiches Wesens vnd Stands seyen. Ich aber verwundere mich vielmehr, daß sie so vngleiches Wesens vnnd Stands sind, da sie so einig sind, nach der Schul-Lehrer Weyse, welche sagen Figulus figulum odit. Vn Barbier rase l'autre, un Cocu meine l'autre. Vnnd haben E. Gnaden zu lernen, daß heutiges Tags nichts ist auff Erden, daß ein ander ähnlicher seye als ein Jud vnnd Commissarius wegen der Gleichheit ihrer Wercke, die wir auß der Erfahrung sehen; dann wie vor Jahren kein Commissarius gewesen, der nicht gern sein Leib dem Teuffel übergeben hätte, damit ein Jud wäre gehenckt worden; so ist heutiges tags kein Commissarius, der nicht seine Seele dem Vitzliputzli versetzte für einen Juden. Es ist zwar dem Menschen nichts ähnlichers als ein Mensch, aber [Rand: Homo homini / lupus] auch nichts gehässers als ein Mensch, das alte Sprich-Wort ist, Homo homini lupus, Aber billiger soll man heutiges Tages sagen.
Homo homini Judaeus,
Homo homini Commissarius.
Vnd dannenhero sind alle Commissarii Juden vnnd alle Juden sind Commissarii; darumb seind sie einander gleich in ihren Wercken:
Als aber sie auß Befehl selbst hinzu traten vnd ihres Anbringens gefragt wurden, bathen sie, daß sieaudientz vor den alten Teutschen Helden selbst haben möchten, vmb zu erkundigen, ob die Juden vor Zeiten auch so verhaßt gewesen als jetzt? vnd ob die Commissarii dazumahlen auch hätten leiden müssen, daß man sie Diebe gescholten hätte als jetzt?
[372] Bald wurde ihnen geantwortet, sie solten sich ein weile gedulden, in dem die Herrn Räthe ein fast gleicheförmige Sach zu erörtern hätten, zwischen Müllern, Schneidern vnd Webern, welche einander auch in die Haare gerathen vnd sich dreyerseits Diebe gescholten; vnd daß vnderdessen sie ein wenig in den Garten spatzieren wolten, biß der Bescheid ergangen.
Aber die gute Tropffen, in dem sie dachten, es were allda, wie bey den Schreibern vnd Gerichts-Dienern der Gebrauch ist, daß, wer sein Sach befürdert haben will, vnder der Hand, oder vielmehr vnder dem Hut in die Hand ein Schmieralle zuschieben müste; boten dem Referenten etliche Thaler an, der sich aber entschuldigte vnd mit Entrüstung sprach, daß sie sich mit solchen losen Handlungen von dannen packen solten, als die wol wißten oder wissen solten, daß bey ehrlichen Teutschen, welche die Redlichkeit vnd Gerechtigkeit lieb haben, solches nicht Brauch wäre; bey welchen das Schmieren nicht fahren mache, sondern am fahren lange Zeit verhindere; daß man auch bei guter Sache weder Procuratores noch Advocaten bedürffe, vnnd einem jeden erlaubet seye, selbst die Warheit zureden! dessen sie sich mit grosser Verwunderung bedanckten.
Gleichwol käme es den Anwesenden sehr verdächtig vor, daß sie beide sonst so widrige Persohnen sich so freundlich als Brüder einer deß andern annehmen solten, vnnd daß solches gewiß für eine Betriegerey oder Tuscherey gehalten wirde; welchem Argwohn zu begegnen sie sich offentlich in die Arm nahmen, küssent einander Brüder nenneten, als ob sie warhafftig einer Mutter Kinder gewesen wären.
Die Warheit zu sagen, als wir solches sahen, wurde auß Befelch deß Herrn Thurnmeyers so balden nachCales in Franckreich, vnd nach Meintz geschickt, vmb zu sehen, ob nicht der Rhein von Kölln herauffwarts gen Basel lieffe? Vnnd ob man zu Erspahrung Kostens vnd Verhütung der Gefahr nicht trucken Fuß auff freyem Boden nach Engelland hienüber gen Douver gehen könte? dann so wenig man dieses müglich geachtet, so wenig hätte man auch ein so grosse Freundschafft zwischen widrigen Persohnen hoffen können.
Es waren etliche die sagten, wo der Author der Antipathie [373] noch in Leben wäre, er würde sein Buch widerruffen, oder leyden müssen, daß es vnder die Apocryphos gezehlet würde.
Derhalben die Vrsach solcher brüderlichen Vereinigung zu erfahren, nahmen wir ihren Vorsprech beyseits, mit vermelden, es müßte entweder sein, daß sich der Jud hätte täuffen lassen, oder der Commissarius beschneiden, sonsten würden sie sich nimmermehr lieben können.
Aber der Vorsprech antwortete: Nein, der Commissarius hätte sich nicht beschneiden lassen, er aber hätte das gantze Land also beschnitten, daß kein Frucht mehr darinn zu hoffen sein könte. Vnnd darumb könte man heutiges Tags in Warheit nicht zwo Persohnen auff Erden finden, die einander gleicher gesinnet wären als ein Jud, vnd dieser Commissarius. (Im vhralten Buch der Helden stehen die Wort: dieser Commissarius, dieweil andere vnd ehrliche gewissenhaffte Commissarii hiedurch gar nicht gemeynet noch verstanden werden: auch weiß ein jeder selbsten wol, daß er redlich seye) dann ein Jud ist der Schewsal aller Christen; der Commissarius ein Forcht aller Mänschen; wer nicht Willkommen sein will, der sag er sey ein Commissarius, vnd wer übel empfangen sein will, der sag er sey ein Jud. Können die Juden Meineyd thun ohn Gewissen, dieser Commissarius kann Gott verläugnen mit gutem Gewissen; derCommissarius weißt auff alle Außflücht einen Vortheil: Der Jud auff alle Vortheil ein Außflucht. Die Juden werden ausser Gericht, der Commissarius auch im Gericht für falsche Zeugen gehalten. Der Jud gibt nichts vergebens, der Commissarius thut nichts vmbsonst. Der Jud ist ein Spötter, der Commissarius ein Fretter, nach dem Sprich-Wort:
Ein Commissarius ohn Lohn,
Ein Jud ohn Spott, Meinäyd vnd Hohn
Seind zwen Buben in der Haut,
Der dritt, der diesen beyden trawt.
Ein Speicher ohn Mäuß,
Ein Krind-Kopff ohn Läuß,
Ein Jahr-Marck ohn Dieb,
Ein Jungfraw ohn Lieb,
[374]Ein Commissarius ohn Vortheil, Griff vnd Liegen,
Ein Gewissenloser Jud ohn Falschheit vnd Betriegen.
Ohne die Juden müßte die Welt ersticken im Geld; ohne Commissarios müßte das an Ruhe erworgen die Welt. Die Juden vnd die Commissarii haben ein Gesatz vnd Freyheit, welches heißet Liegen vnd Triegen, wann es ihnen nur einträgt. Die Juden seynd die Marcksauger der Christen, die Commissarii die Blutsauger der Christen etc. Also daß kein Volck vnder Mänschen zu finden, die einander gleicher seyen als ein Jud vnd ein Commissarius.
Warauff ohn weiters Anhören ihnen durch Hans Thurn-Meyer befohlen worden, sie solten nur ihres Wegs ziehen, man kennete sie schon genug, wäre billich daß je einer dem andern die Händ bietete vnnd wider aller Welt Danck mit Meineyd vnnd Trug vertrette.
Gutrund sprach Ja, Aber Antes Puto que Galliego sagt der Spanier.
Freymund sagte Ja, Antes Puto que Commissario. Plustost Bougre que Commissaire. Es solte einer ehe ein Schelm sein als ein Commissarius.
Sprach Expertus Robertus, Ja wann manchen die Noth zu solchen verhaßten Diensten nicht treiben thäte, der sein wol gern müssig gienge, wo er sonst Gelegenheit oder Mittel zu bleiben hätte.
Aber der Commissarius kehrete sich vmb vnd sprach, ihr witzige Herrn ja, aber ihr wisset nicht, wo mich der Schuh noch trucket, es ist was anderst in der Fläschen, dessen ich gern bescheid vnd mich rechts erholen wolte. Vnd als ihm Zeit zu reden vergönstiget worden, sprach er:
Mein Schreiber, dem ich alle Trew gethan, der hat mir hingegen allen Spott gethan, vnd dieser Tagen einem in das Stamm-Buch geschrieben, Commissarius est Fur. Ist das wahr? Muß ich das leiden? O der Vntrew meines Schreibers, wem soll ich nunmehr trawen vnd glauben? Alle Welt die bestiehlet vnnd beraubet mich, alles schlecht mir zu ruck vnnd widersins, also [375] daß ich förchten muß, ich möchte letzlichen gar in Armuth gerathen, vnd im Spithal sterben müssen, weil man mir ohne das stets vor Ohren bringt, es seye kein Glück im Commissarius-Gut; der Fluch deß gantzen Landes stecke darinn; ich darff mich weder auff meinen Schreiber, noch auff die Magd, noch auff die Fraw selbst verlassen, vnnd soll noch leyden müssen, daß man von mir sage vnnd schreibe Commissarius est Fur? Bitte also vmb guten Rath, wie soll ich mich verhalten? Damit meine Sachen mehr Glücks haben als bißhero, oder ich bin verlohren.
Gemach, gemach Bruder, sprach der Jud, wo hinauß? woltestu gar verzweiflen, das wäre zu bald, gemach, gemach sonst ist zu beförchten, daß dich ein hitzig Fieber anstosse wie den Kompostel Judas vnd dich hinrichte. Es ist zu spat, darnach rathen, wann man todt ist, thu ihm wie ich, du wirst es gut befinden; thu, wie die Frantzosen sagen, so ist dir gerathen vnd geholffen, Moins d'honneur et plus de profit. Man muß sich nicht vber alle Sachen ein Gewissen machen, noch sich eines heßlichen Namens schämen; sagen nicht die Italianer, Buon di signor sanita et quadagno? vnnd der beste Wuntsch den sie morgens frühe thun können, ist nicht Heyl vnd Wolfahrt der Seelen sondern Gesundheit vnd Gewin; wer gewinnen will, der muß deß Zusetzens vnd Verliehrens nicht achten, kostet es schon den verlust eines guten Namens, so bringt es doch Gewin eines guten Seckels mit Geld. Niemand vertrawen, das ist heut der beste Rath, wider allen Betrug versichert zu sein. Ho ho die Pantaloni zu Venedig, die grosse Herren, wissen wol, was in Seckel dient, sollen sie einem Knecht, einer Magd, ja auch ihren Weibern vertrawen auff den Marck zu gehen? Nein, sie schämen sich nicht, sie gehen selbst, sie achtens für kein Vnehr vnd Schande, sind doch grosse Herrn vnd bleiben grosse Herrn wie zuvor; solte sie auch ein vnverständiger Esel deßwegen besprechen, vnd anlauffen, ob es der Reputation eines Cavalliri zuwider wäre? sie würden ihn bald bezahlt haben mit dem Toscanischen Sprich-Wort:Chi fa i fatti suoi, non s'imbratta le mani. Dapffern Leuten folge nach, schäme dich nicht, das Säckle selber vnter dem Mantel zu nemmen, vnnd auff den[376] Fisch-Marck, vnder die Metzig zu gehen; trag keinen Schewen, selbst mit dem Korb auff den Kraut-Marck zu gehen, Kraut vnd Rüben zu kauffen, wie ich vnnd meines gleichen thun, was gilts, der Schreiber oder die Magd werden dich nimmermehr bestehlen können; das ist das einige beste Mittel, wie du das durch deinen Fleiß erworben Gut wohl magst erhalten.
Der Jud möchte seyn Red nicht wol zu End bringen, es kame der Schreiber vnnd die Magd mit einander daher, die Magd sprach: ihr Herren, wir haben wol gehöret, was die beide Juden vber vns arme Dienstbotten klagen thun. Vnser Herr klagt vber uns, vnnd er weißt selbst nicht, was; was wott ich armes Flämel inn bestohlen han? ach daß Gott walt! muß das bestohlen heissen: wann y eppe vff den Marck geschickt wärd, vnnä par armi Pfenni erspahr vnd erkahrg? muß y nit den gantzen Tag in der Stadt herumb lauffen, vnnd min Schuh verlauffen aß wie änn armer Narr, wer wott sie mir gnug flicken, wann y nicht bißweilen au eppe vff Vorthel gedächt, wie ich sie bezahlen könte. Ist wärli wol epps, daß man assoä Gschrey druß macht, daß man den Herrn den Kopff drumb zerbrechen dörff, der karg Hund gibt doch niemand nix, was ist Schuld daran, daß ihm die Fraw, wann er getruncken hat vnnd schlafft, eppe ä Hämpffelle voll Thaler nimpt, daß sie den Kindern ein Pupp oder ein Schleckel drumb kauffe. Vnd wann wir inn schon asso bestielten, wie er seyt vnd klagt, so geschehe ihm eben recht, vnd ist allererst billig, wann einer ander Leut bestiehlt, daß er wider bestohlen wird: Es heißt doch, wie gewonnen, so zerronnen; bleibt sein Lebtag wahr, wie du missest, soll dir wider gemessen werden. Die H. Schrifft wird vmb eines kargen Hunds willen nicht liegen werden. Wann die arme Bawren vermeint, sie haben sich am allerbesten vor dem Commissarius vorgesehen, so ist er hinder ihnen her, hat ein newen gespitzten, gewürffelten Befehl außbracht, ein newen Vortheil, der Schinderey ein newen Namen erdacht, wie er das Geld herauß bringen vnnd pressen möge: thut, aß wann es ihm sehr leid wäre; verspricht, solches abzuschaffen, wann man ihm darumb erkennen wolte, wann dann solches geschehen ist, so fangt die Hexekution allererst an,[377] vnd, der sich zuvor einmal zu gän beschwert hat, muß darnach doppel gän. Es sind wol alle die ihrer fünff Sinn beraubt, die ein Commissarius was verehren, daß er ihnen ein gut Wort verleyen wolle; ist eben als wann man wolte den Teuffel bitten, daß er einem in Himmel helffen solte; heißt das nicht die Händ geschmirt, vnnd die Schuh verderben lassen? heißt das nicht bestohlen, so weiß ich nicht, was bestohlen heisse? Der Teuffel wols dann. Wann er einen armen Mann, der kaum drey Pfenning vermag, nötiget, daß er muß drey Thaler geben, heißt das nicht bestohlen? wann er außgeschickt wird, Jungfrawmation wider die Vngebür der Soldaten einzunemmen, sich aber bestechen lasset vnd in der Sach also verfahret, daß die arme Bawren nur desto übler dran sind vnd künfftig desto harter gehalten werden, heißt das nicht bestohlen? Ach die arme Soldaten, wie kommen sie manchmal so liederlich vmb ihren Sold, aber ich darffs eben nicht herauß sagen, dann es ligen noch grössere Leut dann er ist dißfals mit ihm vnder der Decke. Wann nummen das einige wär, daß er die Früchten verwechselt vnd anstatt des Korns Hirschen vnd zweymahl Gerst mit vnder mischet: oder ein Viertel zwentzig Molter hinweg nimmt, anstatt dessen, Hirsen hergibt, vnnd die arme Soldaten, die bißweilen ein gantz Jahr ohne Lehnung vom ledigen Commis leben müssen, dahin bringt, daß sie daher gehen verdorret, als ob sie weder Safft noch Krafft mehr im Leib hätten. Wann schon auch die Könnerallität hernach solches in Erfahrung bringt vnnd ihn deßwegen ein Zeitlang deß Diensts vnd der Ehren entsetzet, was fragt der Herr darnach? solches ist bald vergessen, solches wird wenig geachtet.
Das ist wahr, spricht der Schreiber, dann l'affront se passe bien tost à un homme qui n'a point d'honneur, wo kein Ehr eingehet, da gehet auch kein Ehr auß, vnderdessen so hat er doch, was er will, vnd ist er zuvor ein Schalck gewesen, so wird er hernach gar ein Schelm. Kompt ein armer Bawr, der was zu klagen hat, vnd der Herr bey der guten Gesellschafft sitzet, oder noch in der Ruhe ligt, wie donnert vnd hagelt er dann? der vnverschampte Bawr, der Flögel, der Bernhäutter, der Schinder, der Schelm, der Huren-Sohn, hat er nicht mehr Verstand, als [378] daß er jetzt daher kompt, mich zu geheyen, ich wolt, daß ihn der Teuffel zum Newen Jahr hätte, daß ich ein andermal vnvexiret von ihm were. Sind das nicht Diebsgriffe vnnd Raubereyen? man darff kein Brill dazu, man siehts hell genug, quod Commissarius est fur. Ihr Herrn, ich sags hiemit, ich will lieber bey einem Strassenräuber oder bey einem Seckelschneider dienen, als bey einem Commissarius; sie haben doch weder Glauben noch Gewissen, sie glauben weder an Gott noch an den Teuffel, sie achten ihrer Seelen Wolfahrt weniger als ein Saw. Vnd wann ich ein Herr wär wie ihr, ich wolt eins thun vnd die Landverderber alle hencken lassen, damit die Welt einmal gereiniget würde von solchen Vnglücks-Anstifftern.
In Warheit, das Volck, so herumb stunde, ließ sich vber die massen wolgefallen, was diese, deß Commissarius Magd vnd Schreiber, hererzehlten, vnd verwunderten sich, daß die hohe Oberkeit, welche GOtt am Jüngsten Gericht Rechenschafft geben muß, auch wegen der Vnthaten, so Sie durch ihre Diener hat vngestrafft geschehen lassen, nicht besser Auffsicht hatten vnd so schläfferig der armen Vnderthanen Heyl ihnen angelegen seyn liessen.
Warmund sprach, die beide Klägere hätten recht gethan, vnd wär ihnen wol bekandt, was für lose Griffe die Herren Commissarii brauchten; daß aber es nicht destoweniger denselben in der Welt so wohl ergienge, wäre die Vrsach, weil sie in der andern Welt würden den ewigen Lohn kriegen. Der Betrug, die Liste, die Vortheil, die Räncke, die Griffe, so sie hie gebrauchen, werden sie dort mit ewigem Hunger, ewigem Durst, ewiger Kälte, ewiger Hitze pahr bezahlen müssen. Die jenige aber, so auch auß Vnwissenheit oder Vnverstand zum Nachtheil des armen Mannes, dergleichen Diebsgriffe geschehen lassen, die sollen vnwürdig geachtet seyn ihres Ampts vnd Ehren, weil sie so schläfferig vnd nachlässig[Rand: Merckts ihr /Ampt-Leute] demselben obgelegen, auch vnwürdig deß Namens eines Christens, als bey welchen solche Handlungen nicht geduldet werden solten.
Der gute Commissarius mit seim Bruder, als der hörete, daß ihm die Magd nicht nur vber den Seckel, sondern auch der Schreiber vber den thresor seines Gewissens kommen, dörffte nicht wohl vor Scham vmb sich sehen, auß forcht, es möchten [379] ihm die Bawren solche Bieren zu lohn geben, wie die Juden S. Stephano gethan haben. Derowegen ohne adieu packte er sich an der Mawren hinumb, biß er den Leuthen auß dem Gesicht kame; aber wann ich recht weiß, so ist er am Weg häncken blieben.
Der Jud aber, weil die Räthe sagten, daß man Juden finde, welche in ihren eusserlichen Handthierungen redlicher, ehrlicher vnd gewissenhaffter als manche Christen handelten, ist in gutem Frieden ein andere Strasse fortgezogen. Leute, die der Burg Brauch nicht gesehen haben, möchten meynen, es wäre lächerlich oder auch vnglaublich, daß dergleichen Gerichtliche Händel im Burghoff vor aller Gemeinde weren außgetragen worden. Die sollen aber wissen, daß deme gewiß also vnd noch heut zu tag vnfern vom Thor in einem mit Schrancken vmbgebenen Ort die jenige Händel, welche theils eben vnder die Staats- vnd Reichs-Sachen nicht gehörten, theils auch in Eyle vnd, so zu reden, auff der Post mußten erörtert seyn, durch die Hoffräthe vor aller männiglich entschieden werden. Als noch sonst an vielen Orten Teutschlands, da die Außländische Seuche nicht obgesieget, in Vbung ist. Insonderheit kam mir nachdencklich vor, vnd achte recht daran zu thun, wo ich es in die Feder bringen werde.
Eines Morgens gegen Glock Fünffe hörete ich ein starckes Ruffen, dieser ist der gewissenloseste Mänsch, der jemahl in Teutschen Landen gelebet! Der Gott-vergessene Tropff, der zu so vieler vester Helden vnverschuldenem, vnverhofftem Todt allein Vrsach vnd Anlaß gegeben! Dannenhero so manch schönes Reich betrübt vnd verlassen ist verweyset worden vnd in der Feinde Händ gerathen! Weil ich nun einen solchen Vnmänschen auch gern sehen mögen vnd mich an das Fenster begabe, merckte ich vier vortreffliche Helden gegen den Gerichts-Schrancken eylen, welche einen in Mönchskutte vnd grossem Bart vor ihnen her stoßten vnd vmb schleunig Recht sich anmelden liessen; wie sie dann so balden seynd angehöret worden.
Diese vier Helden (als ich hernach erfahren) sind Herkommens von den eltisten Vrahnen der Teutschen Nation, deren der Eine ein grünes, der Ander ein rothes, der Dritt ein goldgelbes vnd der Vierdt ein gelbes Feldzeichen vmb sich gebunden hatten.
[380] Sobald nun die Hoffräthe durch Hanß Thurnmeyern die Partheyen angesprochen, hub einer von den Helden an, im Namen der andern allen, folgender massen zu reden:
Ihr edele Herren, vnnd der Teutschen Helden-Räthe; Es sehen dieselbige an diesen vnsern Wunden (in dem der eine das Hertz entblösete, der Ander das Haupt etc. vnd mit Fingern die Zeichen weiseten) daß wir durch das verdampte Pulffer-Geschöß vnser Leben verlieren müssen, vnd zwar Verrätherischer weise, von Gottlosen Buben hindergangen; welche nicht schewen gehabt, vns, zu eusserstem vnser Landen vnd Leuten Hertzleyd das edele Leben vor der Zeit, als man sagen mag, abzustehlen. Weil nun die Erfindung einer so höllischen verdampten Kunst von diesem Mönch[Rand: Erfindung des / Geschützes vnd / Pulffers] hie zugegen einig vnd allein herrühret, welcher durch eingebung deß bösen Feinds den Menschen ins gesampt zum vnverhofften Vndergang[Rand: Besold de / Invent. / Bombard.] dieselbige ins Werck zu setzen nachgesonnen: So haben wir je billich vmb Recht gegen ihn anzusuchen auß höchst-tringenden Vrsachen nicht vorüber gehen können oder sollen.
Dann mein, was kan die alte Teutsche Tugend vnnd Redlichkeit auff der Welt mehr nutzen; wann der allermächtigste kühneste Held muß in den stündlichen Sorgen stehen, daß auch der allerschlimste verzagteste Bößwicht vnd Bub ihm mit einer Kugel von ferne her vnd hinder einer Hecken im verborgenen mag das Leben abstehlen! Der doch sonsten wol nicht das Hertz hätte, einen Helden vnder Gesicht nur allein anzuschawen. Wo soll man nun mehr wissen vnd einen Vnderscheid machen können vnder dem, der Tugend hatt, vnd vnder dem, der keine hatt? Weil ja dergestalt ein Muthloser Gesell den allerhertzhafftesten Mann mag niderlegen vnd erwürgen! Da sonst zu vnserer Vättern redlichen Jahren Mann gegen Mann mit freyer Faust vnd vnder Gesicht gefochten, vnd man mit Augen hat sehen vnd erkennen mögen, in wem wahre Tugend, Trew vnd Redlichkeit gewohnet. Ja wer ist Vrsach an so vieler Christen-Mänschen Blut, als dieser verdampte Mönch, da man in Treffen auff einander zugehet vnd einander durch groß vnd klein Geschütz zu boden wirfft, als das vnsinnige blinde Vieh nimmer würde thun mögen. Soll ein Christ solche Dinge erfinden dörffen? vnd ob er es erfunden hätte, zum Vndergang Mänschlichen Geschlechts offenbahren? Soll ein solcher Künstler nicht werth [381] sein deß zeitlichen vnd ewigen Verdamnuß? Da erkennet Ihr, Ihr Herren, vnd schaffet Rath Ewerem Vatterland vnd all Eweren Lands-Leuten nach Euch vnd Vns.
[Rand: Der Edle Herr / Harsdörffer / 4. Theil der / Gesprächspiele. / 197] Ist dann deß Mänschen Leben nicht kurtz genug, sprach der im gelben Feldzeichen, daß man auß der Höllen allererst Mittel ersuchen muß, selbes zu vnderbrechen? Spiesse, Degen, Dolchen, Säbel, Stilleth ist nichts als Kinderwerck gegen diesen Mordwaffen zu achten. Der Hagel, Blitz, Donder, Strahl vnd alle grausamste Wetter, welch der Zorn- Eyffer Göttlicher Mayestät auff die Erden geschüttet, haben so viel Menschen nicht hingerichtet alß die Pistoleten, Mußketen, Karpiner, Feldstücke, Schlangen, Falckoneten, Mörser, Petarten, Hagelgeschoß, etc. dadurch man die Städte, Flecken vnd Dörffer in die Aschen, die Menschen tausendtweiß lebendig in die Gräber, ja die Seelen in ihrer Vnbußfertigkeit vorsetzlich vnd mit gutem Bedacht in das ewige Höllenfewer stürtzet. Vnd bey diesem allen lässet man es noch nicht verbleiben, sondern man gebrauchet sich vergiffter Kugeln vnd Granaten, welche mit vielen Schüssen außgefüllet; grosse Kugeln, die Ketten, Steine oder kleine Kugeln von sich werffen. Vnd weil man sich der bösen Geister selbsten nicht sichtbarlich gebrauchen kan, so bedienet man sich ihres Elements, deß Fewers, vff unzehlige Weise.
O der armen vnschuldigen Soldaten, nachdem sie viel Jahre in Hunger vnnd Durst, in lauter Mühe vnd Arbeit, in Zug vnd Wacht, in Hitz vnd Frost, in Wind vnd Schnee, durch Regen vnd Schlägen, vnder den Feinden, vnder Spiessen vnd Schwertern, vnd andern tausendt Gefährlichkeiten deß Todtes seynd vnd leben, vnd so es wohl gerathet, mit Wasser vnd Brodt (welches man auch denen, die auff den Todt gefangen ligen, nicht versagen kan) verlieb nehmen müssen. So werden sie endlich zur hochverdienten Ergötzlichkeit irgend durch einen vngefähren Schuß dahin gerafft vnd verkauffen ihr Leib vnd Seele vmb so thörichter Hoffnung willen, die sie haben, grossen Reichthumb zu erwerben. Denen meisten doch die Vrsach deß Kriegs gantz vnbewust, die Gefahr beständig vor Augen, ihr Beruff Gott vergessen vnd täglich allerley Sünde, Schande vnd Lastern zu verüben.
[Rand: Der Edle / Harßdörffer / d. 1] So hütet euch nun ihr Redliche Soldaten, weil es so bald vnd vnverhofft vmb ewer Leben ist geschehen vnd dencket auß Erfahrung [382] den Sachen in etwas nach, mit was Gewissen der in den Todt gehen könne, der die Armen beraubet, die Vnschuldigen ermordet, seine Neben-Brüder vnd Mit-Christen verbrennet vnd gegen die Frommen sich als ein lebendiger eingefleischter Teuffel erweiset? Vnd förchtet Gott in allen eweren Handlungen, so wird es euch besser glücken als bißhero geschehen. Aber, O daß dieser höllische Künstler verdampt würde!
Nach dem diese beyde ihre Rede also vollendet; Wie ist dein Name? sprach Hanß Thurnmeyer zu dem Angeklagten. Vnd was hat dir zu solcher VnChristlichen Erfindung, vnd durch dieselbe zu Außrottung deß Mänschlichen Geschlechts Vrsach gegeben? Edele Herren Richter, antwortete der Angeklagte, Mein Name ist Meister[Rand: Aventin / lib. 8. p. 406b.] Berthold Schwartz, meines Thuns vnnd Stands bin ich Münch, genandt Canipuker. Vnd kame ich zu Erfindung deß Geschützes so vnschuldig als das Kind im Mutterleib, das noch nit geboren ist.
Dann, wie ich von Natur vnd auß trieb meines guten Gewissens, alles zu Diensten der Menschen gern gethan vnd angewendet, darumb ich auch durch Artzneyen nicht wenig bekandt vnd beliebt worden. So ist in Nachforschung etlicher trefflicher Mittel geschehen, als ich eines Tags im Jahr 1380 in meiner Artzeney-Kammer gepulfferten Schweffel in einem Mörser gehabt, willens, denselben zur Artzeney zu gebrauchen, vnd aber ihne mit einem Stein zu gedecket vnd nahend dabey ein Fewer zu meiner Nothdurfft [Rand: Polyd. Virg. / I. 2. c. 11.] schlagen wollen, daß ohngeferd ein Füncklein Fewers in den Mörser gesprungen, von welchem sich der gepulfferte Schweffel darinnen alsbald entzündet vnd den Stein gar hoch hat auffgeworffen. Dadurch ich dann bewegt, der Sache nachzusinnen, ein eysern Rohr gemachet vnd dasselbige mit Schweffel vnnd anderem Zusatz gefüllet, einen Stein darauff geladen vnd mit einer glüenden Kohlen angezündet; allda ist gemeldter Stein mit einem schröcklichen Thon vngestümmiglichen zum andern Loch herauß gefahren. Bin ich also zu solcher Wissenschafft kommen ohn einiges Wissen vnd Willen. Vnd wird mir derentwegen vnbillicher weise zugemessen, als ob ich solche Ding auß eigen-gehabtem Vorsatz dem Mänschlichen Geschlecht zum Verderben muthwillig erfunden hätte; darumb dann ich hoffen will, Ein Edler Helden-Hoffrath mich der vnbilliggethanen Anklage ledig erkennen werde.
[383] Nicht so, nicht so, sprach der Helde mit dem rothen Feldzeichen, Nicht so, es hat den Meister Barthel der leidige Vorwitz zu solchem Teuffelischen Werck getrieben, vnd ein böser Geist hat ihm den Weg zu solchen Mörderischen Waffen vorgewiesen. Dann ob er schon Anfangs ohne Willen dazu mag kommen seyn, jedoch, nachdem er die erste vnverhoffte Würckung deß Schweffels gesehen, warumb hat er es nicht also anstehen lassen? warumb hat er so lang nachgrüblen, vnd durch allerhand Abtheilungen vnd Gewichte so lang künstlen müssen, biß er endlich die lose Kunst zu ihrer Vollkommenheit gebracht hat? Zu dem so ist bekandt, daß er mehr[Rand: Aventinus / d.l.] andern heimlichen Künsten nachgehenget, auch die Geister selber zwingen vnd bannen können.
Es ist je wahr, Es ist kein Stern mehr in der Welt, seithero daß diese Teuffelische Erfindung offenbahret worden; Vnd nun[Rand: Buchholz / Ind. Chronol. / 1380.] dahin gekommen, daß bey jetzigen Zeiten alle Macht deß Fußvolcks, alle Krafft der Reuterey, ja aller Muth vnd Tugend der Menschen muß zu boden ligen vnd verachtet werden.
Alles das, widerantwortete der Mönch, was böses dahero kommen mag, wird mir vnbillig zugemessen. Ich habe die Kunst nicht erfunden, wie man sie heutigs Tages hat, Andere habens funden, die nach mir kommen sind, vnd haben sie also, je einer nach dem andern, gebessert, daß sie nun auff das höchste mag seyn gekommen. Wie kan ich dann dessen allen Schuld haben? Wahr ists wol, daß, als ich anfangs etwas dahinder kommen bin, so hab ich es der Herrschafft zu Venedig offenbahret, vnd ihnen deren Würckung domalen, als sie mit den Genuesern bey der Landwehr Fossa Clodia genant im Krieg begriffen gewesen, zu diensten sehen lassen. Ist es nun vnrecht gewest, vnd hat zu Verhütung Menschlichen Vndergangs nicht sollen offenbahret werden, warumb haben die Herren zu Venedig es für bekandt von mir angenommen? warumb haben sie mich vnnd meine Kunst nicht im Verborgen gehalten, damit es in der Welt nicht wäre kundbar worden? da Sie[Rand: Venediger / Künste] doch andere Künste, insonderheit das einträgliche Goldscheiden, so verschwiegen halten, daß es auch wol nicht ein Teuffel solte von ihnen erfahren können.
Das glaube ich, sprach der Held mit dem Goldgelben Feldzeichen, sonst würdestu gewiß das Goldscheiden auch schon erlernet [384] haben, wann es die Teuffel hätten wissen mögen, weil sie dir diese verdampte Heimlichkeit so balden offenbahret.
Aber Ihr Edle Herren Räthe, es ist die Sach bekandt, wir bitten vmb Vrtheil, damit dergleichen Vngebühren möchten abgestrafft werden vnd künfftig vermitten bleiben.
Es ist also, sprach der Mönch, fast mit allen hohen Herrschafften[Rand: Aulicum] beschaffen, wann man was erfunden vnd erdacht hat, so ihnen zu Vortheil, zu Nutzen, zum Lust vnnd zur Rache wider ihre Feinde dienen mag, vnnd wann es noch so Gottloß wäre vnd gar vom Teuffel käme, so ist man bey ihnen doch Willkommen damit; biß letztlichen, wann man ihnen vngefehr irgend die Nase ersäuret, so dörffen sie wol selbsten die Erste seyn, die einen deßwegen einen Verräther nennen vnd außschreyen.
Auf welche Wort stunden die Helden-Räthe auff, vnd traten beyseyt in ein absonderliches an den Schrancken verschlossenes Ort, vmb sich des Vrtheils wegen zu bereden. Ehe auch einer dreymal die Hunnauw auff vnd abspatzieren möchte, kamen sie wider ein jeder an seine Stelle, vnd Hanß Thurn-Meyer, das Wort im Namen aller führend, sprach:
Es ist vorgebrachte Sache, betreffend die Erfindung deß Büchsen-Pulvers vnnd Geschützes, nach gehabter reyffer Erwegung von dem Helden-Rath dergestalt entschieden worden. Ob wohl wahr, daß das Geschütze zum Schutz wider allerhand Gewalt-Thaten nützlichen zu gebrauchen, so ist doch leider, Gott erbarm es, der Mißbrauch weit grösser als der Gebrauch selbsten. Dieweil aber das Boßhafftige Menschliche Geschlecht der gestalt ihren Verdiensten nach abzustraffen der Allerhöchste durch seine Verhängnuß gewolt hat: so ist billich, daß sich alle Menschen hieran, als an einem ihrem Nachsinnen viel zu tieff gelegten Abgrund nicht ärgern; sondern durchauß vnnd bloß genügen lassen sollen. Bevorab weil der Allmächtige nach seiner vnerforschlichen Barmhertzigkeit eben vmb selbige Zeit, nemblich im Jahre 1440. die alleredleste Kunst der Buchtruckerey auch im Teutsch-Landen vnnd benantlichen in Straßburg durch Hanß Mentelin dem gantzen Mänschlichen Geschlecht zur Gegenbezeugung seines Aller-genädigsten Willens hat [385] offenbahren wollen. Also, wann man den trefflichen Schaden des Geschützes gegen den erfrewlichsten vnd vnaußsprechlichsten Nutzen der Bücher halten will, sich befinden wird, daß viel tausend Menschen mehr durch die Bücher an ihrer Seele sind erhalten als durch jenes dem Leibe nach verdorben vnnd vmbgebracht worden. Vnd sind die Partheyen hiemit beyderseyts ausser kosten vnd fernerer Verfolg der Sachen loß gewiesen.
Wie sie dann auff diese Wort von einander giengen; aber vnder dem hellen Hauffen tratt einer herfür in die Schrancken vnd sprach etwas wälschlend, als ob er die Teutsche Sprach noch nicht gelernet hätte, ihr Hochedle Herren Helden Räthe, ihr Wort ist von mir in hohen Ehren gehalten. Vnd achte ich den jenigen für ein freveln Menschen, der wider solches ichtwas einwenden wolte. Wann aber die Herren auß Vnwissenheit offt irren können, so wird mir ja vergünstigt vnd nicht vnrecht seyn, wann ich ihnen mit Vrlaubnuß, so viel die Truckerey betrifft, ein anders möchte darthun können. Mein Name ist Denning Glöckner, von Geburt[Rand: Antoni / Campanus] bin ich ein Frantzoß; dann solches gleich Anfangs der Klagde zu vermelden, war allen nach Hoff-Gerichts Brauch anbefohlen worden.
Es haben die Edle Herren Hoff-Räthe gesprochen, daß die Teutsche, vnd insonderheit die Straßburger, durch einen, genannt Jean Mantelin das Lob der Buchtruckerey Erfindung haben sollen. Nun berichte ich die Edle Herren Hoff-Räthe, daß wer ihnen solche Meynung eingegeben, vnserer Frantzösichen Nation vnrecht thue, als welchen das Lob einer so Weltlöblichsten Erfindung vor allen andern Völckern billich zugehöret. Alldieweil ich von meinen Eltern die gewisse vnzweiffeligste Nachricht habe, daß, nicht ein[Rand: Buchtruckerey / Erfindung] Teutscher, sondern ein Frantzoß, Namens Vlrich sie zuerst erfunden habe. Wie dann solches auch bey vielen vortrefflichen Männern noch vnlaugbar vnd bekandt ist. Bitte also, daß der Nam deß Mantelin zusampt der Teutschen Nation im Geschichten Buch durchgestrichen vnd mein Vatterland neben dem Ehrengemeldeten Vlrich mög eingeschrieben werden.
Er konte aber seine Rede nicht wohl zu Ende führen, ein anderer Mann in einem Barethlein trat vnderm Hauffen hervor in die Schrancken, vnd sprach:
[386] Ihr edele dapffere Helden-Räthe, diese jetztgeschehene Erzehlung ist Einbildisch vnd falsch. Wer bistu? sprach Hanß Thurnmeyer.[Rand: Hadrianus / Junius] Ick syn Haran Brachmant, vnd dat ein Wale vyfs Vranckrych, genant Vlrich, have alreerst dese meysterliche Konst vonden, mer dat is offenbairlich gelogen (Ihr Herren verzeyhet mi dat i Nerländisch rede). Want sy syn noch im Leven, dy da getzuigen, dat men Boicher druckte tzo Harlem ee der Vurfs Vrlich op dy Werler quame, dair he began Schrifft tzo snyden vnd bereyden. Daen in dem iaire uns Heren do men Schryff 1447. do began men tzo drucken dat eyrste Boich dat men druckde, ind ist die eyrste Vubryldunge vonden in Hollant in myn Vadreland tzo Harlem von Lorenz Jansen. ind so daer vurwitziger Wale saget, men have vurmails Boicher in Vranckrych gedruckd, mer so is dat nit Wair.
Hanß Thurnmeyer aber sprach, er solt, so er weiters was vorzubringen hätte, solches in Hochteutscher Sprache thun, oder zu fernerer Gehör nicht gelassen werden.
Mine Edele Herren Helden-Hoff-Räthe, sprach er weiters, dat ist nicht anderst, dann wie ich jetzt gesagt hebe. Dann vmb das Jahr Christi 1447. hat tzo Harlem op dem Marck gegen die Pallast vber gewohnt Lorentz Jansen, der hat diese Konst zu eyrst erfonden, vnnd solche seinen Kindern vnnd Enicklen befohlen. Hernach mit seinem Eydam Thomas Petern hat er auch die Trucker Farb erfunden, also daß er wegen der Nüyen Konst einen trefflichen Zulauff hatte, auch viel Gesind vnd Diener, die Kauffleute, die mit Hauffen erbeyquamen, zu fercken. Vnder welchen ein Hochteutscher, Jan Fust, seiner Pflicht so fern vergessen, daß er einest in der Kristnacht, als sein Herr in der Kirche west, was er kont, zusammen gepackt, vnd von dar sich damit weg gestohlen, biß er endlich durch Amsteldam vnd Cöln vp Meyntz gekommen, alwo [387] er die Konst, so er gestohlen, für sein eigen Werck außgegeben, vnd mit Zuthun eines Andern Hoch-Teutschen, so geboren was van Straisburg, ind is gewest ein Burger tzo Mentz, ind hiesch Joncker Johan Gudenburch, sich den Namen gemacht, als ob er dieselbe Konst erfunden hette. Weil ich nun das Widerspel erwisen, bitte ich, mine edele Herren wollen sich belieben lassen, dat deß obgedachten Lorentz Jansen vnnd sonst kein ander Name wegen dieser Konst-Erfindung eingeschriben werde. Mit dem gieng er davon.
Viel gesagt, vnnd wenig erwiesen, rufft einer vnder dem Hauffen, vnnd trat zugleich in die Schrancken in einem Geistlichen Kleid vnd sprach.
HochEdele Herrn Hoff-Räthe. Ich bin meines Herkommens[Rand: Nicolaus / Serrarius] zwar ein Hoch Teutscher, Namens Cloß Schlosser, aber ich will weder meinen Landsleuten zu lieb, noch den Frembden zu leyd ichtwas von dieser Sache reden, sondern allein her erzehlen, was der pur lautern Warheit gemeß ist.
Der Wahle, so vorhin den genandten Frantzosen Vlrichen zum Erfinder dieser Kunst hat einflicken wollen, ist vnrecht daran, vnd nur allein im Namen betrogen worden. Dann es ist der gedachte Vlrich ein Hoch-Teutscher gewest, meines Wissens, von Straßburg, seines Zu-Namens Haan, welcher vmb das Jahr 1467. diese Kunst der Erste nach Rom gebracht vnd sich daselbsten nach Art der Lateinischen Sprach Ulricus Gallus geschrieben, daher die Gerngrosse Herren Wahlen nun (wiewol vergeblich) erzwingen wollen, weil Gallus auch einen Frantzosen heisset, er müsse ein Wahle vß Franckreich seyn gewesen; aber das ist nicht, vnd wird sich auch nimmer finden.
[Rand: Nicolaus / Serrarius / lib. 1. c. 37. / Rer. Moguntiac. /p. 155] Was zum andern dieser alte Herr im Käppel do vorgibt mit seinem Lorentz Jansen, das hab ich schon lang durch offendliches Außschreiben gnugsam widerleget, vnd möchte ich sehen, welcher Bock mit seinem Horn mir meine Wort mit Warheit, Recht vnnd Ehren würde vmstossen können. Dann nach dem man zu Meyntz vnd Straßburg schon die rechte Buchstaben gehabt, hat der Lorentz Jansen vff fünff Jahr hernach allererst die Art, Schrifft in Holtz zu schneiden, vff die Bahn gebracht vnd sich eine lange Zeit [388] also damit beholffen, biß er endlich durch der Hoch-Teutschen Offenhertzigkeit (weil sie ein Ding nicht lang heimlich halten können, vnd ihnen die Käse gar leicht abzurathen sind) weyse geworden.
Es haben zwar ein guter Theil der Herren Niderländer diese Einbildung, daß sie in selben Landen das Graß allein wachsen hören, daß sie allein wissen, was die Braut mit dem Hochzeiter im Bett rede, vnd daß Niemand könne einen Schoppen Philosophisch Bier auff einen Trunck bescheid thun, als sie allein. Aber so ist es, jeder Mutter ist zu sinn, ihr Kind seye das schönste, wann es schon eine rotzige Naße hat. Ich meine aber, wann sie sich zu viel räuspern wolten, sie solten von Theils Hoch Teutschen auffgenestelt werden. Sie sind eben fast nach der Frantzosen Hummor geartet; dann wie diese davor halten, es könne keiner einem rechtschaffenen Mann gleich seyn, wann er nicht Frantzösisch außsehe (voilà un brave homme, il resemble à un françois) Also die Herren Niderländer (die doch hiemit nicht getadelt, sondern wegen anderer ihrer vortrefflichen Tugenden billich vielen Ländern vorzuziehen sind. Dann einmal, das wird ihnen niemand nehmen, sie sind warhafftig gelehrte vnnd erfahrene Leut: Nur die Einbildungen, daß sonst niemand ohne sie gelehrt seyn könne, verderben sie). Wann sie sehen, daß was trefflicher Erfindung von Newen Künsten herfür kommen, schweren einen Eyd, es müste ein Niderländer seyn, vnd wäre es auch von zehen Ahnen her, der solches gemacht hätte.
Es ist der Ehrengemeldte Johann Fust ein redlicher Mann gewest von Meyntz bürtig, vnnd hat solche Kunst nicht in Holland allererst geholt, sondern fünff Jahr zuvor, ehe Lorentz Jansen was davon geträumet hat, dieselbe mit Zuthun vnd Beyhülffe Juncker Johann Guttenberg von Straßburg vnd Bürgers zu Meyntz, erfunden, auch zu solcher Vollkommenheit gebracht vnnd außgeführet, als man sie noch sihet. Vnd bitte ich die HochEdele Herren Hoff-Räthe mit Demütigkeit, sie wollen dem HochTeutschen vnd Meyntzischen Namen diß ihr gebührend Lob nicht benehmen lassen, sondern durch ihre hohe Gewogenheit ihnen dasselbige fürter hin bey ewigen Andencken erhalten.
[389] O Guttenberg, Guttenberg, du hättest mit gutem Lob deine Sachen wol anderst angreiffen können! sprach ein alter Mann im Hauffen; der wurde nach geschehenem Abtritt Cloß Schlossers in die Schrancken geruffen, vnd dieser Wort wegen gefraget.
Ach Mein Edele Herrn, sprach der Alte, Ich bin eben der[Rand: Hanß / Mentelin] Hanß Mentelin, ein Bürger von Straßburg, von dem meine Herren anfangs geredet haben. Es ist zwar etwas daran, wie der Herr, der alleweil abgetretten, gesagt hat. Aber doch verhält sich sein Vorgeben nicht in allem also. Ihr Edele Herren! Es hat sich begeben, daß ich diese löbliche Kunst der Buchtruckerei nach langem Nachsinnen vnnd Dencken letzlich im Jahr vnsers HErrn 1440. erfunden, domahlen hab ich zum Wortzeichen gewohnt am Fronhoff zum Thiergarten. Nun hab ich einen Diener gehabt, Hans Genßfleisch von Meintz, dem hab ich wegen seines spitzfindigen Kopffes die Sach offenbahrt. Er ist aber vntrew an mir geworden vnnd hat mein Vorhaben vnnd Kunst Juncker Hanß Guttenberg von Straßburg entdeckt, der wohl etwas davon gewußt, aber nicht recht hat können darhinder kommen. Darumb so war der Gutenberg froh, vnd weil ihnen zu Straßburg die Sach nicht wär gut geheissen worden, weil sie mich also hindergangen hatten, so sind sie mit einander nach Meyntz gezogen vnnd han der Kunst weiter nachgesetzt vnnd grossen Ruhm dardurch erhalten. Nun wolt ichs nicht sagen, wenns nicht wahr wär; ich bin ein alter Mann vnd liebe die Wahrheit vnnd hab mein Lebtag das Lob gehabt, daß ich der Lugen feind gewesen bin wie dem Teuffel. Vnnd Ihr Edele Herren, mich dunckt, ihr wisset selbst wol, daß es also ist, wie ich sag.
Es ist wahr, weil ich ein gut Ehrlich Mann war vnnd anfangs so grosse Mittel nicht hatte, daß ich meine Kunst hätt besser fortsetzen mögen, so haben Guttenberg vnd Genßfleisch zu Meyntz vnterdessen nicht gefeyret vnd die Druckerey daselbst in ein volles Thun gericht, vnnd daher den Ruoff bekommen, ob sie Anfangs diese Kunst erfunden hätten.
Vnnd wann man mir je nicht glauben wolte, so könte ichs doch warhafftig nicht allein mit Herrn Henrich Eckstein Burgern zu Straßburg, mit dem ich mich dieser Kunst wegen schrifftlich verbunden hatte, sondern auch mit den Herren Gebweiler, Spiegel,[390] Hertzog, Müntzer vnd andern, ja im fall der Noth auch mit Juncker Gutenbergern selbst beweisen, wann er nur zu gegen wäre. Es ist ein so redlich Mann, ich weiß wann er mich sihet, er wird die Warheit sagen. Bitte also, meine edele Herren, sie wollen beydes der Warheit vnnd mir wegen meines Namens zu stewr kommen, so viel ich recht hab.
So balden ward dem Gerichts-Knecht befohlen, er solte stracksfuß außruffen; ob nicht Juncker Guttenberger in der Burg vorhanden wäre! daß er, vmb Kundschafft zu sagen, vnverzüglich für dem Helden-Rath erscheinen solte. Ehe er aber das zweyte mahl recht außgeruffen, war Guttenberg schon vorhanden.
Hans Thurnmeyer erzehlte ihm der länge nach, was wegen erfindung der Buchdruckerey vnderschiedlichen vorgebracht worden, vnnd daß Hanß Mäntelin von Straßburg ihne zu Behauptung dieser Sache zum Gezeugen ernandt hätte, derowegen er die pure Warheit außsagen wolte, keinem zu lieb, keinem zu leyd, sondern schlecht vnnd recht, wie einem ehrlichen Teutschen Mann wohl anstehet, welches er, weil ihm alle Sicherheit zugesagt worden, zu thun angelobet, vnnd also außgesagt, wie folget: Ihr Edele Herren, ich heiß Juncker Hanß Gutenberg von Straßburg, ich wohne aber jetzt zu Meyntz in der Ertzbischofflichen Stadt am Rhein. Was nun Hanß Mentelin wegen der Buchtruckerey-Erfindung gesagt hat, das ist warhafftig nicht anderst, wann ich je die Warheit soll sagen, wie es dann an sich selbst billich ist vnd ich auch schuldig bin. Vnd wann die Edele Herren mich so lang mögen hören, will ich ihnen von Wort zu Wort sagen, wie es eine Gelegenheit damit habe, vnnd mein Gesell Johann Fust, weiß gar wol, daß ichs ihm vielmal bekandt habe.
Es ist geschehen 1440. daß der Mentelin hinder diese Kunst kommen, vnd neben Hanß Eckstein lang heimlich damit vmbgangen: Vnnd wie wol ich etwas davon gemerckt, so hab ich doch nicht recht dahinder kommen können, biß letzlich deß Mentels Diener, Genßfleisch genannt, mir vff begehren die Sach etwas offenbahret; vnnd weil ichs für Vnrecht vnd für Sünd gehalten hab, daß ein so nützliche Kunst bey zweyen allein also solt vergraben ligen; auch hätten sie den Verlag nicht, so hab ich mich mit Genßfleischen nach Meyntz zu wohnen begeben vnnd mit Hülff vnd Rath Hanß Fusten [391] vnd Hanß Medinbachs, beyder Bürger daselbsten, die Sach soweit gebracht, daß sie in vollen Gang gekommen, wie man sie jetzund siehet.
Aber doch hab ich nechst GOTT dem Mentelin zu dancken, daß durch ihn vnnd seine Erfindung ich zu weiterer Nachsinnung deß Wercks bin veranlaßt worden, welches ich sonst ohn ihn mich nimmer würde haben vnderfangen mögen. Wollen also meine Edele Herren hierauß nun selbsten vrtheilen, was Recht ist.
Guttenberg ward geheissen abtretten; vnnd nachdem sich die Räthe beyseits mit einander berathschlaget hatten, ward nach geruffenem Stillschweigen durch Hanß Thurnmeyern abgelesen, wie folgt:
[Rand: Erfindung der / Truckerey] Nach dem Zwiste vnnd Streit erwachsen, wo vnd durch wen die Buchtruckerey eigendlich erfunden seye, so ist zu Verhütung ferner Mißhelligkeit Gemeine Amptswegen Bericht eingezogen, vnnd nach abgehörten allerseits Parten für weißlich vnd warhafftig eracht vnnd erkandt worden; daß Hanß Mentelin von Straßburg billich vor allen Menschen das Lob haben solle, daß er allein der erste Erfinder seye dieser so herrlichen vortrefflichen Kunst. Juncker Hanß Guttenberg aber, als dem nächsten nach Mentelin von Straßburg, vnnd Hanß Fausten, soll das Lob gegeben werden, daß sie der bereits erfundenen Edelen Kunst zu mehrer Zierde vnnd Vollkommenheit verholffen haben.
Derowegen dann, vnnd weil nicht allein der Mentelin ein Bürger zu Straßburg gewest vnnd biß in seinen Todt geblieben, sondern auch Juncker Hanß Guttenberg selbsten zu Straßburg erzogen worden ist, auch Vlrich Han, vnnd Sixtus Russinger, der[Rand:Argentinae inventa, / Moguntiae perfecta] 1471. die Buchtrucker-Kunst der erste nach Neapolis gebracht hat, auch Straßburger gewest seynd; so ist die Hochlöbliche Stadt Straßburg (als in deren diese Edele fürtreffliche Kunst durch Gottes Eingebung zu allererst, vnd durch ihre eigene Leute, erfunden vnd ins Werck gerichtet) wegen eines so ansehnlichen stattlichen Ruhms billich allen andern Städten vorzuziehen.
Jedoch soll der Stadt Meyntz dieses Lob vngenommen seyn, daß nemlich die Hochlöbliche Buchtrucker-Kunst daselbsten der gantzen Welt zum Besten vollends bis ins Jahr 1450. zu ihrer rechten Vollkommenheit gebracht worden.
Als nun dieses Entscheid-Vrtheil also verlesen worden, vnd weiters den Tag nichts vorkame, ist durch die Schalmeyer zum Abzug herrlich geblasen worden.
[392] Indem aber die Helden-Räthe auß dem Schrancken gehen wollen, kam ein vortrefflicher schöner Schwaan von Seiten deß Rheins herauff geflogen; der satzte sich ob dem Burgthurn nider, vnd mit anmüthiger Menschen-Stimme hub er an gantz verständlich also zu singen:
[Rand: Herr Joh. / Freinsheim]
Straßburg, ob dich dein Geschütze,
Deiner Bürger Kunst vnd Witze,
Deiner Güter Frucht vnd Nütze,
Deine gute Policey,
Dein Thurn erfrewt, vnd deiner Wählen Schutze;
So Frewe dich doch mehr vmb deine Truckerey.
Stücke springen, Menschen sterben,
Gütter fehlen vnd verderben,
Policeyen gehen vnder,
Thürn vnnd Wähle fallen ein;
Hingegen ist dir dieses Wunder
Ein ohnverändert Gut, vnd bleibet ewig dein.
Als er diesen herrlichen Gesang mit aller Anwesenden Verwunderung vollendet, schwange er sich in die Höhe, vnnd etlichmal ober den Schrancken, als einer, der seinen Abscheid nehmen wolte, floge er herumb. Endlichen, nachdem er ein kleines Zedelein, darauff folgende Wort stunden:
Ad Boream. Cantabo.
herab fallen lassen, ist er eines Flugs gegen Norden zu auß vnsern Augen verschwunden. Welchem, wo mir die Federn nicht wären durch so viel Trübsal beschnitten gewest, ich von gutem Hertzen hätte nachfliegen mögen.
Dergleichen Händeln sahe vnnd hörete ich am Fenster zu biß in drey Wochen, da kam Expertus Robertus wider zu mir; vnd als er nach erforschetem meinem Zustand befande, daß ich widerumb so fern bey Kräfften vnd außgehen konte, führete er mich auff die Ritter-Wiese, von deren oben gedacht ist, vnd hernach mit sich in seine Kammer, in welcher ich bis zum Ende mein Auffenthaltung vnnd Herberg gehabt habe.
Bald nach zweyen Tagen war ich für den Gemeinen Hoff-Rath erfordert in den Vorsaal, welchen besasse Herr Thurnmeyer, [393] Gutrund, Wahrmund, Freymund, Künrath, Adelbert, Sigmundt, Mannhardt.
Expertus Robertus aber, weil er sich meiner Person zu viel annahm, wurde dißmal, wiewol er nun Ober-Hoff-Richter war, anderst nicht als für einen Beystand passiert.
Künrath thate das Wort, erzehlte mir die Vrsachen dieser Beschickung, vnnd beantwortete sich gleich selbst an meine statt: daß ein Ersam-Adelich Hoffgericht die Vrsache meines Außweichens (welche sie hingehen ließen) vnnd mein außgestandene Soldthatische Abendthewr theils von mir vnnd andern bey meiner Ankunfft theils von Experto Roberto selbst genugsam verstanden hätten, vnd wäre diese jetzige Beschickung auß keinen andern Vrsachen, als allein darumb geschehen, damit ich wider auff freyen Fuß gestellet vnd nach außgestandener Abstraffung, welche mehr andern zum Exempel als mir selbsten zu Schaden widerfahren, deß Burgfriedens nunmehr fürohin wider geniessen möchte; mit Vorbehalt dieses eintzigen: so fern die newlich anwesende Klägere wegen der Gesichten sich wider erzeigen würden, daß ich nicht von der Hand gehen, sondern biß zu Außtrag der Sachen alda verharren, vnd so je alsdann fürter begehren möchte, solches ohne deß Helden-Raths Vorwissen, Belieben vnd Paßzedel nicht thun solte.
Ich bedanckte mich zwar der hochgeneygten Beysprechung zum vnderdienstlichsten. Aber ich merckte also bald, was es seyn möchte; dann die drey Bößwichter waren schon vorigen Tags, als sie meiner Gesundheit Kundschafft empfangen, eingekommen, nicht allein ihre alte Klage wider mich außzuführen, sondern auch wegen so thaner Kriegshändel viel newe Sachen wider mich anzuzedlen. Andern Morgens vmb 8 Uhr ward mir durch Hanß Thurnmeyern angesagt, daß ich für den Helden-Rath kommen solte, als ich auch thate, dann sie schon wegen anderer Sachen versamlet waren: so bald ich hinein kam, vnd meine Schuldigkeit nicht mit Welschem verhaßtem hertzlosem Gepräng, sondern vff gut Teutsch mit einem Bückling oder Knäpperling abgelegt, sprach der Ertz-König Airenvest: Du Philander, oder auff Helden-Art mit dir zu reden, du Manhold, hastu Lust bey vns zu sitzen? Allergnädigster Herr Ertz-König, sprach ich, mir wills nicht gebühren. Sprach er; Ey warumb? Du bist ja nun auch einer auß den Helden worden: dann ich [394] höre von den wunderkühnen Thaten, so du seit newlicher Zeit begangen hast.
Ich schwiege still, vnd merckte gar wol, daß es zu meiner Schmach (ich wolte lieber sagen zu meinem Vnbesten: dann was Oberkeiten mit Vnderthanen reden, ob es schon offt hart, schmählich[Rand: Schelttworte / der Oberkeit] vnnd Ehrenrührig lautet, ist es darumb also nicht auffzunehmen. Oberkeiten sind Vätter, die im Zorn offt viel reden, so den Kindern darumb nicht zu Schanden dienen soll, vnnd trotz einem andern, daß er es nachreden wolte; darumb auch soll es von Vnderthanen mit Sittsamkeit vnnd Gedult auffgenommen vnnd vberhöret werden) geredt worden, biß nach einer Weyle der Held Teutsch-Meyr, als der Jüngst, in ihrer aller Namen sprach: Philander, es ist diese Beschickung nur allein darumb beschehen, damit wir dem Helden-Rath, wegen der newlich wider dich angebrachten Sach, deine Meynung frey von dir hören mögen. Dann vber das, was wegen der Gesichten sie wider dich geklagt, so haben sie jetzund die Klagde vmb so viel, als du vngebühr im Soldaten-Leben verübet haben magst, gehäuffet, vnd ist zu besorgen, du werdest ihnen dißmal schwerlich entkommen, bevorab weil du gestern auß Befehl wirst angelobet haben, vor Endung dieser Sache nicht außzuweichen.
Genädigster Herr, sprach ich vnerschrocken, was ich newlich von wegen der angemaßten Klägere für Erklärung gethan, dabey laß ichs noch bewenden. Vnnd erbiete mich nachmaln, daß, wo sie einigen Gewalt, von ehrlichen Leuthen gegeben, vorweisen werden, so wolle ich ihnen ferners antworten, vnd sonsten nicht. Was aber die Kriegshändel belanget, so sie mir jetzt auffs newe vorrucken wollen, derentwegen bin ich nicht schuldig, ihnen Rechnung zu thun, sondern, wo ein Hochadelicher Teutscher Helden-Rath vngebühr von mir erfahren wird, will ich mich deroselben gnädigster Erkandtnuß auch ohne Klägere vnd von mir selbsten gern vnderwerffen.
Darauff waren die drey Vffwickler auch einbescheiden; vnd als man den Gewalt ihrer Herren Oberer vorzulegen begehret, brachten sie bey ein alt zerlumptes, schmutziges, ihnen gleichförmiges Zedelein mit einer elenden Schrifft, vnd vielen grossen Namen vnderzeichnet, welches anderst als für eines Käßkremppen Handschrifft nicht mochte gehalten werden.
[395] Derowegen ohne ferners Anhören, weil auß allen Anzeigungen die Bößwichter sich ihrer Sach anhuben zu förchten vnd sich selbst zu mißtrawen, ward ihnen dieser Sachen wegen ein Ewiges Stillschweigen vfferlegt gebotten. So viel aber meine Kriegshändel betreffe, da verwundere sich ein Hochadelicher Alt-teutscher Helden-Rath, was sie ein solches zu klagen vervrsacht habe, da sie doch selbige Sach im wenigsten nicht angehe, auch sie solche nicht verstehen, darumb sie dann im fall ferner dieser Verfolgung anderst nicht als für Lösterer könten gehalten werden. Welches Bescheids ich mich vnderthänig bedanckte.
Mutius Hundsfisch, den im Namen der ander beiden dessen im Hertzen dreyfach verdroß, nahme mit Naseschnupffen den Abscheid vnd vberreichte zugleich Herrn Thurnmeyern ein Buch mit diesen Worten:
Allergnädigster Herr Ertz-König vnnd gnädige Herren, vff derselben Bescheiden geruhen wir zwar für vns sehr gern, wie wir dann schuldig sind. Aber damit gleichwol deß gemeinen Nutzes vnderdessen nicht vergessen werde, Cum deceat viros bonos offensionum pro Republica impavidos esse, so bitte ich allervnderthänigst, hiebey abgegebnes Buch durch einen auß deß Helden-Raths Geheimen Rathschreibern durchsehen zu lassen, vff daß, so ichtwas wider gemeine Ruhe, Frieden vnd Wolstand drinn zu finden wäre, dasselbige zu Verhütung dergleichen mehr einschleichenden verführerischen Giffts der Gebühr nach beschnitten vnd geändert werde.
Wabey sie samptlich nicht ohne grossen Schimpff vnd Gelächter deß Hoff-Volcks abziehen müssen; vnd hab ich seithero die Auffwickler nicht mehr gesehen, wiewol auff allen fall ich mich bereit halte, künfftiger zeit ihren Düschereyen, welche sie vnder dem Vor wand deß Gemeinen Bestens (als viel böse Buben pflegen, die doch ein viel anders Absehen haben) wie es auch wäre, mit Gott zu begegnen. Also verhoffte ich, meine Sachen wirden nun alle ihre Endschafft erreicht haben, vnd ich einmal meiner Freyheit, wohin mich das Glück begehren wolte, geniessen mögen. Aber halt Pfeffer, halt, sagt Monsieur Poully, wir haben noch mehr zu singen. Folgenden Morgens, als ich verhoffte, meinen Abschied [396] bey Hoff zu erhalten, ward ich neben Expertus Robertus nochmaln vor den Hoff-Rath erfordert. Ich meynete anderst nicht, dann es würde wegen deß Paßzedels seyn. Aber Hanß Thurnmeyer, vermög seines Ampts vnnd habenden mündlichen Befelchs, fung an folgender gestalt mit mir Zureden.
Philander, du bist neben Expertus Robertus deß Helden-Raths Ober-Hoff-Richtern, jetzmahln vorbescheiden, vnd wirst dich bester massen zu erinnern wissen, wie du aller nichtigen Anklage, so Mutius Jungfisch, Don Vnfalo vnd ihr Anhang auß eigener Rachgierde wider dich ersonnen haben, gestern alhie loß erkandt worden.
Dieweil aber Er, eben zur selben Zeit, in Gegenwart deiner, ein Gesichten-Buch eingegeben, vnd auß Christlicher Schuldigkeit, so er zu gemeinem Nutzen trägt, begehrt, daß alles ärgerliche vnd vffrührische nach Vberlesung darinnen verzeichnet vnd beschnitten oder gar abgeschafft werde, so wirstu dich nicht beschweren, allhie in Expert. Rob. als deines Bürgen Handt vorm Rath anzuloben. Erstlich, nicht außzuweichen, biß alle diese Sachen zu Ende gebracht. Darnach, allem dem nach zu geleben, dazu ein Hoch-Adelicher Teutscher Helden-Rath dich schuldig zu seyn wird erachten; Wiltu das thun, so gelobe also an.
Edeler vnd Vester Herr, sprach ich, so mir erlaubt wäre, ein Wort vorhin zu reden, wolte ichs kurtz machen. Was dann? Ich will, sprach ich, dieser beider Puncten wegen so bald angeloben: Aber in aller Vnderthänigkeit erinnere ich nur: dieser vnruhige Mutius Hundsfisch vnd sein Anhang geben vor, wie ich höre, daß auß Christlicher Schuldigkeit, vnnd zu gemeinen Nutzes[Rand: Gemeinen / Nutzes / Fürwandt] Bestem sie dieses gethan hätten; so versichere ich hiemit alle Welt, daß Sie Ehrlose Verräther seynd, dann ich Sie in ihren eigenen Worten vberzeigen will, daß sie diesen Fürwand einig vnd allein zu Beschönung vnd Ferbung ihrer losen Sache gebrauchen, die sonst ihr lebtag deß gemeinen Nutzes anderst nicht als mit höchstem eusserstem Schaden vnd allein zu ihrem sonderlichen Vortheil gedacht oder gebraucht haben, auch mit höchstem Verderben vnd Bestehlung deß armen Vatterlands. Vnd ist auß diesem ihrem Falsch wohl zu sehen, so sie mehr Gewalts hätten, was sie vnder dem Fürwandt deß gemeinen Nutzes, als alle Auffrührer vnd Verräther [397] je vnd allwegen gethan haben, für grewliche Sachen vnderstehen[Rand: Salust. Bell. /Jug.] solten. Cum difficile sit Illis in potestatibus temperare, qui per ambitionem sese probos simulavere. Dieses allein hab ich zur Nachricht nicht verhalten wollen.
Vnd gelobe hiemit in die Hände deß Herrn Expert. Rob. an, deme was mir jetzo auß allergnädigstem Geheiß wird anbefohlen werden, getrewlich nachzugeleben vnd nicht außzuweichen, biß durch das Hoch Adelich-Richterliche Ampt ich ledig vnnd frey erkandt seyn mag. Darauff ward vns abzutretten befohlen.
Nach einer Stunde, dann so lang mußten wir beyten, waren wir wider eingelassen, vnd als durch Hanß Thurnmeyern mir dasjenige noch einmal, wie vorhin erzehlt, eingebildet worden, gelobete ich auch ihm an Eydes statt an, allem dem, was er mir vorlesen werde, nachzukommen. Darauff lase er als folget:
[Rand: Bescheid] Demnach es eine Staats-Notdurfft erachtet worden, auff vnterthänigste verschiedener Orthen her eingelangte Andungen deß genandten Philanders von Sittewalt zwey Gesichten-Bücher, vberlesen, vnnd fleissig durchgehen zulassen, vmb, was in denselben zu ändern sein möchte, zu ersehen; so ist nach reiffer Erwegung alles dessen so darinn begriffen, funden worden, daß zwar Hauptsächlichen, Er, Philander, dahin gehet, die heutigs tags in vnserm betrübtem Vatter-Land gangbare vnd giltige Vntugenden vnd Thorheiten dergestalt mit Schertz vnd Lust-Reden den Menschen verhaßt zumachen, als welche nicht leiden mögen noch wollen, daß man ihnen ihr Vnrecht mit Ernst vorhalte vnnd abwehre; welcher Zweck, wie er an sich selbsten gut, also ist er auch nicht zu verwerffen. Hingegen in Betrachtung, daß viel Dinge in gedachten Büchern hätten förmlicher, zierlicher, gebührlicher, verantwortlicher, vnvergreifflicher, bescheidener, annemblicher, verständlicher, vnd also können vorgebracht, auch theils gar aussen gelassen werden, dadurch dann Er, Philander, viel Vngunst, Mißtrawen, Eyffer, Sauersehen, vnd bey etlichen sein selbst Verhinderung, etc. hätte verhüten mögen; In dem es scheinet, auch wohl sein kan, er habe einem Theil zu viel, dem andern zu wenig gethan, bey vielen auch das Ansehen gewunnen, ob hätte er theils auß Vorwitz, auß Rachgier, auß Vnverstand, auß Thorheit, auß Frevel zusamen geschrieben, obwol er in seinem [398] Hertzen ein oder ander Ding, dergestalt als es auffgenommen wird, nicht möchte gemeint haben, welches, weil es ohne vnser vorhergehende Erkantnuß in Truck kommen, vmb so desto weniger von Männiglichen für nehm gehalten worden. So ist vor dem Hochadelichen Rath für thunlich, auch nötig erachtet worden, gedachte zwey Gesichten-Bücher dem Reformations-Rath anheimb zu vbergeben, vnd also mit Gemeiner Helden Gutachten zubekräfftigen, welcher in Zeit acht Tagen, von jetzt an, dieselbige Gesichte nochmalen zu durchgehen sich wird beliebig seyn lassen; vnd was sie so dann zu ändern, zu mehren, zu mindern, außzustreichen, bey zu setzen, zu erläutern, zu erklären fugsam befinden mögen, dem soll gedachter Philander nach zu leben wol geruhen. Außgesprochen vor dem Helden-Hoff Rath in der Burg Geroltz-Eck im Waßgaw, auff Redewitz Tag, im Jahr der Christen 1642.
Die Warheit zu bekennen, diß vnverhoffte Vrtheil kam mir frembd vor, auch theils vnverständlich, vnd hätte mich dessen gern beschweren wollen.
Aber Exp. Rob. sprach zu mir, dein Sach ist gut, Philander, deine Fretter werden sich nun dessen desto mehr schämen, vnd du wirst auß der Brühe kommen, weil die Sach vnder der Helden Namen künfftig wird zu verhandlen vnd zu verantworten sein, bedancke du dich, vnd laß vns gehen.
Hans Thurn-Meyer fragte aber, ob ich dem, was ich jetz hören ablesen, nachzukommen willens wäre? Ich sprach, Ja, vnd gelobete ihm solches nochmahlen; vnd gienge fort, eben ein Viertel vor zwölff Vhrn.
Vnd haben diesen Tag, wie auch die vbrigen, in Anhörung etlicher geheimer Staats-Sachen (die mir aber bey Verlust meiner Wolfahrt zu verschweigen gebotten worden) zugebracht, biß die acht Tage zum Reformations-Rath auch vor bey gekommen, in welcher Zeit mir der Alte genugsamen Bericht gab, wie ich mich in einem vnd anderm ferner wirde zu verhalten haben.
Weil ich nun auch dieses tags, insonderheit dieses Kriegs-Gesichts Abenthewr durch Gottes Hülff bestanden hatte, kan ich nicht vorüber, zu Beschliessung desselben, vnnd zu Bezeugung meiner schuldigen Danckbarkeit mit dem frommen Herrn Ringewald auß seiner lautern Warheit also zu seufftzen.
[399][Rand: p. 319] O Edler Fried, du höchstes Gut, Wohl dem, der bey dir wohnen thut Vnd frölich vnder deinem Zelt Sich mit den seinen auffenthelt. Weh aber dem, der alda sitzt Im Krieg, daß ihm die Seele schwitzt, Wo Bruder Veit mit seiner Ruth Ankommen vnd regieren thut.
Darumb, ihr Deutschen vnverzagt, Euch wie Christen wohl vertragt, Auff daß ihr nicht durch ewern Streit Selbs Vrsach ewers Vnfals seit. Dann wann ihr euch mit vielem schlagen Wolt selber auß dem Lande jagen, Die Vesten hien und her zerbrechen Vnd euch wie Vieh zu Boden stechen Dazu die Rüstung sampt den Spiessn Verderben vnd all Kraut verschiessn, Wie wolt ihr dann im Vnger-Land Dem Türcken thun ein Widerstand, Wan er mit seinen Säbeln schwer Käm wider euch gezogen her?
Wolt Gott, daß alles Kraut und Loth, So in dem Reich ohn sonder Noth Sampt manchem dapffern Krieges-Mann In zwantzig Jahren ist verthan, Nach Offen hien mit starcker Hand Wer wider vnsern Feind gewand, So glaub ich, daß man hett mit Fromn Constantinopel eingenomn, Aber es ist, Gott seys geklagt, Allein nur an die Freund gewagt, Da die Gliedmassen, hoch gesessen, Die Kleinen haben aufgefressen, Dadurch der Leib, daß Römisch Reich, Wird in die Läng gar matt vnd bleich, Sich wider die wild reissig Bärn Von Ismael mit Krafft zu wehrn.
[400] O frommer Gott, wie ist doch heut Im Reich so gar kein Einigkeit In allen Ständen hien vnd her, Sie blicken alle in die Quer.
Ein jeder zu dem seinen sicht, Getrawet seinem Nachbarn nicht, Besorgt daß er ihm Spott beweiß Vnd einen lamen Bossen reiß, Vnd ob sie wol einander schreibn, Wie Brüder fest beysam zu bleibn, Und daß mit Worten hart verschrencken, Doch innerlich viel anders dencken.
Dann Ehr vnd Trew zu unser Frist Bey jederman gefallen ist, Wie mancher Mann in seinem Ordn Mit Schaden daß ist wahr gewordn.
Warlich, wann man dem Türcken sagt, Wie ihr euch selbst zu Boden schlagt Vnd also vbel ärger macht, So sitzt der dicke Schelm und lacht Vnd denckt also: daß ist für mich, Nun hab ich einen freyen Stich Wider die Christen, weil sie sich Selber verderben jämmerlich; Vnd wann der Pfuhu abgericht Sein wohlgelegne Zeit ersicht, So kompt er trötzlich in das Feld Mit seinen Eulen vngezehlt Vnd beut mit vielem Spott aldar Dem altberümpten Adler klar Sampt seinen Falcken wohlgethan Vmb Land vnd Leut zu kempfen an.
Wann ihr euch dann als wie die Raben Selbst kurtz zuvor gebissen haben, Daß Geld verschustert, Kraut verschossen Vnd ewer Brüder Blut vergossen, So wird der Adler neben euch Sampt allem Volck im gantzen Reich Besorgen müssen groß Gefahr, Dafür vns Gottes Sohn bewahr.
[401] Darumb, ihr Brüder allzugleich, Die ihr noch liebt daß Römisch Reich, Seyd einig wie die Christen Leut, Vermeidet die inhaimisch Streit, Auff daß ihr euch nach einem Geist Der Brüderlichen Eintracht fleist, Vnd braucht nur ewern Helm vnd Schild, Wanns wider Türck vnd Heyden gilt; So wird das gantze Land gemehrt Dazu Gott vnd das Reich geehrt. Du sihest, wie groß, HErr JEsu Christ, Der Lerm in allen Landen ist Vnd jederman in Dorff vnd Statt Sein Todt-Feind an der Seiten hat.
Dazu die Lieb bey Jung vnd Alt Ist wie ein hartes Eyß erkalt, Vnd keine Beßrung auff der Erd Zu hoffen, biß ein Ende werd. Als komm mit deinem Richter Stab Ja in der Zeit von oben rab, [Rand: p. 351.] Ehe dann mit vieler Christen Weh Der Glaube gar zu boden geh, Vnd heb den ärgerlichen Lauff Der Welt sampt allem Hader auff, Der nicht kan werden vndernommen, Biß daß du wirst vom Himmel kommen.
[Rand: p. 324.] O Jesu, der du in dem Feld Alleine bist der starcke Held, So da mit einem schlechten Sprechen Kannst Mauren, Schild vnd Spiesse brechen, Dazu den Feinden ihr Gewalt Vnd grossen Hochmuth stillen bald, Daß sie entweder auf den Füssen Schnell lauffen oder fallen müssen, Steh doch in diesem harten Streit Auch bey der armen Christenheit, Die jetzt durch sich selbst hochbetrengt Allein an deiner Hülffe hengt, Fürwar, es sieht bey Jederman, Als ob es mit vns wär gethan [402] Vnd ob es würde in gemein Mit vns allen verlohren sein.
Darumb, O HErr, errett vns doch Von unser selbs gemachtem Joch, Beweiß dein Macht vnd Stärck einmahl Von oben auß des Himmels Saal. Du kenst das Hertz, HErr Jesu Christ, Weist wol, wer fried- vnd redlich ist, Drumb laß den Hauff zu boden gehn, Der sich zum Fried nicht will verstehn. Daß dich dein Volck erheben thu, Hie zeitlich vnd dort immerzu.
Ende. [403]