[202] Die Reue an Dortchen

1772.


Mit Thränen, Dortchen, denk' ich mir
Die längstverlebten Stunden,
Da treue Zärtlichkeit mit dir
Mein junges Herz verbunden.
Im weichen Grase lag ich oft,
Von Buchen überrauschet,
Und sang, und sah mich unverhofft,
O Glück! von dir belauschet;
Und drückte feurig dich ans Herz,
Das dir entgegen strebte,
Bis dort am Walde niederwärts
Die goldne Sonne bebte.
Wie selig priesen wir uns da!
Wär' auch ein Fürst gekommen,
Mit Kron', und Reich, und Scepter, ha!
Wir hätten's nicht genommen.
Für unsern liebetrunknen Sinn
War all sein Glück zu wenig.
Du warest meine Königin,
Ich, Dortchen, war dein König.
Bis, von Verleumdung angefacht,
Mich Eifersucht entbrannte,
Und seelennagender Verdacht
Aus deinem Arm mich bannte.
O Stunde, da ihr Taumelwein
Mich Rasenden bethörte!
Und ich auf deine Schmeichelein,
Unschuldige! nicht hörte!
Vergieb, o Mädchen, kannst du noch
Dem Irrenden vergeben!
Wo nicht, so brich, o Tod, dies Joch,
Und ende solch ein Leben!

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