Elysium
Hain! der von der Götter Frieden,
Wie von Thau die Rose, träuft,
Wo die Frucht der Hesperiden
Zwischen Silberblüten reift;
Den ein rosenfarbner Aether
Ewig unbewölkt umfleußt,
[132]Der den Klageton verschmähter
Zärtlichkeit verstummen heißt:
Freudigschauernd in der Fülle
Hoher Götterseligkeit,
Grüßt, entflohn der Erdenhülle,
Psyche deine Dunkelheit,
Wonne! wo kein Nebelschleyer
Ihres Urstoffs Reine trübt,
Wo sie geistiger und freyer
Den entbundnen Fittig übt.
Ha! schon eilt auf Rosenwegen,
In verklärter Lichtgestalt,
Sie dem Schattenthal entgegen,
Wo die heil'ge Lethe wallt;
Fühlt sich magisch hingezogen,
Wie von leiser Geisterhand,
Schaut entzückt die Silberwogen
Und des Ufers Blumenrand;
Kniet voll süsser Ahndung nieder,
Schöpfet, und ihr zitternd Bild
Leuchtet aus dem Strome wieder,
Der der Menschheit Jammer stillt,
Wie auf sanfter Meeresfläche
Die entwölkte Luna schwimmt,
Oder im Kristall der Bäche
Hespers goldne Fackel glimmt.
[133]
Psyche trinkt, und nicht vergebens!
Plötzlich in der Fluthen Grab
Sinkt das Nachtstück ihres Lebens
Wie ein Traumgesicht hinab.
Glänzender, auf kühnern Flügeln,
Schwebt sie aus des Thales Nacht
Zu den goldbeblümten Hügeln,
Wo ein ew'ger Frühling lacht.
Welch ein feyerliches Schweigen!
Leise nur, wie Zephyrs Hauch,
Säuselt's in den Lorbeerzweigen,
Bebt's im Amaranthenstrauch!
So in heil'ger Stille ruhten
Luft und Wogen, also schwieg
Die Natur, da aus den Fluthen
Anadyomene stieg.
Welch ein ungewohnter Schimmer!
Erde! dieses Zauberlicht
Flammte selbst im Lenze nimmer
Von Aurorens Angesicht!
Sieh! des glatten Epheus Ranken
Tauchen sich in Purpurglanz!
Blumen, die den Quell umwanken,
Funkeln wie ein Sternenkranz!
So begann's im Hain zu tagen,
Als die keusche Cynthia,
Hoch vom stolzen Drachenwagen,
Den geliebten Schläfer sah;
Als die Fluren sich verschönten,
Und, mit holdem Zauberton,
Göttermelodieen tönten:
Seliger Endymion!