3.
Poeterey

Man hält mir nicht für gut die Poesie zu üben;
Das Buch, das grosse Buch, darinnen auffgeschrieben
Der Römer langes Recht, solt eher meine Hand
Durchsuchen, daß darauff sich gründe mein Verstand.
[97]
Ists etwan ungesund, auff Speisen, die da nähren,
Zu Zeiten frisches Obst erquicklich zu verzehren?
Die edle Poesie ermuntert Sinn und Geist,
Daß er greifft an mit Lust, was schwer und wichtig heist.
Das nöthigst ist das Brot; doch läst man gleichwohl gelten
Die weit gereiste Würtz und sonsten, was da selten
In unsre Kuchel kummt; man günnet auch der Lust,
Bedarff es nicht Natur, zu Zeiten eine Kost.
Der heilsame Verstand, daß einer züchtig lebe,
Niemanden Schaden thu und iedem gleiches gebe,
Ist nöthig, als wol was; doch steht es gleichwol frey,
Zu salzen Kunst und Witz durch die Poeterey.
Weil Recht ein Knecht ietzt ist, dem Frevel hat zu schaffen,
Weil eignen Willens Zaum pflegt frey verhenckt zu schlaffen,
Weil Mars das Rothe stellt und auch das Schwartze setzt,
Weil er Gesetz erklärt, wann er den Degen wetzt,
Dieweil er Urtheil fällt, nach dem der Sieg gefallen,
Weil grober Stücke Knall und holen Ertztes schallen
Viel klagens nicht gestehn: So sey es mir vergunt,
Auff daß der Zeiten Weh, darinnen wenig Grund
Zum from seyn übrig ist, ich etwas mag besüssen
Durch das, was ieder Zeit für ein gerühmtes wissen
Geschätzet war und wird. Man lasse mir die Lust,
Die, wo sie wenig bringt, noch weniger doch kost.
Sie wird mir nützer seyn, als Mägden zu gefallen,
Als in der geilen Brunst der Uppigkeiten wallen,
Als eingeschrieben seyn in frevlen Raube-Bund,
Der durch gebrauchten Trotz der Welt hilfft auff den Grund,
Als daß mein Sinn im Wein, und Wein schwümm in dem Sinne,
Als daß der Spieler Dank, der schlecht ist, ich gewünne,
Als daß ich mich befliess' auff Hunds-Philosophey
Und trieb, als eine Kunst, ein bäurisch Feldgeschrey.
So fühl ich auch nicht Hitz auff Hofegunst zu schnappen;
Ich biege keine Knie und rücke keine Kappen
Für auffgeputzter Ehr und angestrichner Gunst,
Die mancher sucht mit Müh durch schnöde Schmeichel-Kunst.
Genug, wann ich mir selbst im Friede kan befehlen
Und darff zu fremder Pflicht nicht Tag und Stunden zehlen.
[98]
Ein König bin ich so, mein Haus ein Königreich,
Da weder Hold noch Gram mich roth macht oder bleich.
Der Himmel, hat mir der vertraut und was gegeben,
So geb ich dieses dem, der bey mir wohnt daneben;
Ich diene, wem ich kan, bin eines ieden Knecht,
Doch daß mir über mich bleibt unverrückt mein Recht.
Hierzwischen laß ich nun zur Zeit mit unterlauffen
Die viel-gefüsten Reim und führe sie zu Hauffen
Für gute Freunde hin; gefallen sie, Gar wol!
Wo nicht, was liegt mir dran? Es ist kein nöthig sol
Gefällig allen seyn. Ein ieder mag es machen,
Daß über seinem Thun die Engel selbsten lachen,
Und daß die Weißheit sich selbst drob verwundern kan;
Der, dem ich wo nicht taug, der seh mich nur nicht an.

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