Georg Christoph Lichtenberg
Epistel an Tobias Göbhard

in Bamberg über eine auf Johann Christian Dieterich in Göttingen bekannt gemachte Schmähschrift

[237] Vorerinnerung des Herausgebers


Nachstehender Brief ward eigentlich von dem Verfasser nicht zum Druck bestimmt, sondern sollte auf der Post dem Manne zugeschickt werden, an den er hauptsächlich gerichtet ist. Aber auch dieses geschah nicht, und der Verfasser begnügte sich bloß denselben einigen Freunden vorzulesen, unter deren Anzahl sich der Herausgeber befindet, lauter Personen, denen Göbhards Schmähschrift bekannt war. Da aber der Göbharde, zum großen Nachteil der Schriftsteller sowohl als der ehrlichen Buchhändler, mehr sind, als man glauben sollte, und dieser Brief einige derbe Wahrheiten gerade in dem Ton gesagt enthält, den dieses Gesindel allein versteht, das übrigens als vogelfrei für die Schriftsteller keiner Achtung und Schonung wert ist: so glaubt der Herausgeber weder den Unwillen des Verfassers noch den Undank des Publikums zu verdienen, wenn er ihn auf diese Art nicht an Einen Göbhard, sondern an alle gelangen läßt.

Friedrich Eckard


Ew. ** haben recht getan, daß Sie dem Werkchen, das neulich bei Ihnen gegen Herrn Dieterich in Göttingen erschienen ist, keine Aufschrift vorgesetzt haben. Die Büchertitul wären gänzlich entbehrlich, wenn man sie allezeit so glücklich, wie dort geschehen, durch Unterschriften zu ersetzen wüßte. Die Unterschrift sagt nämlich bei jenem Büchelchen alles mit zwei Worten, was der Leser in demselben zu suchen hat: Lügen, äußerst schlecht erfunden, und noch[237] schlechter gesagt; abgenützte Jesuiten-Kniffe, mit einem Grad von Dummheit wieder gebraucht, der in unsern Gegenden von Deutschland unerhört ist; Verteidigung von Betrug und Dieberei auf jeder Seite, in einer Art vom Babel vorgetragen, wie es sich für eine solche Sache, und in einer Sprache, wie sie sich von einem solchen Verteidiger erwarten läßt –; und diese zwei Worte sind Ihre, des Verfassers, Namen: Tobias Göbhard. Beschuldigungen, mit diesem Lügenzeichen gebrandmarkt, würde kein ehrlicher Mann Glauben beimessen, auch wenn sie gegen streitige Ehrlichkeit und schwankenden Kredit gerichtet wären; aber was soll man gar sagen, da sie Dietrichen treffen sollen, der durch seine bekannte Ehrlichkeit, die noch täglich von Betrügern von allerlei Stand gemißbraucht wird, mehr verloren hat, als sie durch ihre Spitzbübereien je gewinnen werden? Also wozu meine Widerlegung, da schon eine so herrliche in Ihrer Unterschrift steckt? Ich bekenne es gerne, die Korrespondenz, womit ich Sie beehre, hat wenig Aufmunterndes für mich. Ich schreibe an einen Mann von solchen Gesinnungen und solchem Fell, daß von ihm Ehre gar nicht, und Besserung kaum zu erwarten steht; wider eine Klasse von Menschen, die außer Betrug und Gewinn nichts aufmerksam macht und sicherlich außer Peitsche und Pranger nichts bessert; und endlich wider eine Sache, bei deren Widerlegung sich sonst noch Witz und Scharfsinn anbringen ließ, bis Sie nun durch ihre unehrliche Verteidigung auch diese schändlich leicht gemacht haben. Die Ursache, warum ich Ihnen schreibe, muß ich Ihnen also in wenig Worten erklären. Es ist nicht Privat-Interesse, denn ich bin weder Buchhändler noch Schriftsteller, aber ein warmer Freund von beiden und was Sie wohl kaum glauben werden, unter allen denen, die Sie und Dietrichen in diesem Lande kennen, vielleicht der einzige, der noch erträglich von Ihnen denkt: und da sollte dieser Brief ein Versuch sein, zu erfahren, ob man Sie ferner zu Ihrer Besserung noch gehen lassen soll, oder ob es nun schon bereits Zeit sei, ein so fettes Stück, wie Sie, endlich zum allgemeinen Besten deutscher Schriftsteller mit einem derben Streich am Altare des Apoll zu schlachten, denn ein Vertrauter dieses Gottes hat mir gesteckt 1, daß er solche Opfer mit unter die größten Leckerbissen zähle. Auch dieser ehrlichen Absicht haben Sie es zuzuschreiben, daß ich Ihren Lügen und [238] schimpflich schlechten Argumenten noch dieses Mal mit einigem Ernst und einem Anstand begegne, der, so frei er auch, gegen jeden an dern gebraucht, scheinen möchte, gegen Sie immer einer Zurückhaltung ähnlich sehen muß.

Doch ehe ich mich auf Ihre Verteidigung des Nachdrucks einlasse, muß ich erst die ungeschickte Blendung von Lügen wegräumen, die Sie ihr vorgeschoben haben. »Dieterichs Preise seien unerhört, sagen Sie, und führen zum Beweis an, daß er Herrn von Sinds Stallmeister, den er für 6 Taler verkaufe, Trattnern für 2 Taler überlassen habe, sobald ihm derselbe mit einem Nachdruck gedroht: ferner, daß er für ein Buch vom Herrn Prof. Feder, worüber der gegenwärtige Streit entstanden ist, 1 Rtlr. 16 Ggr. fordere, das Sie im Nachdruck genüglich für 1 Rtlr. verkaufen könnten.« Wenn Dietrich auch nur zuweilen seine Käufer übernähme, oder sich nur nicht so vorzüglich durch geringe Preise, zumal bei ausländischen Werken, auszeichnete, so wollte ich Ihnen verzeihen, daß Sie einen an sich wahren Satz einmal durch ein erlognes Beispiel hätten bestättigen wollen: allein so ist, ganz in der Göbhardischen Manier, beides Satz und Beweis erlogen. Denn ich kann, glaube ich, getrost alle ehrliche Deutsche, von denen Sie und Ihre Bande, versteht sich, ausgeschlossen sind, auffordern, ohne einen Einspruch zu befürchten, mir ein Buch zu nennen, das Dieterich teurer verkauft hätte, als andereehrliche Buchhändler: hingegen könnten ich und meine Freunde, wenn es verlangt würde, Bücher genug nennen, die uns Dieterich für fünf lieferte, wenn andere sieben forderten. Allein seinen eignen Verlag verkauft er unerhört teuer, sagen Sie. Gut. Also nun zu Ihren Beweisen. Es ist wahr, Dieterich verkaufte Herrn v. Sinds Stallmeister den Buchhändlern für 6 Taler, aber mit dem bekannten Rabatt von 33 1/3 p.C. das ist, für vier. Dafür erhielten ihn alle; die unehrlichen so gut, als die rechtschaffenen, Göbhard so gut, als Nicolai und Reich; dafür, und um keinen Pfennig geringer, erhielt ihn auch Trattner. Was aber diesen bewog, Dietrichen mit einem Nachdruck zu drohen, (übrigens wie ich zu Trattners Ehre bekennen muß, so freundschaftlich, als es sich nur drohen läßt) war nicht die Höhe des Preises, sondern die Art der Bezahlung. Dieterich verlangte bares Geld, und Trattner wollte Bücher geben, die jener damals nicht nützen konnte. Als endlich nach drei oder vier Briefen, worin Trattner von nachdrucken sprach, auch einer kam, worin [239] wirklich ein Bogen des Nachdrucks lag, so wendete sich Dieterich an seinen nunmehr verewigten Beschützer in Hannover, auf dessen Vorschreiben Trattnern der Nachdruck untersagt wurde; den er, um Dietrichen bloß zu schrecken, vielleicht nie weiter, als die ersten Bogen zu treiben gedachte. Sehen Sie, so verfährt Trattner, der, wie man auch aus dieser allerdings nicht ganz zu lobenden Handlung sieht, noch mehr Edles an sich haben muß, als den Titul. Nie hat er ein Exemplar für 2 Taler erhalten. Sie verwechseln doch wohl nicht gar die zweite Ausgabe mit der ersten? Jene verkauft Dieterich für 4 Taler; den Rabatt abgerechnet, für 2 Taler und einen Gulden; und diesen Gulden herunter gelogen, genau für 2 Taler.

Bei der zwoten Beschuldigung rücken Sie mit einem Ihrer andern Talente hervor. Hier gesellt sich nämlich zur Lüge Ihre eiserne Unverschämtheit. Sie verkauften, sagen Sie, Herr Prof. Feders Buch, genüglich für einen Taler, das wäre also Logik und Metaphysik für einen halben. Hier habe ich einmal vor einigen Monaten ein Verzeichnis von Ihren gestohlenen Büchern herumschleichen sehen, darin steht dieses Buch zu einem Gulden angesetzt, und eben dafür verkauft es auch Dieterich hier: also wäre der Unterschied bloß im verschiedenen Münzfuß, und betrüge etwa ein paar gute Groschen, und ist das alles? Sehen Sie, was Sie für ein Mann sind. Sie sind nicht einmal ein ehrlicher Dieb. Ich wollte wetten, Käsebier hätte das Exemplar für 6 Groschen gelassen, und Käsebier hätte es mit Vorteil noch immer tun können. Denn einmal hätte er dem Autor nichts bezahlt, nichts für das Mspt., und nichts für die neuen Auflagen. Dieterich bezahlt für jedes gleichviel und reichlich. Ferner hätte sich Käsebier so gut wie Sie gehütet, ein Buch nicht eher nachzudrucken, bis er gemerkt hätte, daß es wie warme Semmel ginge Dieterich hingegen muß wagen, und verliert oft an einem nützlichen Buch, was er am andern gewann; gewinnt aber auch freilich zuweilen an einem unnützen, was er an einem nützlichen verlor u.s. fort. Aus Ehre hätte Käsebier so gut wie Göbhard sicherlich auch nichts unternommen, wie Dieterich tut, dessen Eifer, seinen Büchern alle äußere Zierde zu erteilen, eine gute Strecke weiter bekannt ist, als Ihre Schande (kein geringer Ruhm, fürwahr!) und alle Göttingische Druckereien auf einen bessern Fuß gebracht hat. Und den Mann nennen Sie einen Schurken, weil er seine Bücher nicht so wohlfeil geben kann, als der Dieb, der nichts bezahlt, und nirgends [240] verliert, so lang er nicht fest sitzt? Und wo wollen Sie denn aufhören? Gesetzt, er verkaufte sein Buch für einen halben Taler, würde der Dieb nicht auf 10 Ggr. fallen? usw. Bringen Sie also Beispiele vonehrlichen Buchhändlern bei, wenn Sie Dieterichs Preise verdächtig machen wollen; und kommen Sie nicht mit Ihrem eigenen, denn das letztere ist beides unehrlich für Dieterichen, und ohne die mindeste Beweiskraft für Sie. Doch so viel von diesen Lügen, wenigstens hier, und nun zu Ihren übrigen Argumenten!

Daß ich Ihrer Scharteke alles entgegen setze, was man wider den Nachdruck überhaupt sagen kann, werden Sie kaum erwarten. In einem Brief wäre der Ort nicht dazu, und in einem an Sie wäre es weggeworfen. Was sich aber gegen Ihren Nachdruck und gegen Ihre Beweise von der Rechtmäßigkeit desselben sagen läßt, das will ich Ihnen sagen, und hoffentlich Ihrem Paar Ohren vernehmlicher, als vielleicht noch geschehen ist. Wenn Sie sich weiter unterrichten wollen, als hier geschehen kann, so lesen Sie, was einer unserer größten Rechtslehrer über diese Sache geschrieben hat 2; ja sollte es Ihnen je einmal wieder einfallen, ein ehrlicher Mann zu werden, so rate ich Ihnen, damit der Übergang wenigstens nach dem Gesetz der Stetigkeit geschehe, drucken Sie dieses Buch nach. Dieser einzigen Handlung wegen, würden Sie zum letztenmal von allen ehrlichen Buchhändlern als Nachdrucker verflucht, und zum erstenmal als ehrlicher Mann gegrüßt werden. Dieses tun Sie künftig einmal; je eher, je besser. Wir zusammen hier können leichter und geschwinder fertig werden. Denn obgleich die Beantwortung der Frage: Ist der Nachdruck erlaubt? im allgemeinen alle die Gelehrsamkeit und den Prüfungsgeist des Mannes erfordert, dessen Buch ich Ihnen soeben empfohlen habe; so ist sie doch gemeiniglich in einem besondern Fall, wenn alle Umstände bekannt sind, leicht, und in dem Fall zwischen Ihnen und Dietrichen so sehr auffallend leicht, daß, glaube ich, außerhalb des Toll-, Zucht- und Stockhauses kein Mann für Sie sprechen wird, er sei nun Göttinger, oder Bamberger, oder Grönländer.

Vieles von dem Unbegreiflichen, das Sie und Ihre Bande noch in den Beweisen von der Unrechtmäßigkeit des Nachdrucks finden, steckt in dem WortNachdruck und Nachdrucker selbst, das mir allerdings [241] auch nicht gefällt. Mich dünkt, wenn es von Ihnen gebraucht wird, müßte notwendig mehr vom Spitzbuben hinein. Ich will, bis mir ein besseres angegeben wird, die Wörter Schleichdrucker undSchleichdruck gebrauchen, wenn ich von Ihnen und Ihrem Verfahren rede. Die Verwandtschaft mitSchleichhandel würde niemand leicht wegen ihrer Bedeutung in Zweifel lassen, und daß ich sie zuerst von Ihnen brauche, bestimmt ihre Unehrlichkeit völlig. Sie haben Recht, Nachdrucken läßt sich so wenig allgemein verdammen, als Menschenblut vergießen. Für das letztere gibt es Belohnungen, von dem seidnen Band an, das man an den Mann hängt, bis zu dem hänfenen, an das der Mann gehenkt wird, und so auch für das erstere. Betrachten Sie einmal die folgende Leiter von Nachdruckern, und sagen Sie, ob ich unrecht habe: Richter in Altenburg, Trattner in Wien, Göbhard in Bamberg, und Mitchel in London. Der erste unter diesen verdient das seidene Band, von dem ich soeben geredet habe, und der letztere hat das hänfene wirklich empfangen. Viele würden die Stufen schon in diesem Umriß erkennen, allein für Sie, sehe ich, muß ich sie mehr ausschattieren.

Richter in Altenburg druckt die Werke der Ausländer nach, ohne ihren Verlegern zu schaden, und ohne ihnen schaden zu wollen, ja vielleicht ohne sich einmal einen andern Vorteil zu verschaffen, als den, für welchen die Bande der Schleichdrucker kein Gefühl hat: Ehre. Er erzeigt dadurch seinen Landesleuten einen Dienst, die jene Werke kaum erhalten konnten, und nie, ohne durch Postgeld beträchtlich verteuert, erhielten. Ein solcher Mann verdient die größte Aufmunterung, und man sollte ihn nicht einmal Nachdrucker nennen, seitdem dieses Wort in der Gesellschaft von Ihrem Namen angesteckt worden ist.

Trattner in Wien, der von einem Urtitel fünf-sechshundert Exemplare zu nehmen im Stande ist, kann von einem Verleger allerdings billigere Bedingungen erwarten, als ein anderer, der nur ein Dutzend nimmt; gewährt ihm diese der Verleger nicht, so droht er mit einem Nachdruck; die Bedingungen werden noch nicht eingegangen, kann man es ihm so sehr verdenken, wenn er alsdenn endlich würklich nachdruckt? und zwar nicht unter der Aufschrift: Hanau und Leipzig, sondern schlechtweg: Wien bei Trattnern. Hierinnen ist, was auch darin sein mag, nichts Schleichendes, und für das, was dieses Verfahren Tadelhaftes an sich hat, hat der gute Mann nunmehr [242] schon hundertfach dadurch gebüßt, daß Sie ihn für Ihres gleichen halten.

Göbhard in Bamberg, der ohne die mindeste Ursache, als die jeder Dieb hat, nicht unter seinem Namen, und nicht unter dem Namen seiner Stadt, ohne, auch die billigsten, Bedingungen eingehen zu wollen, nachdruckt; zu faul, sein eignes Feld zu bauen, und vermutlich zu ungeschickt, es zu können, erntet, wo er nicht gesäet hat; ehrlichen, emsigen Leuten, und ihren rechtschaffenen Familien, denen, so gut als ihm, der Vorteil des Schleichdrucks offen stünde, wenn sie ihre Gewissen über den kleinen Nachteil, Spitzbuben zu heißen, beruhigen könnten, ihr Brod raubt, was ist der, und was soll man ihn nennen? Sagen Sie selbst, was ist ein Spitzbube, wenn das keiner ist? Wer dieses tut, den nennt man so; hier zu Lande wenigstens, müssen Sie wissen, und man würde Sie so nennen und wenn Sie der Edle von Göbhard wären, ja wenn Sie des Heil. R.R. – – – doch ich will Ehrwürdige Titul, die sich vor Ihrem Namen gar nicht denken lassen, nicht einmal durch eine symbolische Verbindung mit demselben schänden. Glauben Sie etwa, Dieterich bezahle Geld für Manuskripte wie der König von Frankreich für Rezepte wider den Bandwurm? Wagte oft einen Teil seines Vermögens um solchen Hecken-Verlegern, wie Sie, sichern Profit zu verschaffen, den Sie noch, aus Erkenntlichkeit für seine Mühe, allein von dem seinigen nehmen? Was? Warum lassen Sie sich nicht dort Metaphysiken schreiben, es ist ja in Bamberg alles wahr, was hier wahr ist, ein paar Kleinigkeiten ausgenommen. Ich verspreche Ihnen, wenn Sie Ihnen in diesem Lande, wo der Schleichdrucker unehrlich ist, nachgedruckt werden, den Schaden mit 300 Prozent zu erstatten. Dieterich ist Bürge für die Bezahlung. Und warum setzen Sie nicht schlecht weg unter Ihre gestohlene Ware: Bamberg bei Göbhard? Hätten Sie das getan, wahrlich Dieterich hätte Sie verklagt und bewundert. Das Erzene im Charakter verdient und erhält auch überall seinen Grad von Achtung, anstatt, daß Sie jetzt jeder ehrliche Buchhändler anspeit, so hätte man alsdann vielleicht gesagt: schade, daß der Mann ein Betrüger ist, es hätte etwas aus ihm werden können.

Doch es ist noch eine Stufe zurück, für mich auszuschattieren, und für Sie, (wenn Sie anders weiter zu gehen gedenken), zu besteigen: die Mitchelische.

[243] Mitchel in London, der unglücklichste unter allen Schleichdruckern, aber sicherlich der geschickteste, druckte mit unglaublicher Kunst und großem Risiko auf sehr feinem Papier gewisse einblätteriche Werkchen nach, worauf die Bank in England allein das Verlagsrecht hat, und wurde, so wie alle, die sich, wie er, dieser Kunst befleißigen und bekannt werden, ohne die mindeste Hoffnung einer königlichen Gnade aufgeknüpft. Ich weiß es wohl, Ihr Fall und der Mitchelische sind allerdings unterschieden; allein, daß bei dem erstern der Schaden geringer und die beleidigte Person minder ehrwürdig ist, macht das die Tat erlaubt? Oder hat man Sie gelehret, der Spitzbube und der ehrliche Mann seien nur dem Grade nach unterschieden? Sie müssen mir hier nicht von Gesetzen sprechen, die noch nicht gegeben wären. Ein empfindliches Gewissen und ein gerader Menschen-Verstand sind, so wie die getreusten Ausleger, also auch die besten Vertreter der Gesetze, und lassen ihren Besitzer über die Rechtmäßigkeit einer Handlung selten in Ungewißheit, da hingegen ein arglistiger Betrüger oft in dem klaren Buchstaben desselben noch Schlüpflöcher findet, im Fall der Not einmal mit heiler Haut durchzuwischen. Wenn ein Reichsstand zuweilen noch das, was er keinem seiner Untertanen wider den andern erlaubt, gegen einen Fremden zu tun verstattet, wer sieht nicht, daß das von andern Umständen, als von Zweifeln über die Rechtmäßigkeit der Sache herrühren muß? So lange wir nicht im Krieg mit uns selbst leben, so müssen Schwierigkeiten daran Ursache sein, die nach der itzigen Verfassung des deutschen Reichs nicht so leicht zu überwinden sind, aber hoffentlich einmal werden überwunden werden. Und was kann denn endlich das Positiv-Gesetz tun, wenn es kommt? Sagen Sie. Etwa aus einer billigen Handlung ein Verbrechen machen? Bewahre der Himmel! Nein! ich will es Ihnen sagen: das Positiv-Gesetz wird machen, daß der Schleichdrucker, den man jetzt bloß zur Erstattung des Schadens anhalten kann, an den Pranger gestellt, gebrandmarkt und nach Befinden der Umstände auch aufgeknüpft wird. Das wird es tun. Wenn frei herum gehen dürfen so viel sagt, als ein ehrlicher Mann sein, und der Betrug erlaubt ist, der durch Löcher geschieht, die das Gesetz offen gelassen hat: Dann wehe uns von zärterem Gewissen, wenn die Spitzbuben anfangen sollten die Rechte zu studieren! Sie wissen, was die Chicane schon zur Verteidigung von Verbrechen hervorgebracht hat, die ohne sie, [244] mit Bewußtsein der Unrechtmäßigkeit, und gegen das klare Gesetz begangen worden sind. Wie wenn die Chicane nun gar selbst anfinge den Plan zum Betrug zu entwerfen? Es geht mir durch die Seele, wenn ich bedenke, daß in diesem erleuchteten Teil von Europa, ja daß unter Deutschen, deren Redlichkeit bei Ausländern zum Sprüchwort gediehen ist, noch Leute frei herumgehen, ja öffentlich bekennen dürfen, sie halten Dinge für erlaubt, die Vernunft und Gewissen verbieten, bloß weil noch kein Positiv-Gesetz dem Scharwächter oder dem Henker Vollmacht erteilt seinen Dienst an ihnen zu verrichten. Schändlich fürwahr!

Allein hören Sie doch einmal. Sollten wir denn so ganz und gar kein Gesetz haben, das uns auch noch etwas mehr bände, als den Huronen? Ich weiß nicht, was Sie in Bamberg haben, wir, hier zu Lande, haben eines, das auch unsre Bauren deutsch lesen dürfen, das heißt: Was ihr wollet, das euch die Leute nicht tun sollen, das tut ihr ihnen auch nicht. Kennen Sie den, der das Gesetz gegeben hat? Ich fürchte fast, Sie kennen weder den Gesetzgeber, noch das Gesetz, und statt beider nur die schimpfliche Glosse zum letzteren: haereticis non est servanda fides. Doch ich will weiter gehen.

Sagen Sie mir nur um aller Welt willen, wer hat Ihnen den desperaten Satz angegeben, auf den Sie sich so viel zu gute tun, daß, wer Sie und Ihre Bande Diebe nennt, der Kaiserlichen Krone kein geringschätziges Kleinod entwende und sich des Lasters der beleidigten Majestät schuldig mache. Also nun wissen wir es: Göbhard druckt ehrlichen Leuten ihre Bücher nach, um die Kaiserlichen Revenüen durch einzuholende Privilegia zu vermehren. Eine vortreffliche Entschuldigung! Sie bringen rechtschaffene Leute um ihr ehrlich erworbenes Brod, um dem Kaiser zu dienen? Wie? Ehemals diente man in gewissen Ländern, die Sie kennen werden, Gott dadurch, daß man seinen Nächsten plünderte, oder ihm auch wohl im Diensteifer einmal den Hals abschnitt, aber wehe dem, der Joseph dem Zweiten einen solchen Dienst anböte. Wir leben, dem Himmel sei Dank! unter einem Kaiser, unter dem, wenn man Recht und Gerechtigkeit und folglich den Beifall aller Rechtschaffenen für sich hat, man es frei sagen darf, unbekümmert wegen Folgerungen, die ein arglistiger Kriecher oder schiefer Jesuiten-Kopf daraus zieht. Nein! damit Sie es doch wissen, was der Kaiserlichen Krone (mich Ihres Ausdrucks zu bedienen) dieses Kleinod geraubt hat. Göbharde haben es [245] getan. Göbharde haben Kaiserliche Privilegia anfangs nötig gemacht, und Göbharde machen, daß man sie jetzt wieder unzulänglich findet. Anstatt, daß, nach Ihrer Art zu schließen, die Schleichdrucker mehr Kaiserliche Privilegia hervorgebracht hätten, haben sie vielmehr gemacht, daß man sie fast gar nicht mehr einholt, und Warum? weil man gefunden hat, daß Drohungen vom ersten Thron der Welt, so wenig wie die vom Himmel, kräftig genug sind, einen gewissenlosen Spitzbuben zu schrecken.

Der Taugenichts, der glauben kann, er diene einem Kaiser, wenn er stiehlt, glaubt auch wohl mit eben so leichter Mühe einmal, sich für seinen Dienst bezahlt zu machen, wenn er dessen Privilegia nicht achtet. Ja, können Sie wohl glauben, man hat mir gesagt, daß man sogar Privilegia nachdruckt? und das soll ein Mann getan haben, der deswegen vor zwei Jahren, bei Nacht, vor dem Schwert der Gerechtigkeit aus Leipzig flüchten mußte, und sich seit der Zeit dort nicht mehr blicken läßt. Wo ich nicht irre, so hieß er auchGöbhard, und was noch sonderbarer ist, war auch aus Bamberg. Ich hoffe nicht, daß Sie es gewesen sind, sonst zerrisse ich meinen Brief auf der Stelle.

Was? Weil Privilegia einigen Personen besondern Schutz versprechen, darf man deswegen die Bücher nachdrucken, die diesen Schutz nicht haben? den Mann anfallen, der sich nicht wehren kann, oder nicht Geld und nicht Gelegenheit hat, sich Gewehr zu kaufen; in die Gärten steigen, an deren Tür kein Blech Selbstschüsse verkündigt? Bäume in Alleen umbauen, wenn kein Pfahl mit Staupbesen droht? Oder den Pflug stehlen, oder auch nur gebrauchen, weil er unangeschlossen auf dem Felde liegt? O herrlich! Übrigens verdient die Entschuldigung, man habe gestohlen, um manchen Leuten Diäten zu verschaffen, die Aufmerksamkeit aller Spitzbuben; sie ist neu und in unsern ruchlosen, aber ökonomischen Zeiten jener frommen der vorigen Welt weit vorzuziehen, da die Missetäter noch sagen konnten: der Teufel habe sie verführt.

Was Sie von der Hanauer Messe sagen, daß man dort die Schleichdrucker schütze, die daher also keine Spitzbuben sein könnten, und daß Dieterich, der das letztere behaupte, sich wiederum des Lasters der beleidigten Majestät schuldig mache, verstehe ich nicht. Ich will wetten, das Wahre, das diese Nachricht enthielt, ist verdunstet, indem es durch Ihre Feder geflossen ist, und Sie haben es reichlich mit [246] Lügen wieder erstattet. Man sollte die Schleichdrucker in Hanau schützen? das ist unmöglich. Sie wollten vermutlich sagen, man will es dort nicht so genau nehmen, man will nicht lange mühsam untersuchen, was nachgedruckt und nicht nachgedruckt ist, sondern die Sache lieber den Gewissen der Leute selbst überlassen. Denn stellen Sie sich vor, wenn man die Schleichdrucker dort schützte, würde Dieterich, die Witwe Vandenhoeck, Nicolai, Reich, Voß, Bohn und einige andere, die Deutschland auch außerhalb Ehre bringen, und die es eigentlich sind, die die Messen machen, würden die nach jener Messe ziehen? Sein Sie versichert, wo Schleichdrucker geschützt werden, da bleiben ehrliche Buchhändler sicherlich weg. Auch selbst mit dem nicht so genau nehmen, wird es sich endlich geben, wenn Hanau ein Leipzig wird. Von Anfang läßt man solche Sachen geschehen, und muß sie geschehen lassen, es ist den Regeln einer gesunden Politik wenigstens nicht zuwider. Mancher Staat und manche Kolonie haben ihren Ursprung einem Zusammenfluß von Menschen zu danken gehabt, die man hundert Jahre nachher darin aufgeknüpft hätte. Übrigens läßt es sich ohne Unwillen nicht lesen, daß ein elender Bambergischer Schleichdrucker so sehr für die Majestät der Großen besorgt ist, er, der genug zu tun hat, seinen eignen Hals gegen jene Majestäten zu verwahren. Die Majestät braucht Ihre unehrliche Verteidigung nicht, allein tun müssen Sie, was die Leute tun, die ich gegen Sie verteidige, wenn Sie länger vor dem Arm der Majestät sicher sein wollen. Wenn Sie doch ein Gewissen hätten, oder wenn es bloß schliefe, wie kurz hätte ich alsdann sein können! Ich hätte es mit ein paar Worten wieder aufgedonnert. Weißt du, hätte ich gerufen, der du so sehr von Majestäten sprichst, wessen Majestät du beleidiget hast: und hätte auf den Gesetzgeber hingewiesen, von dem ich oben geredet habe, und dessen Bild vermutlich in Ihrem Zimmer hängt! Aber so muß ich, anstatt an einem erstorbenen Gewissen mich müde zu schütteln und zu rufen, mich an den armseligen Rest von Menschenverstand, den Sie noch besitzen, wenden, und Ihnen das Falsche in Ihren Schlüssen, und das Kahle und Lächerliche in Ihren Entschuldigungen weiter fort zeigen.

Das Waisenhaus zu Salzburg habe Ihnen, sagen Sie, Ignaz Schmids Katechisten nachgedruckt, und doch stehe es unter hohem Schutz. Das ist wieder eine Entschuldigung, so wie man sie gewöhnlich kurz [247] vor der gänzlichen Überführung, bei betroffenem und über die Hälfte schon bekennendem Gesicht vor den Schranken der Gerichtsstube herausstottern hört. Verhält sich die Sache so, wie sie muß, um für Sie zu streiten, woran ich sehr zweifle, so hat das Salzburgische Waisenhaus unrecht. Waisenhäuser sollten sich, da ihnen so viele rechtliche Wege offen stehen, sich ein Einkommen zu verschaffen, nicht einmal einen wählen, über dessen Billigkeit noch gestritten wird, am allerwenigsten aber einen so entschieden unehrlichen. Es bringt sicherlich keinen Segen. Warum verklagen Sie das Waisenhaus nicht beim Erzbischof, Aber da haben wirs, wer würde nur die Aufschrift einer solchen Klage ohne Lächeln lesen können?Göbhard contra das Waisenhaus zu Salzburg pro eines verübten Nachdrucks.

Aber eine der schönsten und lustigsten Stellen ist die S. 12, wo Sie sagen, daß ein gewisser Xaver Rienner in Würzburg, der selbst bei Ihnen als Diener gestanden, Ihnen Ihre Bücher jetzt nachdruckte, da er doch wegen Ihres damaligen sowohl als nachherigen Betragens gegen ihn, zu einem solchen Schritt gar nicht Ursach hätte. Sie sehen also hieraus, was für Leutchen aus Ihrer Schule kommen. Konnte wohl der Erfolg anders sein, so lange jener kein heil. Xaver war? Er tut, was sein Patron tat, wie die meisten Menschen, und daß er ein Dieb geworden ist, davon ist die Ursache leicht zu finden: Sein Patron war einer. Mir ist dabei Mac Heath in Gays Bettler-Oper eingefallen; dem ehrlichen Mann geht es ebenso. Mac Heath ist einer von den reitenden Göbharden in England, die die Taschen-Uhren auf den Messen ganz genüglich wohlfeiler lassen können, als die ehrlichen Uhrmacher, weil sie sie nichts weiter kosten, als ihren ehrlichen Namen und im schlimmsten Fall das Leben. Dieser hält eine Menge Diener, die ihm des Abends die Uhren und Schnupftücher bringen, die sie auf der Straße gestohlen, oder mich eines Ihrer Ausdrücke zu bedienen, von unbekannter Hand in Kommission bekommen haben. Er dankt ihnen für ihren Diensteifer, steckt die Beute ein, und geht ab. Indem er aber weggeht, so schleicht sich ein schlauer Fuchs von einem Xaver Rienner hinter ihm her, und holt mit derselben Kunst, die ihn sein Patron gelehrt hat, des Patrons beste Schnupftücher wieder aus der Tasche heraus. Sie sehen, die Welt ist sich überall gleich, und wenn man die Geschichte manches Mannes so druckte, wie die Zoll-Zettel und Frachtbriefe, mit leergelassenen[248] Stellen, so kostete es oft weiter nichts, die Leben von zweien zu beschreiben, als daß man hier hinein schriebe, Uhren, Schnupftücher und Mac Heath, und dort, Logik, Metaphysik und Göbhard. – Aber das ist noch lange das Schönste nicht in der angeführten Stelle. Dieses ist es: Sie sagen, Sie hätten so etwas an Riennern gar nicht verdient. Höchst vortrefflich! Sie sehen, wie unwiderstehlich die Macht der Wahrheit ist, Selbst Sie, Selbst Göbhard muß sie wider Willen reden, in einem Büchelchen, wo sonst Lüge an Lüge stößt, und gerade an der Stelle, wo er ihr den derbsten Stoß zu versetzen glaubt. Also ist es doch wenigstens unrecht, einem Bücher nachzudrucken, und zwar noch unrecht in der Meinung des Mannes, der es andere lehrt, das ist alles mögliche. Sie haben es also nicht an Riennern verdient? Sagen Sie mir, womit verdiente es Dieterich an Ihnen? dadurch vielleicht, daß er ein Ketzer ist, Ich fürchte fast. Pfui schämen Sie sich vor den Neu-Seeländern!

Mehr als hundert Männer, sagen Sie auf der 13. Seite, könnten Sie nennen, die alle nachdruckten, machen aber doch zugleich den involuntären Zusatz wieder, es möchte manchem darunter nicht lieb sein. Warum nicht lieb? Das müssen recht verworfene Sünder sein, was man auch für Grundsätze annimmt, Dieterichische oder Göbhardische; nach jenen sind sie Schleichdrucker und Diebe, und nach diesen, noch was weit ärgers, Leute, die sich einer guten Tat schämen. Und hundert sollten in Deutschland sein? Welche Hekatombe für die Musen, wenn man die Herde beisammen hätte!

Nun das wäre es, was ich gegen Ihre Lügen, gegen Ihre Jesuiten-Kniffe und erbärmliche Entschuldigungen zu sagen hätte, und nun noch ein paar Worte von Ihrer Sprache und einer Drohung, womit Sie das Schandbüchelchen schließen.

Wenn ich Ihre Sprache betrachte, wahrhaftig, so lähmt mir der Anblick fast alle Entschließung mich mit Ihnen abzugeben. Gütiger Himmel! Was für ein eiteles, elendes, hinfälliges Ding ist es um Bücher- Titul-Kenntnis, wenn der Mann, der sein Leben mit ihnen zugebracht hat, in dessen Kopf alles von ihnen voll ist, was Betrug und Arglist leer gelassen haben, der sie ewig abschreibt und wieder abschreibt, wenn der am Ende so denkt, wie der gewissenloseste Dieb, und so buchstabiert und spricht, wie der Gassenjunge, der ein Buch noch nicht von einem Backstein unterscheiden kann! Und doch (ich werde fast weichmütig) und doch ist Büchertitul-Kenntnis [249] das, was leider noch heut zu Tage oft Geschichte der Gelehrsamkeit, ja Gelehrsamkeit selbst genennt wird!

Es ist allerdings traurig, einen Mann, wie Sie, schreiben zu sehen: Dieterich komme in Rasche, und dann ihn, den Sie beraubt und so empfindlich beleidigt haben, auf jeder Seite, noch Schurken, Lotterbuben, ehrenrührigen Kerl und schlechten Burschen nennen zu hören: Es ist betrübt, sage ich, allein übel nehmen wir es Ihnen hier zu Lande nicht. Jeder Mensch hat, so gut wie jedes Land, seine eigene Gebräuche und Sitten, und ich werde Ihre Schimpfwörter sicherlich so wenig erwidern, als Ihre Schnitzer wider die Orthographie. Nur die einzige Anmerkung will ich machen, die Ihnen künftig bei Ihren Streitschriften von Nutzen sein kann: die lakonischen Beweise, die Sie so sehr lieben, ich meine die Wörter Schurke undLotterbube u. dergl. erhalten ihre Stärke von der Beschaffenheit der Zunge, die sie ausspricht, und sie verlieren oft ihre Würkung ganz, oder gehen gar in das Entgegengesetzte über, wenn dieses beweisende Glied homogen mit dem Beweise ist. Ich will mich durch die Anwendung erklären. Wenn Ihre Zunge Dieterichen einen Schurken nennt, so bringt es ihm die größte Ehre: hingegen hätte sie ihn Freund und Konsorten geschimpft, so wäre ihm kein Professor und kein Pursche mehr in Laden, und kein ehrlicher Bürger mehr über die Schwelle gegangen.

Aber was soll ich zum Beschluß Ihrer Scharteke Sagen? Oder was würde Ihnen ein Mann antworten, der minder zurückhaltend wäre, als ich? »Dreimal habe ich deine Schandperiode 3 gelesen, würde er sagen, und noch weiß ich nicht, was in derselben mehr auffallend ist, deine galgenmäßige Frechheit, wodurch du einem Manne, der in dem ganzen Streit von jedermann (unter Christen wenigstens) als der beleidigte Teil erkannt wird, ein Werk nachzudrucken drohest noch ehe es heraus ist, oder deine an Wahnwitz grenzende Dummheit, die sich mehr von einem geschwänzten Menschen, als einem [250] Bamberger Buchhändler erwarten ließe, womit du es dir zum Verdienst anrechnest, daß du nachgedruckte Bücher wohlfeiler geben kannst, als der Verleger. Weißt du, daß du außer Dieterichen mit deinen Spitzbuben-Drohungen auch noch den verehrungswürdigen Verfasser beleidigest, ja daß du den Wissenschaften selbst schadest, würde ich sagen, wenn solcher Pöbel, wie du, wüßte, was Wissenschaft ist, oder wenn man solchem Leim tretenden Gesindel wie dir glauben machen dürfte, sie könnten durch ihre Unehrlichkeit im Arbeiten den Bau eines Tempels des Jupiter aufhalten. Und ist es denn, würde er fortfahren, ist es denn so etwas Ungewöhnliches, daß die Schuster, die das Leder stehlen, die Schuhe wohlfeiler geben können? Nimm lieber sechs der Handfestesten aus deinem Hundert, breche hier gerade weg bei Dieterichen ein, oder schlage seinen Fuhrmann zwischen Göttingen und Leipzig einmal zur guten Stunde auf den Kopf.« So würde der Mann sagen, und hätte Er unrecht? Allein Ich, ich liebe ein allezeit laues Blut und Barmherzigkeit. Auch wenn ich recht bedenke, so ist in jener Schlußperiode, so sehr pro mit contra und contra mit pro verwechselt, auf der einen Seite so viel Tücke, und auf der andern wieder so viel possierliche Albernheit, daß man nicht weiß, was man glauben, oder wo man anfassen soll. In einem solchen Fall halte ich es, nach einer bekannten hermeneutischen Regel, die die Lösung solcher Schwierigkeiten, wenn sie der Vernunft zu schwer werden, der Menschenliebe überträgt, für meine Pflicht, zu glauben, daß Sie wenigstens zuweilen nicht klug sind, oder, daß Sie aus Achtung gegen Ihren großen Vorgänger im Betrug, welchem Göbhard, der betrügerische Schleichdrucker, freilich besser Gesellschaft leisten könnte, als Dr. Faust, der ehrliche Buchdrucker, Ihren Abschied vom Leser mit transzendentem Gestank zu nehmen gedacht haben.

Ich meines Teils denke immer: Ende gut, alles gut! und anstatt Ihre Drohungen mit einer einzigen zu erwidern, will ich Ihnen lieber zwo Ermahnungen geben. Für das erste, wenn Sie den Tausenden von Redlichen, die mit mir stimmen, antworten wollen, so tun Sie es Ihrer Ehre, jetzigen und künftigen Ruhe wegen, (die jenseit des Grabes nicht ausgeschlossen) durch Besserung mit der Tat, und nicht durch eine schriftliche Antwort. Merken Sie wohl, was Ihnen dieser Rat für Ehre antut? Mehr, als ich Ihnen zugedacht hatte, da ich mich zu diesem Brief niedersetzte. Er setzt voraus, daß Sie noch ein besserer [251] Bürger werden könnten, wenn Sie wollten, und daß Sie nur zum Schriftsteller und Advokaten unwiederbringlich verdorben sind. Für das zweite wollte ich Ihnen auch nicht raten die Feder eines andern zu gebrauchen. Die Köpfe, die Witz und Kunst genug besitzen, eine böse Sache, zumal eine, die der Name Göbhard drückt, gut zu verteidigen, sind überhaupt in Deutschland selten, und wenn man dem Himmel für die Seltenheit derselben danken muß, so ist ihm, dünkt mich, Ihr Vaterland vorzüglichen Dank schuldig. Leben Sie wohl. Ich bin usw.

Fußnoten

1 Kallimachus indem er sagt: Τερπουσιν λιπαραι φοιβον ονοσφαγιαι. Delectant pinguia Phoebum asinicidia.

2 Der Bücher-Nachdruck nach echten Grundsätzen des Rechts geprüft von J. S. Pütter. Göttingen. 1774. 4.

3 Die Stelle, worauf der Verf. anspielt, ist folgende: Ich behalte mir mein weiteres Recht gegen einen solchen Lügner und Verleumder bevor; umsonst hoffet derselbe durch eine angekündigte neue Auflage der obberedten Werke des Hrn. Prof. Feders das Publikum zu täuschen, ich erwarte sehnlich diese vermehrte Auflage, und wenn dieselbe das Licht erblickt, so werde ich zu einer geringen und einsweiligen Genugtuung den Nachdruck nicht scheuen, und alsdann erst das Publikum durch die Verschiedenheit des Preises zu überführen, wie diesem Verleumder um nichts zu tun sei, als seine Hab- und Gewinnsucht zu befriedigen. Anmerk. d. Herausgebers.

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