D' Espiard, L'Esprit des Nations

[Fr.-Ign. d'Espiard:] L'Esprit des Nations, en II Tomes, à la Haye 1752 in 12. jeder Teil 12 Bogen. Die edelste Beschäftigung des Menschen ist der Mensch. Man kann sich aber mit diesem Gegenstande auf eine gedoppelte Art beschäftigen. Entweder man betrachtet den Menschen im einzeln, oder überhaupt. Auf die erste Art kann der Ausspruch, daß es die edelste Beschäftigung sei, schwerlich gezogen werden. Den Menschen im einzeln zu kennen; was kennt man? Toren und Bösewichter. Und was nützt diese Erkenntnis? uns entweder in der Torheit und Bosheit recht stark, oder über die Nichtswürdigkeit uns gleicher Geschöpfe melancholisch zu machen. Ganz anders ist es mit der Betrachtung des Menschen überhaupt. Überhaupt verrät er etwas großes und seinen göttlichen Ursprung. Man betrachte, was der Mensch für Unternehmungen ausführt, wie er täglich die Grenzen seines Verstandes erweitert, was für Weisheit in seinen Gesetzen herrschet, von was für Emsigkeit seine Denkmäler zeigen. Das einfacheste und vollkommenste Bild von ihm auf dieser Seite zu erhalten, muß man es, auf eine Lucianische Art, aus den schönsten Teilen seiner Arten, das ist der Nationen, zusammen setzen, wozu aber eine sehr genaue Charakteristik derselben, erfordert wird. Noch hatte kein Schriftsteller sich diesen Gegenstand insbesondere erwählet; so daß der Verfasser der gegenwärtigen Schrift mit Recht von sich rühmen kann: libera per vacuum posui vestigia princeps. Man begreift es leicht, daß er alle seine Anmerkungen auf die Geschichte gründen müsse, und daß, wann er nur das geringste von dem Charakter einer Nation, ohne sich auf die Erfahrung zu stützen, behaupten wollte, er eben so lächerlich werden würde, als der Naturforscher, der uns neue Entdeckungen aufdringen will, ohne sie [150] durch Experimente zu beweisen. Man muß ihm aber mit Recht den Ruhm lassen, daß er sich als einen eben so großen Kenner der Geschichte, als einen scharfsinnigen Weltweisen erwiesen hat. In diesen beiden ersten Teilen, denen vielleicht noch einige folgen möchten, ist seine Beschäftigung diese, daß er die Ursachen der Verschiedenheit unter den Nationen untersucht, die vornehmsten alter und neuer Zeiten mit einander vergleicht, und ihren abwechselnden Vorzug bestimmt. Eigentlich zu reden hat man keine andere als physikalische Ursachen, warum die Nationen an Leidenschaften, Talenten und körperlichen Geschicklichkeiten so verschieden sind; denn was man moralische Ursachen nennt, sind nichts als Folgen der physikalischen. Die Erziehung, die Regierungsform, die Religion zu den Ursachen dieser Verschiedenheit zu machen, zeigt deutlich, daß man es entweder schlecht überlegt hat, oder einer von denjenigen Gelehrten ist, die zum Unglück in Ländern geboren sind, von welchen man vorgibt, daß sie den Wissenschaften weniger günstig, als etwa Frankreich und England, wären, und also sich selbst Unrecht zu tun glauben, wann sie den Einfluß des Klima auf die Fähigkeit des Geistes zugeben wollten. Unter den Beurteilungen verschiedener Völker, welche der Verfasser angestellet, ist insbesondere die Beurteilung der Chineser und der alten lazedämonischen Republik ungemein lesenswürdig. Er behauptet von der letztern, daß viele Gesetze des Lykurgs allzubesonders gewesen wären, und daß die Tugenden der Spartaner nicht allezeit aus den besten Grundsätzen geflossen wären. Es war, sagt er, allzuviel Kunst und Gezwungenheit dabei. Es war Schmünke; freilich die schönste von der Welt, weil sie von Griechen und Philosophen war gemacht worden; aber es war doch Schmünke. Kostet in den Vossischen Buchläden, hier und in Potsdam, 1 Rtlr.

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