[379] 4.
Niemand kann verlernen Harrens Schmerzen
Einem sehnsuchtsvollen Frauenherzen
Je vergelten, niemand ihr vergüten,
Was in solchen unermeßnen Stunden
Still der Wurm genagt von ihren Blüten,
Der auch nicht, um den sie es empfunden.
Wenn er dann auch stürzt zu ihren Füßen,
Wenn er unter Tränen, tausend Küssen
Leiden und versäumtes Glück beklagt;
Schmerz hat weh getan, der Wurm genagt.
Aber mancher kehret nie mehr wieder,
Drückt er auch ein Herz zum Grabe nieder.
Mira! herrliches Zigeunerkind!
Schnell hast du geliebt und welkst geschwind.
Er verriet, verließ dich feigen Mutes,
Weil die Liebe, die sein Herz verschönt,
Ward in einer Schilderei verhöhnt
Von den Adeligen seines Blutes.
Eines Morgens kam in goldnem Rahmen
Ihm ein Bild, und das entreißt dir ihn,
Weils dich schmäht; auch hat er schon dahin
Schnellgesprochner Liebe süßes Amen.
Stattlich zeigt das Bild auf breitem Raum
Seinen altberühmten Wappenbaum,
Wie der Stamm sich spreitet, herrlich ragend,
Ruhm und Glanz auf jedem Zweige tragend.
Neben solchem Baume, hehr und stolz,
Steht ein schlechtes, dürres Galgenholz,
Galgen hinter Galgen ist zu schauen,
Nach des Bildes Tiefe immer kleiner,
Gleichsam schindend in der Vorzeit Grauen,
Und an jedem hangend ein Zigeuner;
Und zerstreut im grausen dürren Walde
[380]Sind viel schwarze Raben als Heralde;
Andre, auf dem Stammbaum, breit sich setzend,
An den Wappen sich den Schnabel wetzend.