[85] Unvergänglichkeit
Die Erde, die dein Mund und Auge preist,
Hallt kräftig unter deinen Wanderschritten;
Auf freier Höhe stehst du nun inmitten
Der weiten Landschaft, die das Leben heisst.
Eng angeschlossen an den Himmelssaum,
So dass er es zerteilt mit seiner Schneide,
Und immer wieder hinter jener Scheide
Wälzt sich das Meer im uferlosen Raum.
Weltgläubig fromm, von Andacht übermannt
Und ganz von deinem Gotte voll und trunken
Bist du am Ufer in die Knie gesunken,
Ein seliger, verzückter Korybant.
Im Sturm frohlockend liessest du dich schwank
Und stählern von den Elementen tragen;
Und noch den Wettern, die zerstörend schlagen,
Gabst du dich preis und nahmst sie hin mit Dank.
Versenkt ins Rauschen deines Blutes, tief
Und tiefer auf den Wesensgrund zu schürfen,
Vernahmst du, wie im innigsten Bedürfen
Der eignen Brust die Menschennot dich rief.
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Die Welle staut sich, wo am Rand der Bucht
Unendlichkeit und Leben sich berühren
Und ihren ungemessnen Raub entführen
Die schwarzen Fluten stumm in jäher Flucht.
Die Jahre zwingen dich in ihr Gesetz
Und furchen dir die Stirne im Entweichen;
Doch löst mit einer Schwungkraft sondergleichen
Die Seele sich aus ihrem dunklen Netz.
Getrost und unvertraut mit allem Sein
Lässt sich der Dichter in die Zukunft gleiten;
Auf Erden schon enthoben in die Weiten
Wächst er in Zeit und Ewigkeit hinein.