178. Der im Grundlos untergegangene Krug.

Mündlich von einem Schäfer.


Unweit von Croppenstädt liegt das Grundlos, ein Waßer, klar und rein wie Gold, und tief, so tief, daß noch keiner hat den Grund finden können. Innen aber ist's voll zackiger Klippen, daß noch immer den Fischern die Netze zerrißen, wenn sie drin fischen wollten. Hier hat vor Zeiten ein Krug gestanden, der ist an einem Tage urplötzlich untergegangen. Man erzählt, es sei grade an dem Tage ein Herr mit seinem Diener dort eingekehrt, da habe ein Mädchen im Hause, sie hatte aber etwas von der Schlange gegeßen, den Hahn rufen hören: »Heut Nachmittag um drei Uhr wird der Krug untergehen!« Das hat sie sogleich dem Diener erzählt und der hat's wieder seinem Herrn gesagt, der hat gesprochen: »so laß uns eilen, daß wir fortkommen!« Haben sich auch schnell aufgemacht und sind davongegangen. Aber wie sie ein Stück Weges fort sind, fällt dem Herrn bei, er habe sein Schnupftuch liegen laßen (andere sagen, es seien die Handschuhe gewesen), darum schickt er den Diener zurück, daß er es hole; aber kaum dreht er sich um, so ist kein Krug mehr zu sehen, sondern an der Stelle deßelben steht ein tiefes Waßer und das ist das Grundlos. – Mancher Schwimmer ist schon hinuntergestiegen und hat gemeint, Geld dort unten zu finden, aber es ist noch keinem gelungen bis auf den Grund zu kommen, drum kann auch keiner sagen, ob der Krug noch da unten steht; aber recht richtig ist's nicht im Waßer, [154] denn Holz, was man hineinwirft, geht sogleich senkrecht in die Tiefe, und das wunderbarste von allem ist, daß das Grundlos überfließt, wenn theure Zeit in's Land kommen will.

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