233.

Die von Woeste in Iserlohn mitgetheilten Nachrichten lauten:


In alten Zeiten soll Kaiser Kârl am Birkenbaum eine Schlacht geliefert haben, welche Sage zu stützen man sich auf Schanzen, Gräben und Menschengebeine, letztere bei einem Heiligenhäuschen unweit des Birkenbaums, beruft. – Der Fürst, der am Birkenbaum siegen wird, ist schon da, aber man weiß nicht, wo er[206] in der Verzückung liegt; er hinkt und kann deshalb auch nicht so wie andere ehrliche Leute das Pferd besteigen. – Ein alter Schreiner von Werl wußte von der birkenbaumer Völkerschlacht Folgendes: Der Held, weiß gekleidet und auf weißem Rosse, läßt vor der Schlacht durch seinen Begleiter in einer Kapelle bei Werl Messe lesen. Kârl Quint ist des Helden Name. Meister Sander wußte das von seiner Großmutter her; daß aber der Kârl eine historische Person sei, war ihm unbekannt; unser Held befindet sich »in einer Höhle oder einem Berge des Münsterlandes«. Auch eine genauere Bezeichnung des Ortes erinnerte sich Meister Sander gehört zu haben, aber sie war ihm in den vielen Jahren seitdem entschwunden.


Vgl. Norddeutsche Sagen, Nr. 247, 2., Anm.; Grimm, Mythologie, S. 911 fg., und noch einiges Weitere bei Simrock, Mythologie, S. 180 fg.; Karl d. Gr. auf schneeweißem Schimmel, Lyncker, Nr. 5; Karlquintes im Odenberg, ebendas., Nr. 6; vgl. auch Simrock, Mythologie, S. 242. Von einem blutigen Kriege weissagt die Sibylle auf Teck; Meier, Schwäbische Sagen, Nr. 15, 1.; ähnliche Prophezeiungen aus dem Untersberg bei Maßmann, Bairische Sagen, I, 57 fg.; ebenso über eine große Völkerschlacht bei Strasburg; Stöber, Elsäßische Sagen, Nr. 291; Menzel, Odhin, S. 344; Baader, Nr. 40; von einer Schlacht gegen die Türken, nach welcher der Weltuntergang eintritt; Wolf, Zeitschrift, I, 189; III, 35. Zur Literatur der Sage von einer letzten großen Schlacht bringt soeben Rochholz (Aargauer Sagen, I, Nr. 51) noch einiges bei; derselbe (S. 172) bespricht auch die in der Luft sich zeigenden Heereszüge unserer Sagen nach einem Bericht der augsburger Allgemeinen Zeitung, 1854, Nr. 43. Hier möge daher noch die aus der Deutschen Volkshalle entnommene Mittheilung der Neuen Preußischen Zeitung vom 11. Febr. 1854 folgen. Die Kölnische Zeitung bringt unter den »Vermischten Nachrichten« folgende Mittheilung: »Am 22. Januar wurde bei Büderich – einem Dorfe an der Chaussee zwischen Unna und Werl (Reg.-Bez. Arnsberg) – ein imposantes Phänomen (Luftspiegelung) beobachtet und mit der Sage von einer bevorstehenden [207] Völkerschlacht am Birkenbaum in Verbindung gebracht. That sächlich ist durch Vernehmung einer großen Anzahl von Augen zeugen festgestellt, daß am 22. Januar, um die Zeit, wo sich die Sonne zum Untergang neigte, von der Anhöhe Schlückingens – einem isolirt stehenden Hause – ein immenser Heereszug nach dem schafhauser Holze sich fort bewegte. Bückte man sich zur Erde, so konnte man unter dem Bauche der Pferde hinweg bis zum fernen Horizonte hinsehen, die Bewegungen der Pferde deutlich wahrnehmen. Auch Infanterie konnte man in großer Menge und das Blitzen ihrer Musketen genau sehen. Derselben folgte ein unabsehbarer Wagenzug, welchem die Cavalerie sich anschloß, die nach dem Dorfe Hemmerde abschwenkte. Die Uniform der Cavalerie war weiß. Als das Fußvolk im schafhauser Holze und die Cavalerie sich vor demselben befand, verschwammen die Bäume in einen dichten Rauch. Mit dem Untergange der Sonne verschwand das höchst interessante Schauspiel.« So weit die Kölnische Zeitung. Hat diese Erscheinung in Wirklichkeit stattgefunden, so trifft sie allerdings in höchst merkwürdiger Weise mit den vielen alten Prophezeiungen über die große Völkerschlacht zusammen, welche in eben jener Gegend, zwischen Unna und Werl, stattfinden soll. Das vor vier Jahren erschienene »Buch der Wahr- und Weissagungen« (Regensburg, Manz, 1850), I, 283 fg., berichtet z.B. hierüber Folgendes: »Dieser mehrerwähnte Birkenbaum steht zwischen Unna und Werl ....« »Die ›Prophetia de terribili luctu Austri et Aquilonis‹ (Coloniae 1701) sagt: Da wird auf einmal der Süden gegen den Norden die Waffen ergreifen – man wird sich vereinen, um zu kämpfen wegen der Oberherrschaft des Erdkreises. Mitten in Deutschland werden sie aufeinander treffen. In den Gegenden Niederdeutschlands wird dieser schreckliche Kampf entschieden werden. – Am Birkenwäldchen, nahe bei Budberg, wird dieses – Treffen beginnen ..... Die bärtigen Völker des Siebengestirns werden siegen, doch ihre Feinde werden sich wieder stellen und mit äußerster Verzweiflung kämpfen. Dort wird jene Macht vernichtet, sodaß kaum einige übrig bleiben, um die unerhörte Nachricht zu verkünden.« Eine andere alte Prophezeiung sagt: »Der Fürst, der jene [208] große Schlacht schlagen wird, wird von Bremen (Dorf bei Werl) nach der Haar (Anhöhe bei Werl) reiten, dort wird er sein Ruhekissen fordern und mit seinem Fernrohr nach der Gegend des Birkenbaums sehen und die Feinde betrachten. Darauf wird er bei Holtum (Dorf bei Werl) vorbeireiten. Bei Holtum steht ein Crucifix zwischen zwei Lindenbäumen; vor diesem wird er niederknien und eine Zeit lang mit ausgestreckten Armen beten. Darauf wird er seine Soldaten, die weiß gekleidet sind, ins Treffen führen und nach blutigem Kampfe Sieger bleiben. An einem Bache, der von Abend nach Morgen fließt, wird das Hauptmorden sein. Wehe, wehe Budberg und Söndern in diesen Tagen! Nach dem Kampfe wird der siegreiche Feldherr in der Kapelle zu Schafhausen an der Haar eine Anrede halten.« Einer Anzeige von Thaler's »Geschichte Tirols«, Th. 3, in Zarncke's »Centralblatt« (Nummer und Jahrgang habe ich leider nicht angemerkt) entnehme ich noch Folgendes zur Vergleichung: »Interessant für die deutsche Mythologie ist folgende Thatsache, in welcher der Verfasser ein Vorzeichen der im Jahre 1809 erfolgten Befreiung von der bairischen Herrschaft sieht.« (S. 343.) »So wurde erzählt, wie nach einer alten Weissagung zu St.-Agatha auf der Wiese bei Loma ein Lärchenbäumlein aufwachsen werde. Wenn dasselbe so groß sein würde, daß man ein Pferd daranhängen könne, dann werde ein so blutiger Krieg entstehen, daß Menschen und Rosse im Blute waten und zuletzt in zweifelhaftem Kampfe noch die Weiber mit ihren ›Studelhackeln‹ den Männern zu Hülfe eilen und die Schlacht entscheiden werden. Dieses Lärchenbäumchen stehe nun wirklich in solcher Größe auf jener Wiese.« Soviel mir ein der Gegend kundiger Landmann mittheilte, heißt der Hof, wo die Schlacht stattfinden soll, der Birkenbaum; ob ein solcher Baum dort wirklich vorhanden sei, was wahrscheinlich, vermag ich nicht zu sagen; übrigens muß die westfälische Sage sich ebenfalls schon in alter Zeit an einen Baum geknüpft haben, denn Neocorus, I, 237 (bei Müllenhoff Nr. 512 u.S. 606), indem er von der Linde zu Süderheistede spricht, sagt:»Ein wunderbohm stund op einen sonderlick umgegravenen platz – de stetz vor inneming desz landes dorchuth gegronet unnd sine twige alle crutzwisz gestanden; hefft nemant sines geliken gewust. Ahne dat men secht bi Schilsche in Westfalen si dergliken gewesen.« Dies Schilsche ist der auch noch [209] heute in der Volksaussprache contrahirte Name für Schildesche bei Bielefeld; dies Schild-esche deutet in seinen beiden Theilen ganz auf die alte Faßung der Sage, die sich jedoch ungeachtet des Namens nicht erhalten zu haben scheint, denn weder durch briefliche Erkundigungen noch an Ort und Stelle konnte ich eine Spur der Sage auffinden. Interessante Beiträge zur weiten Ausbreitung der Vorstellung von einer letzten Schlacht liefert Spiegel aus persischen Quellen (Zeitschrift d. Deutschen morgenl. Gesellsch., III, 247, vgl. 467). »Nach dieser Sage ist Sâm nicht todt, sondern schläft blos und wird zur Zeit der Todtenauferstehung wieder erwachen, die GeschöpfeAhriman's vertilgen und das Reich des Çaosiosh för dern helfen.« Die Stelle des Bundehesch lautet bei Anquetil (II, 410): »Il est dit que Sâm est vivant. Tandis qu'un Touranien appelé Néhaz (crainte) s'élève avec orgueil contre la loi Mazdéïesnans, il dort et voit (cependant) de loin, du désert Peschïânsé (ce qui se passe), mais le sommeil que l'ennemi (Boschasp) a porté sur lui, étant brisé par la chaleur qui est dans (son corps), il sera grand, puissant, excellent (et frappera l'ennemi de la loi). Pour ce qui regarde Zohâk, Aretchek (Sâm) se levera et le brisera; dix mille Feroueres des purs protégeront ce (héros).« Das Jâmâsp-nâme sagt: »So sagen sie, daßDahâk von seinen Banden loskommt und an einem halben Tage viel Böses und Verwüstung in der Welt anrichten wird. Dann wird auf Befehl des höchsten GottesSâm, der Sohn Nerîmâns, aus dem Staube auferstehen, um von Çaosiosh den guten Glauben anzunehmen und zu Dahâk (dies ist nämlich der Teufel) zu gehen. Er wird zu ihm sagen: ›Komm, wir wollen Freunde sein; bereue deine Uebelthaten und nimm den guten Glauben an und zweifle nicht daran.‹ Dies wird er dreimal sagen; der bösartige Dahâk wird darauf antworten: ›Komm, wir wollen Freunde sein und die Welt erobern.‹ Sâm wird ihm zur Antwort geben: ›Wenn du den Glauben annimmst, so ist es gut; wo nicht, so werde ich deinen Kopf durch diese Keule weich machen.‹ Dahâk wird dann aus Furcht vor ihm den guten Glauben annehmen, Uebelthaten, Treubruch und Unrecht werden aus der Welt verschwinden, Alter und Tod werden nicht mehr sein.« Ein anderer Theil der Sage findet sich auch im Minokhired erhalten, wo gefragt wird: »Wo befindet sich der Körper des Sâm?« worauf die Antwort lautet: [210] »Der KörperSâm's befindet sich in der Ebene, die Pushtguçtâçpân genannt wird, nahe am Berge Demavend .... Und die Yazatas und Amschaspands haben Sâm's Körpers wegen 99999 Farvers der Heiligen zum Schutze bestellt.«

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