65. Pumpfuß.
Mündlich von einem Müller aus Gramzow.
In der Gegend von Gramzow hat vor langen Jahren ein Müller gewohnt, der ist ein großer Tausendkünstler gewesen und hat Pumpfuß geheißen. Man hat ihn aber selten zu Haus getroffen, sondern bald hierhin, bald dahin ist er in der Gegend umhergewandert und hat dabei fleißig das Handwerk begrüßt; nahm man ihn dann nicht freundlich auf und gab ihm nicht reichlich Speise und Trank, dann geschahs wohl, daß er den Mühlstein, der so groß war, daß ihn vier Pferde kaum von der Stelle brachten, auf den Nacken nahm und damit aufs Dach kletterte, wo er ihn liegen ließ, so daß der Müller und all seine Gesellen ihn nachher nur mit äußerster Mühe wieder herunterbringen konnten. Solchen oder ähnlichen Schabernack konnte man stets erwarten, wenn man ihn nicht aufnahm, und das Schlimmste dabei war, daß man ihn erst nach dem Schaden erkannte. So waren Meister und Gesellen in einer Waßermühle auch einmal grade damit beschäftigt, eine Welle einzurichten, da kömmt der Pumpfuß an und bittet, man möge ihm doch eine gastliche [60] Aufnahme gewähren; der Müller indeß weist ihn ab, indem er sagt, sie hätten jetzt keine Zeit, ihm aufzuwarten. Da ging Pumpfuß fort und als man nun die Welle einpassen wollte, da war sie viel zu kurz, und doch hatte man vorher die Länge ganz genau gemeßen; das kam denn doch allen sehr wunderbar vor, und sogleich fiel dem Meister ein, das möge wohl Pumpfuß gewesen sein, der vorher eingesprochen, und daß sie es dem zu danken hätten, wenn die Welle jetzt nicht passen wolle. Da mußte sich denn eilig einer auf ein Pferd setzen und den Pumpfuß, der noch nicht weit fort sein konnte, zurückholen, und als der zurückkam, da hatte auch die Welle das vollkommen richtige Maaß, und er blieb nun da und wurde gut bewirthet.
Um dieselbe Zeit lebte auf Suckow bei Prenzlow ein gewisser Kammerherr, der fuhr einmal spät Abends nach Haus zurück, und als er an einen Hohlweg kam, wollten die Pferde plötzlich nicht weiter und blieben vor einem dunkeln Gegenstand, der quer über den Weg lag, stehn; das war aber Pumpfuß, der hatte sich dorthin gelegt und that, als höre er weder Pferd noch Wagen. Der Kutscher, welcher glaubte, es sei ein Trunkener, der hier niedergefallen, stieg vom Wagen und wollte ihm auf die Beine helfen, aber Pumpfuß rückte und rührte sich nicht und machte sich steif wie ein Baumstamm; da ward der alte Kammerherr zornig und befahl dem Kutscher wieder aufzusteigen und über den Kerl fortzufahren, wenn er nicht aufstehn wolle. Der stieg auch auf, aber soviel er auch auf die Pferde schlug und soviel die sich auch anstrengten, der Wagen rückte nicht von der Stelle; so daß der Kammerherr dem Kutscher endlich befahl, er solle doch noch einmal vom Wagen steigen und den Kerl fragen, wer er denn eigentlich sei, und als er nun erfuhr, daß es Pumpfuß sei, da sagte er: »dich hab ich[61] schon längst haben wollen,« und sogleich mußte er sich zu ihm in den Wagen setzen und mit ihm aufs Schloß nach Suckow fahren, um ihn alles, was er konnte, zu lehren. Das that Pumpfuß auch, und als er lange Zeit auf dem Schloße gewesen war, fragte ihn der Kammerherr endlich, ob er ihm auch alles, was er wisse, gezeigt habe; das bejahte Pumpfuß und sogleich ließ der Kammerherr den Scharfrichter kommen, der sollte dem Pumpfuß den Kopf abschlagen. Als dieser das vernahm, hätte man meinen sollen, er werde sich gewaltig zur Wehre setzen, aber er that gar nicht, als ob es seinen Kopf gälte und legte ihn ruhig auf den Block; in dem wollte nun der Scharfrichter zuhauen, aber da blieb ihm plötzlich der Arm mit dem Beil in der Luft stehen, und er konnte kein Glied rühren. Da fragte der Kammerherr verwundert Pumpfuß, was denn das sei? und da sagte ihm der, das eine Stück hätte er für sich behalten, und da hat ihn jener ruhig ziehen lassen und ist nur zufrieden gewesen, als er ihn glücklich wieder los war.