[258] Aus der Vorzeit

In dem Maye war ihr eben das swölfte Jahr
Mit dem Morgen dahin geflohn.
Dreyzehn Jahre, nun sie fehlten den siebzigen,
Die den Frühling er wiedersah.
Schön war die Laube, der Baum neben der Laube schön;
Blüthe duftete gegen sie.
Kont' er es ahnden? Er sass glühend vor Fröhlichkeit,
Bey dem Reh in der Laube Duft,
Zittert', ahndete nichts, Hell war ihr schwarzes Aug',
Als zuvor er es niemals sah;
Bald verstumt' er nicht mehr, stammelte, redete,
Kosete, blickte begeisterter.
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»Diesen Finger, nur ihn ... Schlank ist dein Wuchs, und leicht
Senket der Tritt sich der gehenden.
Ach den kleinen, nur ihn ... Röthlich die Wang, und doch
Ist die Lippe noch lieblicher!
Diesen schönsten, nur ihn gieb mir!« Sie gab zuletzt
Alle Finger dem flehenden,
Zögerte länger nicht mehr, wandte sich, sagt': Ich bin
Ganz dein! leise dem glücklichen.
Ida's Stimme war Luft, Ida, du athmetest
Leichte Töne, die zauberten.
Küsse kant' er noch nicht; aber er küsst' ihr doch
Schnell die lebenden Blicke weg.
Und nun bleiben sie stehn, schweigen. Die Schwester ruft
In den kühleren Sohattengang.

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