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Im Herbst erblichen liegt das Land,
Und durch den dichten Nebel bricht
Der blasse Strahl von Waldes Rand,
Den Mond doch sieht man selber nicht.
Man weiß nicht, was die Helle macht,
So duftig weiß und doch nicht klar –
Die Freiheit wandelt durch die Nacht
Mit wallend aufgelöstem Haar!
Und wandelnd horcht sie still und lauscht,
Die bleiche, hohe Königin,
Und ihre Purpurschleppe rauscht
Leis über dunkle Gräber hin.
Sie hat gar eine reiche Saat
Verborgen in der Erde Schoß:
Sie späht, ob die und jene Tat
Nicht schon in grüne Halme sproß.
Sie drückt ein Schwert an ihre Brust
– Es blinkt im weißen Dämmerlicht –
Und bricht mit wehmutvoller Lust
Manch blutiges Vergißmeinnicht.
Es ist auf Erden keine Stadt,
Es ist kein Dorf, des stille Hut
Nicht einen alten Kirchhof hat,
Drin ein Märtyr der Freiheit ruht!