Auf die Geburt des jungen
Prinzen von Preussen Königl. Hoheit

Berlin, im Augustmonat 1770.


Meine Seele taumelt, nicht berauscht vom Weine,
Im bemoosten Fasse hergebracht vom Rheine,
Oder über's Meer gesandt;
Ich bin wonnetrunken, mich erfüllen deine
Freuden – liebes Vaterland!
Alle Kinder jauchzen, alle Greise glühen;
Friedrich Dein Erhalter, wiegt auf seinen Knieen
Diesen Königlichen Sohn,
Den Er dir zum Herrscher weislich wird erziehen,
Und der Zögling horchet schon.
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»Liebling meines Herzens, spricht der große Weise,
Wie der müde Wandrer schmachtend Trank und Speise,
Wie der Steuermann den Rand
Tiefer Fluthen wünschet auf der weiten Reise;
Also wünschte Dich das Land.
Heil mir, daß Du kamest, Heil sey Deiner keuschen
Jugendlichen Mutter, die das Sehnsuchtsheischen
Meines Volkes hat gestillt.
Du wirst meine Hofnung nimmer, nimmer täuschen;
Sie wird ganz in Dir erfüllt.
Früh wirst Du erkennen, daß man auf der Erde,
Durch die Tugend jenem Herrscher ähnlich werde,
Dessen Herrschaft ewig ist;
Und daß Du dem Hirten bey der kleinsten Heerde
Deine Güte schuldig bist.
Deine höchste Wollust wirst Du mit Entzücken
In der Uebung finden, Menschen zu beglücken,
Und dafür geliebt zu seyn.
Keinem als dem Schmeichler wirst Du zornig blicken,
Und ihm nie Dein Ohr verleihn.«
[39]
Also redet Friedrich, seine Thränen feuchten
Diese Stirne, welche dermaleinst wird leuchten
Ueber uns voll Gnad und Huld.
Wohl uns, daß wir unsrer Wünsche Ziel erreichten,
Nach so langer Ungeduld.
Die verlebten Männer nebst den grauen Müttern,
Sprechen: »Wohl Euch Enkel! Eure Kinder zittern
Nie vor dem Erobrungsgeist!
Keine Donner werden diesen Thron erschüttern!
Friedrichs Thron wird nie verwayst!
Töchter, streuet Blumen, bringet Opfergaben
Um die goldne Wiege; kleine muntre Knaben
Macht ein Singechor, und sprecht:
Ach! Du sollst zum Opfer unsre Herzen haben,
Kind von göttlichem Geschlecht!«
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