[263] Er spricht noch auß dem Grabe

Qwodlibet.

Ich war/ itzt ligt das weit/
der Flaccus meiner Zeit.
Ich war ein Mäntsch wie du/
itzt däkkt der Sand mich zu.
Keine Blühmckens blau und blaß
blühn mir mehr ümb den Parnass/
nie mehr spihgelt mir ein Born
Frau Lunens sanfftes Silber-Horn/
nie mehr glüzzert durch den Himmel
mir das schöne Stern-Gewimmel!
Aurorens Scharlach-Glantz/
der Kindgens Drippel-Dantz/
die gold-bestirnte Wihsen/
auff die die Schäffer blihsen/
Amandgens Rohsen-Kuß/
die Welt in floribus
daß ist nun alles hin/
weil ich erkaltet bin!
[264]
Du lebst und dir ist wohl/
dir pfeifft noch der Pirol.
Dir ferbt die bundte Au
noch Ambrosiner-Thau.
Du sizzst dich auff den grünen Rahsen
und hörst den sanfften Zefir blahsen/
derweil so summbt den Feld-Rain lang
der Bihngens leiser Sommer-Sang!
Ach/ daß nicht jede Zeit
der Himmel Rohsen schneyt!
Daß alles/ waß entsteht/
flinck wie ein Rauch zergeht!
Bald rändern schwartze Schatten
dir deine blancke Matten/
drauff Titan froh bestrahlt
waß kein Parrhasius mahlt!
Bald ligstu alt und kranck
auff Mortas Folter-Banck/
bald mustu dein zerstükktes Stammeln
in nichts alß Threnen-Krüge sammeln!
Die alte Odlers-Krafft
schwand dir dahin-gerafft/
und war auch alles dein –
zurlezzt scharrt man dich ein!
Die Welt-gepreisste Wunder/
wo sind sie nunitzunder?
[265]
Sälbst Salomo/ der Weise/
ward schliesslich Schlangen-Speise!
Horch drümb/ waß mein Staub dir spricht:
So vihl Gold hat Ophir nicht/
alß in ihrem Munde
die flüchtige Secunde.
O Adame/ o Eve/
Vita somnium breve!

Ende

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