[170] Amor in der Mauser

Einsam, traurig und gefangen
Sitzt der kleine Gott zu Haus,
Und mit naßgeweinten Wangen
Rupft er sich die Federn aus;
Spitzt sie fein an seinen Pfeilen,
Taucht sie in ein Tröpfchen Blut,
Schreibt damit entflammte Zeilen,
Brief' und Lieder voller Glut.
Ach, und kann's ihm denn genügen,
Daß er lahm die Feder führt,
Da er einst in sel'gen Flügen
Zweier Schwingen Kraft gespürt?
Heil'ge Venus, laß geschwinde
Hingehn diese Mauserzeit,
Die dem armen Götterkinde
Sichtbar kümmerlich gedeiht.
Neu beschwing ihm das Gefieder,
Das nun kriechend kritzeln muß:
Blick und Wort statt Brief' und Lieder,
Statt der Siegel Kuß um Kuß!

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