6. Der Farnesische Herkules

Welch ein schwellend Gebirge von Fleisch und Muskeln! Am Kopf nur
Kam er ein wenig zu kurz; enge sind Schädel und Stirn.
Doch so schuf ihn Natur mit Bedacht; ein Klügerer hätte
So fruchtlosem Geschäft schwerlich das Leben geweiht,
Nicht vom Schmutze gesäubert die Welt, von wüstem Geziefer,
Noch prometheischen Trotz rettend vom Geier befreit.
Aber erkennst du denn nicht, halbgöttischer Tor: des Augias
Stall füllt wieder sich an, wieder ergänzt sich die Zahl
Grimmiger Hydrahäupter; es kreischen die Stymphaliden,
Kraft und Gewalt aufs neu' schmieden in Bande den Geist.
Darum senkst du nun freilich das Haupt in zweifelnder Schwermut;
Doch nicht gänzlich umsonst hast du die Kräfte bewährt.
Glück bei Weibern trägt es dir ein; es liebten die schönen
Seelen sogar von je diesen athletischen Wuchs.
Mit so geringem Verstande gepaart, und Omphale setzt auf
Solch stiernackigen Freund gerne den zärtlichen Fuß.
[370]
Ja, im Olymp, wo Hebe, die Zierlichschwebende furchtlos
Dir in die schwielige Faust bräutlich ihr Patschchen gelegt,
Stiftest du Zwietracht fast. An ihrem gewaltigen Kriegsgott
Schielt nun Venus vorbei, neidet der Kleinen ihr Glück.
Fast wird eifersüchtig der Vater der Menschen und Götter,
Da leutseligen Blicks Juno den Neuling begrüßt.
Nur die Grazien flüchten entsetzt; es rümpfet Minerva
Höhnisch die Lippe: »Warum ließ man den Hausknecht herein?«

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek