[207] 4.

Und deine finstre Schwester, deren Bild
Ein Graun den Toren, die sich sicher wähnen,
Auch sie hat mir das Herz mit Trost gestillt.
Ihr großes Aug ist dürr und leer von Tränen.
Ein seltsam Lächeln irrt um ihren Mund;
Die fahle Lippe bebt an bleichen Zähnen.
Sie rauft ihr Haar nicht, schlägt die Brust nicht wun
Sie gleicht dem Bruder; aber kalt und fremd
Bohrt sich ihr Blick bis in der Seele Grund.
Die Linke steinern in das Kinn gestemmt,
Die Rechte starr am Dolch, sitzt sie und brütet
Und harrt der Zeit, da nichts den Willen hemmt.
Sie stiert so scheu, wie wer Vergrabnes hütet.
Sie weiß, man würde sie an Ketten legen,
Erriete man, was heimlich in ihr wütet.
Doch was sie immer sinnt, es ist zum Segen.
Mag sie die Torenwelt »Verzweiflung« taufen
Und fürchten, wie wir Nachtunholde pflegen:
Sie trachtet nur, Gefangne loszukaufen
Aus Lebenshaft und Seelen zu befrein,
Die voll von Jammer sind zum Überlaufen.
Drum sollte »letzter Trost« ihr Name sein,
Denn wo mit Schmach und heillos bittrer Not
Geschlagen wird ein zitterndes Gebein,
Und weder Gott noch Teufel Hilfe bot,
Da tritt sie zu dem hoffnungslos Gequälten
Und raunt ihm zu: Erwähle selbst den Tod!
Ich hauchte nur dich an, und dich Gestählten
Durchschauert Kraft, die schwere Kerkertür
Zu sprengen, eh' die Henker dich entseelten.
Willst du dich beugen jeder Ungebühr,
Auch noch die rechte Wange leihn dem Streiche,
Ein Büßender und weißt doch nicht wofür? –
So stillt den Ächzenden die stille Bleiche,
Und wenn ihm fremd ward jeder Rat der Welt,
O sie berät ihn gut, die Listenreiche.
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Auch mir, du Mitleidvolle, bleib gesellt,
Ich flehe dich, wenn mir ein Los beschieden,
Das jeden Lebensbecher mir vergällt.
Die Bande, die uns an das Dasein schmieden,
Hilf mir sie sprengen, Freundin, führe du
Die stolze Seele, die das Glück gemieden,
Den sanften Sternen ew'ger Nächte zu!

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