[102] Die sinnende Zeit

Du blickest ernst auf Deine Sense nieder,
Die Alles mäht, Du alter Gott der Zeit!
Suchst Du die Blumen in dem Staube wieder,
Die mordend Du dem Moder hast geweiht?
Wie oder ruhen Deine müden Glieder
Vom traurigen Geschäft, das Allem dräut,
Und blickst mit Schmerz auf Millionen Leichen,
Die jetzt vielleicht im Grabe Dich erweichen?
Ach nicht! der Blick, mit dem die Götter sinnen,
Ist Ruhe, wenn sie mähn und mähn nicht mehr.
Ihr Enden ist ein ewiges Beginnen;
Sanft ist ihr Blick, nur ihre Hand ist schwer.
Was jetzo sprießt, es eilet schnell von hinnen;
Was wieder kommt, entflieht wie das Vorher.
Drum laß mich, eine Blume, Dir zu Füßen,
O Gott der Zeit, mich nur mein Jetzt genießen!

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