[114] 20.

Die Waffenknechtschaft – Militär geheißen –
Ist solch ein andres scheußliches Insekt,
Das Blut saugt und mit niederträchtigem Beißen
Die Menschen von dem eignen Lager schreckt,
Das sie zu Massen macht zusammenschweißen,
Die lappenbunt die Uniform befleckt.
Ihr Puppenheim sind riesige Kasernen,
Drin läßt sich sogenannte Mannszucht lernen.
Hurra, die Mannszucht! Dieses ist die Spitze
Der Selbsterziehung freigebornen Manns.
Fragt nur die Köckeritz und Itzenplitze
Und sämtliche Reserveleutenants!
Schön ist der Helm und blank sei seine Spitze,
Und blind sei dein Gehorsam, braver Hans!
Für deinen Unteroffizier und Kaiser
Gehst du durchs Feuer, schreist die Kehle heiser.
Die heiligen Instrumente lernst du brauchen,
Die du zur Ehre Gottes täglich putzst,
Auf daß du sie, den Mitmensch zu enthauchen,
Im Ernstfall ohne jeden Fehl benutzst.
(Gottlob, das Pulver sieht man nicht mehr rauchen.)
Du lernst, daß du mit Mord dich nicht beschmutzst,
Im Gegenteil, dir holst das Ehrenzeichen,
Geht es um Massen nur und »Feindes«leichen.
[115]
Im Namen Gottes drillt man deine Seele
Zur Säule wahrer Zivilisation,
Das heißt: stumm zu gehorchen dem Befehle
Und aufzugehn in Subordination.
Denn du bist Null, daß ich dir nichts verhehle,
Mit Eins davor machst du die Million,
Und mit so einigen Prachtsmillionen
Kann man selbst Chinas Kaiserin entthronen.
Das war ja Christi Wunsch im großen ganzen,
Worin er mit Lao-tse sich berührt,
Germania möge China recht kuranzen,
Daß es die Heilstat der Kultur verspürt,
Und gottgeweihte Fahnen mög' es pflanzen
Auf Pekings Zinnen rachegeistgeschürt,
Spricht doch der Heiland: Liebe, die dich hassen!
Und Lao-tse: Sei frei vom Zwang der Massen!
O schönste Pflicht, die Erde zu beglücken
Mit unserer Kasernenhofkultur,
Vor hohen Vorgesetzten sich zu bücken
Und subaltern zu gehn auf »höherer« Spur.
Nach oben kriechen und nach unten drücken,
Nur einem Gott sich weihn mit höchstem Schwur:
Dem wehgenährten, blutgetränkten Gotte
Der mit Hurra fanatisierten Rotte ...

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