[O Pan/ der du in Wäldern irrest]

Kaum hatten die Schäfere dieses letzere beschen/ sihe/da kamen die Satyren zu ihnen hinein/ und frageten sie so bald/ ob sie dieses alles verstünden. Vnd dieweil jene weder ja noch nein dazu sageten/ als die gerne etwas mehrers hiervon gewust hätten/ fienge einer unter ihnen an/ und sagte: Es sind diese Tafeln/die ihr allhier ordentlich vor euch sehet/ ihr Hirten/von unterschiedlicher Orten Nymphen hierein geliefert worden. Die Personen aber/ die von denselben blikken/ sind theils Könige und Königs-Söhne/ theils Fürsten/ Grafen/ und mit einem Wort eitel dapfre Helden/ welche in den nächsten XL. Jahren gelebet/ und ihren Nahmen in der Welt mit dapferen Tahten und Anschlägen ruchbar gemacht. Vnd/ dieweil jetziger Zeit die Kriegesflamme in allen Winkeln der Welt leider kreucht und schleichet/ werden diese ihre Lobes-Tafeln in dieser Höle aufbehalten/ bis so lange gedachte Flamme einmahl verlöschen möchte: Alsdann soll ihrer jedem in seinem eignen Land/ Gebiet/ oder Mutterboden [55] ein Ehrentempel erbauet/ und in demselben ihme allhier-zuständige Tafel/ zu ewigem seinem Lobgedächtniß/ aufgehenget werden. Massen jedlichen Orts Nymphen/ als des Landes Müttere und Närerinnen/ solche ihren Lands-Heldē von dem bästen Arabischen Golde zurichten lassen/ und folgends/ wie erwänet/ hieher gebracht. Das übrige/ sgte er/ werdet ihr allbereit so wol von den Vorstellungen selbst/ als denen Bildschriften satsam erlernet haben.

Nach diesem nahmen sie die Satyren wiederüm zwischen sich/ und füreten sie aus dieser Höle in die vorige/ und von dannē gar in die erste. Daselbst sahen sie den vertrunkenen Silenus den langen Weg hingestrekket liegen/ welcher kurtz zuvor von des Bacchus Feyere einer zu rükke kommen/ so voll und besoffen/daß an ihme nicht die geringste Empfindlichkeit zu merken war/ und stunden üm ihn herüm ein Hauffen Satyren und Faunen/ welche ihn an allen Orten des Leibs zupfeten und zwakketen/ wiewohl er es/ als der mehr einem Glotze/ als ihm selbst/ änlich/ gar nicht fülete: Allernächst darbey war auch sein Esel/ der sprange/ schrye und igaete/ vermutlich froh/ daß er von einer so schweren Last erlediget/ fienge auch/ ehe man sich dessen versahe/ an zu laufen/ und kame/nachdem er zuvor etliche Satyren/ die ihme im wege stunden/ zu Hauffen gerennet/ bey den Silenus/ und dantzete so lange über ihn hin und wieder/ bis ihme einer unter ihnen mit einer Peitsche den Rükken in etwas striegelte/ und ein andrer ihme seinen Staub so säuberlich zwischen die Ohren legete/ daß er seines Muhtwillens bald vergasse: Wiewohl ihme nichts desto weniger diese/ die er vormahls den Boden küssen gelehret/ fast unbarmhertzig auf dem Halse waren/ dieweil sie von den andern sehr besagter Abenteur halben ausgelachet wurden. 1

In solchem gienge Pyrops hin in die andere Höle/ daraus sie allererst gegangen/ zu der Wand/ wo [56] mehrerwänte des Pans Rohrpfeiffe hienge/ nam dieselbige von dannen/ und nachdem er damit wieder bey den Schäferen angelanget/ fienge er also an gegen ihnen: Wir wissen/ ihr Hirten/ daß ihr unter den löblichen Schäfer-Orden dieses Flusses eure Nahmen gegeben/so wisset auch ihr/ gestaltsam ihr es zuvor von uns vernommen/ daß der grosse Pan euch und eurer Genosschaft mehr/ als einiger andern/ geneigt ist: Daher er auch heutiges Tages euch beyden so hohe und grosse Gunst erwiesen/ dergleichen eine keinem vor euch jemahls wiederfahren ist. Nunmehr aber will er auch der gantzen Genosschaft ein sonderliches Zeichen seiner Gnade darthun/ und lässt derselbigen durch uns verehren gegenwärtige PFEIFFE/ welche ihr eben diese zu seyn wol wisset/ die er das erstemahl aus den Verwandlungsrohr seiner Nymphe geschnitten. So nehmet sie nun (sagete er/ in dem er sie diesen beyden darreichete) im Nahmen aller eurer Ordensgenossen von unsren Händen/ und wie sie dem grossen Pan seither allzeit über die massen lieb gewesen/ also könd ihr leichtlich erachten/ diese müssen ihm auch lieb seyn/ denen er so ein liebes Kleinod übereignet und schenket. Sonsten verspricht er euch und allen euren Ordensvervvandten/ daß er hinfort euch wolle ein gütiger Pan seyn: Eure Auen sollen immerzu fette Weide haben/ Eure Schafe sollen des Tags zwier können gemolken werden/ ihr solt in euren Hürden sicher wohnen/ eure Heerden sollen frey seyn von Gefärden des Wolfes/ keine zufällige Krankheit soll ihre Zahl ringeren/ sondern sie sollen järlich vor andern merklich zunehmen/ und kurtz/ er will aus euch die gesegnetesten unnd seligsten Hirten machen/ unnd an euch vielfältig darthun/ wie hoch beglükket werden die jenigen/ so wegen ihrer Treu und Frömmigkeit den Göttern lieb sind.

So bestürtzt wurden beyde Schäfere ob so unerwteteter Gunst-erteilung/ daß sie sich darüm zu bedanken kein Wort zur Bahn bringen konden/ sie unterliessen aber doch nicht mit stummen [57] Gebärden und stiller Ehrbezeugung solches zu verrichten/ so gut es ihnen abermals ihre schlechte Schäfer-Sitten zuliessen. Die Satyren aber eileten unsäumig mit ihnen zu einer Tür/ zu nächst ihnen/ welche ihnen eine andere Grufft aufschlosse/ voller Felsen und Klippen/ darinn der Tag oben zu etlichen Löchern hereinfiele/ Sie war bald änge/ bald wieder weit und geräume/ zu weilen auch fast niedrig/ also daß sie gebükket gehen musten. Endlich truge sie der ungewisse Weg zu einem külen Ort/ woselbst zu beyden Seiten ein kleines Wässerlein aus dem Felsen hervorquellete: Dieses/sagete einer von ihren Begleiteren auf das zur linken Seiten zeigende/ ist die Schwartzach/ ein klar Wasser/wie ihr wisset/ und ergeust sie sich von hier duch etliche Norische Täler/ in solcher Grösse/ wie ihr es allhier sehet. Nachdem sie aber etwas baß fürter gekrochen/ breitet sie sich aus und verliehret den Namen einer Bach/ indem sie zu einem kleinen Fluß wird/ biß sie endlich etwas ferne von hinnen von der Rednitz verschlukket wird. Jenes Wasser aber/ fuhre er fort/auf das zur rechten Hand zeigende/ ist jetzterwänter Fluß/ die Rednitz/ welche nachdem sie sich ebenmässig durch etliche unwegsame Oerter ergossen/ ihre Flut endlich mit der Pegnitz vermälet/ und mit derselben nachmahls an einem gewissen Ort in den Mäyn fället. Die Schäfere giengen hinauf an diesen Strömen fort/ kamē aber bald zu einem Ausgang/ und indem sahen sie sich üm/ und befanden/ daß sich indessen ihre Geleitsmänner von ihnen gestohlen.

Also giengen sie zur Hölen hinaus/ neigeten sich aber zuvor mit gebürender Ehrbezeugung/ und sahen folgends einander bestürzt an/ sich verwundrende der Wundersachen/ deren sie diesen Tag einen guten Tell in Augenschein genommen/ sonderlich aber der Helden-höle/ und der aldabeygestellten Bildnissen/ und fielen unter ihnen/ inzwischen daß sie ihre Füsse nach den Triften [58] (von denen sie sich alda fast ferne befanden/) richteten/ mancherley Meinungen von diesem allen. Zuletzt/ wie sie einen ziemlichē Wege in solchen Gesprächen hinter sich gebracht/ fragete Klajus den Floridan/ ob sie nicht dem grossen Pan zu Abstattung ihrer Dienst- und Dankpflicht für sotahne erwiesene Gunst-bezeugungen etliches absingen wolten/welches weil es Floridan nicht allein nicht abschluge/sondern auch selbst dazu noch mehr vermahnete/ fienge er (Klajus) also an:


O Pan/ der du in Wäldern irrest/ 2
Du/ den oft trägt der Felder Blumen-Bahn/
Der du wie eine Taube girrest/
Wann vor dir flieht/ die dein Sinn lieb gewan/
Nim hin das Schäfer-Singen/
Den Hirtendank/ ein Lied von deinem Lob/
Wir wollen auch/ wirst du uns schweben ob/
Dir Gaben und Geschenke bringen.

Floridan.

Du Gott/ du/ dessen Rohr-gedröne
Die Eiter hier der Heerden füllet an/ 3
Vnd dessen holdes Feld-getöne
Der Nymphen Chor zu Hauffe lokken kan.
Hör dieses Schäfer-Singen/
Das dir verehrt der Hirten Dankbegier/
Es stimmen ein die Rieselbäche hier/
Vnd lispeln in der Pfeiffen Klingen.
Klajus.

Es wächset/ wo du hingesetzet
Den Götterfus/ die Kleebegilbte Bahn/
Vnd Gras/ das unsre Schaf ergötzet/
Vnd Blumen-Lust/ daß man sich freuen kan.
[59]
Laß/ grosser Pan/ dein Springen/
Bey unsrer Trifft auch mild und tätig seyn/
Hüpf oft und viel dort neben uns herein/
Laß deine Tritte fettes düngen.
Floridan.

Dein Anblikk kan die Bösen schrökken/
Gleichwie ein Blitz dort von der Wolken Plan/ 4
Vnd wie der Donner/ den sie hekken/
Mit kalter Hitz kanst du sie stekken an.
So wollest auch bezwingen
Den Fresser-Wolff/ im fall das grimme Tier
Mit Lämmerblut netzt diese Felder hier/
Vnd unsre Heerden will verschlingen.
Klajus.

Du hast in deinen ersten Jahren/
Als du noch warst mit Kindheit angethan/
Typhöus ungeheure Schaaren
Erdabgestürtzt/ ein küner Kriegesmann.
So/ wann uns wolt verdringen
Der tolle Mars/ der morderhitzte Gast/
Wann daß er uns wolt rauben Schaf und Rast/
Laß deine Mannheit für uns ringen.
Floridan.

Schau/ hier auch stehen schwanke Rohre/
Die vor der Zeit dein Lieben Lieb gewann/
Dort gukket bey der Wolken Thore/
Der heilig dir/ ein Fichten-hayn heran.
Drüm laß ja nicht vergringen
Ein Metzelbad hier dieser Felderzier/
Es schütze sie dein Machtschutz für und für
Für Hagel und für düstren Dingen.
[60] Klajus.

O Pan/ wirst du uns ferner schützen/
So schwingen wir stäts deines Ruhmes Fahn/
Du solt auf unsren Lippen sitzen/
Biß daß uns wirft der Charon 5 in den Kahn.
Dein Lob soll uns bezüngen/
So lang ein Schaf sucht Gras und grüne Weid/
So lang der Tau versilbern wird die Heid/
So lang die Vfer Strudeln schlingen.
Floridan.

O Pan/ wirst du uns Ruhe günnen/
So soll gewiß auch deinem Blumen-plan/
An Milch und Honig nie zerrinnen/
Den ümgezirkt der schlanken Fichten Mahn.
Jetzt höre/ was wir klingen/
Ein Reimenlied/ ein Jambisches Gedicht/
O Pan/ du kanst die Jambon hassen nicht/
Die deine Tochter lehrte zwingen. 6

Fußnoten

1 Ovid. 2. de arte am. & I. 4. Metā.

2 Reimfolgerung. Pans Loblied.

3 Nat. Com. an vielgedachtem Ort.

4 Panicus terror apud Erasmum.

5 Der Höllische Schiffmann.

6 Nat. Com. Mythol. I. 3. cap. 16.

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