[307] Die Fünffte Abhandlung.
Der Schau-Platz stellet vor deß Königes Gemach.
Herodes. Joab. Israël. Ezechias. Schammæus. Simeon. Hillel. Ananeel. Joschua. Nicodemus. Jonathan. Gamaliel. Menahem.
HERODES.
So ists: Scarlat und Gold bedient zwar unsern Fuß /
Deß Glückes Zucker-Mund beut uns den sanfften Kuß;
Rom hat die Lorbern uns geschencket vor Zypressen /
Es wird Jerusalem nicht unsern Ruhm vergessen.
Jedoch der Glantz erbleicht / wenn Jrrlicht und Comet
Jm Fürstlichen Pallast mit gifft'gem Schimmer steht /
Und mit Pech-schwartzem Dampff trotzt die erlauchte Sonne.
Jhr Vater dieses Reichs / der Jdumæer Wonne /
Und eures Fürsten Trost / euch ist nicht unbewust /
Was vor ein Sorgen-Wurm durchnaget unsre Brust:
Lieb' und auch Rache sind's / die Salems Printz bekämpffen.
Helfft / Freinde / helfft uns doch die grause Flammen dämpffen /
Die unser Eh'-Gemahl die Mariamn' erweckt!
Jhr wißt / daß Joseph sich mit dieser Frau befleckt /
Der auch numehr gebüßt: Hier haben wir geschonet /
Weil Demant-feste Lieb' in unsrer Seele wohnet.
Ach aber! Diese Gunst / und Langmuth / und Gedult
Hat (wie wir Leider sehn!) vergrössert jhre Schuld;
Gleich einer Feuers-Brunst / die Gips und Stahl verzehret /
Wenn Kühnheit und Vernunfft nicht solchem Ubel wehret.
Wir müssen / Väter / euch eröffnen unsre Noth:
Die Mariamne hat gesucht deß Fürsten tod
[308] Durch gifft'gen Liebes-Tranck / der annoch ist verbanden.
Ja sie hat jhren Leib zum Schau-Platz ärgster Schanden
Durch geile Brunst gemacht / weil nicht nur Tyridat /
Auch jhr Verschnittner selbst mein Bett' entehret hat.
O Laster sonder gleich / die Glut und Stein verdienen!
Hier sucht man euren Rath / jhr weisesten Rabbinen /
Jn dem so schweren Werck / das unsern Ruhm betrifft.
Sie sitzt im Kercker nun / die durch verräthrisch gifft
Und schnöden Eh-Bruchs Reitz sich gegen uns vergangen.
Drumb träget unsre Rach' ein sehnliches Verlangen
Zu wissen / weil jhr führt der Themis heil'gen Stab /
Ob eur hochweiser Schluß jhr spricht das Leben ab:
Erwegt die Sache wol / und richtet nach Gesetzen.
JOAB.
Daß eure Hoheit sich der Thorah güldnen Schätzen
Jn solchem Kummer mehr als eignem Witz vertraut /
Jst billich Rühmens werth: Denn wer das Urtheil baut
Auff GOttes wahren Mund / wird nicht den Zweck verfehlen.
Wo diese Sorgen nur / so jtzt den König quählen /
Verleumbdung nicht erweckt / so spricht das heil'ge Recht
Jhr Thron und Leben ab. Als jene ward geschwächt /
Fiel'n achtzehn Tausend Mann der streitbahrn Benjamitter:
Denn wer die Geilheit liebt / den trifft das Ungewitter
Deß grossen Zebaoths. Jn Jsraelis Hauß
Soll keine Buhlerin eingehen oder auß /
Wie Moyses bezeugt. Drumb weil diß grause Laster
Durch Mordthat sich vermehrt / so wird kein ander Pflaster
Zu diesen Wunden seyn / als ein gerechter Spruch /
Den selbst der Himmel macht.
ISRAËL.
Kein lieblicher Geruch
Kan auff dem Söhn-Altar der wolgebauten Erden
Deß Schöpffers Heiligkeit von uns geopffert werden /
[309] Als Lilg' und Turtel-Taub' / der Keuschheit Ebenbild.
Wo dieser Tugend-Rauch der Seele Tempel füllt /
Da wird deß Jacobs Heil und Obed-Edoms Seegen /
Bekrönen Hertz und Haus. Wer aber Wollust pflegen /
Und geile Wespen nur auß Bienen machen wil /
Wird allen Völckern seyn ein schimpflich Trauer-Spiel.
So weil auch Mariamn' die edlen Keuschheits Lilgen
Nicht Barbarn nur allein / auch Knechte laßt vertilgen /
Und über diß jhr Sinn Gifft / Mord und Todschlag spinnt /
So stürtzet sie sich selbst.
EZECHIAS.
Seht / wie das Blut noch rinnt
Auff Jesabels Gewand / die durch unkeusche Blicke
Den Jehu ziehen wolt' in jhre Liebes Stricke!
Hier war der Wille nur / nicht selbst die That bestrafft.
Weil Mariamne nun sich würcklich hat vergafft /
Und jhr hochheil'ges Haus durch schnöde Brunst entweihet /
So werde Stadt und Land durch jhren Tod befreyet
Von GOttes schwerem Zorn / der wie ein Feuer brennt /
Und sich nicht dämpffen laßt. Denn wer das Eh-Band trennt
Durch frechen Ubermuth / und sündlichen Begierden
Den Zügel schiessen läßt / wirfft alle Tugend-Zierden
Auff einmal in den Koth.
SCHAMMÆUS.
Gab Eleasars Sohn
Der Midianitin nicht den wolverdienten Lohn /
Die in dem Winckel sich befleckt mit dem Ebræer?
Soll nun diß adle Weib der heil'gen Aßmonæer
Mit einem Parther sich vermischen und verstell'n?
Jmfall die Wahrheit kan der Greuel-That erhell'n /
Daß Mariamnens Mund unreine Milch gesogen
Auß Tyridatens Brust / so werde stracks vollzogen /
Was GOtt und Recht befihlt / und Rath und König schleußt.
[310] Denn wer das Heiligthum vor Hund' und Schweine schmeißt /
Und seiner Ahnen Glantz verwandelt in Cometen /
Sinckt billich in die Grufft.
SIMEON.
Wer jhm zu Mord-Trompeten
Selbst schmeltzet das Metall / und Zwirn zum Tod's-Kleid spinnt /
Verdient nicht / daß umb jhn die Threnen-Quelle rinnt.
Es weiß der grosse GOtt / wie sehr mein Geist betrübet /
Daß Mariamnens Witz in die Rappuse giebet
Den Tugend-vollen Ruhm / der Assamons Geschlecht
Biß an den Pol erhöht. Jedoch die Unthat schwächt
Der Schönheit lichte Glut und hohe Wunder-Gaben /
Die GOtt / Zeit und Natur in jhren Leib vergraben.
Es bleibt der feste Spruch: Wer frevelt / wird belohnt.
Ja ob jhn manchmal gleich das jrrd'sche Recht verschont /
So strafft doch endlich GOtt.
HILLEL.
Nichts wird so klein gesponnen /
Es bricht doch endlich auß und kommt ans Licht der Sonnen.
Weh aber diesem! Weh! der Aergernüsse gibt /
Der Engel in der Lufft / und Menschen hier betrübt!
Denn eine Fürstin ist der Unterthanen Spiegel /
Jn dem sie sich besehn: Sind nun der Tugend-Riegel
Durch Laster weggethan / und ist selbst das Krystall
Bemackelt und beschmutzt / so folget Fall auff Fall /
Der mit dem Mantel sich der Herrschafft stets bedecket /
Und mit so gifft'ger Pest das gantze Land anstecket.
So ist auch Mariamn' zweyfacher Streiche werth /
Die sich so sehr verstellt.
[311]ANANEEL.
Unkeusche Brunst verzehrt
Der Sodomiter Land und Trojens feste Mauren;
Es kan Persepolis nicht vor den Flammen dauren /
Die eine Thais samt in Alexanders Brust:
Denn solcher Aberwitz ist nur geschminckte Lust /
Der meist jhr Himmel-Brodt in schärffste Wermuth wandelt.
Mich wundert / daß der Brand so grausam mit uns handelt /
Uns / denen JEHOVAH sein werthes Land vertraut /
Daß Mariamne nicht auff Salems Würde schaut /
Noch ferner bauen hilfft durch löbliches Exempel
Das Allerheiligste / den Tempel aller Tempel /
Der auff die Frevler blitzt mit Felsenschwerer Rach'!
JOSCHUA.
Was ist diß wunderns noth? Wenn auff dem Sternen Dach
Ein Schwantz-Gestirn erscheint / deßwegen geht dem Himmel
An Schönheit gar nichts ab: So / ob auch diß Getümmel /
Daß Mariamnens Brunst durch Geilheit hat erregt /
Jn unsrem Horizont was frembde Zeichen hegt /
So wird doch nicht hierdurch Jerusalem entweihet.
Gnug / wenn gerechtes Recht mit Beil und Flammen dreuet
Der schnöden Ubelthat / und GOttes Zorn außführt.
Wo nun der Eifer hier rechtmässig wird gespurt /
Und den nicht guten Baum / der Arge Frucht getragen /
Zu Asch' und Pulver brennt / so hören auff die Plagen /
Die der Comete zeugt.
NICODEMUS.
Es ist nun Sonnen klar /
Daß Mord und Eh-Bruch sie stürtzt auff die Todten-Bahr /
Weil auch ein geiler Blick das Eh-Bett kan beflecken /
So bald unkeusche Glut die Augen an-wil-stecken.
Und ob der Gifft Kelch schon die Wirckung nicht erreicht /
Jn dem Herodes nicht durch jhre List erbleicht /
[312] So ist der Vorsatz doch nichts minder abzustraffen /
Als wenn die That vollführt: Denn wer Beschützungs Waffen
Erst nach vollbrachtem Werck auff Mörder Zucken wil /
Der donnert nur umbsonst. Man muß mit Strumpff und Stiel
Der Laster Pilsen-Kraut außrotten und vertilgen /
Wo fern uns blühen soll'n der Tugend Ehren-Lilgen /
Die keine Zeit besiegt.
JONATHAN.
Mir fällt was anders bey:
Der Wund-Artzt schneidet nicht stracks Sehn' und Fleisch entzwey /
Wenn etwan Gicht und Krebs die Glieder wil durchfressen.
Denn wem ist wol gedient mit blut'gen Traur-Zypressen?
Laßt diesen Schaden uns mit linderm Pflaster heil'n:
Blitzt doch der Himmel selbst mit lichten Donner-Keil'n
Nicht stracks auff unsern Kopff / wenn wir uns wo vergangen.
Hier dient die Scheidung mehr! als Steine / Schwerdt / und Zangen.
Man Scheid' / und Schneide nicht / was Kron' und Jnfel schmückt /
Spricht GOttes Kantzler selbst. Sie werde abgeschickt
Jn rauhe Wüsteney; Da mag die Fürstin büssen
Vor diß / was sie verbrach.
GAMALIEL.
Beflecke dein Gewissen
Mit solchem Urtheil nicht / barmhertz'ger Jonathan!
Die Scheidung gehet nicht die Buhlerinnen an /
Die in dem Eh-Bruch schon sind würcklich überwiesen.
Wer hat die Gnade doch in solchem Fall gepriesen /
Wo selbst die Majestät wird schändlich angetast?
Gesetzt auch / nicht enträumt / man leg' auff sie die Last /
Die Zeit zu bringen zu in öden Wüsteneyen:
[313] Wird die Verbannung uns von Schimpff und Schmach befreyen /
Die Land und König quählt / und GOtt und Kirch' betrübt?
Zu dem / wer weiß / ob sie dir selber Beyfall giebt /
Und nicht vielmehr das Grab / als solches Elend suchet /
Das arger als der Tod.
MENAHEM.
Ja freylich wird verfluchet
Ein Leben voller Angst / das stirbt und auch nicht stirbt!
Wie seelig aber ist / der hier den Lohn erwirbt /
Den GOtt und Welt und Recht den Sündern wil ertheilen!
Ach dieses Brand-Mahl kan auch keine Liebe heilen /
Die Mariamnens Glantz ins Fürstens Hertz' erweckt!
Sie hat sich allzusehr / und doppelt zwar befleckt.
Ja wenn das Gifft-Glas sich mit Eh-Bruch nicht vermählet /
So wurde eher noch Barmhertzigkeit erwehlet /
Als allzustrenges Recht. Ach aber! es muß seyn!
»Wenn Laster nehmen zu / so wachst auch Straff' und Pein.«
HERODES.
Jhr schlösset jhren Tod: Wolan sie soll erbleichen!
Der Liebe Orlogs-Schiff muß nun die Seegel streichen
Vor der Astræen Kahn / der sonst zu scheitern geht /
Wenn diese Sünderin nicht auff der Bahre steht /
Und GOTT und Welt versöhnt. Jedoch durch was vor Waffen
Soll der gerechte Tod sie von dem Erd-Kreiß schaffen?
JOAB.
Das Recht der ersten Welt sties Thamarn in die Glut.
ISRAEL.
So hat auch Babels Printz belohnt das geile Blut.
EZECHIAS.
Die Steine werden hier den rechten Zweck ergreiffen.
[314]SCHAMMÆUS.
Last in dem Jordan sie mit Sack und Bley ersäuffen.
SIMEON.
Man leg' jhr umb den Hals den Gold-gewirckten Strick.
HILLEL.
Daß sie mit sondrer Pracht in eignem Blut' erstick'.
ANANEEL.
Wer geilen Rauch geliebt / mag in dem Rauch aufffliegen.
JOSCHUA.
Wer grünes Gifft gemischt / den mag das Gifft besiegen.
NICODEMUS.
Es werd' ein scharffer Stahl dem stoltzen Haupt zu Theil.
JONATHAN.
Dein Außspruch ist beliebt: Sie sterbe durch das Beil!
GAMALIEL.
Sie sterbe durch das Beil! Und lasse Kron' und Tittel!
MENAHEM.
Sie sterbe durch das Beil! Diß ist das beste Mittel!
HERODES.
Wir tragen / Väter / euch das Blut-Gerichte auff:
Laßt dem erwognen Recht den unverrückten Lauff;
Sprecht über jhren Hals das Urtheil herber Rache:
Wolt' auch jhr stoltzer Mund beschönen jhre Sache /
So hört sie kürtzlich an: gebt jhr zwey Priester zu;
Und schafft durch jhren Tod euch Ruhm / uns Fried' und Ruh:
Sie sterb im Kercker / daß sich kein Tumult erhebe.
[315]ALLE RABBINEN.
Der Juden grosser Printz / Herodes / herrsch' und Lebe!
Der Schau-Platz verwandelt sich in einen grossen Richt-Saal.
Joab. Israël. Ezechias. Schammæus. Simeon. Hillel. Ananeel. Joschua. Nicodemus. Jonathan. Gamaliel. Menahem. Mariamne. Das Königl. Frauen-Zimmer. Der Haupt-Mann mit den Trabanten.
JOAB.
Wir haben nun gehört deß Königs ernsten Schluß /
Dem unsre Heiligkeit nachkommen soll und muß;
Drumb kan Gamaliel den Blut-Spruch jtzt verfassen:
»Daß nehmlich sie durchs Beil im Kercker soll' erblassen.«
GAMALIEL.
Jch werde mühsam seyn / das Urtheil zu vollziehn.
ISRAEL.
Noch eins: Man beuge vor / daß sie nicht mög' entfliehn.
JONATHAN.
Wie kan der Vogel doch auß seinem Keficht dringen?
EZECHIAS.
Der güldne Schlüssel kan jedwedes Schloß bezwingen.
SCHAMMÆUS.
Wahr ists: Die Fürstin hat das Volck auff jhrer Seit'.
NICODEMUS.
Der Pövel starrt und bebt / wenn man Gekrönten dreut.
[316]HILLEL.
Zu dem ists Kerckers Schacht mit Wächtern rings umbschlossen.
MENAHEM.
Wie wenn die Reue würd' ins Königs Hertz gegossen?
SIMEON.
Was könten wir darvor? Der Fürst hegt das Gericht.
JOSCHUA.
Der Wanckelmuth würd' uns doch werden angeticht /
Weil Mariamnen uns Herodes übergeben.
ANANEEL.
Drumb eilt / eh sich was zeigt / mit jhr auß diesem Leben /
Und fuhrt den Blut-Spruch auß.
EZECHIAS.
Wol! Die Beklagt' erscheint /
Versehn mit Wach' und Volck.
JOAB.
Wir hatten zwar vermeint
Mit angenehmem Gruß die Fürstin zu empfangen:
Allein weil über sie der Himmel hat verhangen /
Daß der hochheil'ge Rath mit Widerwillen jhr
Das Unglück / so sie trifft / anjetzt muß tragen für /
So wird die Königin uns vor entschuldigt halten.
Sie weiß / wer in der Eh die Liebe läßt erkalten /
Und frembdes Labsall sucht / besonders wenn die Brunst
Deß hurt'gen Eh-Gemahls zeigt nicht geschminckten Dunst /
Daß solche Frevel-That GOtt / Welt und Recht erzürne:
Denn kein unreines Licht / noch falsches Schwantz-Gestirne
Soll in dem Sternen-Zelt deß keuschen Eh-Betts strahl'n.
[317] Sie weiß auch / wer mit Gifft die Liebe wil bezahl'n /
Dadurch die heil'ge Eh uns biß ins Grab verbindet /
Daß solcher Meuchel-Mord gerechte Straffe findet.
Printzeß / es ist uns leid / daß jhre Schönheit jtzt
Ein traurig Beyspiel zeigt / und in den Lastern sitzt
Deß geilen Mörder-Gifft's! Printzessin / wir beklagen /
Daß unsre Freundschafft jhr das Leben ab muß sagen /
Weil selbst jhr Eh-Gemahl gerechte Rach' anfleht /
Und uns zu Richtern setzt!
MARIAMNE.
Wie wird das Recht verdreht!
Sagt mir / wer gibt euch Macht Gekrönte zu verdammen?
Wer von deß Assamons Geschlechte her-kan-stammen /
Wer Palæstinens Reich durch Erbrecht an sich bracht /
Wer Kron' und Jnfel fuhrt mit hochgeweihter Pracht /
Und mit der Tugend-Glantz besieget andre Lichter /
Erkennt Rabbinen nicht vor seines Halses Richter.
Gesetzt auch / daß der Fürst euch die Gewalt verliehn;
Kein weltlicher Monarch kan Mariamnen ziehn
Vor seinen Richter-Stul. Der Kayser aller Kayser
Kan in Zypressen nur verkehr'n die Lorber-Reiser.
Wir freveln jhm allein; Er hat zu straffen macht /
Wenn ichtwas ja versehn. Der Silber-reiche Schacht
Laßt kein unreines Aug' in seine Stollen fuhren /
Sonst wird in einem Blick der Anbruch sich verliehren /
Und vor berühmtes Ertzt nur zeigen Kieß und Stein.
Gnug; Daß der Höchste weiß / daß Mariamne rein /
Dem soll ich Rechenschafft von meinen Wercken geben;
Und dieser wird auch einst mein unbeflecktes Leben
Eröffnen aller Welt. Mein Ansehn leidet nicht /
Daß Mariamn' erschein' vor derer Blut-Gericht /
Die durch viel lange Jahr der Aßmonæ'schen Ahnen
Leib-Eigne sind gewest und treuste Unterthanen /
Ja mich als Diener selbst bedienet und verehrt.
[318]ISRAEL.
Wie hat der Hochmuth sie / Printzessin / doch bethört!
Kennt sie den Wechsel nicht / den Zeit und Glücke treiben?
So lang' uns Gluck und Zeit must' in die Dienste schreiben
Deß tapffren Assamons / so haben wir geleist
Die schuld'ge Pflicht und Treu: Daß nun der Fürst uns heißt
Der Fürstin Richter seyn / die vormals uns geschaffet /
Jst nicht Verwunderns werth. Drumb weil das Recht nicht schlaffet /
Auch Königinnen nicht vom Rach-Schwerdt wil befrey'n /
So wird die Fürstin sich hierinnen auch nicht scheu'n
Uns Antwort zu ertheil'n / auff was man sie befraget.
MARIAMNE.
Laßt jhr Rabbinen mich mit Fragen ungeplaget!
Ein Laster reiner Geist darff angebohrne Zier
Nicht mahlen in den Sand / nicht reissen auffs Papier.
Man muß Fürstinnen nicht dem Pövel gleiche schätzen.
Hat mich der Himmel woll'n in dieses Unglück setzen /
Daß einen Hencker ich zum Eh-Mann hab' erlangt /
Was ists denn / daß jhr erst mit vielen Worten prangt /
Und mir den leichten Tod muthwillig wollt erherben?
Jm Fall Herodes wil / daß Mariamn' soll sterben /
Daß jhr nicht schuldig Blut soll spritzen auff die Bahr /
Was baut er allererst ein falsches Rach-Altar?
Was setzt er Richter ein? Was ist eur Spruch von nöthen?
Er darff sein Eh-Gemahl nur mit dem Vorwand tödten /
Wie er Aristobul'n und den Hyrcan entleibt.
Denn wer so vielmal sich ins Blut-Regiester schreibt /
Darff frembde Purpur nicht umb Themis Achseln legen.
Jedoch diß Trauerspiel nur ichtwas zu erwegen /
Befihlt die Unschuld mir zu mahlen kürtzlich ab /
Was meine Tugend stürtzt so zeitlich in das Grab.
Es weiß der grosse GOtt / der alles weiß und kennet /
Daß Mariamne nicht den Liebes-Bund getrennet /
[319] Daß Mariamne nicht den GOtt und Glück gekrönt /
Und zum Gemahl jhr gab hoffärtig hat verhöhnt.
Der Fürst ist selber schuld an diesen Ungewittern /
So jhn auff meinen Hals mit Mord und Rach' erbittern.
Wir müssen frey gestehn / die grosse Liebes-Glut /
So Anfangs uns beflammt / verschwand in unserm Blut /
Als er den Bruder mir und Vater weggenommen:
Ja als ich selbst bey jhm in schnöden Argwohn kommen /
Weßwegen Joseph auch geküsset Block und Beil.
Doch hat auch Salome und Pheroras den Pfeil
Stets Tag vor Tag geschärfft auff Assamons Verterben /
Biß sie sich endlich nun in meinem Blute färben /
Daß jhnen spritzen wird in jhr verflucht Gesicht /
Mir aber mahlen ab das Demant-helle Licht /
So uns –
EZECHIAS.
Es ist nicht Zeit / weitläufftig hier zu fechten:
Wir richten sie / Printzeß / nach den gemeinen Rechten /
Und fragen erstlich zwar: Ob sie durch heimlich Gifft
Dem König nachgestellt?
MARIAMNE.
Wo mich diß Laster trifft /
So fühle meine Brust ein glüend-rothes Eisen!
SCHAMMÆUS.
Es ist der Zeuge dar / man kan sie überweisen.
MARIAMNE.
Verdammte Teuffels List! Wir kennen solches Weh:
Diß Gifft mischt niemand nicht als nur die Salome.
SIMEON.
Die Außflucht wird sie nicht verdienter Straff' entbinden.
[320]MARIAMNE.
Jch kan mich auff nichts mehr als mein Gewissen gründen.
HILLEL.
Daß leider! (wie ich furcht'!) hier Schiff-Bruch leiden muß!
MARIAMNE.
Wir schwehr'n euch keinen Eid: Diß ist mein kurtzer Schluß.
ANANEEL.
Bekäntnüß kan die Schuld / und Straff' und Pein vermindern.
MARIAMNE.
Zehlt Mariamnen nicht zu den befleckten Sündern.
JOSCHUA.
Wil an dem Eh-Bruch sie denn haben keine Schuld?
MARIAMNE.
Ach! Daß der Himmel doch so lange trägt Geduld!
NICODEMUS.
Sie hat den Joseph ja und Tyridat geliebet.
MARIAMNE.
Geliebt zwar; aber nicht / was jhr uns zeiht / verübet.
JONATHAN.
Sohem und Philo sind deßwegen hingericht.
MARIAMNE.
Jch weiß / daß auch jhr Geist von meiner Unschuld spricht.
GAMALIEL.
Fürstinnen machet auch ein holder Blick verdächtig.
[321]MARIAMNE.
Bey dem / in dessen Brust Verdacht und Argwohn mächtig.
MENAHEM.
Ach wenn sie dem Gemahl ein sanfftes Aug' ertheilt!
MARIAMNE.
Wißt jhr / daß Liebe sich bey Mardern nicht verweilt?
JOAB.
Es sey! wir müssen thun / was Fürst und Zeit uns lehren.
Sie wolle nun / Printzeß / jhr letztes Urtheil hören:
MARIAMNE.
Gar wol!
GAMALIEL.
»Weil Mariamn' durch Mord und Eh-Bruch sich
Auß frechem Ubermuth« –
(MARIAMNE.
O grimmer Seelen-Stich!)
»An jhrem Eh-Gemahl vergriffen und vergangen /
So hat der heil'ge Rath auß sondrer Gunst enthangen /
Daß jhr beschuldet Haupt zu Palæstinens Heil
Jns Kerckers schwartzen Nacht erblasse durch das Beil.«
MARIAMNE.
Ach Urthel wider Recht! Soll so die Tugend büssen!
Wo bleibt / Rabbinen / doch / wo bleibet Eur Gewissen!
Auff Salomon! auff! auff! Erschein' und sprich uns recht /
Weil nun von Richtern selbst dein Richt-Stab wird geschwächt!
[322] Der Blut-Spruch kan uns nicht im wenigsten erschrecken:
Ach aber! daß man mir die Seele wil beflecken /
Daß man mit Mord und Gifft das falsche Recht beschönt /
Und nicht nur unsren Leib / auch Ehr' und Ruhm verhönt /
Diß / Richter / ist zu viel! Jch ruff' in dieser Sache
Den Himmel wider Euch auff zur gerechten Rache /
Der künfftig rächen wird der Aßmonæer Hauß!
ISRAEL.
Fuhrt den entdeckten Schluß im Kercker schleunig auß.
Der Schau-Platz bildet ab deß Königes Gemach.
Herodes. Ein Page. Arsanes. Aristobulus IV. und Alexander III. Das Königl. Frauen-Zimmer. Der Haupt-Mann mit den Trabanten.
HERODES.
Ach Schmertz! Was thun wir! Ach! Soll Mariamne sterben!
Soll unser Augen-Trost durch schnöden Tod verterben!
Soll keine Venus nicht umb unsern Purpur stehn!
Und soll auff diesen Tag mein schönster Schatz vergehn!
Wir stossen alles umb / was wir so blind geschlossen!
Man hat in unsre Brust verleumbdungs Oel gegossen /
Man hat uns überredt! Ach Liebe! die mich zwingt!
Und / Mariamne / dich auß Grufft und Kercker bringt!
Es kan Herodes dich / Printzessin / nicht verdammen;
Die Rache wird besiegt durch deine Liebes-Flammen;
Dein' Unschuld ist entdeckt. Wir haben selbst gehört /
Was in dem heil'gen Rath dein kluger Mund gelehrt.
Ja freylich hat der Fürst / Printzessin / dich betrübet!
Man hat an deinem Stamm ein solches Stück verübet /
Daß zwar der Purpur deckt / doch keine Seele lobt!
[323] So wandle demnach frey! Der Sturm hat außgetobt!
Du solst uns noch erfreun mit vielmal tausend Küssen!
Jedoch! was reden wir? Was wil Her ödes schlüssen?
Soll uns der Wanckelmuth beflecken Thron und Recht?
Soll man den Jüd'schen Printz nur der begierden Knecht /
Und der sich Weiber stets beherrschen lasse / nennen?
Solln wir das Unheil selbst / daß von uns kam / verbrennen?
Da sey der Himmel vor! Es ward' uns diese Reu
Ein ewig Wunden-Mahl und Feindschafft legen bey:
Wir wurden selbst hierdurch bey Stadt und Land verdächtig:
Ja der Rabbinen Schaar / die stachlich / groß und mächtig /
Würd' unsern Wanckelmuth verfluchen und verspeyn /
Und jhren König selbst vor ungerecht außschreyn.
So würd' August uns feind! Was ist nun zu erwehlen /
Daß wir die rechte Bahn zur Ehre nicht verfehlen!
Jch muß / Printzeß / ich muß dich stürtzen in das Grab!
Es gibt die höchste Noth den strengen Richter-Stab
Mir selber in die Faust! Printzeß! du must erbleichen!
Mein eintzig Heil beruht auff Mariamnens Leichen!
PAGE.
Es suchet Arsanes / Durchlauchster Fürst / verhör.
HERODES.
Er mag allein uns sehn: Laß keinen Diener mehr
Eintreten ins Gemach. Wir können leicht' erachten /
Wohin durch Arsanem wil Tyridates trachten;
Allein es schlägt jhm fehl.
ARSANES.
Der Fürst verzeihe mir /
Daß ich mich untersteh / weil Salems gröste Zier /
Das Wunder dieser Welt / sein Eh-Schatz soll erbleichen /
Deß Königs brennend Hertz durch Vorbitt zu erweichen /
Und zwar ich nicht vor mich: Nein! Weil mir Tyridat /
[324] Der sich dem Fürst empfiehlt / diß anbefohlen hat /
So hab' ich dem Befehl auch schuldigst nachgelebet.
Es fragt nicht Tyridat / ob eintzig Brand-Mahl klebet
An Mariamnens Leib; Er ist auch nicht bemüht /
Zu forschen embsig nach / warumb die Blum verblüht /
Die selbst die Gratien mit Nectar stets befeuchtet.
Ach nein! Jhn jammert nur / daß die die Welt erleuchtet
Durch überirrd'schen Glantz / ins Leich-Tuch wird verhüllt!
Wofern nun Tyridat beym König ichtwas gilt /
Wo meine Demuth kan durch Seufftzer was erhalten /
So laß' Er seine Sonn' im Kercker nicht erkalten /
Die gantz Jerusalem noch lange scheinen kan!
Spricht sonst auch meinen Printz der Fürst umb ichtwas an /
So wird er Tag und Nacht zu seinen Diensten leben.
HERODES.
Daß umb den Tyridat so grosse Sorgen schweben /
Ob Mariamnen wir enthalsen / oder nicht /
Was geht jhn dieses an? Man hegt das Blut-Gericht
Auff Printzessinnen auch / wenn sie den Fürst betrüben.
Es ist uns Tyridat tieff in das Hertz geschrieben:
Wir wissen / wie er hat in unsrem Teich gefischt /
Und uns zu Strick und Beil nicht wenig angefrischt:
Drumb lescht nicht diese Glut / zu der jhr Oel getragen!
ARSANES.
Jch bin erstarrt ob dem / was mir der Fürst wil sagen!
So wahr der Schöpffer lebt!
HERODES.
Bemüht euch ferner nicht!
ARSANES.
O Marmor-harter Sinn!
[325]HERODES.
Geht uns auß dem Gesicht' /
Eh wir die Rache selbst von eurer Scheitel nehmen!
Der frevle Buhler darff auch jetzund sich nicht schämen
Sein Beyleid darzustelln / umb weiß zu brennen sich.
Man kennt der Boßheit Art; Es jammert Heuchler dich /
Daß ich die Hündin dir auß deinen Zähnen rucke.
Jedoch was sehen wir! O seltzam Ungelücke!
Wil man uns überfall'n / und zwar in dem Pallast?
Was macht / verwegne Schaar / dir deinen Fürst verhaßt?
ARISTOBULUS IV.
Wir üben nicht Gewalt / durchlauchtes Vater-Hertze;
Ach nein! uns treibt hieher die blut'ge Todten-Kertze /
Die auff der Mutter Sarch soll werden angezünd't:
Wo ein'ge Vater Gunst sich nun dem Fürst verbind't /
Wo auch die Kindheit sich darff ichtwas unterfangen /
So laß' er Gnad' und Huld die Mutter doch erlangen!
ALEXANDER III.
Mein König / Fürst und Herr / beraube deinen Sohn
Doch seiner Sonne nicht / so wird die güldne Kron'
Jn unverrückter Lust und schönstem Wachsthum schweben.
Laß uns die Mutter nur / ach Vater! Bey dem Leben!
I. JUNGFER.
Ach grosser Fürst verzeih!
II.
III.
IV.
VI.
JUNGFER.
Ach Fürst verzeih!
ALLE JUNGFERN.
Laß Mariamnen frey!
HAUPT-MANN.
Ach Gnad' / jhr Majestät!
DIE TRABANTEN.
Ach Gnade! Gnade! Gnade!
ALLE
zusammen.
Daß doch die Fürstin nicht in eignem Blute bade!
HERODES.
Entweicht! Jhr fleht umsonst! Eur Seufftzen ist verhaßt:
Wir sind nicht ehr vergnügt / biß Mariamn' erblaßt!
Dem Anlauff zu entfliehn muß man die Pest außfegen /
Sonst möcht' in Salems Burg was frembdes sich erregen.
Der Schau-Platz verändert sich ins Gefängnüß.
Mariamne. Alexandra. Aristobulus IV. Alexander III. Zwey Jüdische Priester. Das Königl. Frauen-Zimmer. Der Haupt-Mann mit den Trabanten. Der Blut-Richter / die Beil-Träger.
ALEXANDRA.
So gehts / wenn man die Gunst deß Eh-Gemahls verlacht /
Und selbst den Blitz entzündt / der auff die Glieder kracht /
[327] Und uns das Hertz' abstößt! So werden stoltze Frauen /
Wie Mariamne / stets den blut'gen Außgang schauen /
Die weder Maß noch Ziel im Eifer halten woll'n!'
Man hätte / Tochter / sich was besser zähmen soll'n /
Jn dem sich Gifft durch Gifft nicht allzeit läßt verjagen.
Du stürtzest mich und dich in ungeheure Plagen /
Jn derer Abgrund wir nun leider sind vertiefft!
MARIAMNE.
Wie wird die Tugend doch in höchster Noth geprüfft!
Was nutzt die Ungedult? Was haben wir verbrochen?
Hat man auff unsren Hals den Blut-Spruch recht gesprochen?
Hab' ich den Tod verwürckt? Sie meide dieses Eiß!
Wie? Oder wil sie dann mich Sterbende mit Fleiß /
Dem Kercker zu entgehn / beschimpften und verfluchen /
Und / weil sie mich bestrafft / deß Fürsten Gnade suchen?
Frau Mutter! nur umbsonst! diß Mumm-Werck dient hier nicht:
Sie wird doch kaum entfliehn deß Mörders Blut-Gericht!
Der eher nicht wird ruhn / biß Assamon vergessen!
Denn er sucht Lorbern nur auß unsern Traur Zypressen.
Laßt uns die Sterbens-Zek jtzt besser legen an:
Man träget mit Geduld / was man nicht ändern kan!
HAUPT-MANN.
Durchlauchtigste Printzeß / die Stund ist nun verbanden
Da sie der Himmel wird befreyn von irrd'schen Banden /
Und ziehn auß diesem Joch.
MARIAMNE.
Nun schwindet unser Leid!
Der Haupt-Mann habe Danck! Wir finden uns bereit!
[328]I. PRIESTER.
O Helden grosser Geist! So muß man sich bezwingen!
So muß man durch den Tod in jenes Leben dringen /
Daß uns Ægyptens Nacht in Gosems Tag verkehrt /
Und den beperlten Rock der Ewigkeit gewehrt!
Printzessin / jhr Geschlecht zeigt jhre Tugend Sitten:
Wird Mariamnen schon der Lebens-Drat zerschnitten /
Bleibt Kron' und Jnfel gleich auff dieser wüsten Welt /
So wird doch jhre Seel' in dem gestirnten Zelt
Weit heller als die Sonn' / und Mond' / und Sternen gläntzen.
Prahlt gleich mit Schnecken Blut und Diamantnen Kräntzen
Der hoch-gesinnte Kreiß; So wird das Paradieß
Mit ewig süsser Lust ersetzen Fall und Rieß.
II.
PRIESTER.
So ists / Printzeß! Geduld ist hier das beste Pflaster /
Durch dessen Wunder-Krafft auch Zentner-schwere Laster
Wie Asch' und Spreu vergehn: Die allergrößte Schuld
Verkehrt in Tugend sich durch Hoffnung und Geduld /
Wo die zwo Schwestern sich in eine Seele finden /
Und mit deß Glaubens Licht biß in den Sarg verbinden /
Da wird uns Welt und Grufft ein irrd'scher Himmel seyn.
Fallt auch der Tempel gleich der ädlen Glieder ein /
Verblaut schon Aug' / und Brust / und die Corallnen Lippen;
Glaubt / Fürstin / glaubet fest / an rauhen Todes Klippen
Zerscheitert kein Zaddick / den selber Adonay
Gezeichnet in die Hand!
MARIAMNE.
Jch fall' euch willigst bey:
Wir traun auff unsern GOtt / der unser rein Gewissen
Durch ein verblühmtes Recht zwar auff der Welt läßt büssen /
Doch seine Gnade wird (diß ist mein höchster Trost!)
Uns wieder strahlen an! Hat sich der Fürst erboost
Auff Mariamnens Blut durch ungerechte Rache /
[329] Wir fühlen keinen Zorn. Glaubt / daß uns diese Sache /
Diß schwartze Traur-Gerüst weit angenehmer scheint /
Als Thron und Krone war. Was ists nun / daß jhr weint?
Daß ihr mit Thränen uns die Bahre wollt beflecken?
Ein Laster reiner Geist laßt sich den Tod nicht schrecken.
Sagt eurem König doch / daß er die graste Gunst
Uns zeig' an diesem Licht / daß seine Liebes-Brunst /
Die vor nur Schalten war / sich erst in Sonnen kehre /
Daß er vor Gall' und Gifft uns Martzipan gewehre /
Jn dem er Stock und Beil uns zum Geschencke schickt /
Daß unsre Seele mehr als seine Lieb' erquickt /
Womit er nur gequält der Mariamnen Glieder.
Wir müssen frey gestehn / der Fürst war uns zu wider /
Weil seine Grausamkeit so schrecklich uns verletzt /
Und mein durchlauchst Geschlecht in tieffstes Ach versetzt:
Denn wo man Eltern wil und Anverwandte tödten /
Da kehrt die Liebe sich in zornige Cometen /
Und weichet der Natur: Die Schneck' entrüstet sich /
Das kluge Bienen Volck gibt summend Stich auff Stich /
Jmfall man jhre Burg und Schlösser wil besteigen.
Jedoch ich kan vor GOtt' und aller Welt bezeugen /
(Denn solch Bekäntnüß heischt mein GOTT geweihter Stamm!)
Daß Mariamne nie den Demant-festen Thamm
Deß Eh-Betts überfahr'n mit geilen Liebes-Wagen.
Mein sterbend Hertze muß diß ein'ge nur beklagen /
Daß Joseph seinen Geist durch unsern Mund verspielt /
Wiewol mein Eifer nicht auff seinen Tod gezielt.
Was ferner anbetrifft deß Tyridates Flammen /
So mag der Himmel mich in Ewigkeit verdammen /
Wo ich mit diesem Printz mein Eh-Bett' je befleckt!
Sein Tugend-voller Geist hat blosse Gunst erweckt /
Jn meiner keuschen Brust: Denn Tugend muß man lieben.
Wil mich Herodes auch nicht in der Grufft betrüben /
Wil er / daß mein Gespenst' jhm niemals komme für /
[330] So end' er seinen Lauff der Grausamkeit an mir.
Er wolle diesem Paar der Mutterlosen Waisen
Erzeigen grössre Gütt' / als leider ich kan preisen /
Damit der Feind auff sie nicht koche Gifft und Rach' /
Wenn sie der Vater haßt! Ach Alexander! ach!
Ach mein Aristobul! Jhr meines Eh-Betts Sternen!
Seht! Eure Sonne muß sich nun von euch entfernen /
Sie fällt ins Todten-Meer / sie geht nach Westen zu /
Und sucht nach rauhem Sturm die unbewegte Ruh!
Wo diese Bitte nun Herodes wil erfüllen /
So werd' ich mich getrost ins Leich-Tuch lassen hüllen /
Und hertzlich jhm verzeihn / was er an mir verbricht!
Ob auch gleich Salome das strenge Blut-Gericht
Auff meinen Hals bestellt / und sich nicht hat vergnüget /
Daß Joseph und Hyrcan im düstern Grabe lieget /
So sey es doch verziehn! Es lebe Salome!
Sie leb! auff daß sie doch einst in sich selber geh!
Wie ist mein Hertz' so leicht! Wir haben all's verziehen!
Es richte GOtt und Welt! Jedoch eh wir verblühen /
Und Unser Leichnam sinckt auff die beschwärtzte Bahr /
So lasset unsern Geist zu vor beym Söhn Altar
Abbitten unsre Schuld deß grossen GOttes Schimmer!
Eröffnet ungesäumt das heil'ge Neben-Zimmer:
Der innere Schau-Platz stellet eine Jüdische Capelle vor. Mariamne singt kniende folgendes Sterbe-Liedgen.
Heiligster Schöpffer! HERR über Leib und Geist!
Der Knecht' erhebet / und Kronen niederschmeist /
Vernihm doch / was dir meine Seele
Trägt vor in der geweihten Höle!
Jch soll jtzt treten die rauhe Todes-Bahn:
Schau! grosser König / schau deine Magd doch an /
[331] Die sich von angeerbten Sünden
Beym Gnaden-Stuhl sucht zu entbinden!
Verzeihe gnädigst! Ach JEHOVAH! verzeih!
Denn Mariamne tragt ungefärbte Reu!
Ach der du prüfest Hertz und Nieren /
Weist wol / was mich zur Grufft muß führen!
Jedoch ich heische hierinnen keine Rach' /
Weil ich dir / Helffer / befehle diese Sach'!
Laß nur / wenn nun die Geister schwinden /
Den Weg zum Paradieß mich finden!
Wolan! Es ist vollbracht! Wir sterben mit Begier!
Es rufft Aristobul und auch Hyrcanus mir
Jn das gelobte Land / wo Milch und Honig rinnen /
Und Engel selber uns zum Purpur Seide spinnen.
Auff Geist! ermuntre dich! wirff diß / was jrrdisch / weg!
Der Himmel ist numehr mein einig liebster Zweck!
Befreyt uns von der Last der Diamantnen Ketten /
Die auch beym Unglücks-Sturm nicht Kronen können retten.
Theilt euch in Perl' und Gold / und dencket stets dabey /
Daß dieses Schau-Spiel nur Dampff / Wind und Schatten sey.
Ade mit diesem Kuß!
III.
JUNGFER.
Ach! ist nicht mehr verhanden
Ein kluger Daniel / der auß deß Todes Banden /
Auß diesem Blut-Gericht Susannen reissen kan!
V. JUNGFER.
Wer steht uns ferner bey!
II.
JUNGFER.
Wer nimmt sich unser an!
[332]I. JUNGFER.
Es ist umb uns geschehn!
VI.
JUNGFER.
Nun unsre Sonn' erbleichet!
IV.
JUNGFER.
Nun unsre Fürstin stirbt!
MARIAMNE.
Der allen Hülffe reichet /
Der wird auch helffen euch!
I. PRIESTER.
Recht so / Printzessin recht!
GOtt lasset nicht vergehn seyn außerwehlt Geschlecht /
Das seine Thorah ehrt!
MARIAMNE.
Auch jhr betrübten Kinder!
Deß Mütterlichen Geists großmächt'ge Uberwinder /
Empfangt den Abschieds Kuß von unsrem blassen Mund!
ARISTOBULUS IV.
Ach Kuß! Der meine Brust biß auff den Tod verwundt!
ALEXANDER III.
Ach Kuß! Der mir erweckt ein ungewöhnlich zittern!
ARISTOBULUS IV.
Wer wird nun schützen uns vor künfft'gen Ungewittern!
ALEXANDER III.
Wo wird man fliehen hin / wenn Neid und Unglück blitzt!
MARIAMNE.
Zu aller Götter GOtt / der Waisen hilfft und schützt.
[333]ARISTOBULUS IV.
ALEXANDER III.
Ach Mutter! laßt uns nicht!
MARIAMNE.
Der Schmertz wil sie bestreiten:
Führt nur die Kinder weg! GOtt woll' euch stets begleiten /
Und selbst eur Vater seyn!
ARISTOBULUS IV.
ALEXANDER III.
Nun Mutter / gute Nacht!
MARIAMNE.
Auch die jhr mit Gebet und Opffern stets gewacht
Vor Mariamnens Heil / lebt in erwüntschter Wonne!
Ade Jerusalem / deß Erden-Kreisses Sonne!
Dein Ancker bricht entzwey! Wir ziehn in jenes Reich /
Wo Königinnen nicht empfinden Stahl und Streich.
Lebt schlüßlich alle wol / auch die jhr auß-solt-führen
Deß Urtheils strengen Schluß! thut was euch wil gebühren!
Wir küssen Block und Beil! Gehab dich Erden wol!
II.
PRIESTER.
Nun gläntzet Mariamn' in dem gestirnten Pol!
I. PRIESTER.
Nun hat die Königin den sichern Port gefunden!
I. JUNGFER.
Ach schrecklichs Trauer-Spiel!
II.
JUNGFER.
Ach grimme Seelen Wunden!
III.
IV.
JUNGFER.
Schlagt Brüst' und Haupt!
V. JUNGFER.
Ach! ach!
VI.
ALLE JUNGFERN.
Ach! Ach!
I. PRIESTER.
Reitzt nicht den grossen GOtt zu hell-entflammter Rach /
Der auch solch Winseln strafft!
II.
PRIESTER.
Sie ist ja nicht vertorben;
Sie ist als ein Zaddick / nicht als Raschah gestorben:
Hier ist kein Jsop noth / der jhre Glieder wasch';
Jhr Tohora bedarff hier keiner warmen Asch' /
Noch umbgesprützten Blut's von einer rothen Kuhe:
Sie speißt bey Abrah'ms Tisch' in Zucker-süsser Ruhe /
Und lacht Eur Seufftzen auß in der gewölckten Höh!
ALLE JUNGFERN.
Ach tausendfacher Schmertz! Ach unergründtes Weh!
Der Schau-Platz stellet vor einen Lust-Garten an der Königl. Burg.
Arsanes. Zwey Parther.
ARSANES.
So ist / jhr Götter / nun die Schönheit selbst erblichen?
So ist der Venus Stern auß diesem Kreiß entwichen?
[335] Weil Mariamnens Leib / das Wunder aller Welt /
Durch unverdienten Streich so blutig niederfallt!
Stirbt denn die Tugend auch? O Jammer-reiches Wesen!
Hier kan ein Beyspiel man der höchsten Untreu lesen /
Die geile Ehr-Suchts Glut in Weibern auch erweckt.
Denck' ichtwas ich zurück / so wird mein Geist erschreckt!
Denn wil man recht besehn den Ursprung dieser Flammen /
So ist hier Salome / die Bröckin / zu verdammen.
Man weiß / daß Tyridat deß Brüdern Grimm entflohn /
Der mit der Brüder Blut gestiegen auff den Thron /
Und den Orod' entleibt. Als nun in Palæstinen
Umb mehrer Sicherheit der Parther Printz erschienen /
Und Salems grossen Fürst umb Beystand angefleht /
Hat jhn Herodes auch mit Sanfftmuth angeweht /
Und wider den Phraat als Feld-Herr'n außgesendet /
Der auch / nach dem die Schlacht mit höchstem Ruhm geendet /
Deß Baraphernes Kopff in's Fürsten Schoß gelegt.
Durch diese Helden-That ward stracks Herod bewegt /
Dem Tyridates sich und alles zu vertrauen.
Hier konte nun mein Printz die Mariamne schauen /
Ob derer Göttligkeit er schleunig ward entzückt /
Und in das Liebes Seil / doch mit Vernunfft / verstrickt.
O wunderseltsam Ding der unergründten Liebe!
Es fühlet Salome in jhrem Sinn getriebe
Ob Tyridatens Glantz auch heisse Flammen stehn;
Sie wil vor toller Brunst fast sterben und vergehn /
Da doch die Furie dem Joseph war vermählet.
Weil diese Närrin nun den rechten Zweck verfehlet /
Und Tyridates sie nicht wie die Fürstin ehrt /
So kocht sie Gifft und Mord. Es wird der Fürst bethört /
Daß er durch jhre List den Joseph hin laßt richten /
Umb Mariamnen bloß beym König zu vernichten /
Die jhr im Wege stand ob Tyridatens Brunst.
Jedoch als diese Glut nur zeiget Rauch und Dunst /
[336] So gibt die Eris vor: (ich zitter'! ich erbebe!)
Samb an dem Tyridat ein grosses Brandmahl klebe /
Daß Mariamne jhm durch Eh-Bruch angesetzt.
Herodes wird alsbald auff meinen Printz verhetzt /
Die Freundschafft bricht entzwey; Er dreut jhm grimmste Rache /
Die jener auch gefühlt / wenn diese Mörder Sache
Die Fürstin nicht verhütt durch klug-gefaßten Rath.
Denn als ein starckes Gifft den ärmsten Tyridat
Unwissend sollte fäll'n / und er den Kelch nun setzte
An seinen Rosen Mund / der Götter selbst verletzte /
So stieß jhm Argane den Becher auß der Hand /
Drauff zog er heimlich fort in deß Augustus Land.
Jedoch weil Tyridat zu Salem sich verweilet /
Hat Mariamnens Witz die Liebe nie zertheilet /
Noch mit unkeuschem Aug' auff meinen Printz geblitzt.
Seht nun / wie neid'sche Brunst ein Frauen-Bild erhitzt!
Seht nun / wie Salome durch ärgste Greuel-Thaten
Die grosse Königin zugleich mit Tyridaten /
Der jhre Tugend bloß und Englischen Verstand
Mit reinster Gunst bedient / verjagt auß Welt und Land!
Ha! grause Salome! sey hundertmal verfluchet!
Die du den Fürst verhetzt / stets mördrisch Gifft gekochet /
Das heil'ge Recht entweiht / den Richter-Stuhl vergüldt /
Und aller Frauen-Cron' ins Todten-Kleid verhüllt!
Herodes schäme dich / daß du dich so vergangen!
Du bist nicht werth gewest / diß Kleinod zu erlangen /
Daß dir den Lorber-Krantz auff deinen Kopff gesetzt /
Und mit durchlauchtem Glantz Lufft / See und Welt ergetzt!
Unschuldigste Printzeß! Wer wil dich nicht beweinen!
Die Sonne selber traurt / und wil nicht Gülden scheinen!
Schaut / wie das Sternen-Schloß sein Threnen-Quell entdeckt /
Und mit entflammtem Blitz die grausen Hencker schreckt.
Holdseeligste Printzeß! Wer wil dich nicht beklagen!
Es wird der gantze Kreiß von deiner Tugend sagen.
[337] 7Seht / wie jhr göttlich Haupt / das Milch und Blut besiegt /
Mit lächlendem Gesicht' im reinen Silber liegt!
Sie lacht die Mörder auß / die jhr den Sarch gezimmert!
Seht / wie der Wangen Schnee mit viel Rubinen schimmert /
So jhr die Purpur-Flut gesprützet auff die Haut!
Nun ist jhr reiner Geist der Seraphinen Braut!
Ach ärmster Tyridat! Ach! wirstu mir wol glauben /
Daß Mariamnen dir der Wüttrich weg-liß-rauben?
Ach ärmster Tyridat / ich furcht; Jhr schneller Tod
Wird auch der deine seyn! O Felsen-schwere Noth!
Auff! laßt uns ziehen weg auß diesen Mörder-Gruben /
Wo weder Gunst noch Treu! Wo nur verwehnte Buben
Mit Kron' und Jnfeln spiel'n! Denn bey der Laster Hauff
Wird Tugend auch bestrafft: Drumb auff! wir fliehen! auff!
Der Schau-Platz verwandelt sich ins Königes Gemach.
Herodes. Der Geist Mariamnes, Aristobuli III. Hyrcani und Josephi.
HERODES.
Jst Mariamne tod? Und wird sind noch auff Erden?
Jst Mariamne tod? Soll ich nun einsam werden?
Jst Mariamne tod? Ach leider es ist wahr!
Die Göttin liegt entseelt auff unsrem Mord-Altar!
Seyd tausendmal verflucht / die Jhr den Rath ertheilet!
Ach wo ist nun ein Artzt / der unsre Wunden heilet /
Der unser schmachtend Hertz mit Pflastern decket zu!
Wir jrren als ein Schein: Wir haben keine Ruh!
Jst keine Salbe mehr in Gilead zu finden!
[338] Es wil uns fast Verstand und Muth und Geist verschwinden.
Ach! Fürstin! Ach! geschehn! Ach Mariamne! ach!
Ach! Mein' Abigail! Auff! fodre Straff' und Rach'!
Auff! fodre Straff' und Rach'! Wir haben dich betrübet!
Betrübt zwar / aber auch dich / Schönste / stets geliebet!
Fließt Threnen! fließt! Ach fließt! die Rach' und Lieb' erweckt!
Jedoch durch diese wird die Unthat nicht bedeckt!
Eilt! bringt den Hencker umb / der jhr den Hals zerschnitten!
Ach aber! Wer ist schuld an dem so strengen Wütten!
Wer hat mein Paradieß verkehrt in Grauß und Stein?
Wer hat mein Licht verlescht? Jch leider nur allein!
Jch leider nur allein! jch ich bin abzustraffen!
Es fiel der tapffre Saul durch eigne Wehr und Waffen:
Wol! laßt auch Dolch und Stahl uns reissen auß der Noth /
Die dreymal arger ist als der geschwinde Tod!
Jedoch was rasen wir? was haben wir verbrochen?
Uns hat kein Richter ja das Leben abgesprochen!
Ach Richters gnug! Ach! ach! der Himmel selbst klagt an /
Was ich am Assamon verübet und gethan!
Wie wird mir! lebt sie nicht? Ja ja! die Fürstin lebet!
Schaut / wir jhr reiner Geist umb unsre Glieder schwebet!
Wie Perlen und Rubin jhr Güldnes Haar bekräntzt!
Wie jhr Schnee-weisses Kleid mit Diamanten gläntzt!
Hier steht ja Mariamn'I auff Diener! tragt zur Taffel!
Setzt Speis' und Trachten auff: Wir sind nun auff der Staffel
Der höchsten Seligkeit! Printzeß / sie setze sich!
Sie reich' uns jhre Faust! Welch Nebel decket mich!
Jst Mariamne fort! Wie? sehn wir nichts als Schatten?
Ach leider! welche Furcht wil sich mit mir begatten!
Die Glieder starren mir! Es bricht der Angstschweiß auß!
Es klopfft die matte Brust! Jch wat' in Asch' und Grauß!
Wer zielt nach unsrem Kopff mit Donner-schwangrem Blitzen?
Wer dreut mit Ketten uns? Wer wil die Schwerdter spitzen?
[339] Welch Teuffel schreit uns zu das Jammervolle Weh?
Der Abgrund selber brüllt! Jch zittert ich vergeh!
Ach GOtt! was sehen wir! die grimme Marianne?
Gerüst mit Feur und Stahl? Prinzessin! ach verbanne
Die Zorn-Glut doch von uns! Prinzessin! ach verzeih!
Verzeih was wir verübt! Und lebe mehr als frey!
Wie? Wil Aristobul auch Gruft und Bahre lassen?
Wil uns sein Schattenbild mit Ach und Quahl umfassen?
Wie? Wird Hyrcanus auch von seiner Ruh bewegt /
Weil sein verschrumpffter Arm so Strick als Fackel trägt?
Ach Schmertz! kan Joseph auch nicht in dem Grabe bleiben?
Wil er das blancke Beil auff unsre Glieder treiben?
Seyd / Geister / doch versöhnt! Schlaft / schlaft in eurer Ruh /
So lange Tod und Zeit euch drückt die Sternen zu!
Wie Geister? Wil man uns den freyen Außgang wehren?
Wo wird sich doch der Fürst! der Fürst! der Fürst hinkehren!
O Höllen-bittre Pein! Tragt / Geister / doch Geduld!
Jch habe nicht allein' an eurem Tode schuld!
MARIAMNES GEIST.
Ja freylich trägstu Schuld / Blut-dürst'ger Ubelthäter /
Tyranne sonder gleich / deß Eh-Gemahls verräther /
An Mariamnens Tod / die du mit List gefällt;
Und jhr nicht nur den Leib / auch Ehr' und Ruhm zerschellt!
Wie seelig ist der Geist / dem's Kleinod dieser Erden /
Der Menschen bester Schatz / durch den wir Göttlich werden /
Der Nachklang guten Ruhm's nicht wird im Sarch geraubt!
Brecht Wolcken! blitzt und kracht auff dieses Mörders Haupt!
Verblühme wie du wilt das Mord-Beil unsrer Glieder;
Bau Thürm' auff unser Grab; stimm' an die Todten Lieder;
Doch hilfft / du Crocodil / dich nichts diß falsche Leid:
Dir wird Gewissens-Angst und Schimpff und Spot bereit!
8Schau / wie ob meinem Mord selbst Tyridat erblasset /
[340] Der dich / du Tygerthier / mit höchster Gunst umbfasset /
Und meine Tugend nur / das Eh-Bett nie / geliebt!
Schau / wie der keusche Printz den edlen Geist auffgiebt!
Doch dis ist nicht genug!
9 durch deine Raasereyen
Muß Alexandra auch die müde Seel' außspeyen /
Und durch das grimme Beil der Tochter folgen nach!
Gantz Palæstina selbst fühlt GOttes schwere Rach'
Der ob unschuld'gem Blut sich über dich entrüstet /
10Und dir durch grause Pest so Stad als Land verwüstet.
Kanstu die Leichen auch begreiffen mit der Zahl?
ALLE GEISTER.
So wird die Tyranney belohnt mit Ach und Kwahl!
ARISTOBULI GEIST.
Erbooster Henckers-Knecht / vermaledeiter Schwager /
Deß Aßmonæschen Stamms höchst-ungerechter Plager /
Du gifft'ger Erden-Wurm und Seuche dieser Zeit /
Welch Ubel hastu nicht auff meinen Kopff gestreut!
Du hast die Jnfel mir von Hals und Brust gerissen /
Und in die sanffte Flut verräthrisch mich geschmissen /
Nachdem Jerusalem das Urim Thummim mir
Freywillig überließ. O grimme Mord-Begier!
Und ob du gleich mein Grab bedient mit viel Zypressen /
So hat Aristobul doch deiner nicht vergessen;
Sein höchst-beschimpffter Leib hat auch im Sarch nicht Ruh /
Weil du dem heil'gen Recht die Augen drucktest zu /
Und dich beym Marck-Anton mit Silber außgesöhnet /
Dadurch mein Tod-Schlag ward vor aller Welt beschönet.
Schaut mir der Juden-Printz / den fromen König an /
Der sich durch falschen Schein so heilig stellen kan!
Jedoch!
11 was sieht mein Geist vor schwartzes Ungewitter!
[341] Der Printzen zartes Paar / (ich beb'! ich starr'! ich zitter'!)
Dein Kind Aristobul und Alexander hat
Den Strick umb seinen Hals! Ach teuffelische That!
Ob der sich die Natur selbst weinend muß entröthen!
Wilstu dein Fleisch und Blut / du Raben-Vater / tödten /
Und zwar durchs Henckers Hand? So ists! wer einmal sich
Zur Raaserey gewehnt / gibt ferner Stich auff Stich /
Und achtet weder GOtt / noch die geweihten Rechte!
ALLE GEISTER.
Ach Höchster! stürtze doch Jdumens Mord-Geschlechte!
HYRCANI GEIST.
Er wird es stürtzen / ja! So wahr mein Geist sich regt!
Denn stoltzes Morden wird in gröster Pracht erlegt.
Armseeligster Hyrcan! Was hastu nicht erlitten /
Eh dir diß strenge Seil das Lebens-Garn zerschnitten!
War dis die Danckbarkeit / so mir der Hund erzeigt?
Vor den geschenckten Thron ward ich ins Grab geneigt /
Daß mir Antipater und Pheroras gebauet.
Jedoch / wie wird die Rach' an diesem Paar geschauet!
Durch dessen Heucheley Altar und Kirch' entweiht,
12Seht / wie dem Pheroras das traur'ge Sterbe-Kleid
Jm Gifft-Glas wird gereicht: Wie seine Glieder schwellen /
Und voller Flecken sind. O Vorschmack bittrer Höllen!
Auch selbst Antipater entlaufft der Straffe nicht /
Weil er auffs Vätern Wort im Kercker wird gericht
Durch den verdammten Strick.
13 Seht / wie der Bube leidet /
Der Assamons Geschlecht hoffärtig stets geneidet /
Und Mariamnen selbst in Sarch und Grufft gestürtzt!
ALLE GEISTER.
So wird den Frevlern stets jhr Lebens-Ziel verkürtzt!
[342]JOSEPHI GEIST.
Ergrimmter Leopard / du Scheu-Sall dieser Erden /
Soll Palæstina denn zur Schlangen-Höle werden?
Soll Sions werthe Stadt durch dich / du Hund / vergehn?
Und weil du raast und tobst / in Zwitrachts-Flammen stehn?
Nein Wüttrich! Nein! Zu viel! das Unkraut muß verschwinden /
Und die verdiente Pein in Babels Ofen finden.
So wird der Richter auch dich zu der Straffe Ziehn.
Du sihst den Bruder zwar / und Freind' und Kind verblühn;
Jedoch dein Raasen wird dis Traur-Spiel erst beschlüssen /
Und vor in dieser Welt / dann auch in jener büssen!
Bestürtzte Sterblichen! Eröffnet Aug' und Geist!
14Seht / wie der grosse GOtt Tyrannen niederschmeißt /
Die auß verwegnem Trotz den Himmel selbst außfodern!
Seht / wie Herodes muß auff eignem Mist vermodern /
Wie man die Nase stopfft vor seiner Kranckheit zu /
Wie jhm ein Messer soll gewehren Fried und Ruh /
Weil er zwar stündlich stirbt / doch niemals kan ersterben!
ALLE GEISTER.
So muß die Tyranney durch langen Tod verterben!
MARIAMNES
geist.
Wie unerforschlich ist doch / Höchster / dein Gericht!
ARISTOBULI
geist.
Das Unschuld mächtig schützt / und Boßheit niedersticht!
HYRCANI
geist.
Das uns zwar leiden läßt / doch auch mit Wonne krönet!
MARIAMNES
geist.
Die alle Liebligkeit der ekeln Welt verhönet!
[343]ARISTOBULI
geist.
Und Lorbern uns gewehrt / die Blitz und Keil verschont!
HYRCANI
geist.
So wird der Wütterich mit Ach und Weh belohnt!
JOSEPHI
geist.
Ach ja!
15 Er schwitzet schon in der entflammten Hölle!
Seht / wie die Teuffel jhm bereiten Ort und Stelle /
Wie sie den Schwefel-Tranck einflössen seinem Mund /
Wie er nach Labsall seufftzt in dem erhitzten Schlund!
Recht so / jhr Geister / recht! peitscht / martert / reißt und plaget!
Es werd' jhm Abrahams gewünschter Trost versaget /
Weil er Lufft / See und Welt zu Rach' und Zorn bewegt!
Schaut / wie der lichte Blitz selbst nach dem Mörder schlägt!
ALLE GEISTER.
»So werden / Sterbliche / gequählet die Tyrannen /
Wenn sie auß Seel' und Reich die ädle Tugend bannen!«
Reyen
Darinnen Palæstina / Die Tyranney / Der Unglauben / Zwietracht / Hunger / Pest / und König Salomons Geist.
PALÆSTINA.
Ach! Ach! Ach!
Wie henckert mich die hell-entbrandte Rach'!
Soll Palæstina nun ins Todten-Meer versincken?
[344] Jm eignen Blut ertrincken?
Wer war ich wol vor dieser Zeit?
Ein Land / da Milch und Honig stets geflossen /
Ein Land / das selbst den Höchsten hat umbschlossen;
Ein Bild der Ewigkeit.
Ach aber! Ach! Jtzt werd' ich gantz verhönet!
Entzeptert und entthronet!
Nimmt niemand sich umb meine Noth mehr an?
Gerechter Himmel hör'! Ach höre doch mein Klagen!
Weil ich ja kaum noch athmen kan;
Und rette mich von den ergrimmten Plagen!
TYRANNEY.
Sweig! deß Winßelns ist zu viel!
Dieses ist nur Kinder-Spiel /
Und ein Vorschmack größ'rer Nöthen.
Wen das Glücke stets bescheint /
Dem ist's seltzam / wenn er weint /
Und vor Sonnen sieht Cometen.
Auff jhr Schwestern! Kommt herbey!
Paart euch mit der Tyranney!
Seyd nicht schläffrig mir zu dienen!
Hunger / Zwietracht / Pest / und Streit /
Die jhr herrschet weit und breit /
Kommt / und martert Palæstinen!
UNGLAUBEN.
ZWIETRACHT. HUNGER UND PEST.
Wir stellen uns / O Schwester / willig dar /
Zurichten auff ein süsses Mord-Altar.
UNGLAUBEN.
Jch lege dir den ersten Grabe-Stein /
Mein Eiffer wird auff dich das erste Richt-Beil schärffen /
Wenn du den Tempel wirst entweihn /
Und in verblendtem Wahn deß Höchsten Sohn verwerffen.
[345]ZWIETRACHT.
Mein Schlangen-Haar wird deine Geissel seyn;
Denn wo Religion mein gifftig Opffer liebet /
Da gehet Kron' / und Stab / und Jnfel ein /
Ja selbst der Himmel wird durch meinen Blitz betrübet.
HUNGER.
Mein Schatten-Bild mahlt ab dein Konterfey /
Wenn dich Vespasian bis auff das Marck wird nagen /
Und Kinder-Fleisch (O grause Henckerey!)
Die Mutter fressen wird mit unergründten Plagen.
PEST.
Wo Hunger wohnt / da herrschet auch die Pest:
Zypressen wirstu sehn statt hochgesinnter Tittel /
Die Todten-Lufft vor's glückes sanfften West /
Vor's güldne Purpur-Kleid den blassen Sterbe-Kittel.
ALLE VIERE.
So muß man das stoltze Jerusalem quälen /
Dem sündliche Laster sich stündlich vermählen!
PALÆSTINA.
Ach Schmertz! Ach Pein! Ach strenge Tyranney!
Ach! Jch vergeh! Ach Himmel steh mir bey!
KÖNIG SALOMONS GEIST.
Besänfftige / O Tochter / deine Schmertzen /
Die mich gelockt auß meinem düstern Grab!
Auff! wische dir die reichen Threnen ab!
Versichre dich / dein Leid geht mir zu Hertzen!
Doch schau auff den / der in der weiten Welt
Die Majestät der Länder schützt und fällt.
Wahr ist's: Dich wird deß Titus Grimm vertilgen /
Drauff Adrian durch Götzendienst verführ'n;
[346] Heraclius beym Omar dich verliehr'n /
Bis Bullion dich krönt mit Wolfahrts-Lilgen:
Doch Saladin bricht diese Blum' entzwey
Durch Gwidons Schuld / Raimunds Verrätherey.
Dann wirstu stehn in Sarazen'schen Banden /
So lang' es das Verhängnüß haben wil:
Allein es wird sich ändern dieses Spiel;
Dein Heiland ist in Oesterreich vorhanden /
Dein Salomon / dem GOtt und Welt ist hold /
Der Christen Schutz / der Grosse LEOPOLD!
16Schau / wie allhier sein
Göttlich Bildnüß gläntzet!
Wie Muth und Witz auß seinen Augen spielt!
Schau / diesen hat der Himmel dir erzielt!
Der ist es / der mit Lorbern dich bekräntzet;
Der dich entreißt dem grimmen Sarazen /
Und künfftig wird biß an den Pol erhöhn!
PALÆSTINA.
O süsser Trost! Nun wil ich willigst leiden /
Weil GOttes Schluß solch Glücke mir bescheiden!
PALÆSTINA.
SALOMON.
Es lebe LEOPOLD, deß Erden-Kreisses Zier!
Es lebe LEOPOLD, Er siege für und für!
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