Lob der Zigeuner
Uraltes Landvolk, eure Hütten
Verschont der Städter Stolz und Neid;
Und fehlt es euch an feinen Sitten,
So fehlt's euch nicht an Fröhlichkeit,
Ihr scherzt auf Gras und unter Zweigen,
Ohn' allen Zwang und ohne Zeugen.
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Ihr übet euch in steten Reisen;
Die Welt ist euer Vaterland.
Man lobte dies an alten Weisen,
Und nur in euch wird's nicht erkannt.
Warum? Ihr gleichet nicht den Reichen,
Die prächtig durch die Fremde streichen.
Zu große Furcht, zu großes Hoffen
Macht oft die Klügsten unruhvoll.
Euch steht das Buch des Schicksals offen:
Ihr weissagt, was geschehen soll.
Will man geheime Dinge wissen,
So wird man euch befragen müssen.
Es wird der Muth euch angeboren:
Wer kennt nicht eure Streitbarkeit?
Von euch wird keine Schlacht verloren,
Als wo ihr übermannet seid.
Dann suchet ihr zwar nicht zu fliehen,
Doch zierlich euch zurück zu ziehen.
Man weiß, ihr zählet wenig Freunde;
Allein ihr kennt den Lauf der Welt.
Die Größten haben ihre Feinde:
Verdiensten wird stets nachgestellt.
Wie mancher Römer wird gepriesen,
Den die Gewalt, wie euch, verwiesen!
Ihr rennet nicht nach hohen Ehren:
Ihr wünscht euch nicht an Titeln reich.
Kein Zwiespalt in geweihten Lehren,
Kein Federkrieg verhetzet euch.
Ihr seid (was kann den Vorzug rauben?)
Von Einer Farb' und Einem Glauben.