[177] Den entseelten Cörper des Weyland wohlgebohrnen Herrn, Herrn Ferdinand Ludwig von Breszler und Aschenburg, ihro röm. Kays. und Cathol. Maj. Raths, wie auch hochverordneten Commercienraths im Herzogthum Schlesien und der Stadt Breszlau hochansehnlichen Rathsverwandten und Cämmerers etc. begleitete bey deszen solennen Exequien in Breszlau den 26. May 1722. Mit seiner betrübten Schuldigkeit des Vornehmen Hochbestürzten Hauses gehorsamster

Johann Christian Günther.


Was Recht und Warheit liebt, Verstand und Klugheit ehrt,
Ins Buch der Redlichen von Israel gehört
Und wahre Tugend nicht mit blöden Augen schäzet,
Das werfe Flor aufs Haupt und Seufzer in die Luft
Und opfre nun ein Herz voll Mitleid in der Gruft,
Worein Budorgis sich in Angst und Asche sezet.
Hier liegt sein Atticus, hier füllt ein Haupt den Sarg,
Das Kunst und Wißenschaft mit größern Wundern füllte,
Als jener am Homer in einer Nuß verhüllte
Und Archimedens Faust in enges Glas verbarg;
Noch mehr: der Glieder Rest, die hier erst Ruh bekommen,
Hat Wachsamkeit und Treu mit von der Welt genommen.
Wie wenn ein Cederbaum, der Schirm und Schatten macht,
Durch Donner oder Sturm wanckt, splittert, sinckt und kracht,
Viel Äste niederschlägt und andre Stämme beuget,
Ja, wie die Finsternüß des Auges dieser Welt,
Sobald der Mond dies Licht der Erden vorenthält,
In jeder stillen Fluth sich vielfach mahlt und zeiget,
So würckt, so fällt die Nacht, die hier dies Grab umzieht,
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Durch Angst und Traurigkeit in tausend Aug- und Herzen,
So fruchtbar macht ein Fall in unsrer Stadt den Schmerzen,
Die wenig Breßler mehr in ihren Mauren sieht
Und, da sie ihre Pflicht zu seiner Baare träget,
Ein gut Theil ihres Schmucks mit in den Moder leget.
Hof, Musen, Volck und Land bedauren den Verlust,
Die Staatskunst drückt sein Bild mit Thränen an die Brust,
Zum Zeugnüß, daß auch sie noch gute Christen leide.
Die vor die Wißenschaft in Rom noch göldne Zeit
Erhob des Varro Fleiß in Breßlers Ähnligkeit.
Stirbt Varro auch bey uns? Und dennoch leben beide
In Schriften gleicher Kunst. Hier schläft Publicola,
Der sich durch Billigkeit in Lieb und Ansehn brachte,
Den Großen rathen half, den Pöbel ruhig machte
Und Neid und Eitelkeit mit Großmuth übersah.
Jezt wird der Angst die Stadt, der Tempel vor die Menge,
Den Thränen seine Gruft und ihm die Welt zu enge.
Was aber, theurer Geist, entreißt dich uns so früh?
Der Eifer vor dein Amt. O unglückseelge Müh,
Die vor das Heil der Stadt das Heil der Stadt verzehret!
Erhält dich sonst kein Flehn, so halte dich der Schmerz,
Womit dein groß Geschlecht sein schwer und blutend Herz
Durch Mienen und Gestalt beym Sterbebett erkläret.
Betracht, in was vor Noth die keusche Liebe fällt
Und der Gemahlin Fuß vor Ohnmacht niederschläget!
Schau, was sich dort vor Angst noch in der Wiege reget,
In der dein liebster Sohn die Brust vor Wehmuth hält,
Als dächt er: Kam ich so der Qual zu recht auf Erden,
So braucht ich nicht gezeugt, geschweig ernährt zu werden.
Umsonst, der Himmel winckt, und Breßler giebt die Flucht.
Weint alle, die dadurch des Himmels Zorn versucht,
Hauptsächlich aber du, betrübte Mariane!
Dein Schuz, dein Freund ist hin, der Höchste prüft dich scharf;
Doch weil ein großer Geist auch großer Prüfung darf,
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So zeige durch Gedult auf dieser Marterbahne,
Wie groß und würdig du des theuren Breßlers seyst.
Sein Nachruhm ist dein Trost, sein Leben deine Thränen,
Als deren Liebesstrom wie Beßers treues Sehnen
Durch Lieder netter Kunst in alle Zeiten fleust.
Gott übereilte ja den Kummer mit Erbarmen
Und gab dir, eh er schlug, ein Trostpfand in die Armen.
Zween Helden zanckten sich mit Hize, Spott und Hohn,
Den wundervollen Schild, den dort der Thetis Sohn
Mit Blut und Geist verlor, einander abzujagen.
Jezt möchten derer viel, die vor Asträen stehn,
Bey unsers Breßlers Gruft auch auf den Kampfplaz gehn,
Sein ungemein Verdienst im Erbtheil wegzutragen.
Dies grünt wie Cederlaub und braucht der Eitelkeit
Von Marmor oder Erz kein Denckmahl abzuborgen.
Last Memphis und Bysanz vor Sonnenpfeiler sorgen,
Spart Purpur und Papier und webt kein Ehrenkleid;
Wer Breßlern loben will, der thut es, wenn er saget:
Der Mund vor Schlesien, der große Schaffgotsch, klaget.

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